Entwurf eines Gesetzes zur B

Stellungnahme
Zum Referentenentwurf des
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
„Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ (Bearbeitungsstand: 04.02.2015)
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Zum FSA
Der Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“ (FSA) sichert und
überwacht seit 2004 die Zusammenarbeit zwischen Pharmaunternehmen und den Angehörigen der medizinischen Fachkreise sowie den Organisationen der Patientenselbsthilfe. Diese
Verhaltensgrundregeln sind in drei sanktionsbewehrten FSA-Kodizes festgeschrieben und
setzen wirksame Maßstäbe für transparentes und ethisch korrektes Verhalten, um die Zusammenarbeit im pharmazeutischen Bereich zu fördern und einen fairen Wettbewerb der
Unternehmen untereinander sicherzustellen.
Der FSA ist das Selbstkontrollorgan der Pharmaindustrie, das Verstöße gegen diese Regeln
konsequent ahndet – mit Abmahnungen, Geldbußen, Namensnennungen und öffentlichen
Rügen. Die dem FSA angeschlossenen Unternehmen repräsentieren mehr als 75 Prozent
des deutschen Pharma-Markts. Der FSA ist damit die maßgebende Kontroll- und Sanktionierungsinstanz in der Branche.
Position des FSA – Zusammenfassung
Mit der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH,
Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11) hat dieser klargestellt, dass mit den derzeitigen
strafrechtlichen Vorgaben eine Korruptionsstrafbarkeit von niedergelassenen Vertragsärzten
ausscheidet, da diese weder Amtsträger sind noch bei Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen handeln. Der BGH hat
gleichzeitig den Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert.
Der FSA nimmt die Gelegenheit sehr gerne wahr, zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Stellung zu nehmen.
Aus Sicht des FSA ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und PharmaUnternehmen notwendig, um den Wissenstransfer zu den hochkomplexen Produkten, die
Arzneimittel darstellen, im Sinne einer bestmöglichen Behandlung des Patienten sicherzustellen. Der Patient muss zudem absolutes Vertrauen darin haben können, dass die individuelle Behandlungsentscheidung seines Arztes allein auf medizinischen Überlegungen beruht. Die Sicherstellung dieses notwendigen Austausches bei gleichzeitiger Vermeidung von
Kooperationsformen, die dieses Vertrauensverhältnis gefährden könnten, war der zentrale
Handlungsantrieb zur Gründung des FSA im Jahr 2004. Daher war es für die Mitgliedsunternehmen des FSA bereits damals selbstverständlich, dass die strengen Regeln des FSAKodex Fachkreise für alle Ärzte einheitlich gelten, unabhängig davon, ob sie in einer Klinik
angestellt oder freiberuflich tätig sind.
Vor diesem Hintergrund begrüßt der FSA ausdrücklich, dass durch den vorliegenden Referentenentwurf nun für alle Akteure im Gesundheitsbereich in dieser Hinsicht einheitliche
Standards geschaffen werden, um die vom BGH aufgezeigte Regelungslücke zu schließen.
Auch die Anlehnung des neuen § 299a-E StGB an den bestehenden § 299 StGB ist sinnvoll,
um somit auf die bewährten Standards bei der Auslegung zurückgreifen zu können. Bei der
Neuregelung muss jedoch darauf geachtet werden, dass – wie dies bereits in der Begründung zum Referentenentwurf ausgeführt wird – die legitimen und bewährten Kooperationsformen zwischen Pharma-Unternehmen und Angehörigen der Heilberufe wie etwa Ärzten
nicht beeinträchtigt werden. Dazu gehört aus Sicht des FSA als ein zentraler Baustein, dass
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aus der neuen Norm für alle Betroffenen klar und eindeutig hervorgeht, welche Handlungen
zukünftig noch zulässig sind und welche nicht. Nur so kann die Regelungsintention rechtssicher in die Praxis transportiert werden.
Im Ergebnis spricht sich der FSA schon mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot daher dafür
aus, dass die in § 299a-E StGB vorgesehenen Tatbestandsalternativen, wonach zusätzlich
derjenige erfasst wird, der „in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletzt“ (§
299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB-E), ersatzlos gestrichen werden. Durch die Verlagerung
der Tatbestandsausfüllung auf untergesetzliche Regelungen wie die Berufsordnungen der 17
Landesärztekammern würde in der Praxis für den Rechtsanwender nicht nur eine schwer
überschaubare, sondern auch etwa mit Blick auf kurzfristige Änderungen der Berufsordnungen eine nur schwer nachhaltbare Heterogenität der Vorgaben entstehen. Zudem dürfte im
Ergebnis fraglich sein, ob es dieser zweiten Variante überhaupt bedarf, um der Regelungsintention des BMJV in der Praxis ausreichend nachzukommen.
