Jahrhundertchance Zuwanderung

Jahrhundertchance
Zuwanderung
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Prof Dr. Henrik Müller | Frankfurt am Main, 21. April 2015
Plan für heute
1. Die These: Wir müssen diese unverhoffte Chance
nutzen!
2. Die Lage: Geronto-Meister Deutschland
3. Die Aussichten: Der Wettbewerb wird härter
4. Die aktuelle Herausforderung
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Die These:
1. WIR MÜSSEN DIESE
UNVERHOFFTE CHANCE NUTZEN!
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Die Lage
2. GERONTO-MEISTER
DEUTSCHLAND
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Die globale demographische Wende
80
Kinder/Alte in Prozent der 15- bis 64-Jährigen
70
60
50
Abhängigkeitsquotient
40
Kinderquotient
Altenquotient
30
20
10
0
1950 1960 1970 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090 2100
Quelle: UNO, ab 2013 Prognose
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Demographie der Entwicklungsländer
90
80
Kinder/Alte in Prozent der 15- bis 64-Jährigen
70
60
50
Abhängigkeitsquotient
Kinderquotient
40
Altenquotient
30
20
10
0
1950 1960 1970 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090 2100
Quelle: UNO, ab 2013 Prognose
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Demographie der reichen Länder
90
Kinder/Alte in Prozent der 15- bis 64-Jährigen
80
70
60
50
Abhängigkeitsquotient
Kinderquotient
40
Altenquotient
30
20
10
0
1950 1960 1970 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090 2100
Quelle: UNO, ab 2013 Prognose
Befund
• Eine globale demographische Wende
– Geburtenzahlen sinken
– Lebenserwartung steigt
• Abhängigkeitsquotienten sinken zunächst…
• … steigen aber seit 2010 allmählich wieder an
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Ökonomie des demographischen Wandels
• Sinkende Abhängigkeitsquotienten bewirken
Wohlstandsschub – „demographische Dividende“
• Die Bevölkerung im aktiven Alter kann sich
zunehmend aufs Produktivsein konzentrieren…
• …weil zunächst weniger Kinder und noch wenige
Alte zu versorgen sind.
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Ökonomie des demographischen Wandels
• Steigende Abhängigkeitsquotienten hingegen
dämpfen die ökonomische Entwicklung…
• …weil mehr Ressourcen für die Altenversorgung
benötigt werden…
• …und weil das Arbeitsangebot enger wird.
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Ökonomie des demographischen Wandels
• Verschlechterung der Alterszusammensetzung =
weniger Wirtschaftsdynamik?
• Der wahre Grund für das dauerhaft blutarme
Wachstum der Weltwirtschaft?
• Und wo steht Deutschland?
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Abhängigkeitsquoten im Vergleich
90
85
Kinder/Alte in Prozent der 15- bis 64-Jährigen
80
75
70
reiche Länder
USA
65
Deutschland
60
Japan
55
50
45
40
1950
1960
1970
1980
1985
1990
1995
2000
2005
2010
2015
2020
2030
2040Quelle: UNO
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Geronto-Meister Deutschland
• Die Bundesrepublik hat ihr demographisches
Optimum schon lange hinter sich
• Die Aussichten sind deutlich schlechter als
anderswo…
• …und die Lage verschlechtert sich den Prognosen
zufolge rapide ab den 2020er Jahren
• Nur Japan steht noch deutlich schlechter da
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Die Aussichten
3. DER WETTBEWERB WIRD
HÄRTER
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Deutschlands Zuwanderungsbedarf
•
•
•
•
•
Erwerbspersonenpotenzial heute: 45 Millionen
Erwerbspersonenpotenzial 2050…
… 30 Millionen (ohne Zuwanderung)
… 37 Millionen (bei 200 000 Nettozuwanderung)
… 45 Millionen (bei 533 000 Nettozuwanderung)
(laut IAB-Bertelsmann-Studie)
• Ist das realistisch?
