Protokoll zur 8. Sitzung am 12.03.2015

Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz
8. Sitzung am 12. März 2015
Protokoll
Stand: 14. April 2015 - final
Protokoll
der achten Sitzung der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz
Datum
12. März 2015,
10:30 - 16:00 Uhr
Ort
Bundesministerium für Arbeit und Soziales,
K1, Wilhelmstr. 49, 10117 Berlin
Besprechungsleitung
Frau PSt’in Lösekrug-Möller
Teilnehmer/innen
siehe Teilnehmerliste (Anlage)
Verfasser
Verteiler
Mitglieder der AG Bundesteilhabegesetz
BMAS, PG-Bundesteilhabegesetz,
Herr Schierhorn, Herr Buchheim
Tagesordnung
0
Protokollabstimmung der 7. Sitzung am 19. Februar 2015
2
Kommunale Entlastung
1+4
Finanzielle Auswirkungen und „Finanztableau“
3
Gegenfinanzierung Leistungsverbesserungen
5
Sonstiges
Anlagen
Pressemitteilung
Leichte Sprache
Arbeitspapiere TOP 1+4, TOP 2, TOP 3
-2-
Frau PSt’in Lösekrug-Möller begrüßt die Mitglieder der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz (AG) zur 8. Sitzung und schlägt vor, den TOP 2 - Kommunale Entlastung vor der Mittagspause zu behandeln. Die AG stimmt der veränderten Tagesordnung zu.
TOP 0 – Protokollabstimmung der 7. Sitzung vom 19. Februar 2015
Das BMAS (Herr Nellen) führt aus, dass die Protokoll-Tischvorlage alle eingegangen Änderungswünsche am Protokollentwurf beinhaltet.
Die ISL (Frau Dr. Arnade) bittet um Wiederaufnahme des ursprünglichen - im ersten vom
BMAS übermittelten Protokollentwurf enthaltenden- Wortbeitrages auf Seite 10 des Protokolls.
Die AG verabschiedet das Protokoll in der vorliegenden Fassung mit der Maßgabe,
dass der Änderungswusch der ISL aufgenommen wird.
Das BMAS (Herr Nellen) trägt die nach der Überarbeitung der Arbeitspapiere übermittelten Änderungen am Arbeitspapier „Medizinische Rehabilitation“ vor:
1.
Seite 4 zu 3.1 a) und 3.2 a) jeweils Streichung der Worte „den Zielen“
2.
Ersetzung des 2. Satzes, letzter Absatz auf Seite 2:
„Gleichwohl kann auf sie nicht verzichtet werden, solange es keine umfassende
Krankenversicherungspflicht insbesondere für alte, behinderte und pflegebedürftige
Menschen gibt.“ durch den Satz:
„Betroffen hiervon sind insbesondere alte, behinderte und pflegebedürftige Menschen, die nicht der Krankenversicherungspflicht unterliegen.“
Der DST (Frau Göppert) fragt nach, warum die Ergänzung der Handlungsoption(„Eingliederungshilfe übernimmt die Versicherungsbeiträge für die Betroffenen“) im Arbeitspapier
zur medizinischen Rehabilitation nicht vollzogen wurde.
Das BMAS (Herr Nellen) erklärt, dass die Aufnahme der Handlungsoption - wie auch im
Protokoll festgehalten - regierungsintern geprüft wurde. Man sei zu dem Ergebnis gekommen, diese Handlungsoption nicht mit aufzunehmen.
Der DST (Frau Göppert) und die BAGüS (Herr Münning) kritisieren die fehlende Ergänzung der Handlungsoption. Die Arbeitsgruppe habe mit großer Mehrheit für eine Aufnahme plädiert. Von daher sei das vom BMAS gewählte Verfahren der Nichtaufnahme
nicht nachvollziehbar.
-3-
Die BAGFW (Herr Hesse) erklärt, dass es im Arbeitspapier zur Pflegeversicherung widersprüchliche Aussagen auf den Seiten 2 und 19 zur Deckelung von Leistungen der Pflegeversicherung gibt.
Das BMG (Herr Dr. Schölkopf) sagt zu, dass der Hinweis der BAGFW berücksichtigt wird.
[Hinweis im Nachgang: Die folgenden Sätze auf Seite 19 wurden gelöscht: „Die Einbeziehung der Pflegeversicherung als Rehabilitationsträger in das SGB IX ist fraglich, soweit
die Pflegeversicherung als Teilleistungssystem nur einen Teil der Kosten für die Rehabilitation übernehmen würde und dementsprechend die Betroffenen ggfs. einen Teil der Kosten selbst übernehmen müssten. Dies würde den Zugang zu medizinisch notwendigen
Leistungen erschweren.“]
Die AG schließt die Erörterungen zu den Arbeitspapieren der siebenten AG-Sitzung ab.
Die Stellungnahmen der BAG WfbM, des DBR, der Fachverbände der BAGFW, Lebenshilfe und der Bundesvereinigung der Landesarbeitsgemeinschaften der Werkstatträte werden zusammen mit dem Protokoll und den Arbeitspapieren auf www.gemeinsam-einfachmachen.de veröffentlicht.
TOP 2 – Kommunale Entlastung (Bundesteilhabegeld, Aufgabenverlagerungen)
Das BMAS (Herr Nellen) führt in das Arbeitspapier zu TOP 2 ein.
Das BMF (Herr Dr. Gerhardt) erklärt, dass der Koalitionsvertrag eine Entlastung der Kommunen im Umfang von 5 Mrd. € jährlich durch den Bund ab dem Jahr 2018 vorsieht. Am
2. März 2015 haben sich die Spitzen der Koalition im Vorgriff auf diese Entlastung darauf
verständigt, im Jahr 2017 die vorgesehene kommunale Entlastung von 1 Mrd. Euro um
zusätzliche 1,5 Mrd. aufzustocken. Zusätzlich werde es einen Fonds in Höhe von 3,5
Mrd. Euro geben, mit dem Investitionen im kommunalen Bereich gefördert werden sollen.
