Freundesbrief Nr.9 04/2015 Liebe Freunde und Unterstützer, seit vier Wochen erleben wir am Colegio Diospi Suyana unser zweites Schuljahr und möchten euch wie alle drei Monate mal wieder für eine Viertelstunde mit hineinnehmen ins Schulgeschehen und in unser Familienleben: Urlaub am Titicacasee Das Jahr 2014 endete mit einem Familienurlaub, der uns nach ein paar ruhigen Weihnachtstagen nach Machu Picchu führte und dann bis rauf zum Titicacasee. Wir konnten ruhige und erholsame Tage miteinander verbringen, haben viel erzählt und dabei Peru ein wenig besser kennen gelernt. Die Reise endete in Cusco, wo wir uns nach zwei schönen Wochen leider wieder voneinander verabschieden mussten. Danach konnten wir alleine als Familie eine schöne Zeit miteinander verbringen und zur Ruhe kommen. Neustart Der Monat Februar stand ganz im Zeichen der Vorbereitung auf das neue Schuljahr. Im Team haben sich Veränderungen ergeben, alleine dadurch, dass wir dieses Jahr das 7. und 8. Schuljahr eröffnet haben. Dies sind die ersten beiden Jahrgänge der Secundaria, der dritten Schulstufe in unserer Institution. Von drei Lehrern mussten wir uns trennen (an Privatschulen kann man das ja zum Glück), zwei Lehrerinnen haben geheiratet und gingen darum schweren Herzens zurück nach Lima und Cusco. Dafür haben wir zwei neue Primarlehrer eingestellt und einen tollen Biologen aus Arequipa, mit dem wir endlich den Aufbau der Naturwissenschaften beginnen können. Letzterer ist Katholik, was uns besonders freut. Er ist der erste Katholik, der in unserem evangelisch orientierten Schulprojekt arbeitet, denn wir teilen mit ihm den Glauben an den Auferstandenen und einen gelebten Glauben, der sich in Gebet, im Lob Gottes, im Bibellesen und im Dienst am Nächsten niederschlägt. Für peruanische evangelische Christen ist die Zusammenarbeit mit katholischen Landsleuten noch eine große Herausforderung und wir bitten euch, mitzubeten für eine gute Integration zu einer echten Dienstgemeinschaft. Diospi Suyana hat mit seinem Krankenhaus nie den Anspruch erhoben, dogmatische Unterschiede zu diskutieren, sondern auf der Basis des Evangeliums gemeinsam für die Ärmsten da zu sein. Und das sehen wir für die Schule genauso. Sportlich, sportlich Verena bringt nicht erst wieder seit Anfang des Schuljahres vollen Einsatz. Während Christian Vollzeit in der Schulleitung arbeitet, steht eigentlich seit Beginn unseres Einsatzes der Plan einer Halbtagsstelle, damit für die Kinder genügend Zeit ist, doch es kommt immer anders: Mangels Sportlehrerin ist Verena mal wieder eingesprungen und deckt den gesamten Sportunterricht der Schule ab. Das ist einerseits gut so, da wir auf diese Weise kompetenten Unterricht anbieten können, doch bleibt wieder einmal das Sprachelernen auf der Strecke. Das soll sich ab Juni ändern, denn dann kommt eine weitere Sportlehrerin aus Berlin. Uns ist es ein Anliegen, nicht immer nur alle Dringlichkeiten zu erfüllen, sondern den Peruanern ein echtes Gegenüber zu sein, was am besten geht wenn man die Sprache sicher beherrscht. Hora cívica „Staatsbürgerstunde“ könnte man das übersetzen, was wir nun jeden Freitag zelebrieren. Pauke, Trommelwirbel und Trompete begleiten den feierlichen Einmarsch der Garde auf dem Paradehof der Schule. Es ertönt die Nationalhymne, die Hymne von Curahuasi, dann