Zum Referentenentwurf des BMJV im Einzelnen:
1. Ausgangslage: Notwendige Kooperation zwischen Pharma-Unternehmen und Angehörigen der Fachkreise
Moderne Arzneimittel sind hochkomplexe Produkte: Patienten erwarten, dass ihnen ihr Arzt
Diagnose und Therapie erklärt und sie der Entscheidung des Arztes vertrauen können. Ärzte
erwarten Wissen über Medikamente, das die forschenden Pharma-Unternehmen aus der
langjährigen Entwicklung der Produkte etwa über das Scharnier der wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen liefern können. Patient, Arzt und Industrie sind also auf eine gute
und faire Zusammenarbeit angewiesen, damit Therapien im Ergebnis optimal angewendet
werden können. Daher gilt es, jedes Misstrauen bzw. jede Spekulation, durch die das essenzielle Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gefährdet werden kann, durch geeignete Maßnahmen von vornherein auszuschließen.
Ganz in diesem Sinne führt der Referentenentwurf des BMJV zu Recht in der Begründung
unter anderem auf Seite 9 aus, dass „bereits korruptive Verhaltensweisen Einzelner […] dazu führen [können], dass ein ganzer Berufsstand zu Unrecht unter Verdacht gestellt wird und
das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitswesen nachhaltig Schaden nimmt.“ Zudem
findet sich auf Seite 11 die Aussage, dass „ebenso schwer wiegt der durch sie verursachte
Verlust an Vertrauen in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Im Gesundheitswesen
betrifft der Vertrauensverlust insbesondere die an der gesundheitlichen Versorgung beteiligten Berufsgruppen. Dabei können schon einzelne Korruptionsfälle dazu führen, dass der
ganze Berufsstand unter Generalverdacht gestellt wird und dass das Vertrauen in das Gesundheitssystem insgesamt Schaden nimmt. Bereits die Möglichkeit, dass bei einer Behandlung von Patienten unzulässige wirtschaftliche Erwägungen über das Wohl der Patienten
gestellt werden, kann dazu führen, dass medizinisch notwendige Behandlungen nicht wahrgenommen werden.“
Der FSA wurde 2004 gegründet, um zum einen rechtliche Graubereiche durch klare Standards für die Mitgliedsunternehmen im Sinne einer effektiven Risikoprophylaxe zu definieren,
zum anderen aber insbesondere dazu, das für die Behandlung des Patienten essenzielle
Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Arzt durch konkrete Vorgaben zu schützen,
die in Einzelfällen bewusst über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinausgehen. In die3
sem Geist wurde die erste Fassung des FSA-Kodex Fachkreise mit konkreten Vorgaben zu
wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen oder Dienstleistungsverträgen implementiert. Auch alle nachfolgenden inzwischen sieben Überarbeitungen bzw. Verschärfungen des
Kodex folgen dieser Handlungsmaxime. So ist etwa bislang die zeitliche Beschränkung der
Abgabe von Arzneimittelmustern auf einen Zeitraum von 24 Monaten nur für die FSAMitglieder verbindlich. Dies gilt ebenso für das vollständige Verbot von Geschenken (auch
jeglichen geringwertigen Streuartikeln wie Kugelschreibern, Kalendern und Tassen etc.).
Diese dürften zwar strafrechtlich in aller Regel von untergeordneter Bedeutung sein. Allerdings können diese Artikel unter Umständen das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und
Patient gefährden, wobei sie für die notwendige Kooperation zwischen Unternehmen und
Ärzte nicht relevant sind. Wohl auch deshalb hat sich der Petitionsausschuss des Bundestages Anfang Juli 2014 für ein allgemeines Verbot ausgesprochen, dass für alle PharmaUnternehmen gelten würde.