Im Hinblick auf den Transferweg zur Entlastung der Kommunen ab 2018 würden die aktuellen Überlegungen allerdings nicht in Richtung Eingliederungshilfe gehen, da eine zielgenaue Entlastung der Kommunen im System der Eingliederungshilfe nicht möglich ist. Es
werde also nach einem anderen Transferweg zu suchen sein.
Das BMF (Herr Dr. Gerhardt) führt weiter aus, dass der Koalitionsvertrag Mehrausgaben
des Bundes für Leistungsverbesserungen und strukturelle Veränderungen nicht vorsieht
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(„keine neue Ausgabendynamik“). In der Finanzplanung sei dementsprechend keine Vorsorge für das Bundesteilhabegesetz getroffen. Das Thema bleibe aber für diese Legislaturperiode auf der Tagesordnung. Unabhängig von der Frage des Konnexes zwischen
Reform der Eingliederungshilfe und kommunaler Entlastung hat der Auftrag des Koalitionsvertrages Bestand, die Eingliederungshilfe zu reformieren und ein modernes Teilhaberecht zu entwickeln.
Frau PSt’in Lösekrug-Möller legt dar, dass der Reformbedarf bei den Leistungen für
Menschen mit Behinderungen unabhängig von der Frage der kommunalen Entlastung besteht. Sie dankt dem BMF für den Hinweis, dass das Thema „Leistungsverbesserungen“
in dieser Legislaturperiode auf der Tagesordnung bleibt.
Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen(Frau
Bentele) erklärt, dass durch die Entkopplung von Bundesteilhabegesetz und kommunaler
Entlastung der Reformdruck sinken wird. Jetzt müssen zügig konkrete Reformdetails genannt werden. Es gehe darum, ein modernes Teilhaberecht zu entwickeln und Teilhabe
zu ermöglichen. Es sei fraglich, wie dies gelingen kann, wenn es keine zusätzlichen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Durch den Beteiligungsprozess seien auch Erwartungen geweckt worden, die nicht einfach abgewiesen werden können.
Der Sozialverband VdK Deutschland (VDK) (Frau Mascher) erklärt, dass die Arbeitsgruppe in den vergangenen Sitzungen festgestellt habe, dass es erheblichen Reformbedarf gebe. Viele Betroffene mit schweren Einzelschicksalen und deren Angehörige würden die dringend notwendige Reform erwarten. Er weist darauf hin, dass Deutschland der
UN-BRK beigetreten ist. Die daraus entstehenden Pflichten müssten erfüllt werden und
die nationalen Gesetze entsprechend angepasst werden. Ein Verschieben der Reform auf
die nächste Legislaturperiode dürfe es auf keinen Fall geben.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege(BAGFW) (Herr Prof. Dr.
Cremer) erklärt, dass der Koalitionsvertrag den Reformteil des Bundesteilhabegesetzes
nicht finanziell hinterlegt. Zwar gebe es kostenneutrale Elemente der Reform, aber Elemente anderer Bereiche, wie z.B. die Abschaffung der Heranziehung von Einkommen und
Vermögen, müssen finanziell gedeckt werden. Im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis
seien Synergien durch verbesserte Steuerung möglich. Diese seien aber nicht valide zu
quantifizieren und würden die vorgenannten kostenintensiven Reformelemente nicht decken. Auch das beste Beteiligungsverfahren werde keine politische Entscheidung über
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den Reformrahmen ersetzen. Sobald Klarheit darüber herrsche, wie dieser Rahmen aussieht, kann man Maßnahmen priorisieren. Diese Entscheidung ist aber unabhängig von
der Abkopplung der Reform von der kommunalen Entlastung. Die Chancen auf einen
Konsens im parlamentarischen Verfahren seinen allerdings gesunken, da der Reformdruck durch eine Abkopplung sinken wird. Aufgrund der hohen fachlichen Komplexität
sollte die Reform nun zügig angegangen werden.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe(BAGüS)
(Herr Münning) berichtet, dass der Koalitionsvertrag in Zusammenhang mit dem Fiskalvertrag vorsieht, die Länder und damit auch die Kommunen von den Kosten der Sozialleitungen zu entlasten. Wenn man die UN-BRK ernst nehme, muss man die Schnittstellenproblematik angehen. Das Finanzministerium dürfe nicht nur die Interessen des Bundes,
sondern müsse die Interessen aller staatlichen Ebenen vertreten. Während die Kosten der
Sozialhilfeträger in den vergangen 10 Jahren um ca. 8 Prozent gestiegen seien, seien die
der Eingliederungshilfeträger um ca. 31 Prozent gestiegen. Das sei auch darauf zurück zu
führen, dass originäre Leistungen der Sozialversicherung von der eigentlich nachrangigen
Eingliederungshilfe erbracht werden müssen. Die kommunale Entlastung müsse über die
Eingliederungshilfe erfolgen, damit der Fiskalvertrag eingehalten werden könne und um
die Konnexität zwischen Aufgabenzuweisung und Finanzausstattung zu wahren. Leistungsverbesserungen ohne zusätzliches Geld könne es nicht geben.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) (Herr Dr. Adamy) kritisiert die fehlende Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln durch den Bund. Der Bedarf zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen sei gegeben. Er warnt davor Länder, Kommunen
und Sozialversicherung gegeneinander auszuspielen. Der Bund habe sich in der Vergangenheit auf Kosten der Sozialversichertengemeinschaft finanziell saniert. Die Kosten für
die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen seien gesamtgesellschaftlich und müssten
vom Bund getragen werden.
