Bühne frei für kleine Künstler

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Zwei Sprachen – doppelte
Chance: Die Grundschule Nr. 5
in Ratibor-Studen lädt zum „Tag
der offenen Tür“ ein, bei dem über
die Vorteile der Zweisprachigkeit
gesprochen wird.
Lesen Sie auf S. 2
Welches Buch hat Ihnen am
meisten gefallen?„Mir ist es
wschistko jedno, ob ihr ein polska
książka oder ein deutsches Buch
lest, Hauptsache dzieci, ist es, daß
ihr überhaupt lest.“
Lesen Sie auf S. 3
Geburtstag mit richtigem
Kuchen und frischer Milch:
Wir hatten dieses Mal jedoch einen
echten Glückstreffer in Sachen
Unterkunft – bei Familie Möckel. Es
war ein großer Bauernhof …
Lesen Sie auf S. 4
Nr. 4 (317), 6. – 19. März 2015, ISSN 1896-7973 Jahrgang 27
OBERSCHLESISCHE STIMME
Informations- und Kulturbulletin des Deutschen Freundschaftskreises in der Woiwodschaft Schlesien Tworkau: Fünfte Staffel des Kinderliederfestivals
Bühne frei für kleine Künstler
Einfallsreiche Requisiten und Kostüme haben jedem Auftritt einen besonderen Charakter verliehen.
Bekannte Kinderlieder, bunte Kostüme und viel Freude präsentierten
die Kleinsten auf der Tworkauer
Bühne. In Rahmen des Kinderliederfestivals konnte der Nachwuchs
seine musikalischen und sprachlichen Fähigkeiten zeigen.
D
as Festival richtet sich an Kindergartenkinder im Alter von drei
bis sechs Jahren. In der diesjährigen
Auflage haben Kinder aus den Kindergärten der Gemeinde Kreuzenort,
aus Ratibor und aus dem befreundeten Kindergarten aus Lohnau im Kreis
Kandrzin-Cosel teilgenommen. Das
Fest der Kinderlieder fand am 17. Februar in Tworkau statt.
Foto: Anna Mroczko
Gesungen wurde nur in Deutsch und
das auf einem für die Alterskategorie
überraschend gutem Niveau. Die Aussprache vieler teilnehmender Kinder
war sehr gut, hierbei sind besonders die
zweisprachigen Kindergartengruppen
zu nennen wie z.B. die aus Tworkau.
Im Repertoire der Gruppen fanden sich
unter anderem Lieder wie: „Vier Jahreszeiten“ oder „Grün, grün, grün sind alle
meine Kleider“.
Organisiert wird das Festival vom Kindergarten in Tworkau und der dortigen
DFK-Ortsgruppe. Das Kinderliederfestival bezieht sich auf die Tradition des
Deutschlernens in der Gemeinde, betont
Bruno Chrzibek, der Vorsitzende der
Tworkauer Ortsgruppe: „Bei uns in der
Gemeinde ist es zur Tradition geworden,
dass Deutsch lernen schon im Kinder-
Eine frohe und bunte Runde – die Teilnehmer des Festivals
Die Aussprache der
Kinder war sehr gut,
besonders zu nennen
sind Kinder aus den
zweisprachigen
Kindergartengruppen.
garten anfängt. Es ist dank vieler Enthusiasten, die wir in der Gemeinde haben,
möglich – angefangen bei unserem Gemeindevorsteher und allen Lehrern und
Direktoren der Kindergärten. Wir als
DFK versuchen dank der finanziellen
Mitteln die verschiedenen Projekte und
Veranstaltungen zu unterstützen.“
Foto: Anna Mroczko
Barbara Kasza, Lehrerin m Tworkauer
Kindergarten, betont, dass die Kinder
von Jahr zu Jahr besser vorbereitet sind.
Die avisierten Ziele wurden erreicht:
„Das Festival soll die deutsche Sprache popularisieren, die Leistungen der
Kleinkinder zeigen und das Erlernen
von Deutsch fördern. Ich bin mit dem
Verlauf des Festivals sehr zufrieden,
denn man hat den Kindern angesehen,
dass sie Spaß an Deutsch haben.“
Spaß hatten die Kinder wirklich und
nach den vielen Auftritten kam auch
eine Überraschung: Ein Clown war
erschienen, der den Kindern verschiedene Zaubertricks präsentierte und sie
natürlich zum Lachen brachte. Für alle
Teilnehmer hatten die Organisatoren
Preise und Diplome vorbereitet.
Michaela Koczwara
Rudnik: 15-jähriges Bestehen der DFK-Ortsgruppe Bresnitz
Kein Problem mit neuen Mitgliedern
Vor ein paar Tagen feierte die DFK-Ortsgruppe Bresnitz (Brzeźnica) ihren
15. Geburtstag. Von Anfang an gab es bei ihnen viele Mitglieder und so
ist es eigentlich bis heute geblieben, da die Ortsgruppe die größte in der
Gemeinde Rudnik ist. Die Gruppe ist auch sehr aktiv.
V
or dem Jahr 2000 waren viele Bewohner von Bresnitz Mitglieder der
DFK-Ortsgruppen in Gregorsdorf und
Ratibor. Die Idee, eine eigene Gruppe
zur gründen, hatte Pfarrer Henryk
Rzega. Das hat viele zur Arbeit motiviert. Eine der Hauptinitiatorinnen
war Marta Krybus, die alle Bewohner
über das Verhaben informierte und animierte, der neuen Gruppe beizutreten.
Die Gründungsversammlung fand am
11. Februar 2000 statt. 32 Mitstreiter
haben teilgenommen, die Zahl ließ bis
Juli mehr als verdreifachen. „Zu unserer
Ortsgruppe und unseren Versammlungen kommen immer mehr Menschen
und fühlen sich bei uns einfach gut, was
uns sehr erfreut“, sagt Grażyna Ficoń,
eine der aktivsten Mitglieder. Wie sie
weiter berichtet, gibt es einige im Jahresverlauf ständig wiederkehrende Veranstaltungen: „Wir organisieren immer den
Die Gründungsversammlung fand am 11.
Februar 2000 statt.
Mutter- und Vatertag, für die Kleinsten
wird der Kinder- und der Nikolaustag
veranstaltet, wo es auch immer ein paar
Kleinigkeiten gibt. Wir treffen uns zur
Advents- und Neujahrszeit und bereiten Weihnachtspäckchen für unsere
Senioren vor. Wir denken auch an alle
Geburtstags- oder Hochzeitsjubiläen
unserer Mitglieder.“
Bei der kleinen Jubiläumsfeier im Februar wurde eine Präsentation über die
Geschichte und Tätigkeit der Ortsgruppe
gezeigt. Die erste Vorsitzende war Stefania Kara, seit 2011 hat Regina Piprek
dieses Amt inne. Während der Präsen-
Mit Ihren Engagement ist alles zu schaffen – Vertretet der DFK Ortsgruppe Bresnitz
tation war zu sehen, dass die Ortsgruppe
seit Anfang an stark und aktiv war, und
außer den Treffen bei Kaffee und Kuchen werden auch andere Aktivitäten
durchgeführt. Es wurden diverse Ausflüge veranstaltet, die das Wissen über
unsere Region und Geschichte vermitteln. Sehr beliebt sind auch Ausflüge zum
Foto: Anita Pendziałek
Musiktheater Gleiwitz. „Wir treffen uns
nicht nur im eigenen Kreis, sehr wichtig
für uns sind auch Kontakte mit anderen
Ortsgruppen. So organisieren wir auch
mit andern DFK-Gruppen Ausflüge und
Workshops, bei denen wir uns besser
kennenlernen“, so Grażyna Ficoń.
