Online-Petition zur Anhebung des Mindeststrafmaßes bei sexuellem

Verein für Betroffene, Partner und Gegner
Von sexuellem Kindesmissbrauch
gegen-missbrauch e.V.
Landwacht 12
37075 Göttingen
Tel. 0551-500 65 699
Fax 0551-20 54 803
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Göttingen, 08.04.2015
Online-Petition zur Anhebung des Mindeststrafmaßes bei sexuellem
Missbrauch von Kindern
Justizminister Heiko Maas: Sexueller Missbrauch von Kindern ist kein Kavaliersdelikt! Für
eine Reformierung des § 176 (1), (2), (4) & (5) StGB und des § 176a (4) StGB im Hinblick auf
das Mindeststrafmaß
Sehr geehrter Herr Bundesjustizminister Maas,
wir fordern Sie auf, sich persönlich dafür einzusetzen, dass das Mindeststrafmaß für den
sexuellen Missbrauch von Kindern nach § 176 (1), (2), (4) & (5) StGB und § 176a (4) StGB auf
ein Jahr Freiheitsstrafe erhöht wird und somit zukünftig strafrechtlich als Verbrechen
eingestuft wird.
Der § 176 (6) StGB kann entsprechend entfallen, da der Versuch eines Verbrechens generell
strafbar ist.
Ferner ist nach österreichischem Modell eine sog. „Alterstoleranzklausel“ vorzusehen, um
einvernehmliche Beziehungen zwischen Teenagern von der Verbrechenslösung
auszuklammern.
Begründung
Nach § 12 StGB werden Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitstrafe unter einem
Jahr oder mit Geldstrafe bedroht sind als Vergehen klassifiziert. Hierzu gehören u.a. auch die
Paragraphen § 176 StGB (1), (2), (4) & (5) und § 176a (4) StGB für Straftaten des sexuellen
Missbrauchs von Kindern.
Wir empfinden die Bagatellisierung dieser Strafbestände als unerträglich. Der sexuelle
Missbrauch von Kindern ist niemals ein Kavaliersdelikt!
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Fehlende Anerkennung für Betroffene
Sexueller Missbrauch an Kindern ist ein furchtbares Verbrechen. Unerheblich davon, ob es
sich um einen sog. „einfachen“ oder einen „schweren“ Missbrauch handelt. Leid kann nicht
mit Leid verglichen werden. Missbrauchserfahrungen begleiten ein Opfer meist ein Leben
lang. Die traumatischen Erfahrungen hinterlassen Spuren in der Seele und im Körper eines
Menschen. Die Schwere einer Tat ist oftmals unerheblich, denn selbst das, was rein juristisch
als minderschwere Tat bewertet wird, kann eine beachtliche und lebenslange Schädigung
des Opfers zur Folge haben. Dieser Umstand muss im Gesetz Berücksichtigung finden.
Kindesmissbrauch ist kein Vergehen!
Einstellung der Verfahren gegen Geldauflage = Beschuldigtenorientiertes Handeln der Justiz
Verfahren über Straftaten, die mit einem Strafmaß unter einem Jahr Freiheitstrafe
sanktioniert werden, können z.B. nach § 153a StPO wegen Geringfügigkeit gegen
Geldauflage zu einer Einstellung gebracht werden. Ohne, dass ein Urteil gesprochen wird.
Der mutmaßliche Täter darf als solcher nicht mehr benannt werden, da er weiterhin als
unschuldig gilt. Das Opfer wird wiederholt gedemütigt. Dies ist in unseren Augen ein
beschuldigtenorientiertes Handeln der Justiz. Wir sind der Meinung: Jedes Opfer, dass den
Mut hat, die ihm zugefügte Gewalt anzuzeigen, hat das Recht auf ein ordentliches
rechtsstaatliches Verfahren!
Strafbefehl ohne Hauptverhandlung = Vorteile für Justiz und Beschuldigte
Bei Straftaten, die als Vergehen sanktioniert werden, ist es möglich, einen schriftlichen
Strafbefehl gegen den Beschuldigten zu verhängen und auf eine mündliche
Gerichtsverhandlung zu verzichten. Was auf den ersten Blick opferorientiert wirkt, dient
aber lediglich dazu, das Gericht und die Staatsanwaltschaft zu entlasten und bedeutet für
den Beschuldigten, dass sein Verfahren ohne großes Aufsehen und für ihn kostensparend
über die Bühne geht. Zudem kann er sich über eine milde Strafe freuen, denn gegen
schriftlichen Strafbefehl werden nur Geldstrafen bzw. Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr auf
Bewährung verhängt.
Potentielle Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch nicht verurteilte Straftäter
Werden Verfahren wie oben beschrieben eingestellt, gilt der Beschuldigte weiterhin als nicht
vorbestraft; es erfolgt kein Eintrag in das Führungszeugnis, das erweiterte Führungszeugnis
oder in das Bundeszentralregister. Mit möglicherweise verheerenden Konsequenzen, denn
ein Beschuldigter könnte unbehelligt weitere Straftaten begehen und sogar in der Kinderund Jugendhilfe beschäftigt sein. Gerade aber für diesen Bereich ist die Vorlage eines
erweiterten Führungszeugnisses seit Mai 2010 gesetzlich vorgeschrieben, um einen besseren
Schutz für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten.
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Teenager dürfen nicht kriminalisiert werden
Bisher wird z. B. ein einvernehmlicher Zungenkuss zwischen einem 13-jährigen Kind und
einem oder einer 14-jährigen Jugendlichen als Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von
Kindern nach § 176 Abs. 1 StGB gewertet. Derartige Tatbestände sind aus der beantragten
„Verbrechenslösung“ herauszunehmen. Stattdessen ist nach österreichischem Modell eine
sog. „Alterstoleranzklausel“ vorzusehen für unterhalb der Grenze der Strafwürdigkeit
liegende einvernehmliche Sexualkontakte zwischen annähernd gleichaltrigen Personen,
wobei in einer solchen Konstellation die jüngste Person das zwölfte Lebensjahr vollendet
haben muss.
Anwendung auf andere Paragraphen des 13. Abschnittes des besonderen Teils des
Strafgesetzbuches (StGB)
In diesem Zusammenhang fordern wir eine Überprüfung aller übrigen Paragraphen des 13.
Abschnittes des besonderen Teils des Strafgesetzbuches (StGB), die die Straftaten gegen die
sexuelle Selbstbestimmung regeln, d.h. alle zusätzlich relevanten Paragraphen §§ 174 - 184h.
Wir fordern die besagten Paragraphen auf die Anwendung der Verbrechenslösung zu prüfen
und sie entsprechend anzupassen.
gegen-missbrauch e.V.
Direkter Link zur Petition via Change.org:
http://bit.ly/petition_maas
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gegen-missbrauch e.V. ist beim Amtsgericht Göttingen unter der Registernummer 2728 eingetragen und wird
vom Finanzamt Göttingen als gemeinnützig unter der Steuernummer 20/206/04811 anerkannt.
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