Ich hab mich polonisiert

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„Mich brennts an meinen
Reiseschuhn…“: Grundschüler
und Gymnasiasten aus dem
Kreis Gleiwitz präsentierten auf
der Bühne Poesie und Prosa von
Joseph Freiherr von Eichendorff.
Lesen Sie auf S. 2
„Unser tägliches Brot gib uns
heute“: Um den oberschlesischen
Frauen das Meistern in der Küche
etwas zu erleichtern wurde das
„Kriegskochbuch“ im Frühjahr 1915
herausgegeben.
Lesen Sie auf S. 3
Riskante Tätigkeit und
Vertreibung: Anfang Oktober
1939 wurden 183 polnische
Hochschullehrer von der deutschen
Besatzungsmacht interniert. Czaja
half einigen seiner Kollegen.
Lesen Sie auf S. 4
Nr. 7 (320), 17. – 30. April 2015, ISSN 1896-7973 Jahrgang 27
OBERSCHLESISCHE STIMME
Informations- und Kulturbulletin des Deutschen Freundschaftskreises in der Woiwodschaft Schlesien Ich hab mich polonisiert
Am 9. März veröffentlichte Steffen Möller sein drittes Buch: „Viva Warszawa – Polen für Fortgeschrittene“.
Anna Ronin sprach mit dem Autor über seine Anfänge und Anzeichen seiner Polonisierung.
Für ihren Einsatz als „guter Deutscher in Polen“ erhalten sie am 26. April
in Berlin den Richard-von-WeizsäckerPreis der Deutschen Nationalstiftung.
Können sie sich noch an die erste Reise
nach Polen erinnern?
1993. Ich dachte, dass ich jetzt an den
Ural fahre. Ich hatte 20 Sandwichs, zehn
Äpfel und fünf Eier eingepackt, meinen
Geldbeutel hatte ich in die Jacketttasche
eingenäht. Doch dann zeigte sich, dass
die Reise von Berlin nach Krakau mit
dem Zug nur neun Stunden dauert.
Mein erstes Wort, das ich gelernt habe,
war „hamulec bezpieczeństwa“. Polen
hat mich dann so angezogen, dass ich
inzwischen schon seit über 22 Jahre
hier lebe.
Haben ihre Eltern sich so eine Zukunft für ihren Sohn erträumt?
Am Anfang haben meine Eltern mich
gefragt, was ich eigentlich in Asien will
und warum ich nicht nach England oder
Amerika fahre? Ich glaube, zehn Jahre
lang haben sie unseren Nachbarn erzählt, dass ihr Sohn ständig auf Reisen
ist. Erst als ich das Bundesverdienstkreuz
bekam, haben sie den Nachbarn endlich
gestanden, dass ich in Warschau lebe.
Man kann also sagen, dass diese Auszeichnung ihren Sinn und Zweck hatte.
Wie war der kleine Steffen?
Der kleine Steffen dachte, dass er kein
Talent für Fremdsprachen hat. Meine
erste Fremdsprache war Latein. Wir haben nur ins Deutsche übersetzt, nicht
selber gesprochen. Heute würde ich
sagen, dass diese Form des Unterrichts
sehr langweilig war, aber damals hab
ich gedacht, dass Fremdsprachenlernen
halt so aussieht. Später habe ich Englisch
gelernt und dabei einen starken Komplex bekommen. Angeblich hatte ich
eine schreckliche Aussprache mit einem
starken deutschen Akzent, worüber sich
meine Mitschüler lustig gemacht haben. Erst in Polen hab ich mich davon
überzeugt, dass ich doch viel Talent für
andere Sprachen habe. Schade nur, dass
ich das meinen Schulkameraden nicht
mehr beweisen konnte.
Sie beherrschen nicht nur die polnische Sprache sehr gut, sondern schreiben auch noch Bücher in dieser.
Ja, das ist übermenschlich, oder? Bücherschreiben auf Polnisch! Mein erstes
Buch hab ich ganz alleine geschrieben,
aber später musste ein Lektor noch
hier und dort ein paar Stellen glätten.
Die nächsten Bücher hab ich zuerst auf
Deutsch geschrieben, so wie mein neuestes Buch „Viva Warszawa – Polen für
Fortgeschrittene“. Zurzeit ist es nur in
der deutschen Version erhältlich, aber
wir arbeiten an der polnischen Übersetzung.
An wen richtet sich dieses Buch?
In erster Linie ist es ein Buch für
Deutsche, die nach Polen reisen
möchten, und bis jetzt nur den Basar
in Słubice [Frankfurt/Oder-Dammvorstadt] kennen, weil sie nicht den Mut
haben, tiefer ins Land zu fahren. Ich mache den Leuten klar, dass es sich lohnt,
nach Warschau zu fahren und dass die
Entfernung von Berlin nach Warschau
genauso weit wie die von Berlin nach
Köln ist, also 600 Kilometer. Ich hoffe
meiner Polonisierung ist, dass ich abergläubisch geworden bin. Ich gebe nicht
mehr die Hand über der Schwelle, stelle
meine Tasche nicht mehr auf den Boden,
denn sonst läuft mir ja mein Geld weg.
Und wenn ich einen Schornsteinfeger
sehe, greife ich gleich zum Hemdknopf.
Andererseits haben auch die Deutschen
ihren Aberglauben. Man darf zum Beispiel nicht vor dem eigentlichen Geburtstag gratulieren. Aber es gibt auch
tiefere Zeichen meiner Polonisierung:
Ich denke, dass ist der größte Unterschied zwischen Polen und Deutschen.
Wenn wir in Deutschland um 20 Uhr
in einen Laden gehen und der Inhaber
gerade schließen will, dann kann man
nichts mehr machen, Ende der Diskussion, Laden zu. In Polen hingegen fängt
die Diskussion erst an. Oder du gehst
den Fußweg entlang, gerätst dabei unabsichtlich auf den Fahrradweg – oh, das ist
in Berlin eine Katastrophe. Dann musst
du dich auf wütendes Klingeln, Geschrei
und Schimpfen der Fahrradfahrer einstellen, weil du gerade die sprichwörtliche „rote Linie“ überschritten hast. In
Warschau gibt es weniger Klingeln, weniger Geschrei und Schimpfen. Im Alltag
gibt es generell weniger Aggressionen.
Ich weiß, dass mir kein Pole glaubt, denn
Warschau ist ja die schlimmste Stadt
unter der Sonne – doch ich glaube das
nicht. Man darf überhaupt das polnische
Schimpfen nicht so furchtbar ernst nehmen – es gehört zur Mentalität dazu, ich
nenne das den „polnischen Masochismus“: Man schimpft auf Polen – aber
liebt sein Land gerade deshalb so sehr,
weil man so schön darüber schimpfen
kann…
q
Immer ein Lächeln – Steffen Möller in Warschau
Man darf überhaupt das
polnische Schimpfen
nicht so furchtbar ernst
nehmen – es gehört
zur Mentalität dazu.
aber insgeheim, dass dieses Buch auch
Polen anspricht, die in Deutschland leben. Man schätzt, dass es zwei Millionen
Polnischsprachige in Deutschland gibt.
Man kennt ja die typische Reaktion von
einem Polen auf das Wort Warschau.
Da kommt sofort: „Fahr besser nach
Krakau!“ Und ich argumentiere dann,
dass Krakau zwar eine sehr schöne Stadt
ist, aber eher für Anfänger. Langfristig
empfehle ich Warschau.
Werden in diesem Buch auch wieder
die Unterschiede zwischen Polen und
Deutschland beschrieben?