Für die Mitgliedsunternehmen des FSA war schon zum Zeitpunkt der Gründung des Vereins
klar, dass eine vertrauenswürdige Selbstregulierung auf zwei starken Beinen stehen muss:
Neben klaren Handlungsstandards bedarf es einer effektiven Überwachung und konsequenter Sanktionierung, sofern es zu Verstößen gegen die selbst gegebenen Regeln kommt. Die
aktuelle Statistik der FSA-Schiedsstelle belegt dies. Seit der Gründung im Jahr 2004 wurden
insgesamt 460 Beanstandungen beim FSA eingereicht. Diese wurden in 454 Fällen wegen
Verstößen gegen den Kodex Fachkreise, in 5 Fällen wegen Verstößen gegen den Kodex
Patientenorganisationen und in einem Fall wegen eines Verstoßes gegen den Eigenanwendungs-IVD-Kodex erhoben. Die Verfahren führten zu 126 Abmahnungen bzw. Unterlassungen, 15 rechtskräftigen Entscheidungen in der 1. Instanz und 24 rechtskräftigen Entscheidungen in der 2. Instanz. In über 38 Prozent wurden damit Verstöße gegen den Kodex festgestellt und für die Zukunft abgestellt. Die Entscheidungen der FSA-Schiedsstelle werden im
Sinne der Transparenz auf der Website des FSA (www.fsa-pharma.de) veröffentlicht. Bei
Verstößen wird zudem der Name des betroffenen Unternehmens genannt. Dies unterstreicht
den Ansatz der konsequenten Selbstregulierung durch den FSA.
Vor diesem Hintergrund nimmt der FSA gerne zur Kenntnis, dass diese Bemühungen auch
durch das BMJV anerkannt werden, indem die Begründung zum Referentenentwurf (Seite
12) darauf verweist, dass „die betroffenen Branchen und Berufsgruppen (…) in den letzten
Jahren anerkennenswerte Initiativen zur Selbstregulierung ergriffen (haben), die lauteres
Verhalten im Gesundheitsmarkt fördern und korruptive Praktiken abwehren sollen.“ Der FSA
sieht seine Handlungsvorgaben dabei bewusst nur als Ergänzung des Handlungs-Primats
des (strafrechtlichen) Gesetzgebers.
Um zukünftig jeglichem Misstrauen bzw. Spekulationen zu den Kooperationen mit konkreten
Fakten entgegentreten zu können und um damit das Vertrauen der Öffentlichkeit sowie der
betroffenen Patienten in die heilberuflichen Entscheidungen noch weiter zu stärken, haben
sich die FSA-Mitglieder mit dem FSA-Transparenzkodex (www.pharma-transparenz.de) bereits Ende 2013 zur Offenlegung der Zusammenarbeit verpflichtet. Der Transparenzkodex
sieht vor, Leistungen der FSA-Unternehmen an Ärzte, Angehörige der Fachkreise und Organisationen des Gesundheitswesens nachvollziehbar zu machen: So werden in Zukunft etwa
Dienstleistungs-und Beratungshonorare an Ärzte sowie Einladungen zu Fortbildungsveranstaltungen unter Nennung des individuellen Arztes oder der Organisation veröffentlicht, Leistungen im Bereich Forschung und Entwicklung werden zusammengefasst dargestellt. Die
Transparenzinformationen werden auf öffentlich zugänglichen Webseiten der Mitgliedsunternehmen einsehbar sein. Für die individuelle Nennung sind die Unternehmen dabei aus datenschutzrechtlichen Gründen auf die Einwilligung der Ärzte angewiesen, auf deren Mitwir-
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kung sie bauen. Die Dokumentation startet 2015. 2016 erfolgt dann die erste Veröffentlichung bezogen auf 2015. Anschließend wird die Liste jährlich aktualisiert. Diese Maßnahme
ist ausschließlich als Ergänzung der bestehenden FSA-Standards gedacht und steht in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Gesetzesinitiative.
2. Referentenentwurf § 299a StGB-E
Der BGH hat in seiner Entscheidung von 2012 ausdrücklich den Gesetzgeber aufgefordert,
die vorhandene Regelungslücke im strafrechtlichen Regime zu schließen. Mit § 299a StGB-E
kommt das BMJV nun dieser Anregung nach, wobei ausweislich der Begründung die neue
Norm bewusst an den bestehenden § 299 StGB angelehnt ist:
„§ 299a
Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen
(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die
Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten
als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei
dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder
von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial
1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer
Weise bevorzuge oder
2. in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletze,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des
Absatzes 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen
oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er
bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln
oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial
1. ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder
2. in sonstiger Weise Berufsausübungspflichten verletze.“
a. Allgemeine Erwägungen
Der Entwurf erfasst zur Schließung der Regelungslücke über den niedergelassenen Vertragsarzt hinaus, der im konkreten Verfahren vor dem BGH Gegenstand war, weitere Berufsgruppen als „Angehörige eines Heilberufs“. Wie bereits oben ausgeführt, gilt der FSAKodex Fachkreise nicht nur die Zusammenarbeit mit Ärzten, sondern mit allen Angehörigen
der Fachkreise im Sinne eines weitgehenden Schutzes des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient. Dies ist für die Mitgliedsunternehmen des FSA bereits seit Gründung
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des Vereins im Jahre 2004 bestehende und gelebte Praxis. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist der gewählte Ansatz des Entwurfs nachvollziehbar. Im Ergebnis wird damit nun ein
einheitlicher Standard für alle im Gesundheitswesen Tätigen geschaffen, der – mit Blick auf
den Schutzzweck des neuen Gesetzes – mögliche Wettbewerbsverzerrungen verhindern
wird.