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband(DBSV) (Herr Bethke) kritisiert,
dass durch die Nachricht des BMF die umfangreichen Bemühungen aller Beteiligten den
Gesamtprozess im Sinne der Menschen mit Behinderungen positiv zu gestalten, konterkariert werden. Diese Nachricht vor Abschluss des Beteiligungsprozesses zu übermitteln
zeuge von einem schlechten Politikstil und führe zu einem Glaubwürdigkeitsverlust. Die
UN-BRK müsse umgesetzt werden, wobei unklar sei, wie sich die Umsetzung finanziell
auswirken wird. Finanzielle Spielräume würden durch die Abkopplung der kommunalen
Entlastung wegbrechen.
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Der Deutsche Städtetag (DST) (Frau Göppert) erklärt, dass eine Entlastung der Städte
von den Sozialausgaben dringend notwendig ist. Gerade die Ausgaben für die Eingliederungshilfe würden ohne Reform weiter rasant wachsen. Dementsprechend würde die
kommunale Entlastung um 5 Mrd. Euro bald wieder aufgezehrt sein. Sollte sich der Bund
nicht finanziell an den Ausgaben der Eingliederungshilfe beteiligen, gebe es keine Spielräume für Leistungsverbesserungen.
Frau PSt’in Lösekrug-Möller erklärt, dass der Beteiligungsprozess in der Arbeitsgruppe
keine politische Entscheidung ersetzen oder garantieren kann. Er könne aber sehr wohl
bessere Voraussetzungen für die politischen Entscheidungen schaffen. Dies gelte unabhängig vom Transferweg der kommunalen Entlastung. Der Reformbedarf ergebe sich aus
der UN-BRK, den prognostizierten Kostensteigerungen und den in der Arbeitsgruppe aufgearbeiteten Zuständigkeits- und Schnittstellenproblematiken. Niemand bestreite, dass
das Bundesteilhabegesetz ein wesentliches Projekt dieser Legislaturperiode ist. Die kommunale Entlastung sei nie das „Handgeld“ der Reform gewesen. Es gebe keinen Beschluss, der beinhaltet, dass es für notwendige Reformschritte keine zusätzlichen Mittel
gebe. Man stehe im Moment am Ende des Beteiligungs- und am Anfang des Gesetzgebungsprozesses. Im Gesetzgebungsprozess werde sich ergeben, wie die Reform finanziell untermauert wird.
Der Deutsche Landkreistag (DLT) (Frau Dr. Vorholz) hinterfragt die vorgetragene Kritik
der Arbeitsgruppenmitglieder an der Unterrichtung des BMF, wonach keine Vorsorge für
zusätzliche Reformausgaben im Haushaltsplan getroffen wurde. Dies sei aber von der Arbeitsgruppen auf ihrer ersten Sitzung auch als gemeinsames Ziel („keine neue Ausgabendynamik“) vereinbart worden. Er begrüßt die vom BMF angekündigte zusätzliche kommunale Entlastung im Jahr 2017. Des Weiteren begrüßt er die Abkopplung der kommunalen
Entlastung von der Eingliederungshilfe auch ab dem Jahr 2018. Der Entlastungsweg über
die Eingliederungshilfe würde in vielen Ländern nicht direkt zu einer Entlastung der Kommunen führen und wäre somit nicht adäquat. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte NettoEntlastung der Kommunen um 5 Mrd. Euro jährlich dürfe nicht durch zusätzliche Sozialausgaben aufgezehrt werden. Wenn man den Fiskalpakt ernst nehme, müssen allen
staatlichen Ebenen in den Blick genommen werden.
Hamburg (Herr Scheele) unterstützt die Aussagen zur Notwendigkeit der Umsetzung der
UN-BRK. Die im bisherigen Prozess geweckten Erwartungen müssten von der Politik ge-
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deckt werden. Man brauche ein Gesetz, dass die strukturell bedingten Ausgabenaufwüchse durch steuernde Eingriffe insbesondere im Vertragsrecht bremst. Mit der Einführung eines Bundesteilhabegeldes hätte man ein steuerndes Element, da die Betroffenen
sich ihre Leistungsanbieter selbst auswählen könnten. Das Bundesteilhabegeld könne
z.B. durch ein Rahmengesetz des Bundes, was durch Ausführungsgesetze der Länder
unterlegt wird, verankert werden. Die Arbeitsgruppe und insbesondere der Bund müssten
nun ihre Vorstellungen für ein realistisches Bundesteilhabegesetz offenlegen. Dabei
könne man nicht erwarten, dass man sich auf Mehrausgaben verständigt, ohne leistungsrechtlich steuernde Elemente zur Verminderung der derzeitigen Kostendynamik zu verankern.
Frau PSt’in Lösekrug-Möller erklärt, dass der Beteiligungsprozess nicht darauf abziele
am Ende einen abgestimmten Gesetzentwurf vorzulegen. Es gehe vielmehr darum Wege
und Lösungsmöglichkeiten zu beschreiben. Die Abwägung von Inhalten des Bundesteilhabegesetzes sei dann Teil der Gesetzgebungsarbeit.
Bremen (Herr Frehe) erklärt, dass sich die ASMK einstimmig für die im Koalitionsvertrag
verankerte Kopplung von Eingliederungshilfe und Finanzen ausgesprochen habe. Nach
dem Model der ASMK sollte die kommunale Entlastung durch eine Bundesteilhabegeld
(3,4 Mrd. Euro) und den Wegfall des § 43a SGB XI (bis zu 1,6 Mrd. Euro) generiert werden. Bremen werde sich im Rot-Grünen Länderkreis dafür stark machen, einer Entkopplung der kommunalen Entlastung von der Reform nicht zuzustimmen. Das Ziel, die Träger
der Eingliederungshilfe zu entlasten, kann bei einem Entlastungsweg außerhalb der Eingliederungshilfe nur dort erreicht werden, wo die Kommunen alleiniger Finanzier dieser
Leistung sind. In der Mehrzahl der Länder sei dies nicht der Fall, da dort überörtliche Träger bzw. die Länder die Leistungen tragen.