Selbstverständlich. Das ist mein
Steckenpferd, dies ist ja schon mein
drittes Buch über Polen. Die Mentalitätsunterschiede haben ja auch einen
hohen Unterhaltungswert. Doch in erster Linie ist das Buch ein subjektiver
Reiseführer durch Warschau, durch die
Sehenswürdigkeiten. Warschau hat so
viel zu bieten und es gibt ja auch viele
Foto: Peter v. Felbert (steffen.pl)
Prominente, die aus Warschau kommen,
von Chopin bis Stasiuk. Warschau hat
gegenüber Berlin einen großen Vorteil
– es hat ein klares Zentrum. Natürlich
nicht so klar wie in Krakau, es ist ein
bisschen aufgeteilt auf den Kulturpalast, die ul. Marszałkowska und die
Altstadt, wo kein Warschauer zu sehen
ist. Trotzdem weiß man in Warschau
immer genau, wo das Zentrum ist. In
Berlin hingegen weiß man nicht, wo das
Leben brummt, vielleicht am Alexanderplatz oder am Brandenburger Tor
oder am Kurfürstendamm. Berlin ist
genau genommen eine Ansammlung
mehrerer Kleinstädte – und Warschau
ist eine echte Großstadt. Im meinem
neuen Buch schreibe ich viel über den
Zweiten Weltkrieg, ich versuche ihn
aus polnischer Sicht zu erzählen. Natürlich haben die meisten Deutschen
ein großes Wissen über diese Zeit, doch
über Warschau wissen sie sehr wenig.
Die Aktion am Arsenal, Katyn, General
Anders – das kennt niemand.
Ihren Bekannten sagen sie, dass sie
sich polonisiert haben. Was bedeutet
das?
Das ist eine interessante Frage: Wie
verändert sich ein Mensch über die Jahre? Ich bin seit über 20 Jahren in Polen,
wohne in Warschau und Berlin, fahre
ständig hin und her. Das erste Zeichen
Gewinnen Sie ein
Steffen-Möller-Buch
D
ie Oberschlesische Stimme verlost
zwei Ausgaben des neusten Buches
von Steffen Möller „Viva Warszawa – Polen für Fortgeschrittene“. Sie brauchen
nur die Frage „Welchen Titel hatte das
erste Buch von Steffen Möller?“ richtig
zu beantworten und einer der beiden
ersten sein, der die richtige Antwort an
[email protected] mailt.
Aus Sicht des
DFK-Präsidiums
Freunde
S
eit 1998 unterstützt die niedersächsische Gemeinde Salzbergen
das oberschlesische Kranowitz bei
Ratibor. Alles fing mit der Hilfe für
Hochwassergeschädigte des Jahres
1997 an. Der Initiator des Unternehmens ist Hans Stein mit der dortigen
Kolpingfamilie und der Frauengemeinschaft. Vor sieben Jahren
wurde zwischen den Gemeinden
Salzbergen und Kranowitz eine
Partnerschaft besiegelt und 2013 ein
Verein zur Förderung der Gemeindepartnerschaft beider Partner als
eingetragener Verein gegründet,
der auch bei der Vorbereitung der
Transporte aktiv mitwirkt. Mitglieder des Vereins sind sowohl deutsche
wie auch polnische Staatsbürger. Es
wurden Kontakte auf verschiedenen
Ebenen geknüpft: DFK, Schule, Chor,
Freiwillige Feuerwehr und natürlich
in der Politik. Daraus sind auch viele
persönliche Freundschaften erwachsen. Vor 18 Jahren hatte niemand
daran gedacht, dass sich das Ganze
in so viele Richtungen entwickelt.
„Bitte helfen Sie uns helfen“ ist das
Motto der jährlichen Aktion, die an
die Bewohner Salzbergens gerichtet
ist. Die Hilfstransporte aus Salzbergen Richtung Partnergemeinde
haben bereits Tradition. Hauptsächlich wurden Sachspenden in Form
von Bekleidung, Verbandsstoffen,
Bettwäsche, Inkontinenzartikeln
und Medikamenten gesammelt. In
Absprache mit den Verantwortlichen
der Caritas und dem Sozialamt der
Gemeindeverwaltung der Partnergemeinde Kranowitz wurden die
Spenden vor Ort an das Hospiz in
Oppeln, die Kleiderkammer, die
Sozialstation und das Alten- und
Pflegeheim Kranowitz aufgeteilt. Der
Wert des Transportes betrug dieses
Jahr 25.000 Euro. Das ist eine sehr
große Hilfe, denn im Sozialbereich
gibt es in Polen bekanntlich ja viele
Probleme. Dank solcher Transporte
wurde das Alten- und Pflegeheim
in Kranowitz in den letzten Jahren
fast neu eingerichtet. Obwohl die Gemeinde Salzbergen von einem neuen
Bürgermeister regiert wird, betonte
dieser in seiner Ansprache, dass er
sich über die Zusammenarbeit und
den Besuch sehr freue und diese in
der Partnerschaft unter den Gemeinden auch weiter aufrechterhalten
und fördern möchte. Auf eine Frage,
warum er das so sehe antwortete
er: „Wir müssen unsere Kontakte
und Freundschaft pflegen. Europa
kann nur existieren, wenn wir uns
gegenseitig helfen und uns tolerieren
werden“. Schade, dass nicht alle auf
der Welt der selben Meinung sind.
Kornelia Pawliczek-Błońska
2 Aus dem DFKZ kręgów DFK OBERSCHLESISCHE STIMME Gleiwitz: Poesie und Prosa von Joseph Freiherr von Eichendorff
Kurz und Bündig
QQ14. Liederwettbewerb: Der
Foto: Monika Plura
Deutsche Freundschaftskreis in der Woiwodschaft Schlesien organisiert zum 14.
Mal den deutschen Liederwettbewerb
für Grundschulen und Gymnasien. Der
Wettbewerb wird am 30. April im Jugendkulturhaus Ratibor an der ul. Stalmacha
12 stattfinden. Jede Schule kann zwei
Solokünstler und zwei Duette anmelden.
Weitere Informationen bei Doris Gorgosch: 32-415 51 18, [email protected].
Anmeldeschluss ist der 17. April.
QQEichendorff-Schüler-Wettbe-
werb: Kennst du Joseph von Eichendorff?
Liebst du Gedichte und Prosa? Oder vielleicht ist Musik deine starke Seite? Wenn
Du ein Gymnasium oder eine Grundschule
besuchst und dein Können und Wissen
unter Beweis stellen möchtest, melde
dich bitte bis 5. Mai bei Doris Gorgosch,
Tel. 032- 415 51 18, E-Mail: [email protected]
an. Der Wettbewerb findet am 14. Mai
im Eichendorffzentrum Lubowitz statt.
Die Gewinner werden während des Bezirksfestes am 24. Mai in Königshütte
bekanntgegeben.
Foto: Teresa Kionczyk
Erziehender: Für Familien, die ihre Kinder zweisprachig erziehen oder erziehen
wollen, findet am 26. April ab 15:00 Uhr
auf dem Ferienbauernhof „Giprol” in Klein
Stanisch (Staniszcze Małe) im Kreis Groß
Strehlitz ein Erfahrungsaustausch statt.
Anmelden kann man sich bis zum 20.
April bei [email protected]
QQBilinguales Unterrichten in
der Praxis: Vom 5. bis 6. Juni 2015 organisieren das Goethe-Institut und das
Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit eine Konferenz . Diese soll
der Startschuss für einen Arbeitskreis
CLIL sein. Das neue Konzept spricht über
integriertes Lernen von Sachfächern und
Fremdsprachen, was beim bilingualen
Unterricht sehr wichtig ist. Die Konferenz
findet im Hotel Mercure in Oppeln statt.