Michaela Koczwara
Aus Sicht des
DFK-Präsidiums
Ignoriert…
S
eit zwei Monaten begehen wir
das Jahr, das von der Regierung
der Woiwodschaft Schlesien als das
Jahr der Oberschlesischen Tragödie
bestimmt wurde. Dieses regt zu
Erinnerungen und Reflektionen an.
Wir treffen uns an Orten, die an die
Tragödie und das Verbrechen der
Sowjets erinnern, bei den Lagern
und bei Denkmalen.
Wir machen das so seit Jahren,
weil es unsere Pflicht gegenüber den
Opfern und auch gegenüber den
nächsten Generationen ist.
Die Feierlichkeiten haben in
diesem Jahr eine besondere Bedeutung. Einmal, da es das Jubiläumsjahr ist, zweitens, da erstmals bei
den Gedenkfeiern Vertreter der
Staatsgewalt mit dem Präsidenten
Bronislaw Komorowski an der Spitze
teilgenommen haben. Der polnische
Präsident hat der Eröffnung des
Dokumentationszentrums für die
Deportationen in Radzionkau als
Ehrengast beigewohnt. Anwesend
waren auch Sejmabgeordnete und
Senatoren, wie auch andere hohe
politische Prominenz. Man sollte
zufrieden mit der dortigen Form des
Andenkens sein. Etwas stört dennoch, wenn man das ganze bewerten
möchte. Ignoriert wurden nämlich
Organisationen, die seit Jahren das
Andenken an die Ereignisse von
1945 pflegen. Und dieses trifft auf
unsere Gesellschaft ja in besonderer
Weise zu. Auf der Gästeliste der Eröffnung des Zentrums gab es keinen
Platz für unsere Vertreter. Und dies
ist für uns umso schwerer zu akzeptieren, weil gerade die Zahl unserer
Vorfahren, die deportiert wurden,
überwog. Sie wurden aus Gebieten
deportiert, die vor dem Zweiten
Weltkrieg ein Teil Deutschlands
waren, weil sie Deutsche waren oder
als Deutsche betrachtet wurden,
und dies wird auch die jüngst
immer häufiger zu hörende These
nicht ändern, dass die Deportierten
„Schlesier“ waren.
Man kann den Eindruck gewinnen, dass zurzeit die Verfälschung
der Geschichte neue Dimensionen
angenommen hat. Die Nachkriegsgeschichte wird ja nach wie vor
meist auf eine ganz bestimmte Weise
präsentiert. Der Fakt des Ignorierens unserer Vertreter wie auch
anderen Organisationen, denen die
Geschichte am Herzen liegt, bestätigt diese These.
Mit müssen uns also alleine um
die Fakten der Geschichte kümmern,
aber auch fordern, dass die Geschichtsdarstellung der Wirklichkeit
entspricht.
Eugeniusz Nagel
2 Aus dem DFKZ kręgów DFK OBERSCHLESISCHE STIMME 6. – 19. März 2015
Angelegenheiten der Minderheit: Deutsch-polnische Gespräche des Runden Tisches
Positiver Ausklang der Gespräche
Am 17. Juni 1991 wurde in Bonn der
Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik
Polen über gute Nachbarschaft und
freundschaftliche Zusammenarbeit
unterschrieben.
A
uf polnischer Seite wurde dieses
Vertragswerk von Jan Krzysztof
Bielecki und Krzysztof Skubiszewski
unterschrieben, auf deutscher Seite von
Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher. Dies war eine Ergänzung zum
deutsch-polnischen Grenzvertrag vom
14. November 1990, der eine der Vor-
bedingungen seitens der Alliierten für
die deutsche Wiedervereinigung war.
Der über ein Jahr ausgehandelte
Vertrag behandelte unter anderem die
Entwicklung des Jugend- und Wissenschaftleraustauschs wie auch die Unterstützung der polnischstämmigen Deutschen und der deutschen Minderheit in
Polen bei der Pflege ihrer kulturellen
Identität und ihrer Muttersprache.
Man konnte jedoch sowohl seitens
der Deutschen Minderheit in Polen als
auch der Polonia in Deutschland Stimmen der Unzufriedenheit aufgrund der
vielen nicht erfüllten Verpflichtungen
hören. So wurde Anfang 2010 in Berlin
ein Gremium berufen, dessen Ziel die
Besprechung und Durchführung von
wichtigsten Verpflichtungen war. Die
Ergebnisse der Arbeit von drei thematischen Gruppen werden während der
Gespräche des Runden Tisches besprochen und diese werden abwechselnd
in Polen und Deutschland organisiert.
Derzeit wird die deutsche Minderheit in
Polen von Ryszard Galla, Bernard Gaida,
Norbert Rasch, Rafał Bartek, Waldemar
Gaida und mir repräsentiert.
Am 12. Juni 2011 haben die Vertreter beider Regierungen und die Gesellschaftspartner eine Gemeinsame Erklärung in Warschau unterschrieben,
welche Verpflichtungen der Republik
Polen gegenüber den Deutschen in Po-
len und der Bundesrepublik gegenüber
der Polen in Deutschland beinhaltet.
Nach vier Jahren Pause wurden die
Gespräche des Runden Tisches am
26. Februar in Warschau wiederaufgenommen, bei denen über die deutsche
Minderheit in Polen und die Polen in
Deutschland gesprochen wurde. Beide
Seiten hatten ihre Stellung zur Realisierung der Verpflichtungen bezogen.
Eine positive Bewertung der bislang erreichten Ziele des Runden Tisches fand
einen Ausklang in der Gemeinsamen
Erklärung. Beide Delegationen waren
einverstanden mit der Fortsetzung der
Arbeit in den Bereichen, in denen Fortschritte noch gering sind.
Porträt: Herbert Helmut Czaja
Sprecher der Vertriebenen
Herbert Helmut Czaja wurde am 5. November 1914 in Teschen geboren.
Nach dem Abitur am deutschen Staatsgymnasium in Bielitz absolvierte
Czaja von 1933 bis 1938 ein Studium der Germanistik, Geschichte und
Philosophie in Krakau und Wien. Er war anschließend als Lehrer im Höheren Schuldienst tätig und arbeitete schließlich als wissenschaftlicher
Assistent an der Universität Krakau, wo auch seine Promotion zum Dr.
phil. erfolgte.
C
zaja war einer von vielen Millionen
Deutschen, der nach dem Zweiten
Weltkrieg die Tragödie, den Verlust der
angestammten Heimat, hinnehmen
musste. Seine zweite, neue Heimat fand
er im schwäbischen Stuttgart. Er war
Präsident des Bundes der Vertriebenen
(BdV) und gehörte zu den führenden
Repräsentanten der heimatvertriebenen Ostdeutschen und hat den Kurs
des Verbandes maßgebend bestimmt.