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland(ISL) (Frau Dr.
Arnade) sagt voraus, dass die Regierung ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommt, wenn
Sie den kürzlich verabschiedeten Koalitionsvertrag an dieser Stelle bricht. Wenn man den
Koalitionsvertrag bei der kommunalen Entlastung nicht einhalte, könne dies auch bei der
Verabredung „keine neue Ausgabendynamik“ geschehen. Die UN-BRK sei seit sechs
Jahren in Kraft. Bisher sei noch nichts Substanzielles passiert, um diese in nationales
Recht umzusetzen. Deutschland dürfe sich beim Genfer Ausschuss nicht länger hinter
dem Progressionsvorbehalt verstecken, der ausdrücklich nicht für reiche Länder wie
Deutschland vorgesehen sei. Die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen
dürften nicht unter Kostenvorbehalt gestellt werden.
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Der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen(bvkm) (Herr
Müller-Fehling) geht davon aus, dass sich mit der Entkopplung der kommunalen Entlastung die Geschäftsgrundlage für das dringend notwendige Bundesteilhabegesetze verändert. Der Kostendruck bei den Trägern der Eingliederungshilfe bestehe unverändert fort.
Die Menschen mit Behinderungen gingen mit dem Reformprozess hinsichtlich der vorgesehenen Personenzentrierung durchaus auch ein Risiko ein, da das einrichtungszentrierte
System zwar Schwachstellen habe aber grundsätzlich funktioniere.
Die Konferenz der Fachverbände für Menschen mit Behinderungen(Fachverbände)
(Herr Conty) erklärt, dass sie bisher davon ausgegangen ist, dass notwendige Leistungsverbesserungen zur Umsetzung der UN-BRK vom Koalitionsvertrag - trotz der Aussage
„keine neue Ausgabendynamik“ - umfasst sind. Das Bundesteilhabegesetz müsse dafür
sorge tragen, dass das gegliederte System der Leistungserbringung auch für behinderte
Menschen gelte. Damit einhergehende Kostenverschiebungen in Richtung der Sozialversicherungen dürften nicht dem Grundsatz der Kostenneutralität unterliegen. Sie schätzt
die Kosten der diskutierten Leistungsverbesserungen auf rund 1 Mrd. Euro. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Fallkosten der Eingliederungshilfe seit 1994 gesunken sind. Der pauschale Vorwurf, die Eingliederungshilfe werde immer teurer, sei bei dieser Betrachtungsweis nicht zutreffend.
Die Bundesvereinigung der Landesarbeitsgemeinschaften der Werkstatträte(Herr
Barth) berichtet, dass sich der Kostendruck im System auf die Löhne der Werkstattbeschäftigten in der Vergangenheit negativ ausgewirkt hat. Teilweise wurden die Löhne um
bis zu 20 Prozent reduziert. Gleichzeitig werde immer mehr Wert darauf gelegt, dass die
Leistungserbringung der Werkstattbeschäftigten möglichst nahe dem ersten Arbeitsmarkt
ist. Diese Entwicklungen müssten korrigiert werden.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) (Frau Tietz) führt aus, dass die kommunale
Entlastung bisher als die alle Beteiligten antreibende Prozesskomponente wahrgenommen wurde. Wenn diese Komponente nun wegfalle, bestehe die Gefahr, dass die „Fliehkräfte“ größer werden. Er sieht die Gefahr, dass nun nur noch die Reformelemente umgesetzt werden, die bisher von Seiten des DBR eher notgedrungen mitgetragen wurden, um
Leistungsverbesserungen zu generieren; die Leistungsverbesserungen selbst aber auf
der Strecke bleiben.
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Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände(BDA) (Frau Ramb) geht
davon aus, dass die kommunale Entlastung durch den Bund und nicht durch die Sozialversicherungsträger erfolgen wird. Für sie seien die personenzentrierte Zuordnung von
Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen und der verbesserte Zugang von
Menschen mit Behinderungen in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wichtige
Reformelemente. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Ausgaben für Betroffene könne
nicht von einem Finanzierungsvorbehalt der Leistungen für Menschen mit Behinderungen
gesprochen werden. Es fehle noch an Hinweisen, wie Kosten minimiert werden können,
indem man die Leistungen effizienter und effektiver erbringt, insbesondere durch ein deutlich verbessertes Zusammenspiel der Akteure im Reha-System.
Die BAGüS (Herr Münning) begrüßt die zurückhaltende Rolle des BMAS in der Beteiligungsphase. Regierungsintern müsse das BMAS aber eine klare Linie verfolgen. Die aktuelle Finanzierungssituation erfordere kluge Lösungen und Kompromisse, die man gemeinsam in der Arbeitsgruppe erarbeiten könne. Ziel müsse es sein, Inklusion weitestgehend zu ermöglichen und Sondersysteme abzuschaffen.
Das Saarland (Herr Kolling) ist verärgert über die Entscheidung, dass die kommunale
Entlastung von der Reform entkoppelt werden soll. Das Saarland, das als Haushaltsnotlagenland die Eingliederungshilfe überörtlich erbringe, werde ohne finanzielle Unterstützung
keine Leistungsverbesserungen umsetzen können. Schon jetzt müssten jährliche Kostensteigerungen von fünf bis zehn Prozent im Haushalt verkraftet werden. Die Verbesserung
der Effizienz des Systems werde nicht zu Einsparungen, sondern nur zur Verminderung
der Ausgabenaufwüchse führen.
