::: Intelligence in Rheometry Tipps und Tricks von Joe Flow – Stribeck-Kurven: Ein leistungsfähiges Werkzeug für die Tribologie kurz erklärt Tribologische Messungen dienen zur Bestimmung des Reibungs- und Verschleißverhaltens von aneinander reibenden Werkstoffen. Zum Verstehen und Untersuchen geschmierter Tribologiesysteme ist nun ein effektives Messverfahren verfügbar: Stribeck-Kurven. Tribologie ist überall! Tribologie versetzt uns in die Lage, unser Leben so zu führen, wie wir es kennen. Die Bezeichnung leitet sich ab von den griechischen Wörtern „tribo“ („reiben“) und „logia“ („Lehre“). Tribologie ist also die Lehre von den Dingen, die sich reiben. entsteht kein geeigneter Film. Ist die Normalkraft größer als die nach oben gerichtete Kraft, so reißt der Film ab. Ist die Geschwindigkeit zu hoch, so wird die Reibung zwischen Spachtelmasse und Spachtel zu groß und es kann sich kein gleichmäßiger Film bilden. Ohne Reibung könnten wir auf keinem Stuhl sitzen, kein Trinkglas in der Hand halten und keine Geige spielen hören. Mit zu viel Reibung könnten wir hingegen morgens keine Schublade öffnen, um uns frische Socken zu holen, nicht einmal ein Fenster öffnen, um frische Luft in den Konferenzraum zu lassen, und schon gar nicht durch die Tür in den Konferenzraum gelangen. Die Reibungskräfte FF sind die Kräfte, die der Bewegung eines Körpers auf einem anderen entgegenwirken, wenn Kräfte F, wie etwa die Gravitationskraft, ausgeübt werden. Die beiden Körper werden durch eine Normalkraft FN, etwa durch das Eigengewicht des Körpers, aneinandergedrückt. Abb. 1 zeigt eine einfache Anwendung der Tribologie: Verteilen von Spachtelmasse an einer Wand. In diesem Fall besteht das Ziel darin, einen bestimmten Spachtelmassefilm über dem Loch zu bilden. Geschwindigkeit und Druck werden sorgfältig ausbalanciert, um einen Film von geeigneter Dicke zu erzielen, der das Loch bedeckt. Die noch intakte Wand benötigt jedoch keine Spachtelmasse. Daher wird, sobald das Loch überdeckt ist, der Druck auf die Spachtel erhöht und die Geschwindigkeit verringert, um eine weitere Filmbildung zu verhindern. Abbildung 2: Prinzipien der Aufbringung von Spachtelmasse mit einer Spachtel aus Sicht eines Tribologen In der Tribologie werden die geschwindigkeitsabhängige Filmbildung und die Änderungen der Reibungseigenschaften durch „Stribeck-Kurven“ dargestellt. Richard Stribeck (1861– 1950) war ein deutscher Wissenschaftler und Ingenieur, der die Filmbildungseigenschaften von Schmierstoffen in Gleitlagern untersuchte. Er erkannte einen spezifischen Zusammenhang zwischen Reibungseigenschaften und Schmierfilmen, die sich zwischen zwei Flächen bilden. Abbildung 1: Eine tribologische Anwendung: Auftragen von Spachtelmasse auf eine Wand mit Hilfe einer Spachtel Hängen Rheologie und Tribologie zusammen? In vielen tribologischen Systemen kommt auch ein Schmierstoff zum Einsatz. Im oben genannten Beispiel gleitet die Spachtel auf dem Spachtelmassefilm. Die Spachtelmasse bestimmt die Kräfte, die zur Bildung eines geeigneten Films erforderlich sind. Die Filmbildung ist ein entscheidender Aspekt der Tribologie, bei dem die Rheologie eine wichtige Rolle spielt. Die Bildung eines Spachtelmassefilms als tribologisches System ist in Abb. 2 dargestellt. Die Spachtel wird mit einer bestimmten Normalkraft angedrückt. Zur Bildung des Films muss die Spachtel geneigt und beschleunigt werden. Die nach oben gerichteten Kräfte der Spachtelmasse wirken der Spachtel entgegen und heben sie an. Wird die Spachtelmasse mit zu viel Kraft nach unten (Normalkraft) oder zu schnell aufgebracht, Abbildung 3: Schematisches Diagramm und Prinzipien von StribeckKurven Stribeck stellte fest, dass es bei niedrigen Geschwindigkeiten vor allem die beiden Flächen sind, die durch ihre gegenseitige Wirkung die Reibung (Grenzreibung) bestimmen. Die Reibung wird durch den Reibungskoeffizienten µ dargestellt, der das Verhältnis zwischen der Reibungskraft FF und der Normalkraft FN beschreibt. Mit zunehmender Geschwindigkeit wird der Schmierstoff in den Bereich zwischen den Flächen