Anmelden kann man sich bis 17. April
bei [email protected]
QQZweisprachige Ortsschilder:
Der Gemeindevorsteher Alojzy Pieruszka
bestätigte, dass noch im diesem Jahr zweisprachige Ortsschilder in Rudnik stehen
sollen. Die ersten Schritte wurden schon
gemacht, der Gemeinderat hat sich positiv
zu diese Idee geäußert. Es folgen Konsultationen mit dem Woiwodschaftsamt.
Im Herbst wird sich das Gemeinderat mit
diesem Thema weiter befassen.
Auch dank verschiedener Wettbewerbe wird Joseph Freiherr von
Eichendorff in Oberschlesien wohl
kaum in Vergessenheit geraten. So
war es auch am 8. April in Langendorf (Wielowieś), wo zum siebten
Mal der Kreiswettbewerb Poesie
und Prosa Joseph von Eichendorff
stattfand.
D
rei Jahresgruppen, 56 Schüler und
12 Betreuer – der Andrang war
groß. Der Wettbewerb richtete sich an
Grundschulen und Gymnasien im Kreis
Gleiwitz, die Schirmherrschaft hatte der
Gemeindevorsteher und der Vorsitzende
der Deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Schlesien übernommen.
Um 9 Uhr erklärten die Direktorin
des Gymnasiums Joanna Kaczmarek sowie Gemeindevertreter Zygfryd Stróżyk
den Wettbewerb für eröffnet. Jeder Teilnehmer rezitierte ein Gedicht auswendig
und las Prosa. Zwei Kommissionen, zu
denen Hochschullehrer, Germanisten,
Studenten und Mitglieder des Verbandes der deutschen Minderheit gehörten,
hatten die Aufgabe, die Gewinner zu
ermitteln. Ihrer Ansicht nach hatten
die Beiträge ein hohes Niveau. Bei den
Schülern von Grundschulen war das
Gedicht „Der frohe Wandersmann” sehr
beliebt, Gymnasiasten neigten eher zu
„Dryander mit der Komödiantenbande“.
Ziel dieses Wettbewerbs ist es nicht nur,
Werke Eichendorffs kennenzulernen,
sondern die Schüler zum Erlernen des
Deutschen zu motivieren.
Während die Schüler auf die Ergebnisse warteten, konnten sie bereits ihre
Deutschkenntnisse überprüfen. Gezeigt
wurden verschiedene multimediale Präsentationen über Joseph von Eichendorff, die Deutsche Minderheit oder
den Jugendverband BJDM. Nach der
Ergebnisverkündung bekam jeder Teilnehmer ein Diplom und kleine Preise,
die von Zygfryd Stróżyk und Martin
Lippa überreicht wurden.
Agnieszka Dłociok Die Preisübergabe ist natürlich stets ein Höhepunkt
Foto: Agnieszka Dłociok
Die Ergebnisse im Einzelnen
1. bis 3. Klasse
1. Aleksandra Tekla, Grundschule Plawniowitz (Pławniowice)
2. Dastin Świerkosz, Grundschule Ponischowitz (Poniszowice)
3. Justyna Wind, Grundschule Langendorf (Wielowieś)
Auszeichnung: Błażej Gad, Grundschule
Potempa (Potępa)
4. bis 6. Klasse
1. Oskar Płaziński, Grundschule Chechlau
(Chechło)
2. Natalia Warmons, Grundschule Ponischowitz (Poniszowice)
3. Justyna Podkowa, Grundschule Langendorf (Wielowieś)
Auszeichnung: Jakub Gniecki, Grundschule Ponischowitz
Gymnasien
1. Sonia Holesz, Gymnasium Kieferstädtel
(Sośnicowice)
2. Dawid Wieczorek, Gymnasium Langendorf (Wielowieś)
3. Misch Weronika, Gymnasium Langendorf
Auszeichnung: Łukasz Andrzejczyk, Gymnasium Kieferstädtel (Sośnicowice)
Die „Lange Nacht der kurzen Texte“ an der Schlesischen Universität Troppau erlebte am 8. März ihre 12. Auflage.
Anita Pendzialek sprach mit der Organisatorin, der Österreichlektorin der Uni Christina Breitegger.
przyszłość“: Die zweitägige Schulung
wird vom Haus der Deutsch-Polnischen
QQFamilientreffen zweisprachig
„Mich brennts an meinen Reiseschuhn…“
Literatur in Fünf-Minuten-Häppchen
QQSchulung „Zadbaj o swoją
Zusammenarbeit in Gleiwitz organisiert.
Teilnehmen können alle Mitglieder der
deutschen Minderheit, denen die Zukunft
der Strukturen wichtig ist. Die erste Zusammenkunft findet am 17. und 18.
April in Lubowitz statt, weitere in Ustron
und Gleiwitz. Die Teilnahme kostet 30
Złoty. Anmelden kann man sich bei iza.
[email protected].
17. – 30. April 2015
Worum geht es in der „Langen Nacht
der kurzen Texte“ genau, in der Teilnehmer fünf Minuten Zeit haben, ihren
Beitrag zu präsentieren?
Im einem Studienjahr findet diese
Veranstaltung zwei Mal statt. Sie wurde
von der ehemaligen Österreichlektorin
Angelika Enne erfunden. Die „Lange
Nacht“ gibt es auch in Brünn (Brno). Es
war die Motivation für Angelika Enne,
diese Veranstaltung auch in Troppau
(Opawa) durchzuführen. Sie wollte
die deutsche Sprache für die Bevölkerung interessanter machen. Es sollte
ein Event für die Studenten sein, die
Deutsch lernen. Bei der „Langen Nacht“
kann man eigene Texte vortragen, Texte
von Autoren lesen oder interpretieren
oder auf der Bühne gesanglich oder als
Theaterstück etwas vortragen. Man hat
jedoch immer die Möglichkeit, Tex-
Auf der Bühne Schüler des Mendel-Gymnasiums aus Troppau
te an der Uni mit Hilfe der Dozenten
vorzubereiten.
An wen richtet sich die Veranstaltung?
Die Veranstaltung ist für alle, die irgendetwas mit der deutschen Sprache
zu tun haben und wollen. Es geht nicht
nur um die Literatur, was ja auch ein
bisschen abschreckend klingen kann.
Foto: Eva Czechová
Die „Lange Nacht“ ist eine zwei bis
dreistündige Veranstaltung nach der
ein lockerer Teil mit Musik und Tanz
folgt. Seit letztem Semester arbeiten wir
intensiv mit dem Mendel-Gymnasium
Troppau zusammen. Dadurch kommen
auch viele Schüler, die zuschauen und
mitwirken. Aber die Veranstaltung richtet sich wirklich an alle Altersstufen.
Und das Interesse?
Es kommen viele ehemalige Studierende zu uns, das spricht sich schon
herum. Wir hatten letztes Jahr einen
Beitrag in den Medien, in der UniZeitung wird geworben und die Plakate hängen natürlich in ganz Troppau.
Wobei ich auch sagen muss, dass es
schwierig ist, weil die Uni doch einen
akademischen Charakter hat und die
„Lange Nacht“ ein bisschen abschreckend wirken kann. Mein Ziel ist es,
den akademischen Charakter etwas
aufzubrechen und den Leuten die Veranstaltung eher als „Spielwiese“ näher
zubringen. So, dass wir sagen: Komm
einfach, versuch zuzuhören, vielleicht
versuchst du es selbst auf der Bühne!