Sachkundig und hartnäckig suchte er
immer auf der Grundlage des Rechtes
und der Gerechtigkeit einen friedlichen
und gerechten Ausgleich mit den Nach-
barn des Ostens gemäß der „Charta der
deutschen Heimatvertriebenen“, welche
am 5. August 1950 in Stuttgart auf einer
Großkundgebung in Gegenwart von Mitgliedern der Bundesregierung, der Kirchen und von Parlamentariern von dem
„Unbekannten Heimatvertriebenen“ verkündet wurde. Sie trägt die Unterschriften der Sprecher der Landsmannschaften
der Vertriebenen sowie der Vorsitzenden
des Zentralvorstandes der vertriebenen
Deutschen und seiner Landesverbände.
In anderen Teilen Deutschlands wurde
die „Charta der Heimatvertriebenen“ auf
Großkundgebungen bestätigt.
Kranowitz: Jubiläum des Eichendorff-Wettbewerbs
Gedichte künstlerisch umsetzen
An den Gesprächen haben unter
anderem der Minister für Verwaltung
und Digitalisierung Andrzej Halicki
sowie der Staatssekretär beim Bundesinnenminister Günter Krings teilgenommen. Das Außenministerium
repräsentierte Unterstaatssekretär
Henryka Mościcka-Dendys. Bei dem
Treffen war auch der Bundesbeauftragte
für nationale Minderheiten Hartmut
Koschyk anwesend.
Staatssekretär Władysław Bartoszewski betonte die Bedeutung und
die Erfolge des Runden Tisches, wies
aber auch auf eine größere Intensität der
Besprechungen über die Prioritäten hin.
Martin Lippa
Rybnik: Deutschpolnischer Poesieband
Im Jahre 1994 legte Czaja das Amt
des BdV-Präsidenten nieder. Bis zu
seinem Tode aber war er Sprecher der
Landsmannschaft der Oberschlesier
und Vorstandsvorsitzender der Kulturstiftung der Oberschlesier sowie Vorstandsvorsitzender der Kulturstiftung
der deutschen Vertriebenen. In dieser
Zeit widmete er sich ganz seinem letzten
Buch unter dem Titel „Unterwegs zum
kleinsten Deutschland?“.
Herbert Helmut Czaja liebte seine
angestammte Heimat und die Heimatvertriebenen. Er verstarb am 18. April
1997 im Alter von 83 Jahren in StuttgartBad Cannstatt, seiner schwäbischen Ersatzheimat.
Ein ausführliches Lebensbild des
führenden und sachkundigen Repräsentanten der heimatvertriebenen
Ostdeutschen Herbert Helmut Czaja,
werden wir in den nächsten Ausgaben
der Oberschlesischen Stimme veröffentlichen.
Jürgen Aretz Dr. Herbert Helmut Czaja
Erbauung
für die Gemüter
D
er Verein Homo-Homini aus
Rybnik und der Verein Papillon
e.V. aus Kleve im Rheinland haben einen
zweisprachigen Poesieband mit Werken
gemütskranker Personen herausgegeben.
Der Band beinhaltet zehn Gedichte
und eine malerische Interpretation ihrer
Inhalte. Sowohl die Gedichte, als auch
die Bilder sind Werke gemütskranker
Personen und wurden in einem Wettbewerb ausgewählt. Jeweils fünf aus Polen
und fünf aus Deutschland.
Ziel des Projekts ist es zu zeigen, dass
die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen auf allen Ebenen Früchte
tragen kann und man sogar gemeinsam
auf soziale Probleme aufmerksam machen kann – in diesem Falle die sozialer
Ausgrenzung.
Die Herausgabe des deutsch-polnischen Poesiebandes wurde von der
Stiftung für Deutsch- Polnische Zusammenarbeit gefördert.
Anita Pendziałek
Ratibor-Studen: Einladung zum „Tag der offenen Tür“ in der Grundschule Nr. 5
Zwei Sprachen – doppelte Chance
Zweisprachigkeit verschafft viele
Vorteile und öffnet zahlreiche Türen. Je früher man mit dem Deutschlernen anfängt desto besser. Wenn
das Ganze in kleinen Klassenverbänden stattfindet ist der Erfolg fast
garantiert.
Ü
Eine Arbeit aus dem vergangenen Jahr
Schon zum zehnten Male haben
Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, ihre Sensibilität und künstlerische Begabung unter Beweis zu
stellen. Die Schule in Kranowitz lädt
zum „Internationalen künstlerischen Eichendorff-Wettbewerb“ ein.
I
nitiatorin und Organisatorin der
Veranstaltung ist die Lehrerin Aleksandra Osadnik. Diesmal hat sie für die
jungen Künstler das Gedicht „Frühe“
von Eichendorff ausgesucht. Bei der
malerischen Interpretation dieses Gedichtes kann man der Phantasie freien
Foto: Monika Plura
Lauf lassen. Die Teilnehmer haben die
freie Wahl der Technik. Das Werk sollte
jedoch nicht größer als 100 x 70 cm sein.
Die Arbeiten werden in drei Alterskategorien bewertet – für die 1. bis 3. Klassen sowie die 4. bis 6. Grundschul- und
Gymnasialklassen. Der Einsendeschluss
ist der 25. April.
Die Ergebnisse des „Internationalen
künstlerischen Eichendorff-Wettbewerbs“ werden bei einer Gala zur Besichtigung ausgestellt. Diese soll im Mai
stattfinden. Weitere Infos bei der Organisatorin Aleksandra Osadnik unter der
Telefonnummer 32 410 70 10.
Michaela Koczwara
ber die Vorteile der Zweisprachigkeit wird während eines „Tags der
offenen Tür“ in der Grundschule Nr.
5 in Ratibor-Studen gesprochen. Bei
der Zusammenkunft von Eltern und
Kindern, die ab September in die erste
Klasse gehen, werden zahlreiche Vorzüge dargestellt. Die Klassen werden
hier geringe Größen haben, so dass
kein Kind anonym bleibt. Die JanBrzechwa-Grundschule Nr. 5 für die
deutsche Minderheit in Ratibor-Studen
ist eine für den gesamten Kreis offene
Institution für alle Kinder, die sowohl
in Deutsch als auch in Polnisch lernen
möchten und wo die Gesamtzahl der
Deutschstunden in einem sechsjährigen
Bildungszyklus 1.120 Stunden beträgt.
Die Schule ist sehr gut ausgestattet, in
allen Klassenräumen gibt es multimediale Unterrichtsmaterialien wie z.B.
entsprechende Tafeln.
Am 14. März, ab 10 Uhr, wird nicht
nur diskutiert, die Lehrer werden für die
Kinder auch verschiedene Spiele vorbereiten. Die Kleinsten werden auch im
Rahmen einer Kreativecke beschäftigt,
Lehrer werden sich vorstellen und über
die Fächer berichten die sie unterrichten. Danach folgt die Besichtigung des
Schulgebäudes. Direktorium, Lehrer
Grundschule Nr. 5 für die deutsche Minderheit Ratibor-Studen
Foto: Monika Plura
Die Schule ist sehr
und Elternrat freuen sich, Interessierte
begrüßen zu dürfen.
gut ausgestattet, in
Im vergangenen Jahr wurde die
allen Klassenräumen
Grundschule Nr.5 für die deutsche
Minderheit mit einem Zertifikat „Wigibt es multimediale
arygodna Szkoła“ ausgezeichnet. Dies
Unterrichtsmaterialien.
spiegelt sich aus den Abschlussprüfungen der Sechstklässler die die höchsten
Ergebnisse in Ratibor erzielten.
