Übung im Handels- und Gesellschaftsrecht FS 2015 Fall 4 – Lösung I. Anspruch G gegen A aus §§ 433 II BGB, 28 I, 128 HGB 1. Anspruch G gegen die OHG a) Vorliegen einer OHG im Zeitpunkt der Begründung der Schuld? b) Haftung der OHG nach § 28 I aa) Entstehen der OHG: Gründung (§ 105) und Geschäftsbeginn, § 123 II bb) Geschäft eines Einzelkaufmanns als Einbringungsgegenstand? – Problem: Hier war B klein und nicht eingetragen, also kein Kaufmann (und damit auch nicht zur Führung einer Firma berechtigt). Aber: Die an die personale Kontinuität geknüpfte Haftungserwartung des Verkehrs setzt eine Firmenfortführung gerade nicht voraus; daher steht bei § 28 die Unternehmenskontinuität mehr noch als bei § 25 und 27 im Vordergrund. Nach zutr. Ansicht kommt es daher nur darauf an, dass durch den „Eintritt“ eine Personenhandelsgesellschaft entsteht (anders noch BGH BB 1960, 190 Nr. 3; offenlassend BGH WM 2000, 526). cc) Fortführung des Geschäfts als im wesentlichen unveränderte Einheit 2. Gesellschafterhaftung des Eintretenden? a) § 28? Nein, betrifft nur Haftung der Gesellschaft; ratio spricht dagegen, denn die Haftungserwartungen des Rechtsverkehrs, die § 28 schützen will, können sich nicht auf eine zusätzliche persönliche Einstandspflicht richten, sondern nur auf eine solche des neuen Inhabers (zutr. Canaris HaR § 7 Rn. 92; aA MünchKomm/Lieb HGB § 28 Rn. Universität Mannheim · IURUM Seite 2 b) § 128? (so wohl hM, BGH NJW 1966, 1917/18; 1972, 1466/67): § 128 betrifft keine Schulden, die vor der Gesellschaftereigenschaft bzw. vor der Gesellschaftsgründung entstanden sind, sonst wäre nämlich § 130 HGB überflüssig. Möglicher Anknüpfungspunkt allerdings: Die kraft gesetzlichen Schuldbeitritts gemäß § 28 HGB übergeleitete Verbindlichkeit als solche ist eine neue Verbindlichkeit der Gesellschaft, da sie erst dem Übergang des Unternehmens auf die neu gegründete Gesellschaft entsteht. – Es fragt sich jedoch, ob es überzeugend ist, trotz ihrer Hilfsfunktion auf die Verbindlichkeit aus dem gesetzlichen Schuldbeitritt gem. § 28 HGB abzustellen, und nicht auf die Verbindlichkeit aus dem Vertragsschluss; denn der Inhalt richtet sich allein nach dieser Hauptverbindlichkeit, auf deren Entstehung ein erst später hinzukommender Gesellschafter gar keinen Einfluss hatte. Es besteht daher die gleiche Interessenlage wie im Falle des § 130 HGB, demzufolge auf die Entstehung der (vertraglichen) Verbindlichkeit selbst abzustellen ist. Die besseren Gründe sprechen daher gegen die Anwendung des § 128 HGB (Gegenauffassung mit der angegebenen Begründung vertretbar). c) § 130 HGB – nein, setzt Eintritt in bestehende Gesellschaft voraus. d) § 130 HGB analog? – Analogievoraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn Grund für die danach eintretende Haftung des Eintretenden liegt darin, dass dieser als Gesellschafter Einfluss auf einen den Gesellschaftsgläubigern reservierten Haftungsfonds (nämlich das Gesellschaftsvermögen) gewinnt. Das passt abe deshalb nicht zu § 28 HGB, weil das einzelkaufmännische Unternehmen den Geschäftsgläubigern gerade nicht reserviert ist (keine Haftungssonderung beim Einzelkaufmann!, s. Canaris HaR § 7 Rn. 93). Im Übrigen ginge ein Argument aus § 28 III geht ins Leere, weil die Vorschrift nur die beschränkte Forthaftung des einbringenden Gesellschafters betrifft. Schloss, M 077, 68131 Mannheim, Telefon: 06 21 / 1 81-1349
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