Es soll einfach die Angst genommen
werden, die deutsche Sprache zu nutzen
und mit ihr umzugehen.
q
Geschichte: Otto von Bismarck – mit Stärke vereinigte er Deutschland
Blut und Eisen
Als der preußische Ministerpräsident Otto von Bismark im September
1862 sein Amt antrat, versprach er die Vereinigung Deutschlands mit
Blut und Eisen durchzuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigte es
am Ende nicht ganze neun Jahre. In dieser Zeit führte er Preußen zu drei
Siegen. Am 1. April wäre der „Eiserne Kanzler“ 200 Jahre alt geworden.
D
as Römisch-deutsche Kaiserreich
vor Napoleon grenzte an Frankreich, die Schweiz, Ungarn und Polen.
Im Mittelalter war es in viele kleinere und größere Herrschaftsbereiche
zersplittert gewesen. Der „Deutsche
Bund“ trat nach 1815 die Nachfolge
dieses Reiches an. Und im Deutschen
Bund konnte Preußen gegenüber Österreich seine Bedeutung der Führung
in Deutschland immer weiter ausbauen.
Otto von Bismarck glaubte anfangs, dass
es ihm gelingen werde Wien zu überzeugen, seinen Einfluss im Deutschen
Bund aufzugeben und zwar im Tausch
gegen preußische Hilfe für die Habsburger in Norditalien und auf dem Balkan.
Österreich hatte aber an solch einem Geschäft kein Interesse. Bismarck kam zur
Schlussfolgerung, dass die Vereinigung
Deutschland unter preußischer Führung
Stärke erfordere. In einer Antrittsrede
Geboren am ersten
April 1815 in einer
adligen, preußischen
Familie. Erster Kanzler
des Deutschen Reiches
der zu der Vereinigung
Deutschlands führte.
Starb am 30. Juli 1898
im Alter von 83 Jahren.
Otto von Bismarck
als Ministerpräsident betonte Bismarck:
„Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen
der Zeit entschieden, sondern durch
Eisen und Blut“. Nicht umsonst wurde
er fortan „Eiserner Kanzler“ genannt.
Foto: Bundesarchiv Bild 183-R29818
1866 standen sich Soldaten aus Österreich und Preußen bei Königsgrätz
(Hradec Kralové) in Nordböhmen
gegenüber. Sieger eines der blutigsten Kämpfe des 19. Jahrhunderts war
Preußen, das nun statt Österreich die
Führung in Deutschland innehatte. Ein
weiterer bedeutender Punkt zur deutschen Vereinigung war der Sieg über
Frankreich. 1870 gab sich Bismarck
nicht viel Mühe um Paris zu provozieren, das tatsächlich den Krieg eröffnete.
Nachdem die französische Armee eine
demütige Niederlage erlitt, wurde am 18.
Januar 1871 im Schloss in Versailles das
vereinigte Deutsche Kaiserreich ausgerufen, dessen erster Kanzler Bismarck
war. Obwohl Bismarck selbstbewusst erklärte, dass Deutsche nur Angst vor Gott
hätten, aber sich sonst vor niemanden
auf der Welt fürchten, bemühte er sich in
seiner Amtszeit die deutschen Interessen
diplomatisch und ohne Gewalt durchzusetzen. 1878 berief Bismarck sogar eine
internationale Friedenskonferenz in Berlin ein. Der „Berliner Kongress“ bannte
eine europäische Kriegsgefahr auf dem
Balkan. Der Frieden hatte noch über
30 Jahre Bestand. Im März 1890 trat er
von seinen Ämtern als preußischer Ministerpräsident und deutscher Kanzler
zurück. Seine Konzepte korrespondierten nicht mit der Großmannssucht des
neuen Kaisers Wilhelm II.
Horst Kostritza
Nr. 7/320 GESCHICHTE und kulturHISTORIA i kultura OBERSCHLESISCHE STIMME 3
Geschichte: Kriegskochbuch
„Unser tägliches Brot gib uns heute“
Vor 100 Jahren brach der erste weltweite Krieg des 20. Jahrhunderts
aus. Er wurde nicht zu Weihnachten 1914 beendet, wie alle Seiten
hofften. Sieger kamen zu dieser
Zeit weder nach Paris, noch Moskau, noch Berlin zurück. Nicht nur
die Soldaten mussten sich auf einen
längeren Krieg einrichten, auch die
Zivilbevölkerung. Alle am Krieg beteiligten europäischen Nationen
wurden zu Entbehrungen gezwungen. Besonders empfindlich wurde
aber durch die englische Blockade
von Lebensmittelimporten Deutschland getroffen.
D
ie ersten in Deutschland eingeführten Sparmaßnahmen hatten
zunächst jedoch den Charakter von allgemeinen Aufrufen an die Bevölkerung,
wie die hier aufgeführten 10 Kriegsgebote zeigen: „1. Iß nicht mehr als nötig. Vermeide überflüssige Zwischenmahlzeiten;
Du wirst Dich dabei gesund erhalten. 2.
Halte das Brot heilig und verwende jedes
Stückchen Brot als menschliche Nahrung.
Trockne Brotreste geben eine wohlschmeckende und nahrhafte Suppe.3. Spare an
Butter und Fetten; ersetze sie beim Bestreichen des Brotes durch Sirup, Mus
oder Marmeladen. Einen großen Teil aller
Fette bezogen wir bisher vom Auslande. 4.
Halte Dich an Milch und Käse. Genieße
namentlich auch Magermilch und Buttermilch. 5. Genieße viel Zucker in den
Speisen, denn Zucker ist ein vorzügliches
Nahrungsmittel. 6. Koche Kartoffeln nur
mit der Schale; dadurch sparst Du 20
vom Hundert. 7. Mindere Deinen Bedarf
an Bier und anderen alkoholischen Getränken; dadurch vermehrst Du unsern
Getreide- und Kartoffelvorrat, aus dem
Bier und Alkohol hergestellt wird. 8. Iß
viel Gemüse und Obst und benutze jedes
Stückchen geeignetes Land zum Anbau
von Gemüsen. Spare aber die Konserven,
solange frische Gemüse zu haben sind.
9. Sammle alle zur menschlichen Nahrung nicht geeigneten Küchenabfälle als
Viehfutter; achte aber streng darauf, dass
nicht schädliche Stoffe in Abfälle hineingeraten. 10. Koche und heize mit Gas oder
Koks; dadurch hilfst Du namentlich ein
wichtiges Düngemittel schaffen, denn bei
der Gas- und Koksbereitung wird außer
anderen wichtigen Nebenerzeugnissen
auch das stickstoffhaltige Ammoniak
gewonnen.
Beachte bei allen diesen Geboten, daß
Du für das Vaterland sparst. Deshalb
muß auch derjenige diese Gebote beherzigen, dem seine Mittel erlauben, zur Zeit
noch in der bisherigen Art weiterzuleben“.
Zu Weihnachten 1914 konnten nicht
nur Kattowitzer Frauen noch Fleisch,
Wurstwaren und Rollschinken in der
Ratiborer Wurstfabrik von Johann
Wiltsch per Nachnahme bestellen. Von
9 Pfund an war die Lieferung portofrei.
Junge Gänse, Enten, Puten, Perlhühner,
Hasen, Fasane sowie lebende Schleie
und Karpfen konnten sie beispielsweise
bei Otto Stiebler in der Direktionsstraße 5 kaufen. Problemlos konnte man
oberschlesische Soldaten mit Paketen
beschenken, für die sie sich sogar in
Versen bedankten: „Heut 3 Uhr lautet
der Befehl vom Bataillon: Die Kompagnien Kattowitzer Liebesgaben holen!/
Darob große Freude im ganzen Quartier,
denn so was ist immer ein Ereignis hier.