Seit Anfang gibt es eine sehr gute
und enge Zusammenarbeit zwischen die Schule jährlich mit Unterrichtsmader Schule und der dortigen DFK Orts- terialien ausgestattet.
Michaela Koczwara
gruppe. Dank dieser Unterstützung wird
Nr. 4/317 GESCHICHTE und kulturHISTORIA i kultura OBERSCHLESISCHE STIMME 3
Geschichte: Der Tag des Buches 1929
1929 beschloss das Volk der Dichter
und Denker, in Deutschland und Österreich einen nationalen Tag des
Buches einzuführen. Man war sich
zwar nicht sicher, ob ein offizieller Feiertag des Buches nicht der
deutschen Auffassung vom Wesen
des Buches als einem verborgenen Schatz widersprach. Aber es
überwog die Überzeugung von der
Notwendigkeit einer Art Mahnung
an die Bevölkerung in einer Zeit, in
der vor allem das Radio und Kino
das Buch immer mehr verdrängten.
A
ber nicht nur die damals neuen Medien konkurrierten mit dem Buch,
sondern auch das gedruckte Wort in
zahlreichen illustrierten Zeitschriften
und Magazinen buhlte mit leichter Kost
um die Gunst des Lesers.
Schon damals wurde registriert, dass
man nicht von Menschen sprechen
könne, die überhaupt nichts lesen.
Viele Menschen lasen rein statistisch
monatlich im Durchschnitt ein Buch,
aber in Form von wenig unterhaltsamen Zeitungsartikeln. Schon damals
hatten die Menschen in der mehr und
mehr technisierten Welt immer weniger Zeit, ein Buch zu lesen, denn eine
solche Tätigkeit verlangte eine längere
Konzentration auf einen bestimmten
Text. Schon damals stellte man sich auch
die Frage, ob man eher Werke auf dem
Niveau von Gerhart Hauptmann lesen
sollte oder ob Bücher im Stil von Louis
Weinert-Wilton empfehlenswerter seien.
Der Tag des Buches wurde durch
die Zusammenarbeit eines Arbeitsausschusses des Reichsinnenministeriums
unter der Leitung von Wilhelm Külz,
des Reichsverbandes des deutschen
Schrifttums, des Buchhandels, der Jugendwohlfahrt und des Gesamtverbandes schaffender Künstler Österreichs
zustande gebracht. Als geeigneten Tag
wählte man den 22. März, den Todestag
von Johann Wolfgang von Goethe, weil
er als die Verkörperung literarischen
Schaffens in deutscher Sprache galt.
Bekanntlich hatte der viel reisende
Goethe auch unsere oberschlesische
Heimat besucht. Gerade 1928 hatte
Viktor Kaluza bisher wenig bekannte
Einzelheiten von dieser Reise wiederveröffentlicht: „ ‚Höre amice’, sagte Karl
August von Weimar zu seinem Minister,
‚wir fahren ans Ende der Welt!’ ‚Entendu’,
erwiderte der Geheimrat und schlüpfte
in seine Reisestiefel. Bei Oppeln setzte
man über die Oder und tat schon vor den
Toren der Stadt an den berühmten Oppelner Würstchen sich gütlich. ,Bei Zeus’
schmatzte schmunzelnd der unsterbliche
Sänger, die schmecken ja besser als unsere
Frankfurter!’. Eine paritätische Ehrenpforte hieß die hohen Besucher herzlich
willkommen. (Auf der Rückseite stand:
‚Serdecznie witamy’.) Die Glocken läuteten, die Schützengilde schoß Salut. Eine
Base Eichendorffs überreichte dem Dichter einen Strauß roter Rosen, und die Ahnen Gustav Freytags, die eigens aus dem
Pitschener Ländchen herbeigeeilt waren,
luden die Herren zu Gaste. Es gab unter
anderem polnische Kartoffelklöße. Goethe
konnte sie nicht genug loben und ließ sich
ein Rezept schreiben, das er sofort Frau
Rat zuschickte. Nach alter schlesischer
Sitte war auch für Getränke reichlich gesorgt. Toster Burgbräu und Annaberger
Klosterbitter letzten den trockenen Gaumen. Sogar ein veritabler ‚Pieron mit Dynamit’ stand den Gästen zur Verfügung,
die ohne große Umschweife studienhalber
einen verhafteten. Goethe durchquerte
das ganze heute so heiß umstrittene Industriedreieck. Sein kunstgeübtes Auge
weidete sich an der malerischen Tracht
der Roßberger Bauern und den feinen
Handarbeiten der Schönwälder Stickstube. Von großer Bedeutung für den Dichter
aber wurde die Bekanntschaft mit Johann
Christian Ruberg, dem oberschlesischen
Faust. Dieser oberschlesische Alchimist
ist, wie neuerdings festgestellt wurde, das
Urbild von Goethes Faust”.
In Oberschlesien war nach der Teilung des Landes das Lesen von Büchern
mit der Frage verbunden, ob man auch
heimische Autoren lesen sollte. Sowohl
in West- als auch in Ostoberschlesien
versuchten Schriftsteller die Probleme
der Heimat und der Oberschlesier literarisch darzustellen. Es waren Betrachtungen der oberschlesischen Frage aus
unterschiedlichen Blickwinkeln. Die
Leser, die imstande waren, die beiden in
Oberschlesien gebräuchlichen Sprachen
zu verstehen, konnten über die Inhalte
gründlich nachdenken.
In Westoberschlesien wurde Mitte
1926 in Gleiwitz der Gau Oberschlesien des Schutzverbandes der deutschen
Schriftsteller gegründet. Am Anfang
zählte er 20 Mitglieder, die den in Oppeln wohnenden Schriftsteller Willibald
Köhler zum Obmann wählten. Ein Jahr
später waren es schon 35 Mitglieder.
Für die Schriftsteller war der Schutzverband eine Art Gewerkschaft, aber
er veranstaltete auch Autorenabende
in oberschlesischen Städten, bei denen
die Leser mit dem Autor über sein Werk
diskutieren konnten.
Schon seit 1922 gab es in Hindenburg die linksorientierte Vereinigung
oberschlesischer Schriftsteller unter
dem Vorsitz von Friedrich Kaminsky.
Vorstandsmitglied dieser Vereinigung
war auch Willibald Köhler, bis sich ihre
Wege trennten.
1928 führte der Schutzverband deutscher Schriftsteller eine Rundfrage zur
Belebung des Interesses an oberschlesischen Autoren und ihren Werken durch.
Es handelte sich nicht um eine öffentliche Umfrage, sondern man wandte sich
an zahlreiche ausgewählte Kreise des
oberschlesischen Volkes mit der Frage:
Welches Buch eines zeitgenössischen
oberschlesischen Dichters oder Schriftstellers hat Ihnen am meisten gefallen?