befördert, und genau wie die Spachtelmasse zwischen der Spachtel und der Wand drücken die nach oben wirkenden Kräfte des Schmierstoffs die beiden Flächen auseinander (Mischreibung). Je weiter die Flächen auseinandergedrückt werden, desto geringer ist die Reibung. Das Reibungsminimum wird erreicht, wenn die Flächen sich nicht mehr berühren. In diesem Fall handelt es sich um elasto-hydrodynamische Reibung. Wenn Filme entstehen, verhindern oder verringern sie den Verschleiß. Wird die Gleitgeschwindigkeit weiter erhöht, so wird der Film dicker. Ebenso wie bei einer Fließkurve steigt dann die interne Reibung des Schmierstoffs, und somit erhöht sich die Reibung des gesamten tribologischen Systems (hydrodynamische Reibung) wieder. Reibungskoeffizient [-] Stribeck-Kurven ändern sich charakteristischerweise mit der sich ändernden Viskosität, wie in Abb. 4 dargestellt. Gleitgeschwindigkeit vs [mm/s] Abbildung 4: Schematisches Diagramm und Prinzipien von StribeckKurven Es sind zwei Haupteffekte zu beobachten: Mit steigender Viskosität verringert sich die zur Filmbildung erforderliche Geschwindigkeit, und die Flächen werden früher auseinandergedrückt. Darüber hinaus erhöht sich die Steilheit der hydrodynamischen Reibung mit der Viskosität, wie man es bei einer Fließkurve erwarten würde. Welche Auswirkungen hätte eine sich ändernde Viskosität auf unseren Wandreparatur-Versuch? Bei Verwendung von zu viel Wasser in der Spachtelmasse wäre die Viskosität zu gering, um einen geeigneten Film zu bilden, und das Loch würde nicht richtig ausgefüllt werden. Bei Verwendung von zu wenig Wasser, wäre die Viskosität zu hoch und es würde wohl ein zu dicker Film entstehen. Eine sehr große angreifende Kraft und Normalkraft wären notwendig, um die Spachtelmasse aufzutragen. Was erkennt man aus einer Stribeck-Kurve? Die Versuchseinstellungen für Stribeck-Kurven-Messungen können Sie flexibel aus der verfügbaren Vorlage auswählen und an Ihre spezielle Anwendung anpassen. Wir können Ihnen beim Erstellen eines passenden Messprofils für Ihre Probe behilflich sein. Ein typischer Versuch besteht aus zwei Intervallen: 1. Entspannungszeit: Das System wird in die Messposition bewegt, bis eine kritische Normalkraft erreicht ist. Das tribologische System benötigt Zeit, um sich in die Kräfte zu entspannen, die beim Bewegen in die Messposition erzeugt werden. 2. Das Messsystem wird in logarithmisch anwachsenden Geschwindigkeiten entlang einer Geschwindigkeitsrampe gedreht, gleichzeitig wird auch die Normalkraft kontrolliert. Andere Verfahren können das Messprofil erweitern. Beispiele: 1. Dieses Messverfahren kann innerhalb eines Versuchs so oft wie notwendig wiederholt werden. Wiederholungen geben Aufschluss über Einlaufprozesse und zeigen, wo die Hauptwirkung des Einlaufens stattfindet. 2. Geschwindigkeitsrampen mit abnehmender Geschwindigkeit. Zunehmende und abnehmende Geschwindigkeitsrampen sind oftmals nicht kongruent. Im Folgenden werden einige Beispiele für Messkurven vorgestellt. Typischerweise wird der Reibungskoeffizient als Funktion der Gleitgeschwindigkeit dargestellt. Der Reibungskoeffizient als Funktion der Gleitstrecke kann ebenfalls nützlich sein, vor allem, wenn auch die Haftreibung eines tribologischen Systems von Interesse ist. Dieser Zusammenhang kann bestimmt werden, wenn die Anfangsgeschwindigkeit niedrig genug ist. Die verschiedenen Reibungsarten werden analysiert, darunter die Grenzreibung (einschließlich Haftreibung), die Mischreibung und die (elasto-)hydrodynamische Reibung. Wenn Proben verschiedener Zusammensetzungen oder Herstellungsverfahren verglichen werden, können die kritischen Parameter identifiziert werden. Wenn sie sich in den Reibungsarten, in denen die Grenzschmierung und somit die gegenseitige Wirkung der Flächen dominiert, erheblich unterscheiden, so sind eine geringe Geschwindigkeit und die Additiv-Leistungsfähigkeit kritische Größen. Unterscheiden sie sich hingegen deutlicher bei der Misch- und hydrodynamischen Reibung, so sind die Fließeigenschaften des Schmierstoffes sowie seine Filmbildungsfähigkeiten