Das BMF (Herr Dr. Gerhardt) erklärt, dass das Bundesteilhabegesetz natürlich eine zentrale Aufgabe für diese Legislaturperiode ist und dementsprechend auch weiter vorangebracht wird. Für das BMF sei es wichtig gewesen, die aktuellen Entwicklungen zur Entkopplung im Beteiligungsverfahren zeitnah diesem Gremium bekannt zu geben. Im nun
folgenden Gesetzgebungsverfahren müssten die verschieden diskutierten Vorschläge priorisiert und mit einer Wirkungs- und Zielorientierung verknüpft werden.
Frau PSt’in Lösekrug-Möller schlägt vor, die Erörterung des Tagesordnungspunktes mit
dieser Grundsatzdebatte abzuschließen. Das Arbeitspapier müsse nicht gesondert behandelt werden und sollte im Nachgang auch einen entsprechenden Hinweis bekommen.
Sollte es noch Hinweise zum Papier geben, können dies dem BMAS übermittelt werden.
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Grundsätzlich bleibe festzuhalten, dass weder die fachlichen noch die finanziellen Entscheidungsprozesse abschlossen sind. Es bleibe abzuwarten, was die Politik letztlich entscheiden wird.
Die AG schließt sich dem vorgenannten Verfahrensvorschlag von Frau PSt’in LösekrugMöller an.
TOP 1 + 4 – Finanzielle Bewertung der vorgeschlagenen Maßnahmen + „Finanzierungstableau“
Frau PSt’in Lösekrug-Möller ruft das Arbeitspapier zum Thema Finanztableau auf, das
die Ergebnisse der Unterarbeitsgruppe Statistik und Quantifizierung (UAG SQ) beinhaltet.
Einleitend bedankt sich Frau PSt’in Lösekrug-Möller bei allen Mitwirkenden der UAG SQ,
die sehr umfangreiche Berechnungen für die AG durchgeführt und zu diesem Zweck sehr
intensiv gearbeitet habe.
Das BMAS (Herr Eitenmüller) führt zunächst in die Struktur des Arbeitspapiers ein, das
insgesamt 13 Anlagen mit thematisch geordneten Berechnungen umfasst. Er stellt die Arbeitsweise und Zusammensetzung der UAG SQ vor. Die UAG SQ habe nicht den Auftrag
einer politischen oder rechtlichen Bewertung von Handlungsoptionen der AG erhalten,
sondern sie habe ausschließlich das von der AG übertragene Mandat zur Quantifizierung
wahrgenommen.
In methodischer Hinsicht weist Herr Eitenmüller darauf hin, dass die Ergebnisse der UAG
SQ nur im sachlichen Zusammenhang mit den zugrunde gelegten Annahmen betrachtet
werden können. Auch aus diesem Grund umfasse das Arbeitspapier keine rein zahlenmäßige Zusammenstellung.
Frau PSt’in Lösekrug-Möller eröffnet der AG die Möglichkeit, grundsätzliche Fragen
zum Aufbau und zur Zielrichtung des Papiers an Herrn Eitenmüller zu richten.
Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen(Frau
Bentele) fragt nach der in den Berechnungen durchgeführten Gewichtung von Berechnungen für einzelne Zeiträume, insbesondere Prognosen. DasBMAS (Frau Buck) erläutert,
dass diese Gewichtung dem zugrundeliegenden Gutachten zur Verbesserung der Datenlage in der Eingliederungshilfe (con_sens) entnommen wurde.
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Der DST (Frau Göppert) hält eine tabellarische Darstellung der Berechnungsergebnisse
für sachlich geboten und für deren angestrebte Weiterverwendung im beginnenden politischen Diskurs für naheliegend. Die Berechnungen sollten zu diesem Zweck auch durchgängig danach eingeordnet werden, auf welcher staatlichen Ebene die Mehr- oder Minderausgaben entstehen.
Das BMAS (Herr Eitenmüller) stellt hierzu klar, dass eine tragfähige Gesamtschau der finanziellen Auswirkungen des Reformvorhabens Bundesteilhabegesetz im Sinne einer Gesetzesfolgenabschätzung voraussetze, dass zuvor überhaupt eine Entscheidung über die
Umsetzung von einzelnen Handlungsoptionen getroffen wurde. Die vorliegende Zusammenstellung von Kurzpapieren biete einen vorläufigen Überblick über Einflussfaktoren und
mögliche Kostenfolgen einer großen Bandbreite von Gestaltungsvarianten, ohne dass
dies die Genauigkeit einer Gesetzesfolgenabschätzung ersetzen könne.
Der DLT (Frau Dr. Vorholz) bedankt sich für die gute und sachorientierte Zusammenarbeit
in der UAG SQ. Aufgrund der vom DST (Frau Göppert) angesprochenen und vom DLT
ebenso gesehenen Notwendigkeit eines übersichtlichen Finanztableaus, hat der DLT dieses auf Grundlage der UAG-Berechnungen selbst erstellt. Frau Dr. Vorholz bietet der Arbeitsgruppe an, das erstellte Finanztableau, das nach den betroffenen Kostenträgern unterscheidet, bei Interesse zur Verfügung zu stellen.
Der DLT (Frau Dr. Vorholz) regt darüber hinaus an, der Arbeitsgruppe die in der UAG SQ
erstellten und abgestimmten Langfassungen zu den einzelnen Berechnungen bereitzustellen, damit die von der UAG SQ verwendeten Annahmen und Datengrundlagen besser
nachvollzogen werden können. Frau PSt’in Lösekrug-Möller stellt zu diesem Vorschlag
eine Prüfung in Aussicht.