Eine Besprechung der Ergebnisse dieser Rundfrage veröffentlichte
die Beuthener Zeitung „Ostdeutsche
Morgenpost“. Man fand die Ergebnisse insgesamt interessant, obwohl nur
eine kleine Zahl der Angefragten auf
die so gestellte Frage geantwortet hatte.
Eigentlich sei dies aber keine zu große
Überraschung gewesen, denn man ging
davon aus, dass die oberschlesischen
Leser noch nicht das gleiche Interesse
für heimische Literatur entwickelten,
wie das beispielsweise im Sudetenland
oder in Bayern der Fall war. Die übersandten Antworten bewiesen aber das
Vorhandensein von Kenntnissen in der
oberschlesischen Literatur und von den
oberschlesischen Verhältnissen. Sie gaben aber kaum eine Antwort darauf,
welches zeitgenössische oberschlesische
Buch in der Heimat am meisten gelesen
wurde.
Als die populärsten oberschlesischen
Schriftsteller erwiesen sich in dieser begrenzten Umfrage zwei Autoren, die
auf Oberschlesien aus einer Perspektive
schauen konnten.
Robert Kurpiun war gebürtiger
Ostpreuße, aber durch seine Tätigkeit
als Lehrer in Oberschlesien lernte er
das Land und seine Leute kennen. Die
Schriftstellerin Elisabeth Grabowski aus
Oppeln gab folgende Begründung für
ihre Wahl: „Es wird mir schwer, zu sagen:
Dieses oder jenes Buch hat mir am besten
gefallen. Wir haben doch viel schöne Bücher, z.B. ‚St. Annaberg’, von Wientzek, in
seiner innigen Poesie, und manch’ andere,
die das oberschlesische Volk schildern.
Auch der „Ruf der Felder“ von Bruno
Arndt. Gern und immer wieder lese ich
‚Bunt Volk’ von Robert Kurpiun. Hier
sind Volkstypen im klaren und wahren
Sinn geschildert. Die Menschen werden
uns lebendig: den einen oder anderen
haben wir sicher schon einmal gesehen!
Sie zeichnen sich bildhaft vor meinem
geistigen Auge aus dem Dämmer der Erinnerung ab und gehen mir nah. Das tut
nur gute, poetische Literatur“. Auch der
oberschlesische Schriftsteller mitten aus
dem Volke, der Bergmann Karl Franz
Mainka, war davon überzeugt, dass Kurpiun in seinen Werken den gewiss nicht
Quelle: www.katowice.ap.gov.pl/kontakt_gliwice.htm
Welches Buch hat Ihnen am meisten gefallen?
Plakat zum Tag des Buches
von vornherein offen liegenden Weg
zur oberschlesischen Volksseele und
zum oberschlesischen Volkstum fand.
Max Hermann-Neisse wurde, wie sein
Name es sagt, in Neisse geboren, also
auf der linken Oderseite am westlichen
Rande von Oberschlesien. Dabei war
er kein Oberschlesier schlechthin etwa
im Sinn von Karl Schodrok. Viele Einwohner dieser Gegend verstanden sich
als Schlesier mit Sympathie für Breslau.
Der damals seine literarische Arbeit beginnende Hindenburger Schriftsteller
Gerhart Baron schrieb dazu jedoch:„Der
größte oberschlesische Dichter ist der
vielgenannte, aber fast gar nicht gelesene Lyriker Max Hermann, Neisse. Ich
trete umsomehr für ihn ein, als ich mich
rühmen darf, sämtliche sieben Gedichtbücher Max Hermanns genau zu kennen. Er
hat zwar noch einige Prosabücher sowie
mehrere Komödien geschrieben. Seine
Bedeutung liegt aber in seiner Lyrik, die
zum Besten und Reinsten des deutschen
dichterischen Schrifttums der Gegenwart
gehört. Ich nenne da vor allem das Buch
‚Verbannung’, in das ich mich monatelang
vertiefte und dessen wunderbare Melodik
und sprachliche Anmut ich preise. Max
Hermann ist ‚Leidtöner’. Daran stoßen
sich fast alle seiner Landsleute, nur ich
nicht”.
So schlecht war es allerdings um den
Neisser Dichter nicht bestellt, was die
charakteristische Antwort von Viktor
Kaluza bewies:„Ich habe meine schreibenden Landsleute Revue passieren lassen
und kann mich für kein bestimmtes Buch
entscheiden. Am stärksten hat mich der
Lyriker Max Hermann, Neisse, berührt“.
Der Kattowitzer Studienrat und Autor
Rudolf Fitzek plädierte für Bruno Arndt.
Seinem schon erwähnten Buch „Der Ruf
der Felder“ attestierte er: „Der erste und
einzige oberschlesische Volks- und Landschaftsroman von wirklich künstlerischer
Geltung und Dauer! Sachlich, karg wie
das oberschlesische Land selbst. Hier ist
der Ostlandroman, er braucht nicht erst
gesucht zu werden!”.
In den Antworten auf die Rundfrage
wurden auch andere Autoren genannt,
die damals bekannt oder vielversprechend waren, heute aber völlig in Vergessenheit geraten sind, weil sie in einer
Sprache schrieben, die heute in Oberschlesien eine Fremdsprache geworden
ist. Wie es bei der deutschen Minderheit
mit der Umsetzung der Anleitungen für
deutsche Leihbibliotheken in Polen aussieht, die Inhalte des DFK-Arbeitsheftes
1 aus dem Jahr 1995 sind, weiß man
nicht genau. Vielleicht gibt es inzwischen nach 20 Jahren eine neue Bücherund Leserstrategie.
Am 22. März 1929 hatte der erste
Tag des Buches in den oberschlesischen
Städten einen recht unterschiedlichen
Verlauf. In Gleiwitz kam es bei der Besprechung der Vorbereitungen für dieses
kulturelle Ereignis zu einem kleinen Eklat, als der Büchereidirektor erklärte, die
Stadt könne diese Veranstaltung nur mit
einem Betrag in Höhe von 50 Mark unterstützen. Nicht nur Pastor Schmidt als
Vertreter des Schutzverbandes deutscher
Schriftsteller wurde dadurch peinlich
überrascht. Unter solchen Umständen
kam schließlich nur eine kleine Ausstellung von Büchern in der Stadtbücherei
von 11 bis 13 und von 16 bis 19 Uhr zustande. Die Presse kritisierte aber nicht
nur den Magistrat, sondern auch den
Schutzverband für fehlendes kulturelles
Verantwortungsgefühl.
In Beuthen gab es im festlich geschmückten Stadtverordnetensitzungssaal des alten Stadthauses zwar auch
lediglich eine Buchausstellung, aber
immerhin dauerte sie drei Tage. Den
Besuchern stand ein reiches Buchangebot zur Verfügung. Sie konnten sowohl
das erlesene Stück der Jubiläumsausgabe
des „Faust“ als auch moderne Kunstbücher und Monographien bewundern.
Es fehlte auch nicht an Kinder- und
Jugendbüchern. Man konnte sich auch
mit wertvollen, aber preiswerten Bücherreihen bekanntmachen. Die Angelegenheit hatte nach Ansicht der Presse
nur einen Makel – die Bücher wurden
durch die Stadtbücherei nicht erworben,
sondern waren nur von Buchhändlern
ausgeliehen.