von kritischer Bedeutung. Auf diese Weise kann die am besten geeignete Zusammensetzung oder Herstellungsmethode von Schmierstoffen, Werkstoffen oder Oberflächen ermittelt werden. Beachten Sie dabei, dass das Ziel darin besteht, die tribologischen Eigenschaften zu definieren, die sich für die jeweilige Anwendung eignen, und nicht unbedingt darin, hohe oder niedrige Reibungs- oder Verschleißwerte als solche zu ermitteln. Die modellhaften tribologischen Messungen geben Auskunft darüber, auf welche Reibungsarten sich die Änderungen an den getesteten Produkten am stärksten auswirken. Ein Vergleich zwischen anwendungsbezogenen und modellhaften tribologischen Messungen kann zeigen, wie sich etwa Änderungen an einem Schmierstoff auf die Leistung in der konkreten Anwendung auswirken würden und welches Phänomen dafür verantwortlich sein könnte. Auf diese Weise ist eine wirksame Optimierung möglich. Fette die haften, oder Fette die gleiten? Bei der Betrachtung dieser Schmierfett-Beispiele sind sowohl die Haftreibung als auch die Gleitreibung von Bedeutung. Im Falle der Haftreibung kann ein Schmierfett erforderlich sein, um Bauteile in der richtigen Position zu halten, beispielsweise in einem Schneckengetriebe. Bei Bewegung ist hingegen eine rasche Filmbildung erforderlich, um einen geringen Widerstand gegenüber der Bewegung zu gewährleisten. In wieder anderen Fällen kann eine geringe Haftreibung erwünscht sein, etwa bei der Höhenverstellung eines Sitzes, für die der Nutzer keine großen Kräfte ausüben möchte. Bei der Grenz- und Haftreibung sind der Maximalwert des Reibungskoeffizienten und die Schnelligkeit seines Übergangs zur Mischreibung das Hauptkriterium. In Fällen, in denen geringe Losbrechkräfte benötigt werden, muss der maximale Reibungskoeffizient sehr gering sein und möglichst auf dem Niveau der Gleitreibung liegen. In Fällen, in denen hohe Losbrechkräfte, aber eine gute Schmierfähigkeit bei der Bewegung notwendig sind, wird eine hohe Haftreibung für Selbsthalteeigenschaften, aber eine schnelle Reduzierung dieser Werte mit zunehmender Geschwindigkeit benötigt. Fett 1 Fett2 Reibungskoeffizient μ[-] Stribeck Kurven bei 23°C Die effektive Verringerung der Haftreibung kann verschiedene Ursachen haben: Möglicherweise entsteht ein Tribofilm, Additive und andere Moleküle können an der Oberfläche reagieren und eine Schutzschicht bilden (siehe Abb. 6), oder ein Schmierfilm hält die Oberflächen voneinander fern. Rotationsgeschwindigkeit n [rpm] Abbildung 5: Bewertung von Schmierfetten mit Hilfe von Stribeck-Kurven Schmierfett 1 weist eine vergleichsweise geringe Haftreibung auf, und der Reibungskoeffizient ist bei niedrigen Drehzahlen (um 10-4 U/min) gering (ca. 0,1). Werte unterhalb von 10-4 U/min liegen innerhalb der Haftreibung, so dass keine relative Bewegung zwischen den Proben stattfindet. Der Reibungskoeffizient ist über den gesamten Drehzahlbereich hinweg ziemlich konstant. Dieses Schmierfett wäre ideal für einen Fall, in dem eine geringe Haftreibung gefragt ist. Wo es auf eine hohe Haftreibung ankommt, würde es hingegen versagen. Schmierfett 2 weist eine vergleichsweise hohe Haftreibung von 0,2 auf, was doppelt so viel ist wie bei Schmierfett 1. Wird die Drehzahl erhöht, so sinkt der Reibungskoeffizient annähernd auf das Niveau von Schmierfett 1, d. h. in einen Bereich um 0,1, womit es sich gut für technische Zwecke eignet. Dieses Schmierfett wäre ideal für Fälle, in denen Selbsthaltefähigkeiten gefordert sind. Abbildung 6: An der Oberfläche eines Prüfkörpers gebildeter Tribofilm (schwarz) Aus den direkten Messungen, die zum Erstellen von Stribeck-Kurven erforderlich sind, lassen sich also zahlreiche Informationen gewinnen. Auf diese Weise lassen sich die Reibungseigenschaften von Anwendungen mit geringer und hoher Drehzahl (Haft- bzw. Gleitreibung) bestimmen. Die Leistungsfähigkeit von Additiven, die Filmbildungseigenschaften von Schmierstoffen und die Verschleißwirkung lassen sich alle zusammen mit nur einer Messung ermitteln.
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