Aktueller Stand der Erbfehlersituation beim Rind in Österreich

Aktueller Stand
der Erbfehlersituation
beim Rind in Österreich
Christian Fürst und Hermann Schwarzenbacher
Foto: Gasteiner
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
ZuchtData, Wien
Überblick
1. Wichtigste Erbfehler
2. Bedeutung in Österreich

Allelfrequenzen

Auftreten der Erbfehler
3. Kennzeichnung
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Genetischer Hintergrund
monogen homozygot rezessiver Erbgang:

monogen = 1 Genort verantwortlich

homozygot rezessiv = Erscheinungsbild nur wenn
Defektallel reinerbig (homozygot) auftritt, ansonsten
unterdrückt (rezessiv)
 mischerbige (heterozygote) Tiere zeigen
selbst keinerlei Beeinträchtigungen!
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Wichtigste Erbfehler
Fleckvieh:

Spinnengliedrigkeit (Arachnomelie): A

Zwergwuchs: DW

Fanconi-Bickel, Minderwuchs: FH2

Zinkdefizienz-like Syndrom: ZDL

Thrombopathie: TP

Bovine männl. Subfertilität: BMS
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Arachnomelie (Spinnengliedrigkeit, A)
Erscheinungsbild:

tot geboren oder sterben kurz nach der Geburt, dünne
Röhrenknochen, verkrümmter Rücken, häufig Unterkieferverkürzung, oft auch Verletzung bei der Kuh
Rassen: Fleckvieh, Braunvieh
Hintergrund:

Fleckvieh: geht auf SEMPER – SENAT zurück

Braunvieh: geht auf BEAUTICIAN – LILASON – LARRY zurück

Gentest für beide Rassen möglich (unterschiedlicher Genort)
Beispiele von Anlageträgern:

Fleckvieh: EGEL, EGOL, NAAB, NORIKER, REXON, ROMEL

Braunvieh: AMARANTO, NORVIC
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Arachnomelie (Spinnengliedrigkeit, A)
Foto: OÖ Besamung
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Zwergwuchs (DW)
Erscheinungsbild:

Geburtsgewicht meist nur zw. 15 und 20 kg, langsames
Wachstum, spitze Kopfform mit gerader Nasenlinie, häufig
Unterkieferverkürzung
Hintergrund:

geht auf POLZER zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

LAVENT, MAURER, PASTA, RASPUTIN, WILLE
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Zwergwuchs (DW)
Fotos: Schwarzenbacher
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Fanconi-Bickel-Syndrom, Minderwuchs (FH2)
Erscheinungsbild:

teilweise normales Geburtsgewicht, massives Zurückbleiben
im Wachstum, meist schmale ‚weibliche‘ Kopfform
Hintergrund:

Ursache: Störung im Zuckerstoffwechsel

Ursprung nicht bekannt

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

MADERA, GS MALF, MANDL, MERTIN, GS RUMGO,
WALDBRAND, WINNIPEG, WITZBOLD
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Fanconi-Bickel-Syndrom, Minderwuchs (FH2)
278 kg mit 15 Mon.
Foto: Schwarzenbacher
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Zinkdefizienz-like Syndrom (ZDL)
Erscheinungsbild:

gesund geboren, wiederkehrende Durchfall- und
Atemwegserkrankungen, im Alter von ca. 6 bis 12 Wochen
entzündliche Hautveränderungen, führt zum Tod
Hintergrund:

geht vermutlich auf STREITL (bzw. dessen MV HARTL) zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

FIDELIS, HERICH, MATREI, STREITL
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Zinkdefizienz-like Syndrom (ZDL)
Foto: Langenmayer, LMU
Foto: Gollnick, LMU
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Thrombopathie (Bluterkrankheit, TP)
Erscheinungsbild:

normales Allgemeinbefinden, nach Verletzungen, Injektionen
oder chirurgischen Eingriffen anhaltende Blutungen, kann bis
zum Tod führen
Hintergrund:

Ursache: massive Störung der Blutgerinnung

geht auf RADI und RENNER (nicht REDAD) zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

RALBO, RANDY, RENGER, REPORT, RESOLUT, ROUND UP,
RUMBA, GS RUMGO, GS VANDOR, VANSTEIN
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Thrombopathie (Bluterkrankheit, TP)
Fotos: Pfitzner, LMU
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Bovine männliche Subfertilität (BMS)
Erscheinungsbild:

männliche Tiere (KB und Natursprung) fast völlig unfruchtbar
Hintergrund:

Ursache: Spermium kann nicht oder nur erschwert in Eizelle
eindringen

geht auf HAXL zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

HUMID, LOTARRY, MANTON, GS MG, RALBIT, GS RAVE,
REGIO, ROMARIO, ROMEN
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Bovine männliche Subfertilität (BMS)
www.eurogenetik.com
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Wichtigste Erbfehler
Braunvieh:

Spinnengliedrigkeit (Arachnomelie): A

Weaver: W

SMA: M

SDM: D

Braunvieh-Haplotyp 2: BH2
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Weaver (W)
Erscheinungsbild:

im Alter von 5 bis 18 Monaten sichtbar,
Rückenmarksveränderung, Probleme beim Aufstehen,
unsicherer, schwankender Gang, Muskeln in Nachhand bilden
sich zurück, Festliegen, Tod durch Pansenlähmung
Hintergrund:

geht auf DAPPER zurück

indirekter Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

AUTSOWIK, BARBARAY, MATTHEW, PROLINER, TARGET,
ZAK, ZELAD
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Weaver (W)
Foto: Casanova
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Spinale Muskelathrophie (SMA, M)
Erscheinungsbild:

im Alter von 3 bis 5 Wochen Lähmungserscheinungen,
Festliegen, Lungenentzündung
Hintergrund:

geht auf DESTINY zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

EMSTAR, ETPAT, JACKPOT, JETWAY, JUPAZ, MATTHEW,
STRETCH IMPROVER, TARGET
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Spinale Dysmyelinisierung (SDM, D)
Erscheinungsbild:

Festliegen ab Geburt, häufig in Seitenlage mit gestreckten
Beinen, Mondguckerhaltung, meist Abgang in 1. Lebenswoche
Hintergrund:

geht auf ELEGANT zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

DOTSON, PRESIDENT, TELSTAR, VOGUE
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Spinale Dysmyelinisierung (SDM, D)
Foto: Thomsen et al., 2010
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Braunvieh-Haplotyp 2 (BH2)
Erscheinungsbild:

höhere Totgeburtenrate und deutlich erhöhter Anteil an
Aufzuchtverlusten durch erhöhte Krankheitsanfälligkeit, tw.
Frühgeburten, geringeres Geburtsgewicht, genauer Phänotyp
noch unklar!
Hintergrund:

geht auf RANCHO RUSTIC MY DESIGN zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

BLEND, COLLECTION, EMERALD, EMORY, SENSATION,
PAYSSLI, PRESET, TRILOGY, VOGUE, ZEPHIR, ZOLDO
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Braunvieh-Haplotyp 2 (BH2)
Fotos: Birkenmaier
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Wichtigste Erbfehler
Holstein:

BLAD: BL

Brachyspina: BY

CVM: CV
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Bovine Leukozytenadhäsionsdefizienz (BLAD, BL)
Erscheinungsbild:

durch gestörte Immunabwehr erkranken und sterben Tiere in
den ersten Lebenswochen an Infektionen
Hintergrund:

geht auf PENSTATE IVANHOE STAR bzw. dessen Vater
OSBORNDALE IVANHOE zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

EIFER, EMERSON, ENEHOUD, FATAL, LEADERSHIP,
STARDOM
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Brachyspina (BY)
Erscheinungsbild:

verkürzte Wirbelsäule, verlängerte Gliedmaßen, Missbildung
der Organe, embryonaler Frühtod, es wird kein lebensfähiges
Kalb geboren
Hintergrund:

geht auf SWEAT HEAVEN TRADITION zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

BOLTON, CASSANO, CHAMPION, CLEITUS, JETLAG,
LEADMAN, NOVIZE, RAMOS, T FUNKIS
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Brachyspina (BY)
Foto: Agerholm und Peperkamp, 2007 (www.biomedcentral.com)
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Complex Vertebral Malformation (CVM, CV)
Erscheinungsbild:

schwere Entwicklungsstörung der Wirbelsäule, missgebildete
Gliedmaßen, Kälber werden abortiert, zu früh oder tot geboren
Hintergrund:

geht auf CARLIN-M IVANHOE BELL bzw. dessen Vater
PENSTATE IVANHOE STAR zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