Noch dazu es kommt aus unserer lieben
Garnison./Alles wird richtig gezählt und
gerecht verteilt, eines jeden Gedanken
in Dankbarkeit bei Euch weilt/ Die ihr
alle so besorgt für’s ‚Keith’sche 3. Bataillon. Hoch lebe Kattowitz, unsere liebe
Garnison!“.
Die Verpflegungslage der Bevölkerung spitzte sich aber allmählich zu. Ab
Februar 1915 galt die Anzeigepflicht für
Mehl- und Getreidevorräte zum Zweck
ihrer Beschlagnahme soweit diese 100
Kilogramm überstiegen, was aber nur in
seltenen Fällen vorkam. Um mehr Brot
produzieren zu können, sollte auch der
Schweinebestand vermindert werden,
denn ein Mensch konsumierte durchschnittlich monatlich 9 Kilogramm Roggen, ein Schwein 12 Kilogramm. Die
Kommunen hatten den Mehlverbrauch
selbständig zu regeln. In den Städten
sollte der Bedarf mit 2 Kilogramm Brot
pro Kopf in der Woche gedeckt werden.
Abhilfe versprach man sich mit der Herstellung von kartoffelhaltigem Brot. Der
Kartoffelpflichtzusatz bei diesem Brot
betrug 10 Prozent, ein größerer Zusatz
von über 20 Prozent musste durch den
Aufdruck der Buchstaben KK auf dem
Brot gekennzeichnet werden. Ab dem 1.
März 1915 wurde die Reglementierung
von Brot und Mehl mittels Brotmarken eingeführt. Unter Tage beschäftigte
Grubenarbeiter im Landkreis Kattowitz
erhielten ab April 1915 eine Zusatzbrotkarte für 1 Kilogramm Brot wöchentlich.
Obwohl ohnehin viele Schweine
geschlachtet wurden, kam es zu einer
sprunghaften weiteren Steigerung der
Fleischwarenkäufe, denn die Bevölkerung zog mit ihrem gesunden Volksverstand einen kommenden Fleischmangel
in Betracht und hamsterte Fleischwaren,
soweit es möglich war. Um die Lage in
diesem Bereich in den Griff zu bekommen, wurden in der Presse ähnliche
Zwangsmaßnahmen wie bei Brot und
Mehl gefordert.
Ende März 1915 veröffentlichte der
Kattowitzer Magistrat einen Aufruf zur
Sammlung von Küchenabfällen zwecks
Behebung der Futternot. Es kamen in
Frage: Kartoffeln, Kartoffelschalen,
Brotreste, Früchte, Gemüse, Fleisch und
Knochen. An die Frauen wurde appelliert, ihrerseits bei der Erfüllung dieser
vaterländischen Pflicht mitzuhelfen.
Durch eine Verordnung vom 29.
März 1915 wurde von diesem Tag an
bis zum 12. April 1915 das Bereiten von
Kuchen in den Haushaltungen untersagt. In der gleichen Zeit – es handelte
sich ja um die Osterzeit – durften Bäckereinen Kuchenteig, der außerhalb
ihres Betriebes hergestellt worden war,
nicht backen. Die Bäcker durften nur
eine begrenzte Zahl von eigenem Kuchen backen, aber ohne Hefe, Backpulver und mit Mehlinhalt bis lediglich 10
Prozent des Kuchengewichts. Der Rest
des Kuchens bestand aus Kartoffeln.
Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung konnten mit sechs Monaten
Gefängnis oder mit einer Geldstrafe
geahndet werden.
Es war offensichtlich, dass jeder Haushalt weiterhin noch sparsamer geführt
werden musste, denn die Lage wurde
immer ernster. Die „Kattowitzer Zeitung“ stellte fest:„Ohne die Verschwendung des ersten halben Kriegsjahres hätten wir mit unseren Nahrungsvorräten
bequem bis zur nächsten Ernte ausreichen
können. Unser reicher Vorrat an sonst
ausgeführtem Zucker legt es nahe, den
Zucker zu Ersatz anderer Nährmittel heranzuziehen. Dem widerspricht sein hoher
Preis. Und so begegnen sämtliche Ratschläge: ‚Ersetzt Fleisch, Mehl, Fett durch
Käse, Kartoffeln, Zucker!’ Immer dem
gleichen Einwand: ‚Gerne, wenn wir diese
Dinge nur in hinreichender Menge zu erschwinglichen Preisen erhalten könnten!’.
Die weitere Regelung des Getreide- und
Brot- Kartoffel- und Fleischverbrauches
wird endlich dazu übergehen müssen,
nach kurzen, eindeutigen Vorschriften
unter schärfster Kontrolle und rücksichtslosester Verhängung angedrohter Strafen
zu handeln“.
Die Frage, wer alle diesen Sparmaßnahmen flächendeckend erfolgreich
durchführen könnte, war wie in jedem
Krieg nicht besonders kompliziert. Sie
wurde einfach zur Sache der Frauen
erklärt, die die volle Verantwortung
für die bescheidene, aber zugleich kalorienreiche Speisekarte der Familien
realisieren sollten.
Die Ernennung der oberschlesischen
Frauen zu Strateginnen der Versorgung
Titelseite des Kriegs-Kochbuches Quelle: www.bs.katowice.pl
Es war eine
Herausforderung
für die Frauen,
aber eine typische
oberschlesische
Familie war nicht sehr
verwöhnt, denn auch
in Friedenszeiten
war der Haushalt in
der Regel vorbildlich
sparsam geführt.
und Taktikerinnen der Küche erfolgte
durch die „Kattowitzer Zeitung“, indem
sie schrieb: „Von einer unbegrenzten
Wichtigkeit ist es, daß jetzt mit den Nahrungsmitteln zweckmäßig umgegangen
wird, damit unser siegreiches Heer nicht
durch Mangel zu einem vorzeitigen Frieden gezwungen wird. So hat die deutsche
Hausfrau die Aufgabe, ihre Schützlinge
nahrhaft zu ernähren, damit der deutsche Staat kräftige Bürger habe. Diese
nahrhafte Kost muß sie gleichzeitig in
der Art zubereiten, daß die Dauerware
und die in geringen Mengen vorhandenen Nahrungsmittel gespart werden und
somit der Allgemeinheit erhalten bleiben,
und zwar zum Teil im eigenen Keller.
Wenn auch die Forderung des Sparens
zunächst an die großen Betriebe gerichtet
werden muß, so soll auch jede Hausfrau
sich dieser Mühe unterziehen, und sei
es auch nur, indem sie wöchentlich ein
Pfund ersparen, und das gibt zusammen
viele tausend Pfund Nahrungsmittel in
Deutschland. Jede Hausfrau muß als
einen der Tropfen fühlen, der nötig ist,
einen Bach zu erzeugen, und aus vielen
kleinen Bächen entsteht dann ein Strom,
der seinen mächtigen Segen verbreitet.
Darum: Deutsche Hausfrau, sei stolz!
Das Vaterland braucht Dich!“.
Um den oberschlesischen Frauen
das Meistern dieser Aufgabe etwas zu
erleichtern gab im Frühjahr 1915 der
Ausschuss für Kriegsernährung im Anschluss an die Kriegskochkurse der Stadt
Kattowitz ein „Kriegskochbuch“ heraus.
Bevor sich die Frauen in die vorgegebenen Kochrezepte vertiefen konnten,
wurde ihnen erläutert, warum sie das
alles überhaupt machen sollten:„Weil
Deutschlands Widersacher erkannt haben, daß ein so tapferes Volk wie das
deutsche mit den Kriegswaffen allein
nicht niedergerungen werden kann, so
soll es ausgehungert werden. An uns Daheimgebliebenen liegt es nun, den schnöden Plan der Feinde zunichte zu machen.