An verschiedenen Stellen in der Begründung zum Referentenentwurf wird des Weiteren
ausgeführt, dass durch die neue Norm bewährte und etablierte Kooperationsformen nicht
beeinträchtigt werden sollen. Daher ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass das Merkmal der
„Unlauterkeit" tatbestandlich nun in das Verbot von Begünstigungen oder Bevorzugungen
aufgenommen wurde. Damit wird im Ergebnis klargestellt, dass nicht jede Bevorzugung im
Wettbewerb den Tatbestand verwirklicht, sondern dass diese unlauter sein muss.
Als Beispiele für mögliche Kooperationen, die grundsätzlich einen Vorteil im Sinne der Norm
darstellen können, wird in der Begründung des Entwurfs etwa die Einladung zu wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen oder die Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen genannt. Beide Kooperationen sind nach den Ausführungen in der Begründung nicht per
se unzulässig, wenn klare Kriterien erfüllt sind, die einen Anreiz für eine bevorzugte Verschreibungsempfehlung bestimmter Arzneimittel ausschließen. So müssen sich zum Beispiel
Fortbildungsveranstaltungen an klaren Kriterien etwa zur Angemessenheit bei der Übernahme von notwendigen Reisekosten, dem Fehlen jeglichen Unterhaltungsprogramms etc. messen lassen. Bei Anwendungsbeobachtungen kommt es unter anderem auf das Vorliegen
eines wissenschaftlichen Beobachtungsplans, der angemessenen Honorierung eines Arztes
für seine Teilnahme an der Untersuchung und insbesondere auf Transparenz der Kooperation (Registrierung der Studie bei Beginn und Veröffentlichung einer Zusammenfassung der
Ergebnisse in einem öffentlich zugänglichen Register) an. Zu beiden Fragen finden sich etwa
im FSA-Kodex Fachkreise konkrete und strenge Vorgaben für die Mitgliedsunternehmen.
Im Ergebnis ist der Ansatz insoweit konsequent, als er der Systematik des existierenden §
299 StGB entspricht. Er bietet die Möglichkeit, auf die zahlreichen Auslegungshilfen und Gerichtsentscheidungen zurückzugreifen, was eine verlässliche Orientierung für die praktische
Handhabung des neuen § 299a StGB-E bieten dürfte.
b. Konkrete Anmerkungen zum Entwurf; insbesondere zur Tatbestandsalternative „in sonstiger Weise Berufsausübungspflichten verletze“ (§ 299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGBE)
Gegenüber § 299 StGB enthält der Entwurf von § 299a StGB jeweils in den Ziffern 2 des
Absatzes 1 eine neue Tatbestandsalternative, wodurch auch Handlungen erfasst werden,
wenn ein tauglicher Täter „in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletzt“.
Diese neue Alternative wirft aus Sicht des FSA verschiedene rechtliche und auch praktische
Fragen auf, die im weiteren Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden sollten:
-
Begriff und Reichweite der Berufsausübungspflicht: Zunächst stellt sich bei Betrachtung der Norm die Frage, ob bereits eine reine Verletzung der Berufsausübungspflichten für eine Bejahung des Tatbestandes ausreichen könnte. Insoweit
spricht zwar die Begründung des Referentenentwurfs dafür, dass der Tatbestand nur
eröffnet sein soll, wenn der Angehörige des Heilberufs einen Vorteil annimmt und
zwar als Gegenleistung dafür, dass er bei einer Verordnung „in sonstiger Weise seine
Berufsausübungspflichten verletzt", also ein entsprechendes Gegenleistungsverhältnis vorliegt. Diese in der Begründung ausgeführte Intention wird allerdings bislang im
Wortlaut der Vorschrift nicht ausreichend reflektiert.