Einzig die Stadt Hindenburg wurde für das vorbereitete Programm des
Tages des Buches gelobt. Am 21. März
hielt Rudolf Fitzek um 20 Uhr im Bibliotheksaal der Donnersmarckhütte
einen Vortrag über das Thema „Die moderne Kulturkrise und das gute Buch“.
Der Eintritt war frei, was für eine sehr
gute Zuhörerzahl sorgte. In dieser Industriestadt war so etwas ein Grund zur
Freude, denn man war sich der Tatsache
bewusst, dass eine wirksame allgemeine Aufbauarbeit nur auf einer geistigen
Basis geleistet werden könne.
Rudolf Fitzek stellte in seiner Rede
fest: „ Das Interesse des Publikums für
Schauspiel, Schwank und Operette steht
im umgekehrten Verhältnis zu dem Werte
dieser drei Gattungen. Es war keineswegs
immer so, daß die leichteste und seichteste Unterhaltung am stärksten bevorzugt
wurde. Es wird vielfach gesagt, daß es heute eben keine großen Tragiker gebe, die
das Publikum in das Theater ziehen. Aber
man darf dem Publikum, dem Volksganzen damit doch nicht alle Verantwortung
für die heutige Kulturkrise abnehmen.
Dem Volk als Wesenheit, als Ganzheit
fehlt heute irgend etwas, was es zu Goethes
Zeiten gehabt hat. Der moderne Mensch
droht, vollkommen wurzellos zu werden.
Das moderne Publikum sucht nach Entspannung um jeden Preis. Es leidet unter
einer krankhaften Erlebnisschwäche, unter
einer gefährlichen Scheu vor geistiger und
seelischer Vertiefung. Die Beschäftigung
mit ernsten Problemen wird als eine lästige, unangenehme Arbeit empfunden,
vor der man sich am liebsten drückt. Das
große Publikum sucht und braucht Sensationen in der mannigfachsten Form.
Der ‚Tag des Buches’ soll den Schatz an
aufbauenden Kräften, die verschüttet und
verdrängt dennoch im Volk leben, aufdecken, soll das Volk aufrütteln aus seiner
Erschlaffung, soll die Verjüngung und
Auffrischung seelischer Kräfte bewirken“.
Rudolf Fitzek empfahl den Zuhörern,
die Bücher des Schlesiers Hermann
Stehr, des Rheinländers Stefan George
und der Ostpreußin Agnes Miegel zu lesen. Selbstverständlich warb er auch für
die Werke der oberschlesischen Autoren.
Verständlich war es auch, dass er dabei
sehr warm von zwei jungen Autoren
aus Hindenburg sprach, nämlich von
Gerhart Baron und Wilhelm Tkaczyk.
Am 22. März fanden in Hindenburg
drei Bücherausstellungen statt. Die erste
veranstaltete die städtische Volksbücherei. Die thematischen Schwerpunkte
lagen bei Heimat, Technik und Erinnerungen. Die Borromäus-Bücherei präsentierte Jugendbücher. Einschlägige
Literatur zeigte die Arbeiter-Bücherei.
Auch die Presse veröffentlichte zum
Tag des Buches viel Material, um ihren
angeblichen Konkurrenten dennoch zu
fördern. Es handelte sich aber nicht um
eine vorbehaltslose Unterstützung einzelner Buchpublikationen, sondern um
eine sachliche Auseinandersetzung mit
der Entwicklung des Büchermarktes. So
stellte man damals etwas fest, was auch
heute noch irgendwie zutrifft: „Früher
sprach man vom ‚Buch des Jahres’, heute
nicht einmal mehr von dem des Tages,
sondern vom ‚Buch der Stunde’. Doch wie
bei unserer gewöhnlichen Leibeskost fehlen auch hier die ,Vitamine´, denn: Was
für Bücher sind es, die diese fabelhaften
Auflageziffern haben! Die wirklich wissenschaftlichen? ‚Schöne Literatur’ darf
man sie nicht einmal nennen. Denn der
unter dem Deckmantel des ,LiterarischWertvollen´ gehende Schund ist von
solchem Reiz, daß dergleichen ,Dichter´
und Romane anprangern dasselbe ist, wie
sie empfehlen. Sie sind die Ursache, daß
unsere modernen Nerven derart aufgepeitscht werden müssen, um überhaupt
noch einen Reiz zu verspüren, daß ein
Großteil auch der sog. künstlerisch bedeutsamen Literatur geradezu bordellisiert ist. Wundert man sich, daß dadurch
das gute Buch von Jahr zu Jahr mehr
verdrängt wurde? So sehr – wir können
mit Beispielen dienen –,daß es für einen
Verleger heute beinahe Selbstmord ist,
noch ein gutes Buch zu drucken“.
Man konnte solche Urteile fällen, aber
es ließ sich nicht leugnen, dass die Leser
Bücher lesen wollten, die ihre aktuellen
Probleme in der von ihnen benutzten
Ausdrucksweise wiedergaben. Guten
Absatz garantierten auch Romane okkulten oder kriminellen Einschlags. Der
Buchhandel gab dieses selbst zu, Klassiker wurden nur noch als Kommunionsund Konfirmationsgeschenke gekauft.
Auch die Oberschlesier bildeten keine
Ausnahme in der deutschen Leserlandschaft der damaligen Zeit. Selbst die Büchernarren unter ihnen lasen gerne Gesellschafts- und Zeitromane von Erich
Maria Remarque, Ernst Glaeser, Ludwig
Renn, Emil Ludwig, Sven Hedin, Stefan
Zweig, Vicki Baum, Wilhelm Speyer
und nicht zuletzt Edgar Wallace – so
zumindest lauten die Ergebnisse einer
Umfrage der „Ostdeutschen Morgenpost“ anlässlich des Tages des Buches.
Mit den spezifischen Eigenschafen
der oberschlesischen Literatur und ihrer Autoren beschäftigte sich an diesem
Tag auch Karl Schodrok. Er betonte die
Bedeutung des Dreigestirns Eichendorff,
Freytag und Waldau, aber vor allem
schrieb er von den neuen oberschlesischen Autoren, die in ihren Texten die
Gegenwart literarisch zum Ausdruck
brachten: „Zu den Neutönern oberschlesischer Dichtung zählen nicht nur die oberschlesischen Arbeiterdichter Karl Mainka
und Paul Habraschka, Wilhelm Tkaczyk
und Gerhart Baron, sondern überhaupt
alle Dichter, die aus der Bevölkerungsschicht mit der oberschlesisch-slawischen
Mundart kommen, die sich erst in ganz
schweren Kämpfen durchringen mußten zur deutschen Kultur- und Bildungssprache, was dann manches Unfertige
und Problematische besonders in ihren
ersten Werken verständlich macht. Ich
denke da beispielsweise an den tief veranlagten Heinrich Dominik und an den
jungen August Scholtis, jenen beiden
hoffnungsreichen und doch wieder so
typisch zwiespältigen oberschlesischen
Schriftstellern aus dem Hultschiner
Ländchen. Ausgeprägte oberschlesische
Eigenart zeigen dann noch beispielsweise
Victor Kaluza und Alfons Hayduk. Immer und immer wieder aber kann man
feststellen, ob unsere Dichter rechts der
Oder wurzeln oder im Sudeten-Vorlande
beheimatet sind. Hertha Pohl-Krappitz
und Anna Bernard-Neisse kann man in
diesem Zusammenhang mit Recht zwei
Pole oberschlesischer Dichtung nennen”.