Der uns aufgezwungene Wirtschaftskrieg
macht es uns zur unabweisbaren Pflicht,
den Haushalt nach den im Lande vorhandenen Nahrungsmitteln einzurichten.
Wir haben weniger als unsere bisherige
Gewohnheit, aber immer noch genügend
für unseren Bedarf. Wir müssen uns
bemühen, das Wenige so anzuwenden,
daß damit viel erreicht wird“. Selbstverständlich war das eine Herausforderung
für die oberschlesischen Frauen, aber
eine typische oberschlesische Familie
war wiederum nicht sehr verwöhnt,
denn auch in Friedenszeiten war ein
oberschlesischer Haushalt in der Regel
vorbildlich sparsam geführt.
Die Frauen konnten dem Buch auch
entnehmen, dass alle vorgestellten Kochrezepte praktisch ausprobiert worden
sind. Es gab also keine Schwierigkeiten,
diese in der eigenen Küche zuzubereiten und zu servieren:„Das vorliegende
Kriegskochbuch enthält eine Reihe von
Kochanweisungen, die von Hausfrauen
unserer Stadt in Kriegskochkursen und
in ihrer eigenen Küche erprobt worden
sind. Wir möchten aber bemerken, dass
eine allgemein gültige, allen örtlichen,
allen hauswirtschaftlichen Verhältnissen
angepasste Kriegsvorschrift für die Küche
überhaupt nicht gegeben werden kann.
Die Erfahrung, Tatkraft und Erfindungsgabe der Hausfrau werden im einzelnen
Falle das Richtige schon zu finden wissen”. Auf die Kreativität der Frauen in
der Küche konnte man sich aber immer
verlassen. Sie mussten oft mit „Achtla“
(62,5 g) Fett oder Fleisch einen kulinarischen Leckerbissen zaubern.
Im Kochbuch wurde noch angemerkt,
dass die Kochrezepte für sechs Personen
berechnet seien. Zu dem das Brennmaterial schonenden, d. h. langsamen
Weiterkochen brauchte man einen
Kochbeutel aus 30 Bogen Zeitungspapier sowie aus etwas Kattun, Barchent
und Holzwolle oder eine Kochkiste
mit einem Deckel. Die Vorkochzeit für
Fleischsuppen mit Gemüse betrug in
der Kochkiste 30 bis 40 Minuten, zum
Garwerden der Suppen waren 3 bis zu 5
Stunden nötig. Rezepte für Fleischsuppen waren aber in dem Kochbuch so
gut wie gar nicht vorhanden. Im Kapitel
Suppen stand an erster Stelle ein Rezept
für eine Mischmehlsuppe aus 70 g Hafermehl und ebenso viel Roggenmehl,
aus 2,5 Liter Wasser, 40 g Fett oder Margarine und einem Esslöffel Salz.
Ihr folgte ein Rezept für eine Suppe von Nährhefe, bestehend aus drei
Teelöffeln Nährhefe, 2 Litern Wasser,
einem Suppenteller Grünzeug und Gemüseabfällen, 100 g Graupe und 30 g
Margarine. Die Gemüseabfälle mussten
vorher geputzt werden. Die Suppe wurde
mit etwas Salz abgeschmeckt und musste
zwei Stunden langsam kochen, dann
wurde die Margarine hinzugegeben.
In Form einer Resteverwertung ließ
sich eine Erbsensuppe bereiten. Man
brauchte dazu Rückstände von einem
Erbsenbrei und von Schalen, dazu 1 ½
alte Semmeln, 30 g Margarine, 30 g Räucherspeck, eine halbe Zwiebel, 2 Esslöffel
Mehl und 2,5 Liter Wasser. Der Erbsenbrei musste aufkochen, aus Räucherspeck
machte man eine helle Einbrenne, die
man ablöschte und in die Suppe schüttete. Danach gab man die geschnittene
und in Margarine gerösteten Semmeln
und die halbe Zwiebel hinzu.
Ähnlich ließen sich auch Haferflockensuppen, Suppen von eingebranntem Mehl, Suppen von Mehlklümpchen,
Makkaroni-Suppen, Milchgrießsuppen,
Grießsuppen, Kartoffelsuppen mit
Kliebchen, Kartoffelsuppen, braune
Kartoffelsuppen, Kartoffelsuppen mit
Semmelwürfeln, Kartoffelsuppen mit
Brotscheibchen, Gemüsesuppen, Blumenkohlsuppen und Pilzsuppen kochen.
Viele Speisen konnte man aus Kartoffeln zubereiten, die neben dem Brot zu
festen Bestandteilen der Volksernährung
zählten. Gut schmeckten Salzkartoffeln,
aber auch gedämpfte Kartoffeln. Kartoffeln konnte man auch bei verschiedenen
Salatsorten verwenden. Gut bekömmlich waren eingebrannte, süßsaure Kartoffeln, die mit warmer Knoblauchwurst
gegessen werden sollten. Zu Brühkartoffeln brauchte man 187,5 g Rindfleisch
sowie Grünzeug und Gewürzkörner und
auch feingeschnittene Petersilie. Hatte
man Salzheringe, konnte die Hausfrau
Heringskartoffeln kochen, oft waren
aber die Heringe schon früher aufgegessen worden. Nahm man gehackte
grüne Petersilie dazu, hieß die Speise
nunmehr Petersilienkartoffeln. Bei
Schinkenkartoffeln bekamen die sechs
Personen neben 2 Kilogramm Kartoffeln
auch 125 g Räucherfleisch, zwei große
Zwiebeln, 60 g (2 Esslöffel) Mischmehl,
60 g Margarine und einen Liter Magermilch zu essen.
Populär waren in Oberschlesien
immer auch Klöße. Unter normalen
Umständen vor allem mit Rotkraut
und Rinderroulade. 1915 war in Oberschlesien wohl das erste Jahr des 20.
Jahrhunderts, in dem man von einer
Roulade nur träumen konnte. Es war
aber erst der Anfang des Jahrhunderts.
Es kamen später noch Jahre, in denen
die oberschlesischen Frauen ihre Kochkunst immer wieder einmal unter Beweis stellen mussten.
1915 konnte man Thüringer Kartoffelklöße mit Porree und Semmelwürfeln
zubereiten. Die Kloßbrühe ergab mit
Semmelscheiben und mit in Butter gebratenen Zwiebeln zusätzlich eine gute
Suppe ab. Wer wollte, konnte Speckknödel, Kartoffelklöße mit Semmelbröckchen machen. Die meisten Oberschlesierinnen machten die Kartoffelklöße
aus rohen und gekochten Kartoffeln,
bekannt bis heute als Polnische Klöße.
Bei den Tunken (Soßen) gab es als
Grundtunke die weiße und die braune
Sorte, die weiße diente für helle Tunken
wie Petersilietunke oder Eiertunke, die
braune wurde bei Mostrichtunke, Zwiebeltunke, Gurkentunke oder Kaperntunke verwendet. Es gab auch noch Meerrettichtunke oder Pflaumenmustunke.
Die wahren Renner in der Küche waren während des Krieges die Eintopfgerichte, die jeweils eine Fleischeinlage
erforderlich machten. 1915 gab es in
Kattowitz einen Beinfleischeintopf mit
Kartoffeln und Graupen. Ein anderer
Eintopf hieß Reisfleisch, was auch alles
über seinen Inhalt verriet. Ein Eintopf
war auch der sauerkrautreiche Beiguß
(bigos). Eintopf konnte auch gut aus
Mohrrüben mit Kartoffeln und Schweinebauch bereitet werden. Eigentlich
war es schwierig, zu sagen, woraus ein
Eintopf nicht gemacht werden konnte.