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Zudem könnte man aus dem reinen Wortlaut von § 299a-E StGB schließen, dass alle
Berufsausübungspflichten insoweit gleichbehandelt werden, und damit jegliche Verletzung einer solchen für die Tatbestandsausfüllung ausreichen würde. Auch hier findet sich wiederum eine abweichende Intention in der Begründung des Referentenentwurfs, der unter Verweis auf das im Fokus von § 299a-E StGB stehende Schutzgut der Sachlichkeit und Unabhängigkeit von heilberuflichen Entscheidungen als ein
Beispiel ausführt, dass etwa die Verletzung von Hygienevorschriften von vornherein
im strafrechtlichen Kontext nicht relevant wäre. Letztendlich auch im Hinblick auf das
verfassungsrechtlich garantierte Bestimmtheitsgebot wäre es wohl eher angezeigt,
eine entsprechende Klarstellung direkt im Wortlaut der Norm vorzunehmen.
-
Bestimmtheitsgebot und Zersplitterung der Regelungslandschaft: Zunächst sollte eine Strafvorschrift immer so klar formuliert sein, dass der Rechtsanwender ohne
weiteres aus dieser ersehen kann, welche Handlungen zulässig sind und welche
nicht. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Bestimmtheitsgebot bei Strafrechtsnormen. Gleichzeitig soll auf diese Weise sichergestellt sein, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet.
Neben den oben dargestellten offenen Punkten hinsichtlich des Verhältnisses der
verschiedenen Tatbestandsalternativen zueinander ist vor diesem Hintergrund fraglich, wie die „Berufsausübungspflichten" konkret zu verstehen sind. Im Wortlaut von §
299a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB-E findet sich in den beiden Varianten hierzu
keine weitere Erläuterung. Nach der Begründung des Referentenentwurfs beruhen
die Berufsausübungspflichten „insbesondere auf den für den jeweiligen Beruf geltenden spezialgesetzlichen Regelungen (insbesondere den Berufsordnungen, der Bundesärzteordnung, im Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde und dem Apothekengesetz, sowie den einschlägigen sozialrechtlichen Regelungen).". Damit stellt der
Entwurf zunächst klar, dass nur die für den jeweiligen Täterkreis relevanten Berufsausübungspflichten im konkreten Fall relevant werden sollen. Diese Eingrenzung
dürfte allerdings im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot problematisch sein, da sich
die Berufsausübungspflichten aus einem breiten Feld von Vorschriften, sowohl auf
Bundes- als auch auf Landesebene ergeben. Für den Rechtsanwender dürfte es daher schwierig sein, ohne weiteres einen Überblick über den konkreten Verbotsgehalt
der Strafrechtsnormen zu erlangen. Daher dürfte insoweit auch fraglich sein, ob ein
solcher Ansatz noch innerhalb der Grenzen des Bestimmtheitsgebotes möglich wäre.
Über die notwendige Ausfüllung der „Berufsausübungspflichten" in der praktischen
Anwendung werden damit u.a. auch die wesentlichen Vorgaben der berufsständischen Kammern (Berufsordnungen) in die Norm mit einbezogen. Deren konkrete Regelungen werden allerdings nicht durch den (Bundes-)Gesetzgeber selbst bestimmt,
sondern die Ausfüllung erfolgt durch die jeweiligen Interessenvertreter im Rahmen ihrer berufsständischen Selbstverwaltung. Damit können diese im Ergebnis entscheiden, welche Formen oder Alternativen der Zusammenarbeit zwischen Angehörigen
der Heilberufe und Dritten zukünftig nicht nur standesrechtlich, sondern strafrechtlich
zulässig sein sollen. Vor diesem Hintergrund ist bereits fraglich, ob die dadurch entstehende einseitige Bestimmungsbefugnis des Berufsrechts der jeweiligen Berufsrechtsträger zur Schaffung von strafrechtlichen Verantwortlichkeiten sachgerecht ist.