folgt ein Gebet und eine kurze Ansprache, die den nächstgelegenen Feiertag zum Thema hat: z.B. den Tag des Wassers, den Tag der Gesundheit, den Tag der Gesundheit, etc. Anschließend gibt Christian noch aktuelle Informationen zum Schulleben. In Peru hat dieser republikanische Appell (nicht nur an Schulen) seit der Unabhängigkeit eine lange Tradition, die bis heute Bestand hat. Für diesen Akt kommen die Schüler eher zur Schule damit kein Unterricht ausfällt, und wer nicht auf die Minute genau um 7:30 Uhr auf dem Hof ist, bleibt auf der Straße (das waren die Bedingungen eines deutschen Schulleiters, der sich an das ständige Marschieren noch nicht gewöhnt hat). Hand aufs Herz Wir deutschen und amerikanischen Lehrer zelebrieren diese Sitte mit unseren peruanischen Freunden, auch wenn wir nicht die Hand aufs Herz legen bei der Hymne. Beobachtet man Lisanne genau, fällt auf, dass sie noch nicht entschlossen ist in ihren jungen Jahren. Wovon wird es abhängen, ob sie mal bewusst die Hand aufs Herz legt bei einer Nationalhymne? Welches Land wird sie mal ihre Heimat nennen? Wenn unsere fünf Jahre hier rum sind, dann hat sie genauso lange in Deutschland gelebt, wie in Peru. Wir halten ihre Erinnerung wach, wünschen uns aber auch eine maximale Integration hier. Der Mittelweg ist schwer zu gehen, denn sie soll doch ihren Lebensraum annehmen und schätzen lernen. Heimat ist im Moment hier und sie muss sich darauf einlassen um Land, Kultur und Sprache zu verstehen. Wenn ihr, liebe Leser, uns im Gebet begleitet, dann ist das gut, denn kulturelle Entwurzelungen bringen das Risiko mit sich, seine Heimat schwer verorten zu können und feste Bindungen einzugehen. Auf zu neuen Ufern Man stelle sich vor: eine Stadt, in der fast niemand schwimmen kann. Nicht verwunderlich in den Bergen und umso mehr eine Aufgabe und Herausforderung für eine Schule, die Bildung ganzheitlich sieht. Unsere Lehrerin Manuela aus Österreich hat mit ihrer Klasse 7 (1.Jahr der Secundaria) nun den Anfang gemacht und macht ihre Schüler in den 20 Km entfernten Thermalbädern wöchentlich mit dem nassen Element vertrauter. Unser Kollege Jorge und engagierte Eltern helfen ihr dabei. Wir sind hier die erste Schule, die Schwimmunterricht anbietet, denn es gibt immerhin auch noch ein Freibad in Curahuasi. Und warum sollen sich alle immer nur am Beckenrand festhalten? Es könnte doch auch sein, dass unsere Schüler später einmal am Meer wohnen. Geplant ist übrigens dieses Jahr auch ein Lehrerschwimmkurs. Ballett Für Maryse und Lisanne geht ein Traum in Erfüllung, der durch einen Kindertanzkurs in früheren Jahren und durch allerlei Kinderbücher genährt wurde: Ballett zu tanzen. Dass das ausgerechnet in den Anden sein würde, hätte jedoch niemand gedacht. Grund dafür ist die tolle Unterstützung von Janne Vitz, unserer Freiwilligen, die uns für zwei Monate den Schuljahresstart etwas erleichtert. Janne kommt aus der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Velbert, der auch Christians Opa, Tante und Onkel angehören. Nachdem Janne‘s Eltern sich entschlossen hatten, unsere Arbeit mitzutragen, hilft sie nun zusätzlich ganz praktisch nicht nur „in Tütü und Schläppchen“, sondern auch in der Förderung und mit Unterrichtsvertretung. Und das alles auf Spanisch! Fast drei Wochen hat sie bei uns gewohnt nun ist sie