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Deutschlands Migrationssaldo 1950-2013
1000000
Mauerfall, Jugoslawien-Krieg 92
800000
600000
„Euro-Krise“ 2010
400000
200000
0
„Deutsche Krankheit“
-200000
Rezession 67
-400000
„Anwerbestopp“ 73
„Asylkompromiss“ 93
Quelle: Destatis
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Die aktuelle Zuwanderungswelle
• Seit 2010 wirtschaftlich getriebene Zuwanderung,
überwiegend aus Europa…
• …direkt in den deutschen Arbeitsmarkt
– ein Drittel Akademiker
• Seit 2013 kommen verstärkt Flüchtlinge,
insbesondere aus Syrien
– 203 000 Menschen 2014, Anstieg um 60 Prozent zu 2013
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Einflussfaktoren auf Migration
• Wirtschaftsentwicklung (Wachstumsdifferenz)
• Demographischer Druck in den Herkunftsländern
• Krieg und Krisen in den Herkunftsländern
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Zuwanderungstreiber Wirtschaft?
• Euro-Krise wird nicht ewig dauern
• Auch der deutsche Ausnahmeboom ist endlich
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Zuwanderungstreiber Demographie?
• Andere europäische Länder stehen vor ähnlichen
demographischen Problemen.
• Das Reservoir an möglichen Zuwanderern trocknet
aus.
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Neue Quellen
• Die Zuwanderung aus Europa wird zurückgehen
– max. 70 000 p. a. bis 2050 (nach IAB-Bertelsmann-Studie)
• Künftige Zuwanderer können nur aus anderen
Regionen kommen…
• … nämlich aus Ländern mit Geburtenüberschüssen
– Indien, Pakistan
– Afrika, arabische Staaten
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Härterer Wettbewerb
• Um die mobilen Zuwanderer werden sich auch
andere Länder bemühen
• Deutschland als relativ alte Gesellschaft ist per se als
Zielland nicht besonders attraktiv
• Wie stabilisieren wir die Nettozuwanderung bei
500 000+?
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4. DIE AKTUELLE
HERAUSFORDERUNG
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Euro-Einwanderung – der leichte Teil
• Die hohen Zuwandererzahlen seit 2010 waren in
Deutschland kaum ein Thema
• Geringe Integrationsprobleme – zeigt kulturelle
Annäherung innerhalb Europas
• Staat und Politik sind kaum gefordert
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Der Zuzug aus Krisengebieten – schwieriger
• Größere kulturelle Distanz
• Traumatisierungen und Verletzungen
• Schwierigere Integration
– Der Staat, vor allem die Kommunen, und die Wirtschaft
sind stärker gefordert
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Eine Jahrhundertchance!
• Nach Jahren abnehmender Attraktivität ist
Deutschland seit 2010 wieder Zuwanderungsland
– das zweitwichtigste weltweit (nach OECD)
• Positiv: Aktuelle Zuwanderung verschiebt die
demographischen Probleme in die Zukunft
• Aber längerfristig können wir unseren
Migrationsbedarf nur aus ferneren Ländern und
Kulturen decken
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Eine Jahrhundertchance!
• Wir müssen jetzt lernen, was in den kommenden
Jahrzehnten ohnehin unausweichlich ist…
– … es sei denn, wir wählen den japanischen Weg
• Zuwanderer sollten in Deutschland heimisch werden
– damit sie bleiben
– „zirkuläre“ Migrationsmuster durchbrechen
• Enorme Anstrengung, für Staat, Wirtschaft,
Zivilgesellschaft
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Eine Jahrhundertchance!
• Wenn wir über staatliche Investitionsprogramme
sprechen, ist Integration der Bereich, der die
höchste Rendite verspricht
• Längerfristig: Gezielte Anwerbung, etwa von
Studierwilligen, in Ländern mit hohen
Geburtenüberschüssen
– größtes Potenzial: Indien!
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
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Prof Dr. Henrik Müller | Frankfurt am Main, 21. April 2015