Ein Jahr später kam in Gleiwitz Horst
Bienek zur Welt. In seiner Gleiwitzer
Tetralogie gibt es eine Szene, die man
allen Oberschlesiern widmen kann: „In
der Schule wurde der Unterricht deutsch
abgehalten, aber wenn ein Schüler auf die
Fragen eines Lehrers polnisch antwortete,
so wurde das ohne Aufhebens akzeptiert,
die Lehrer waren mit der eigenen Sprache
ebenso gut vertraut wie mit der andern,
und der Hauptlehrer Grabowski war es,
der immer sagte: Mir ist es wschistko
jedno, ob ihr ein polska książka oder ein
deutsches Buch lest, Hauptsache dzieci,
ist es, daß ihr überhaupt lest“.
Dr.Stefan Pioskowik
4 OBERSCHLESISCHE STIMME GESCHICHTE und kulturHISTORIA i kultura 6. – 19. März 2015
Erinnerungen von Horst Wieczorek (Fortsetzung): Die Flucht aus Tunskirch
Geburtstag mit richtigem Kuchen und frischer Milch
eines von ihren haltbaren und harten
Soldatenbroten gaben. Dieses musste
zerschlagen und brockenweise minutenlang im Mund gehalten werden, bis
es aufgeweicht war und verschluckt
werden konnte.
Überhaupt war die Versorgung mit
Nahrungsmitteln das zentrale Problem auf unserer Flucht. Mutter und
wir Kinder hatten ja keine Vorstellung
vom Transportgut, welches die Familie Elsner im unteren Teil des Wagens
verstaut hatte. Nach und nach fanden
wir aber heraus, dass sackweise Weizen,
Mehl aber auch Hafer für die Pferde und
andere Lebensmittel wie Haferflocken,
Gries und Räucherwaren in größeren
Gebinden an Bord waren. Die Waren
hatte Familie Elsner jedoch nur für den
eigenen Bedarf mitgeführt. Wir bekamen davon nichts.
Als nächstes Ziel hatten wir dann
Passau ins Auge gefasst und haben
die Stadt am Zusammenfluss von
Inn, Ilz und Donau über Karlstift,
Freistadt, Rohrbach und Wegscheid
erreicht. Vor Passau mussten wir
mit Pferd und Wagen ein gewagtes Unternehmen überstehen: Wir
überquerten die Donau per Fähre.
W
ir waren alle aufgeregt, nur der
Fährmann und die Pferde strahlten Ruhe aus. Nach der Überquerung
schlugen wir einen falschen Weg ein,
von Hutthurm Richtung Norden. Dort
übernachteten wir, um am nächsten Tag
sofort unseren Weg wieder zu ändern.
Wir fuhren zurück nach Sandbach im
Kreis Passau. Ab hier zogen wir entlang der Donau Richtung Regensburg.
Auch auf dieser Strecke waren wir
immer wieder auf das Mitgefühl und
Mitleid der von Kriegseinwirkungen
relativ verschont gebliebenen Menschen
angewiesen. Doch auch hier, wie schon
in Österreich, haben sich viele Bewohner nicht mit uns solidarisiert und uns
auch sehr oft abgewiesen. Immer wieder
musste ich feststellen, dass Mutter mit
dem kleinen Harald im Arm die Herzen
der Menschen berührte und öffnete.
So haben wir mitunter auch Milch für
Harald bekommen, auch Wasser, Heu
und Hafer für unsere Pferde.
Weiter zogen wir die Donau entlang
Richtung Regensburg, wobei wir mit
unserem seltsam anmutenden Pferdewagen die steinerne Brücke überquerten, vorbei am Regensburger Dom und
später an der berühmte Walhalla. Bruder
Felix und ich haben dem griechischen
Tempel einen Besuch abgestattet. Wir
mussten feststellen, dass bereits viele
Skulpturen aus der griechischen Mythologie entwendet waren und sind auch
sicher, dass diese durch amerikanische
GI‘s als Souvenir in den USA wieder
auftauchten. Die Walhalla befindet sich
etwa zehn km östlich von Regensburg
und wurde von König Ludwig I. von
Bayern errichtet.
Der Weg führte uns weiter auf einen
Kurs Nord-Nordost und Mutter und
Felix, ich weniger, konnten damals die
weitere Route und Wegeplanung von
unserem Treckleiter Elsner nicht deuten. Denn unsere Fahrt bewegte sich auf
besagtem Kurs. Das heißt, wir fuhren
weiter Richtung Norden über Schwandorf, Amberg, Pegnitz, Greußen, Bayreuth und Hof. Es ging immer weiter.
Mutter und auch wir Kinder hatten auf
die Richtung keinen Einfluss. Bei diesem
Thema kam es oft zu Zwistigkeiten, wobei uns Familie Elsner freistellte doch
auszusteigen. Aber wir wollten weiterkommen und hatten ja auch einen Kinderwagen dabei. Obwohl die letzten vier
Monate seit Ende März an der Psyche,
an den Kräften und unserer Gesundheit
zehrten, sahen wir uns nunmehr einer
noch viel stärkeren psychischen Belastung ausgesetzt – wir landeten wieder
bei den Russen. Damals schon nannte
sich der östliche Teil Deutschlands Sowjetische Besatzungszone.
Horst Wieczorek mit Bruder Harald beim Schlesiertreffen 2009 in Hannover.
Wir waren immer
wieder auf das
Mitgefühl und
Mitleid der von
Kriegseinwirkungen
relativ verschont
gebliebenen Menschen
angewiesen.
Wie im Urlaub – Unterkunft in einer
Scheune
Ab dem 23. Juni 1945 zwang uns wieder der Gesundheitszustand von Herrn
Elsner zu einem langen Aufenthalt. Wir
hatten das kleine Städtchen Lengenfeld
im Vogtland in Sachsen erreicht, als er
wieder in einem Krankenhaus behandelt
werden musste. Wir hatten dieses Mal
jedoch einen echten Glückstreffer in
Sachen Unterkunft – bei Familie Möckel. Es war ein großer Bauernhof mit
Stallanlagen, auch für unsere Pferde,
mit Kühen und Schafen und allerhand
Kleingetier. Wir kamen am 23. Juni hier
an, wohnten in einer großen Scheune
und haben auch von der Hausherrin
viel zu essen bekommen. Am 31. Juni,
meinem zehnten Geburtstag, backten
Frau Möckel und Mama richtigen Kuchen, dazu gab’s frische Milch. Wegen
der Krankheit von Herrn Elsner haben
wir uns bei Familie Möckel sieben lange
Woche aufgehalten.
Am 15. August haben wir dann die
Familie Möckel in Lengenfeld im Vogtland verlassen müssen, da Herr Elsner
aus dem Krankenhaus entlassen worden
war. Mein Bruder Felix hatte dann die
cholerische Art vom Kutscher Elsner
wegen einer Nichtigkeit zu spüren bekommen. Und so trieb er Felix mit der
Pferdepeitsche über dem Hof und schlug
immer wieder auf ihn ein, als Mama
ihm wie eine Furie in die Parade fuhr.