Die BAGFW (Herr Prof. Dr. Cremer) dankt ebenfalls der UAG SQ für die vorgelegten Berechnungen. Die Arbeitsgruppe komme jedoch an ihre Grenzen, wenn es um eine Gesamtdarstellung von Finanzwirkungen eines Gesetzes gehe, dessen Inhalte noch gar
nicht feststehen. Vielmehr sei der Vorteil der Berechnungen in einem Gewinn an Transparenz zu sehen, weil nunmehr einzelne „Hausnummern“ für bestimmte Handlungsoptionen
verfügbar seien. Dies betreffe z.B. die Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit der
Fachleistungen der Eingliederungshilfe.
Der GKV-Spitzenverband (Herr Dumeier) erachtet die Berechnungen der UAG SQ als
eine nützliche Orientierungshilfe, die jedoch lediglich als eine vorläufige Momentaufnahme
zu verstehen sei. Die Zahlen unterlägen einer beachtlichen Dynamik. So deutet sich z.B.
bei den Ausgaben in der häuslichen Krankenpflege im Vergleich zu den in der UAG SQ
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verwendeten amtlichen Zahlen bereits eine Kostensteigerung von 10 % an. Darüber hinaus wirken sich Veränderungen in der Rechtsprechung nochmals kostensteigernd aus.
Bei der Verwendung der Berechnungen müsse diese Dynamik mit einbezogen werden.
Frau PSt’in Lösekrug-Möller dankt der AG für die ersten Einschätzungen und leitet über
zu den einzelnen Berechnungsvorlagen der UAG SQ, die der AG als Anlagen zum Arbeitspapier vorliegen.
BMAS (Herr Eitenmüller) ruft die einzelnen Anlagen auf und führt in diese jeweils ein.
 Anlage 1 - Abgrenzung Fachleistung zu existenzsichernden Leistungen:
Bremen (Herr Frehe) fragt, weshalb die zugrunde gelegte Anzahl der Leistungsempfänger bei der Hilfe zum Lebensunterhalt größer sei als die Anzahl der Leistungsempfänger in der Grundsicherung. Die Zahl müsse aufgrund der vollen Erwerbsminderung etwa deckungsgleich sein.
BMAS (Frau Buck) erläutert, dass die Anzahl der Leistungsempfänger in der Hilfe
zum Lebensunterhalt aufgrund der Reihenfolge der Einkommensanrechnung auf
die unterschiedlichen Sozialleistungen rechnerisch immer größer sei. Es gebe
demnach Menschen mit Behinderungen, die Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel SGB XII erhalten und zusätzlich Menschen mit Behinderungen, die nur Hilfe
zum Lebensunterhalt empfangen, weil infolge der Einkommensanrechnung kein
Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
bestehe.
 Anlage 2 - Unabhängige Beratung
Hamburg (Herr Senator Scheele) bittet um eine Erläuterung für die relativ große
Spannbreite der möglichen Kostenfolgen. DieBAGFW (Herr Hesse) schließt sich
der Frage an und verweist darauf, dass die Kosten der Beratungserbringer nicht in
so großem Umfang abweichen dürften.
Bremen (Herr Frehe) verweist darauf, dass bei einer gut funktionierenden Leistungserbringung die Inanspruchnahme eher geringer sei.
Die BAGFW (Herr Prof. Dr. Cremer) bittet um Berücksichtigung, dass eine
100%ige Inanspruchnahme nur ein „Worst-case-Szenario“ für das erste Einführungsjahr sein könne.
Diese Berechnungsannahme müsse im Übrigen nach Ansicht derLebenshilfe
(Frau Prof. Dr. Nicklas-Faust) und des SoVD (Frau Tietz) im Kurzpapier auch so
gekennzeichnet werden.
BMAS (Frau Buck) weist auf die unterschiedlichen denkbaren Erbringungswege
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hin. Die Personalkosten wären im Falle einer Beratung durch Personal des Leistungsträgers am niedrigsten, und bei Inanspruchnahme Dritter im Wege eines Gutscheins am höchsten. Als einheitliche Berechnungsgrundlage wurde eine Inanspruchnahme durch alle anspruchsberechtigen Menschen unterstellt.
BMAS (Herr Eitenmüller) stellt klar, dass die Verwendung einer Spannbreite von
Kostenfolgen gerade dazu diente, mehrere Varianten der Ausgestaltung darstellen
zu können.
 Anlage 3 - Teilhabe am Arbeitsleben
Die Konferenz der Fachverbände (Herr Conty) spricht das im Papier dargestellte
Verhältnis von möglichen Mehr- und Minderausgaben eines „Budgets für Arbeit“
an und fragt, inwieweit hierbei Steuerungseffekte zu einer Kostenneutralität beitragen könnten.
Bremen (Herr Frehe) bittet zu dem gleichen Punkt um Information, warum die
Spannbreite der Mehrausgaben höher angesetzt wurde als die Spannbreite der
Minderausgaben.
BMAS (Herr Dr. Schadendorf) erläutert, dass Minderausgaben aus den im Verhältnis zum Werkstattaufenthalt geringeren Förderbeträgen für das Arbeitsverhältnis zu erwarten seien. Mehrausgaben in größerem Umfang seien zu erwarten aufgrund der größeren Bereitschaft insbesondere von psychisch erkrankten Menschen, eine Förderung eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Anspruch zu nehmen als eine Werkstattbeschäftigung.
Nach Einschätzung von Hamburg (Herr Senator Scheele) sei mit der Option der
Zulassung alternativer Leistungsanbieter für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eher eine durch stärkeren Wettbewerb bedingte Kostensenkung zu erwarten.
Die BAGFW (Herr Prof. Dr. Cremer) hält dieser Einschätzung entgegen, dass bei
einer Marktöffnung für alternative Leistungsanbieter mehr Menschen geeignete
Angebote finden könnten, obgleich diese Effekte nicht verlässlich zu quantifizieren
sei.