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Über die rechtliche Frage einer möglicherweise fehlenden demokratischen Legitimation der Selbstverwaltung in diesem Aspekt hinaus, würde ein solcher Ansatz durchaus praktischen Schwierigkeiten begegnen. Die Ausgestaltung des Berufsrechts ist
im wesentlichen Sache der Länder, im Konkreten etwa durch die jeweiligen Berufsordnungen der Ärztekammern. Für den Rechtsanwender dürfte es schwierig werden,
einen umfassenden und stets aktuellen Überblick über die individuellen Vorgaben von
17 verschiedenen Berufsordnungen zu haben. Beispielsweise könnte etwa in einem
Kammerbezirk die Annahme von Vorteilen bis zu einer gewissen Höhe grundsätzlich
zulässig sein, während im Nachbarbezirk eine solche Annahme generell ausgeschlossen ist. Zudem würde es in einem solchen Fall auch bedeuten, dass nicht nur
der Wortlaut der jeweiligen Berufsordnungen ausreichend bekannt sein müsste, sondern ebenfalls die Auslegung von einzelnen Normen durch die jeweils zuständigen
Heilberufsgerichte im Rahmen ihrer Spruchpraxis. Im Ergebnis würde daher die in
Teilbereichen bereits bestehende, berufsrechtliche Zersplitterung der jeweiligen Vorgaben nun über die Einbeziehung in den neuen § 299a StGB zusätzlich auch strafrechtlich relevant werden.
Diese mangelnde Klarheit der strafrechtlichen Reichweite von § 299a StGB-E wirft
zudem verfassungsrechtliche Zweifel auf, ob den Bestimmtheitsanforderungen des
Bundesverfassungsgerichts an ein Blankett-Strafgesetz genüge getan werden würde.
Zwar können nach dem Bundesverfassungsgericht Präzisierungen im Rahmen von
Rechtsverordnungen und nicht förmlichen Gesetzen zulässig sein. Sehr fraglich erscheint jedoch zum einen, dass dem Rechtsanwender die erforderliche klare Orientierung, was erlaubt ist oder nicht, durch einen reinen Verweis auf die „Berufsausübungspflichten" ermöglicht wird. Zum anderen wirft die Übertragung der Tatbestandsausfüllung auf die Einrichtungen der Selbstverwaltung die Frage auf, ob der
Gesetzgeber in der gebotenen Weise abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet und damit die notwendigen Rahmen bereits in der Strafrechtsnorm selbst
vorgibt.
3. Fazit
Vor dem Hintergrund der oben dargestellten rechtlichen und praktischen Bedenken der Einbeziehung der „Berufsausübungspflichten" in der vorgesehenen Weise lässt sich insgesamt
die Frage stellen, ob die auch gegenüber § 299 StGB neue Variante überhaupt in Ansehung
der BGH-Entscheidung notwendig ist. In der Begründung des Referentenentwurfs wird insbesondere angeführt, dass sich in der Praxis Situationen ergeben könnten (etwa bei Vorhandensein nur eines Produktes in einem relevanten Markt), wo mangels einer Wettbewerbslage § 299a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB-E nicht einschlägig wäre. Ob es in der
Praxis tatsächlich, wenn auch nur in vereinzelten Fällen, zu solchen Situationen kommt,
müsste noch weiter untersucht werden. Dem Grundansatz einer sicherlich begrüßenswerten
Schließung von möglichen Strafrechtslücken bereits bei Entstehung einer neuen Norm stünde allerdings eine erhebliche Rechtsunsicherheit für deren Anwendung im praktischen Alltag
gegenüber. Daher spricht sich der FSA für eine Streichung von § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr.
2 aus.
Sollte die neue Variante beibehalten werden, wäre es aus Sicht des FSA essenziell, dass die
angesprochenen Fragen zur Reichweite des Anwendungsbereichs und zu den praktischen
Implikationen im Sinne des Bestimmtheitsgrundsatzes aufgegriffen werden, damit einer ausufernden Anwendung der Strafrechtsnormen entgegengewirkt wird. Ziel muss es dabei sein,
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die erforderliche Rechtssicherheit für alle Betroffenen zu schaffen. Entsprechend müsste der
Gesetzentwurf einen klaren Unrechtszusammenhang zwischen Annahme eines Vorteils als
Gegenleistung für eine heilberufliche Handlung statuieren, dabei nicht ausschließlich auf
(jeglichen) Verstoß gegen Berufsausübungspflichten abstellen, die berechtigten Gesichtspunkte anderer relevanter Rechtsbereiche einbeziehen, nicht einseitig nur Heilberufe für die
Beurteilung der Legitimität der Zusammenarbeit von Heilberufen mit Dritten berücksichtigen
und bundesweit einheitliche Kriterien für die Beurteilung der Strafbarkeit gewährleisten.
Berlin, 10. April 2015
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