Sie entriss ihm die Peitsche und ließ den
Knauf auf seinem Rücken niedersausen.
Dabei schrie Mama ihn mit sich überschlagender Stimme an: „Meine Kinder
schlage ich selber“. Diese im höchsten
Zorn hervorgestoßenen Worte sorgten
auch viele Jahre später bei Familienfeiern immer wieder für verständnisvolles
Schmunzeln bei uns Jungs.
Die Hölle im Rot-Kreuz-Lager
Mit einigen kurzen Etappen sind wir
dann über Gammla und Unterröppisch
im Kreis Greiz in Thüringen bis zum
Rot-Kreuz-Lager in Gera gekommen.
Es trennten sich nun die Wege zwischen
unserer Familie und der Familie Elsner. Ab diesem Zeitpunkt erfuhren wir
nichts mehr voneinander. Es hatte den
Anschein, als wollten sie wieder in die
Heimat zurück.
Doch zurück zum Rot-Kreuz-Lager
in Gera. Dieses Lager war die Hölle. Dagegen blieb uns die Scheune bei Frau
Möckel als Paradies in Erinnerung. Wir
alle waren innerhalb kürzester Zeit von
Läusen, Wanzen und Flohbissen übersät.
Harald wurde wegen der offenen Bisswunden dieser widerlichen Tierchen
krank. Medikamente gab es nicht. Mama
hat ihn beständig sauber halten müssen.
Kurze Zeit später durften wir dann
die Hölle verlassen und unser Ziel, das
wir nicht selbst bestimmen konnten,
weil vorher schon die Weiterreise von
offizieller Seite bestimmt worden war,
war Hildburghausen in Südthüringen.
Ein Prozent für die deutsche Minderheit
Wollen Sie, dass sich die Tradition und Kultur der deutschen Minderheit in unserem Teil Schlesiens weiter entwickelt? Auch Sie können dazu beitragen, indem
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der Woiwodschaft Schlesien überweisen.
ie wichtigsten Informationen zu die- Tätigkeit des Deutschen Freundschaftskreisem Thema finden Sie auf der Inter- ses in der Woiwodschaft Schlesien aussieht,
netseite www.dfkschlesien.pl. Die Inter- welche Projekte durchgeführt werden oder
netseite veranschaulicht, wie die kulturelle wie man die deutsche Sprache pflegt.
D
OBERSCHLESISCHE STIMME
Impressum
Herausgeber: Deutscher Freundschaftskreis
im Bezirk Schlesien
Anschrift: ul. Wczasowa 3, 47-400 Ratibor;
Tel./ Fax: 0048 - 32 - 415 51 18
Mail: [email protected]
Redaktion: Michaela Koczwara
Im Internet: www.dfkschlesien.pl
Druck: Polskapresse Sp. z o.o., Oddział Prasa Wrocławska.
Abonnement:
Wir schicken die Oberschlesische Stimme per Post direkt zu
Ihnen nach Hause. Zusätzlich und völlig kostenlos erhalten Sie
auch das „Wochenblatt.pl“ zweimal im Monat.
Foto: Sammlung Horst Wieczorek
Nach einer Übernachtung im Zug auf
dem Bahnhof Themar fuhren wir in
Hildburghausen ein. Aber auch hier
hatten wir das Gefühl, dass wir als
Aussätzige empfangen wurden. Doch
wir wurden empfangen. Bei den RotKreuz-Mitarbeitern stand die Sauberkeit
an erster Stelle. Wir wurden für zwei
Wochen im Schützenhof in Quarantäne
gehalten. Alle mitgeführten Kleidungsstücke, auch die, welche wir am Körper
trugen, wurden mehrmals durch eine
Entlausungsanlage geführt. Die Menschen mussten sich mit einer besonderen Seife waschen und Körperbehaarung
wurde eingepudert.
Nach Abschluss dieser Aktion war es
dann soweit. Am 28. August wurden wir
noch mit einer weiteren Familie, Frau
Senier mit ihren sechs Kindern, zum
Bahnhof von Hildburghausen geführt,
um mit der Kleinbahn nach Simmershausen zu kommen. Herr Rottenbach,
stellvertretender Bürgermeister von
Simmershausen, hat uns in Hildburghausen in Empfang genommen und
am Backhaus von Simmershausen zum
Warten aufgefordert. Nun waren wir
angekommen.
Erinnerungen
Während der gesamten Zeit von Ende
März bis Ende August 1945 war es ja
nicht so, dass wir beständig an unsere
verlorene Heimat dachten. Uns Jungs
waren oft Begegnungen mit den Rotarmisten und den Amis in Erinnerungen
geblieben. Wobei wir immer hofften,
auch von ihnen etwas zum Verzehr zu
erhalten. Nein, die Amis waren eingebildet und geizig. Da wurde keine
Schokolade oder Kaugummi verteilt.
Wogegen die Russen uns schon eher
Nachwort
Bei der Auswertung der Dokumentation unserer Mutter für den Zeitraum
der Flucht konnte ich feststellen, dass
wir insgesamt 183 Tage unterwegs waren. Während dieser Zeit hatten wir 110
Tage Unterkunft in landwirtschaftlichen
Anwesen gefunden. Das war jedoch
nicht der Verdienst von Familie Elsner,
sondern bei der Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten waren Mama, Harald und ich am erfolgreichsten. Bruder
Felix hielt sich bei dieser Aufgabe eher
zurück. Das heißt, dass wir bei den
Bauern auch mit etwas Essen gut versorgt waren. Das war aber auch nicht
in jedem Fall so. Oft habe ich auch in
den Ortschaften, die wir passierten, die
Menschen an den Türen um etwas zu
Essen abgebettelt. Die Bereitschaft etwas
zu geben, hielt sich hier in Grenzen. Erst
als Mama mit Harald im Wickeltuch dazukam, waren die Menschen eher bereit
etwas Essbares abzugeben.
Im Verlaufe der Jahre bis 1982 musste ich auf Grund unseres Besuches in
Radlin in Oberschlesien eine erneute,
exaktere Bewertung unserer Flucht vornehmen. Mein Cousin hat damals in längeren Diskussionen immer wieder zum
Ausdruck gebracht, dass es von entschiedener Bedeutung für unsere Familie war,
im März 1945 die Heimat verlassen zu
haben. Und im Abstand von Jahrzehnten, denke ich daran, dass sich Mama bei
diesen Unterredungen zurückgenommen
hat und still war. Obwohl es nicht ihre
Art war. Aber sie wusste, dass sie mit der
Entscheidung, die Heimat zu verlassen,
das Leben ihrer Kinder und auch ihr
eigenes gerettet hatte.
q
Und der Herr hat nicht vergessen,
was geschehen, wird er messen.
Nach dem Maß der Ewigkeit –
oh wie klein ist doch die Zeit.
Joseph Freiherr von Eichendorff
D
iese Erinnerungen wurden von Horst
Wieczorek in Form eines Heftes veröffentlicht. Mit diesen Heft wollte der
Autor vor allem seiner Familie einen
Einblick in diese Zeiten geben, damit
sie erfährt, wie die Flucht aus Tunskirch
ausgesehen hat und wir sie die Probleme
gemeistert haben.
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q
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