Aus Sicht von Rheinland-Pfalz (Herr Diehl) sei eine Kostenersparnis des Bundes
bei den Ausgaben für existenzsichernde Leistungen zu berücksichtigen, wie auch nach Einschätzung des BDA (Frau Ramb) - steuer- und versicherungsseitige
Mehreinnahmen durch ein Budget für Arbeit.
Bremen (Herr Frehe) weist zudem auf langfristige Effekte hin, wie z.B. die Senkung der Ausgaben im Bereich der existenzsichernden Fürsorgeleistungen infolge
der Stärkung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.
Hinsichtlich der Einbeziehung der Tagesstrukturierung in die Werkstattförderung
fragt Bremen (Herr Frehe), ob hier nur die Mehrkosten für die Rentenversicherung
quantifiziert wurden oder auch die Einsparungen durch verringerte Tagessätze in
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den Werkstätten gegengerechnet wurden.
BMAS (Herr Dr. Schadendorf) erläutert hierzu:
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Es ist zutreffend, dass bei der Einbeziehung der Tagesstrukturierung in die
WfbM lediglich die Mehrkosten der Rentenversicherung berechnet wurden.
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Ob und in welchem Umfang die Minderausgaben eines Budgets für Arbeit
(durch Verringerung der WfbM-Förderung) die möglichen Mehrausgaben
(durch größere Anzahl der Förderfälle) überwiegen, hängt von der Inanspruchnahmequote der leistungsberechtigen Menschen ab.
In allgemeiner Hinsicht führt BMAS (Herr Eitenmüller) aus, dass sich die UAG SQ
auf sachlich und zeitlich naheliegende Annahmen und Effekte beschränken
musste, um mit vertretbarem Aufwand zu Ergebnissen zu kommen.
 Anlage 4 - Soziale Teilhabe, einschl. Assistenzleistungen
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben(Frau Dr. Arnade) bittet um
Klarstellung im Kurzpapier, dass es nicht nur zu Mehrkosten, sondern auch zu
Minderausgaben bei einer Neustrukturierung der Leistungen der Sozialen Teilhabe
kommen könne. Diese Formulierung sei auch in der Langfassung enthalten.
 Anlage 5 - Bedürftigkeits(un)abhängigkeit der Fachleistungen
Auf Nachfrage des SoVD (Frau Tietz) und der Konferenz der Fachverbände
(Herr Conty) erläutert das BMAS (Herr Eitenmüller), dass bei der Berechnung der
finanziellen Auswirkungen die Einkommensverteilung der Gesamtbevölkerung zugrunde gelegt wurde. Belastbaren Kriterien für die Heranziehung einer abweichenden Einkommensverteilung waren nicht ermittelbar. Infolge einer Bedürftigkeitsunabhängigkeit würde insbesondere ein bislang nicht bekannter Personenkreis in
den Leistungsbezug eintreten, dessen Umfang derzeit nicht abschätzbar sei.
BMAS (Herr Dr. Schadendorf) weist auf Nachfrage vonBremen (Herr Frehe) zu
den Berechnungen für eine Bedürftigkeitsunabhängigkeit der Hilfe zur Pflege darauf hin, dass hierfür die Ausgaben von Privatpersonen für Pflegeleistungen, die in
der Gesundheitsausgabenrechnung des Statistischen Bundesamts geschätzt werden, herangezogen wurden.
 Anlage 6 - Pauschale Geldleistung, Bundesteilhabe-, Blinden- und Gehörlosengeld
Der bvkm (Herr Müller-Fehling) hinterfragt die Berechnungen zu dem vom bvkm
vorgelegten Modell für ein Bundesteilhabegeld für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die von UAG SQ zugrunde gelegte Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises sei nicht vom Modell des bvkm intendiert gewesen.
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Das BMAS (Herr Dr. Schadendorf) führt dazu aus, dass die Erweiterung des Personenkreises eine Frage des tatsächlichen Mehrzugangs von Personen sei, die
bisher weder in Werkstätten, noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig seien.
Nach Ansicht der UAG SQ würde durch das vorgeschlagene Bundesteilhabegeld
ein zusätzlicher Anreiz zur Arbeitsaufnahme und zur Inanspruchnahme der Förderung geschaffen. Jedoch sei in den Berechnungen der UAG SQ nur auf diesen zusätzlichen Personenkreis hingewiesen worden, ohne ihn in die finanziellen Auswirkungen einzubeziehen. Die Berechnungen der UAG SQ stützten sich ausschließlich auf den Modellvorschlag des bvkm.
Nach Ansicht des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands(Herr
Bethke) sollte die Berechnung nicht nur die Mehrkosten eines Bundesblindengeldes darstellen, sondern auch den Umfang der dadurch entfallen Leistungen und
Kosten auf Landesebene.
Das BMAS (Herr Dr. Schadendorf) stimmt dem Einwand von Herrn Bethke zu und
stellt klar, dass es sich hierbei nur eine Darstellungsfrage handelt. Im Kurzpapier
sei vereinfachend nur der verbleibende Mehrbetrag ausgewiesen, der sich aus der
Bilanz von Mehr- und Minderausgaben errechnet.
Auf Nachfrage von Frau PSt’in Lösekrug-Müller sagt Herr Eitenmüller eine Prüfung zu, ob die Formulierungen im Papier im Hinblick auf die Wortmeldungen in
der AG klarzustellen seien.
 Anlage 7 - Mögliche Änderungen im SGB IX
Keine Wortmeldungen aus der AG.