ins Haus der anderen drei Freiwilligen gezogen. Mit dem Bruder auf der Piste Im Februar und März hatten wir den bislang längsten Besuch von „Onkel Heiko“. Verenas Bruder nahm sich eine Auszeit, die uns und den Kindern zu Gute kam. Sechs abwechslungsreiche Wochen konnten wir miteinander verbringen. Auf dem Bild seht ihr die Geschwister auf einer MountainbikeTour im UrubambaTal. Am meisten profitierten sicherlich Maryse und Lisanne. Die Beiden genossen schon in Deutschland oft die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres Onkels aus Freiburg, der von Luftsprüngen, Schatzsuche, Pferdespielen bis hin zum Basteln für alles zu gewinnen ist, was kleine Mädchen so lieben. Geduld Eine Sache, die man hier wirklich gut lernen kann ist Geduld. Es werden einem ständig neue Übungsfelder geboten, um sich in dieser Fähigkeit zu üben. Da es nicht wirklich eine gut funktionierende Post gibt, müssen Christian oder sein Stellvertreter jedes Mal, wenn sie Dinge mit der Schulbehörde zu regeln haben, persönlich nach Abancay fahren. Das bedeutet 1,5 Stunden Fahrt in eine Richtung über einen nur aus Kurven bestehenden Pass von 4300 m Höhe. Die Lieferantin der Schuluniformen erscheint am Verkaufstag der Uniformen, trotz genauster Absprachen weder mit Geld, noch mit Rechnungen, noch mit den bestellten Kleidergrößen, sondern lediglich mit einiger Verspätung und den Kleidergrößen, die wir sowieso schon vorrätig hatten. Da steht man nun…und soll 200 Eltern das Dilemma erklären. Spontanität Einer der anderen deutschen Mitarbeiter hatte uns zu seinem Geburtstag eingeladen und gemeinsam mit einigen anderen deutschen Familien sind wir gemeinsam zum „Freibad“ gewandert. Als wir dann dort den Grill anschmeißen wollten, zog allerdings ein Gewitter auf und wir wurden gefragt, ob wir die Party nicht zu uns verlegen könnten. Na klar, kein Problem: so hatten wir auf einmal, von jetzt auf gleich 23 Gäste im Haus. Es war eine nette Runde mit guter Stimmung und vielen kleinen herum flitzenden Kindern. Gelassenheit Meistens kommt´s anders als man denkt. Da hilft nur eins: Gelassenheit. Zum Beispiel als neulich mit einem großen Krach und Getöse unsere sechs Meter breite und vier Meter hohe Gartenmauer einstürzte und das neu angelegte, frisch bepflanzte Blumenbeet komplett unter sich begrub. Da das Niveau des Nachbargrundstücks 1,5 m höher liegt als unser Garten, hatte über Jahre Feuchtigkeit die Mauer instabil gemacht. Die starken Regenfälle hatten die Lehmziegelmauer so aufgeweicht, dass sie dann einfach dem Druck nicht mehr standhalten konnte. Letztendlich waren wir dankbar, dass sich weder Katze noch Kind gerade in der Nähe befanden. Nun geht´s also nochmal von vorne los: umständlich ist nur, dass die nächstgelegene Gärtnerei drei Stunden Autofahrt entfernt ist. Ein neues Jahr mit neuen Herausforderungen Der Beginn des Schuljahres war erstaunlich diszipliniert und ruhig, eine Frucht der Arbeit des letzten Jahres. Auf dem Foto unten seht ihr Lisanne mit ihren 31 Klassenkameraden des zweiten Schuljahres und Lilli, ihrer deutschen Lehrerin. Da wir trotz intensiver Suche keinen weiteren Lehrer gefunden haben, mussten wir zwei Klassen zusammenlegen. Die Kinder waren froh, wieder zur Schule gehen zu können nach 11 langen Wochen. Neulich sagte eine Mutter, dass einer der großen