Das Kochbuch sah auch die Zubereitung von Gemüse mit Fleisch vor. Die
Vorschläge dafür waren: Steckrüben mit
Pökelfleisch, Weißkohl mit Fleisch und
Kartoffeln, gefülltes Kraut mit Hackfleisch oder Kohlpudding.
Im Kriegskochbuch waren selbstverständlich auch entsprechend den
Möglichkeiten Fleischgerichte berücksichtigt. Da konnte man Leberbrötchen
in verschiedener Zubereitung servieren,
Fleischklopse, Topfwurst, Flaki (Kuttel),
Gelingemus mit Kartoffeln oder einfach
Kartoffelgulasch. Die Frauen konnten
als eine Ersatznachspeise Eierkuchen
oder Buttermilchkuchen backen und
verschiedene Marmeladen herstellen. So
ungefähr sah die oberschlesische Speisekarte nach neun Monaten Krieg aus.
Wenn eine Hausfrau nicht über das
Kriegskochbuch verfügte, konnte sie
ab April 1915 in der „Kattowitzer Zeitung“ einen Speisezettel für jeden Tag
finden, bei dessen Aufstellung die noch
in größeren Mengen in den Läden und
auf dem Markt vorhandenen Nahrungsmittel berücksichtigt wurden.
In der „Kattowitzer Zeitung“ wurde
nüchtern festgestellt: „Die bisherigen
Buttersemmeln, Hörnchen und der Kuchen, die beim Kaffee gereicht wurden,
kamen wohl schon allgemein in Fortfall. Hier in der Küche sollen die Nahrungsmittel verständig und sparsam
verwendet werden. Dann werden wir
mit den vorhandenen und anzubauenden
Nahrungsmitteln bis zum Friedensschluß
auch langen. Es müssen aber auch viele
Gewohnheiten beiseite bleiben; neues
Leben und Schaffen muß in der Küche
herrschen“.
Die Frauen, nicht nur in Oberschlesien, versuchten mit den ihnen zur
Verfügung stehenden immer wenige
werdenden Lebensmitteln ihre Familienangehörigen zu ernähren. Sie klagten
nicht darüber, auch ihre Ehemänner und
Kinder wussten, warum sie so sparsam
Fortsetzung auf S. 4
4 GESCHICHTE und kulturHISTORIA i kultura OBERSCHLESISCHE STIMME 17. – 30. April 2015
Persönlichkeit: Herbert Czaja, 3. Teil
Riskante Tätigkeit und Vertreibung
In der Oberschlesischen Stimme vom
20. März hatten wir eine Reihe über
das Leben und Wirken Herbert Czajas eröffnet. Angesichts des Ringens
um eine Gedenktafel in seinem Heimatort Skotschau (wir berichteten
ebenfalls) gebietet die Debatte um
weitere Aufklärung.
K
urz vor dem Abitur Herbert Czajas
1933 wurde der Vater aus angeblich
gesundheitlichen Gründen von dem
zuständigen Woiwoden seines Amtes
als Notar enthoben. Tatsächlicher Grund
war jedoch sein Eintreten für die Interessen der deutschen Minderheit, die
damals immerhin noch ein Viertel der
Teschener Bevölkerung ausmachte. Damit begann für die Familie Czaja eine
schwierige finanzielle Lage.
Die Studienzeit
Der Sohn immatrikulierte sich im
selben Jahr an der Universität Krakau,
die durchaus noch von dem jahrhundertelangen österreichischen Einfluss
geprägt war. Er studierte vorübergehend
Jura, wandte sich dann aber der Germanistik, Philosophie und Geschichte
zu. Nationalitätenprobleme gab es für
die deutschen Studenten weit weniger
als für ihre jüdischen Kommilitonen.
Das Jahr 1933 bedeutete für ihn über
die Studienentscheidung hinaus eine
weitergehende biographische Weichenstellung: Er schloss sich politisch Senator Eduard Pant an, der als führender
Vertreter der deutschen Minderheit in
Polen den in Deutschland an die Macht
gekommenen Nationalsozialismus offen ablehnte. Versuche der deutschen
Machthaber, ihn „unschädlich“ zu
machen, schlugen wiederholt fehl. In
Pant, der auch sein Griechisch-Lehrer in
Bielitz (Bielsko) gewesen war, sah Czaja
sein erstes politisches Vorbild.
In Krakau übernahm Czaja 1934 die
Leitung einer katholischen deutschen
Studentengruppe, die unter Mitwirkung
Pants regelmäßig religiöse, wissenschaftliche und politische Veranstaltungen
BdV-Präsident Herbert Czaja mit Bundeskanzler Helmut Kohl
Foto: kulturportal-west-ost.eu
mehrheitlich der nationalsozialistischen
Ideologie erlagen.
Im Februar 1937 bestand er nach elf
Trimestern das Gymnasiallehrerexamen.
Sein polnischer Germanistikprofessor
Adam Kleczkowski ermunterte ihn
zur Promotion und empfahl ihm ein
Auslandsstudium. Er wechselte an die
Universität Wien, wo er unter anderem
bei den Philosophen Alois Dempf, der
aus Deutschland emigriert war, und
Dietrich von Hildebrand hörte, den
die Nationalsozialisten ausgebürgert
hatten. Es konnte daher nicht überraschen, dass er das Humboldtstipendium
für die Berliner Universität nicht erhielt,
obwohl ihn die polnische Regierung
vorgeschlagen hatte. Czaja konnte auf
keinerlei Referenzen nationalsozialistidurchführte. Unter anderem referier- scher Organisationen verweisen.
ten dort die deutschen Jesuitenpater Johannes Aßmann und Friedrich Seine Laufbahn als Pädagoge
Muckermann, die als offene Gegner
Im Sommer 1938 kehrte Czaja nach
des Nationalsozialismus nur noch im Polen zurück, um für ein Schuljahr als
Ausland wirken konnten. Sie trugen Deutschlehrer am Staatsgymnasium im
zur politischen Immunisierung Czajas galizischen Mielec zu arbeiten. Eine fesund seiner Freunde bei, während die te Anstellung blieb ihm verwehrt, weil
deutschen Studenten auch in Krakau er in den einschlägigen Unterlagen die
Anfang Oktober 1939
wurden 183 polnische
Hochschullehrer
von der deutschen
Besatzungsmacht
interniert. Mit
Lebensmitteln konnte
Czaja einigen seiner
Kollegen helfen und sie
so vor dem Schlimmsten
bewahren.
Zugehörigkeit zur deutschen Minderheit
angegeben hatte.
Parallel zu seiner Schultätigkeit arbeitete er weiter an seiner Dissertation
über das Thema „Stefan Georges Ringen
um ein autonomes Menschentum“; die
Promotion an der Universität Krakau
schloss er im Mai 1939 ab. Er begann
die Arbeit an einer Habilitationsschrift,
aber die weiteren Ereignisse machten
eine akademische Laufbahn unmöglich.
Seine von der polnischen Universitätsverwaltung bereits länger vorgesehene
Ernennung zum Assistenten am dortigen Germanistischen Seminar erfolgte
bereits, nachdem der Zweite Weltkrieg
ausgebrochen war und Polen kapituliert
hatte; Czaja erhielt die letzte Urkunde
dieser Art, die von den polnischen Behörden ausgestellt wurde. Da er ohne
Gehalt blieb, musste er seinen Lebensunterhalt durch Deutschunterricht bestreiten, den er u.a. den Kindern seines
Doktorvaters und anderen polnischen
Familien erteilte.