DANTE, DURHAM, DYNASTY, CONVINCER, ENEHOULD,
FATAL, GOODTIME, JESTHER, KIRBY, LONARD, LUCIFER,
SIERRA, SOUTHWIND
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Complex Vertebral Malformation (CVM, CV)
Foto: Georg-August-Universität Göttingen
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Wichtigste Erbfehler
Grauvieh:

Demetz-Syndrom
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Demetz-Syndrom
Erscheinungsbild:

ähnlich Weaver aber früher, Lähmung der Hinterbeine, Störung
der Muskelkoordination, im Alter von etwa 3 bis 4 Monaten
Festliegen
Hintergrund:

geht auf Kuh GUSTI zurück

Gentest möglich
Beispiele von Anlageträgern:

?
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Demetz-Syndrom
Foto: Drögemüller et al., 2011
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Überblick
1. Wichtigste Erbfehler
2. Bedeutung in Österreich

Allelfrequenzen

Auftreten der Erbfehler
3. Kennzeichnung
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Allelfrequenzen (Genfrequenzen)
ausgehend von bekannten Trägern und Nicht-Trägern
in der Abstammung errechnet
Beispiele:

mischerbiger Träger (Aa)  50% Allelfrequenz

Träger (Aa) x Kühe (AA)  ½ AA + ½ Aa  25%
Trägerwahrscheinlichkeit = ca. 2x Allelfrequenz

z.B.: 5% Allelfrequenz  10% Träger
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Allelfrequenz Fleckvieh weiblich
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Allelfrequenz Braunvieh weiblich
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Allelfrequenz Holstein weiblich
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Allelfrequenz Grauvieh (Demetz)
2003: 20%
2006: 0%
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Auftreten der Erbfehler
Träger x Träger  ¼ Fälle
Träger x ?? (V: Träger)  1/8 Fälle
Träger x frei  0% Fälle
auf Populationsebene:
Allelfreq.
(%)
ZUFALLSPAARUNG
Anzahl pro 10.000
Anpaarungen
ANPAARUNG MIT TRÄGER
Anzahl pro 1.000
Anpaarungen
1
1
5
3
9
15
5
25
25
10
100
50
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Auftreten der Erbfehler
Beispiel Fleckvieh 2013
Erbfehler
Anzahl Fälle
Arachnomelie (A)
3
Zwergwuchs (DW)
101
Fanconi-Bickel (FH2)
853
Thrombopathie (TP)
1431
Zinkdefizienz-like (ZDL)
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2
Auftreten der Erbfehler
Beispiel Fleckvieh – Betriebsebene
(mind. 20 weibl.)
Anzahl Träger
Max. Anzahl Fälle
(bei Anpaarung mit
Träger!)
Arachnomelie (A)
0,4
0,1
Zwergwuchs (DW)
1,4
0,3
Fanconi-Bickel (FH2)
3,4
0,8
Thrombopathie (TP)
4,6
1,2
Zinkdefizienz-like (ZDL)
0,4
0,1
Erbfehler
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Überblick
1. Wichtigste Erbfehler
2. Bedeutung in Österreich

Allelfrequenzen

Auftreten der Erbfehler
3. Kennzeichnung
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Erbfehler-Kennzeichnung
a)
A, W, M, D bei Fleckvieh und Braunvieh:
*TA, TA = frei von A aufgrund Gentest (*) bzw. NK
(A*), (A) = Träger von A aufgrund Gentest (*) bzw. NK
z.B.: ROMEL (A), ETPAT (M*), WATT *TA
b)
BL, BY, CV bei Holstein:
BLC = Träger von BL (C für carrier)
BLF = frei von BL (F für free)
z.B.: EMERSON BLC CVF
c)
„neue“ Erbfehler: noch in Diskussion
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Erbfehler-Kennzeichnung
ZAR/ZuchtData-Zuchtwert-Datenbank www.zar.at
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Zusammenfassung
viele alte Erbfehler neu identifiziert
es werden weitere Erbfehler bekannt werden
dadurch kann man züchterisch darauf reagieren
Frequenzen meist relativ niedrig
Bedeutung sehr unterschiedlich einzuschätzen
ZAR-Seminar 2014 - Christian Fürst
Foto: Gruber
Foto: Winter
Danke für die
Aufmerksamkeit!
Foto: Holstein Austria
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