Unterschiede zu den umliegenden Schulen wäre, dass wir Lehrer den Kindern viel Liebe geben würden. Indiz für die Zufriedenheit ist nicht nur eine äußerst positiv ausgefallene umfangreiche Befragung von Eltern und Schülern, sondern die Tatsache, dass Kinder tief traurig gehen wenn ihre Eltern sie abmelden. Mehrfach brachten in den vergangenen Monaten Eltern ihre Kinder zurück, weil diese nur noch geweint haben und das Colegio vermissen. Mehr kann man sich wirklich nicht wünschen. Unsere Lehrer von der Liebe weiter, die sie von Gott empfangen. Und an jedem Morgen, noch bevor sie alle ihre pädagogischen Register ziehen, beten sie für ihre Schüler im Vertrauen darauf, dass das eine Wirkung hat. Dieses Jahr haben wir zwei Lerngruppen in der Pubertät und die Anforderungen steigen in jeder Hinsicht. Christian ist erstmalig in seinem Berufsleben Klassenlehrer mit 12 Schülern. Bewusst hat er unser höchstes Schuljahr (Klasse 8, siehe Foto) gewählt und führt damit die Pilotklasse zum Schulabschluss, denn da sind die Eltern am kritischsten. Er unterrichtet nun sieben Stunden pro Woche Comunicación (spanische Sprache und Literatur) und begibt sich damit auf echtes Neuland. Lisanne hat die Einschulung mit fünfeinhalb Jahren super gemeistert und Maryse hat auch ganz toll ihr zweites Schuljahr geschafft ohne jemals im Ersten gewesen zu sein. Ein ganz großer Grund zum Dank und keine Selbstverständlichkeit, denn beide tauchen ausgerechnet in ihrer Leseund Schreiblernphase in eine ganz neue Sprache ein. Dies führt noch zu so mancher abenteuerlichen Schreibweise - müssen sie doch erst noch lernen, dass ein Laut im Deutschen und im Spanischen durchaus unterschiedlich geschrieben wird. Im Mündlichen machen sie riesige Fortschritte und es kommt nicht selten vor, dass die Beiden einfach vom Deutschen ins Spanische wechseln, auch wenn sie unter sich sind. Mit solchen Erfolgen und Herausforderungen stehen sie nicht alleine da! Die beiden haben unter den 220 Mitschülern unserer Schule dieses Jahr 15 deutsche und 11 amerikanische Mitstreiter, die sich auch ganz toll integrieren. Es bleibt dennoch weiter ein echtes Gebetsanliegen. Semana Santa die „Heilige Woche“ ist in der überwiegend katholischen spanischsprachigen Welt einer der Höhepunkte des Jahres. Für uns ist das Gedenken an Jesu letzten Weg, an seinen Tod und die Freude über seine Auferstehung auch ein guter Grund, inne zu halten. Hier ein paar Bilder vom Osterschulgottesdienst mit über 400 Besuchern... Schließen wir für heute mit ein paar Eindrücken vom Sonntagsspaziergang, ganz bei uns in der Nähe aufgenommen. Ihr Lieben, Gott tut große Dinge hier und wir würden euch gerne noch mehr daran teilhaben lassen. Darum arbeiten wir zurzeit an einem neuen Videoclip über die Schule, den wir in etwa einem Monat für euch bereitstellen werden. Ein gesegnetes Osterfest wünscht euch eure Familie Bigalke. Unsere Postadresse: Diospi Suyana y/o Christian Bigalke Apartado 210 Abancay, Apurímac, PERU E-Mail: [email protected] [email protected] Mobil: 0051 - 942 790 892 (Christian) Weitere Infos zum Schulträger mit täglichen Newsbeiträgen: www.diospi-suyana.org Unser deutscher Partner, der die Spenden zugunsten unserer Arbeit entgegennimmt: www.vdm.org Unsere Webseite: www.bigalkes.de
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