Anfang Oktober 1939 wurden 183
polnische Hochschullehrer von der
deutschen Besatzungsmacht interniert. Mit Lebensmitteln konnte Czaja
Prof. Kleczkowski und einigen seiner
Kollegen helfen und sie so vor dem
Schlimmsten bewahren. Gleichzeitig
gelang es ihm, Bestände verschiedener
Universitätsseminare vor der Zerstörung durch die Besatzungsmacht zu
retten und polnischen Kommilitonen
bei der Wiederbeschaffung entzogener
Dokumente zu helfen, eine riskante Tätigkeit, die ihm von polnischen Wissenschaftlern später dankbar attestiert
wurde. Ebenso half Czaja auch jüdischen
Mitbürgern. Zweimal wurde er bei der
Gestapo angezeigt, und nur durch eine
Verkettung glücklicher Umstände entging er der weiteren Verfolgung.
Im Oktober 1940 fand er eine Stelle
als Aushilfslehrer in Zakopane, aber
erneut bemängelte man sein fehlendes
nationalsozialistisches Engagement, und
so wurde er nach wenigen Wochen in
das galizische Premissel (Przemyśl) versetzt. Weitere Schikanen folgten. Als er
Briefe von Skotschauer Juden aus dem
Krakauer Ghetto erhielt, setzte die systematische Gestapoüberwachung ein.
Einberufung zur Wehrmacht – Rückkehr
in die oberschlesische Heimat
Für spätere Generationen kaum
nachvollziehbar, empfand er vor diesem Hintergrund die Einberufung zur
Wehrmacht im Mai 1942 fast als Erleichterung. Nach Zwischenstationen in
Thorn, Westpreußen und den Niederlanden kam Czaja an die Ostfront. Im
September 1943 wurde er in Russland
schwer verwundet; er verlor ein Auge.
Bei Kriegsende geriet er als Gefreiter
in amerikanische Gefangenschaft, war
u.a. in Remagen und in Südfrankreich
interniert und wurde schließlich im
September 1945 in die oberschlesische
Heimat entlassen.
Über das Schicksal der dortigen Deutschen, von Misshandlungen, Zwangsarbeit und Vertreibung, wusste er – wie
auch die anderen Gefangenen – zu
diesem Zeitpunkt nichts. Er fand sein
Elternhaus ausgeraubt und als „Heimstatt“ zahlreicher deutscher Familien aus
Skotschau (Skoczów) vor, die in je einem Zimmer hausten. Ein mitleidender
polnischer Bauer nahm ihn als Knecht
auf und sicherte so sein Überleben. Die
Anstellung an der Universität Krakau,
die ihm Kleczkowski für das formale
Bekenntnis zum Polentum in Aussicht
stellte, lehnte er ab. Damit war auch
seine Vertreibung besiegelt.
Die Vertreibung
Czaja musste seine Eltern, die wegen
des schlechten Gesundheitszustands
des Vaters bleiben durften, in Skotschau
zurücklassen. Er sollte sie nicht wiedersehen. Mit einem Vertreibungstransport
kam er 1946 nach Niedersachsen, von
wo ein Kriegskamerad den körperlich
völlig Erschöpften noch im gleichen
Sommer nach Stuttgart holte. Dort erfuhr er, dass seine 72-jährige Mutter
wegen ihres Bekenntnisses zum deutschen Volkstum eine Haftstrafe verbüßen musste. Bald danach starben seine
Eltern.
Jürgen Aretz
„Unser tägliches Brot gib uns heute“
Fortsetzung von S. 3
und einfach essen mussten Alle hofften aber auf ein siegreiches Ende des
Krieges oder auf einen gerechten Friedensschluss. Doch der Krieg befand sich
Anfang 1915 erst in der Anlaufphase. In
jenem Jahr waren die Probleme in den
Küchen für die Hausfrauen jedoch noch
einigermaßen zu bewältigen.
So war es, obwohl man in der „Kattowitzer Zeitung“ Folgendes lesen konnte:
„Die vorhandenen Fleischwaren werden
immer knapper, weil diese für die Zeit der
Not gepökelt und geräuchert werden. Es
schränke darum ein jeder den Fleischge-
nuß zu Mittag ein. Kinder unter 6 Jahren
können ihn ganz entbehren. Oft sind für
sie neben Brot und Milch Kartoffeln die
beste Speise. Für einen Erwachsenen reichen 100 Gramm Fleisch aus, wenn er
dazu die notwendigen Kartoffeln oder
die polnischen Kartoffelklöße mit Soße
(Brühe, Tunke) und dem aus reinem
Schrotmehl gesäuerten Zur mit Kartoffeln als Beispeise erhält. Doch es muß
nicht immer Fleisch zu Mittag vorhanden
sein. Auch beim Abendbrot muß mit alten
Gewohnheiten gebrochen werden. Statt
der belegten Butterbrote mit Tee sind
am Abend mehr Kartoffeln und Milch
zu genießen.”
Die wahren Renner
in der Küche waren
während des Krieges
die Eintopfgerichte
mit Fleischeinlage.
Aber schon bald, noch 1915, wurden
die veröffentlichten Kriegskochrezepte
bei der Versorgung von der Wirklichkeit überholt. Die „Kattowitzer Zeitung“
befasste sich deshalb mit essbaren Unkräutern: „Man hat nicht nötig, zu war-
Ein Prozent für die deutsche Minderheit
Wollen Sie, dass sich die Tradition und Kultur der deutschen Minderheit in unserem Teil Schlesiens weiter entwickelt? Auch Sie können dazu beitragen, indem
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ie wichtigsten Informationen zu die- Tätigkeit des Deutschen Freundschaftskreisem Thema finden Sie auf der Inter- ses in der Woiwodschaft Schlesien aussieht,
netseite www.dfkschlesien.pl. Die Inter- welche Projekte durchgeführt werden oder
netseite veranschaulicht, wie die kulturelle wie man die deutsche Sprache pflegt.
D
OBERSCHLESISCHE STIMME
Impressum
Herausgeber: Deutscher Freundschaftskreis
im Bezirk Schlesien
Anschrift: ul. Wczasowa 3, 47-400 Ratibor;
Tel./ Fax: 0048 - 32 - 415 51 18
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Redaktion: Michaela Koczwara
Im Internet: www.dfkschlesien.pl
Druck: Polskapresse Sp. z o.o., Oddział Prasa Wrocławska.
Abonnement:
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ten, bis irgend ein Feld oder Gartenland
uns etwas Grünes zu essen bietet. Da
wir jetzt mit allem rechnen müssen, so
vergesse man nicht, dass es verschiedene
Salate gibt, die eigentlich nichts weiter als
Unkrautpflanzen sind und fast überall
vorkommen. Wandre man nur hinaus
ins Freie und sammle man sich seinen
Salat selber, als da sind z.B. Brennnessel,
Sauerampfer, Löwenzahn, Wegewart,
Rapunzel usw. Alles dies wächst wild,
kostet also nichts. Junge Brennnessel wird
wie Spinat zubereitet. Sauerampfer rührt
man mit etwas Öl, Essig, Salz und Zitrone
an, ebenso Rapunzel und Löwenzahn.
Alle diese Kräuter kann man bis in den
Sommer hinein genießen. Esse man nur
eben recht reichlich!”
Die oberschlesischen Frauen kochten
bis November 1918 was sie an Essbarem
in die Hände kriegten, ihre Familien
aßen es fürs Vaterland ohne Widerrede. Dann kam zunächst ein Waffenstillstand, danach der Versailler Vertrag.
In Oberschlesien entbrannte nun eine
lebhafte Diskussion nicht nur mit Ziegen
und Kühen als Argumente.
Immer weniger Menschen scheinen
heute zu verstehen, was diese Worte eigentlich bedeuten: „Unser tägliches Brot
gib uns heute“.
Dr. Stefan Pioskowik
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