Anlage 8 - Leistungserbringungs- und Vertragsrecht SGB XII und SGB IX
Hamburg (Herr Gitschmann) merkt an, dass innerhalb der AG nicht alle von den
Ländern entwickelten Reformansätze diskutiert und quantifiziert worden seien, obgleich dies möglich gewesen sei, z.B. eine Preisbildung im unteren Drittel im Rahmen einer Vergleichsbetrachtung.
Die BAGFW (Herr Prof. Dr. Cremer) bittet Hamburg hierzu um nähere Erläuterung.
Nach Einschätzung von Hamburg (Herr Gitschmann) könne rechnerisch das Potenzial für eine Kostenersparnis ermittelt werden, wenn sich alle Leistungserbringer auf das untere Drittel zubewegen würden. Eine Darstellung dieses Einsparpotenzials durch die UAG SQ wäre wünschenswert gewesen.
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 Anlage 9 - Kinder- und Jugendhilfe, Große Lösung SGB VIII
Der DST (Frau Göppert) verweist auf eine Vielzahl von ungeklärten Umsetzungsfragen der Großen Lösung und den damit verbundenen möglichen Kostenfolgen;
dies sollte im Papier deutlicher herausgestellt werden.
Das BMAS (Frau Buck) verweist hierzu auf den im Kurzpapier jeweils enthaltenen
Hinweis, wonach in Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung nicht bezifferbare Mehrkosten entstehen könnten.
Auf die Einschätzung des DST (Göppert), dass dieser Hinweis zu allgemein gehalten sei, antwortet BMAS (Herr Eitenmüller), dass weitergehende Umsetzungsfragen zweifellos bestehen, jedoch eine abschließende Darstellung in den Kurzpapieren nicht leistbar sei.
Der DLT (Frau Dr. Vorholz) hält sowohl die Einschätzung des DST als auch die
des BMAS für zutreffend. In der Praxis sei trotz der recht allgemeinen gehaltenen
Formulierung im Papier bekannt, welche großen Umsetzungs- und Kostenrisiken
die Große Lösung verursachen könne.
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben(Frau Dr. Arnade) fordert im
Falle einer Betonung möglicher kommunaler Mehrausgaben ebenfalls einen Hinweis auf Potenziale zur Kostensenkung durch Schnittstellenreduzierungen.
Frau PSt‘in Lösekrug-Möller hält fest, dass seitens des BMAS geprüft wird, ob
im Papier zur Kinder- und Jugendhilfe Klarstellungen angezeigt sind.
 Anlage 10 - Inklusive Bildung, Kultusbereich
BMBF (Frau Dr. Bieber) fragt nach den Kriterien, die den Annahmen für die errechnete Kostenerhöhung von ca. 20 Mio. Euro im Falle der Erbringung von Bildungsleistungen durch ein Bundesleistungsgesetz zugrunde liegen.
Die BAGüS (Herr Münning) schließt sich der Frage an.
BMAS (Frau Buck) verweist auf die von der UAG SQ zugrunde gelegte Annahme
einer Verdoppelung der Anzahl der Leistungsempfänger durch ein mögliches Bundesleistungsgesetz für diesen Bereich.
Bremen (Herr Frehe) bittet um Klarstellung, welche leistungsrechtlichen Annahmen bei der Verschiebung der Kostenlast in Höhe 1,15 Mrd. Euro im Falle einer
Zuständigkeitsverlagerung für Inklusive Bildung getroffen wurden.
BMAS (Frau Buck) erläutert, dass diese Reformoption die leistungsrechtliche Ausgestaltung den Ländern überlässt und insofern - über die angenommene Kostenverlagerung hinaus - jeweils unterschiedliche Regelungen und Kostenfolgen denkbar wären, so wie im Papier beschrieben.
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 Anlage 11 - Gesetzliche Krankenversicherung (Häusliche Krankenpflege)
Keine Wortmeldungen aus der AG.
 Anlage 12 - Pflegeversicherung und Hilfe zur Pflege
Die BAGüS (Herr Münning) bittet um deutliche Unterscheidung zwischen dem bisherigen und einem möglichen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff.
BMAS (Herr Eitenmüller) verweist hierzu auf die tabellarische Gegenüberstellung
der möglichen Kostenfolgen, die zwischen bisherigem und neuem Pflegebedürftigkeitsbegriff differenziert.
bvkm (Herr Müller-Fehling) hält die verwendeten Berechnungsgrundlagen für aktualisierungsbedürftig.
BMG (Herr Dr. Schölkopf) bestätigt, dass im weiteren Prozess der Gesetzgebung
stets eine Aktualisierung der Berechnungen im Auge behalten werden müsse; die
jetzt verwendeten Zahlen seien auf dem letzten verfügbaren Stand.
BMAS (Herr Eitenmüller) verweist hierzu auf das Vorblatt des Arbeitspapiers, welches die methodische Herausforderung der permanenten Aktualisierung erläutert.
Der SoVD (Frau Tietz) fragt nach der Berechnungsgrundlage für die erwartete
Entlastung der Sozialhilfeträger um 600 - 700 Mio. Euro im Falle der Verlagerung
der Kosten für medizinische Behandlungspflege auf die GKV.
BMAS (Herr Dr. Schadendorf) erklärt hierzu: Ein Teil der Betroffenen sind Sozialhilfeempfänger. Bei diesen Betroffenen würde hauptsächlich die Sozialhilfe von
der Verlagerung der Kosten profitieren. In der Mehrheit der Fälle würden allerdings
die Pflegebedürftigen selbst entlastet werden.
 Anlage 13 - Verwaltungskosten
Keine Wortmeldungen aus der AG.
Bremen (Herr Frehe) sieht nach Erörterung aller Einzelthemen die Möglichkeit der Kostensenkung durch höhere Ambulantisierungsquoten nicht hinreichend abgebildet. So
seien die Fallkosten z.B. in Hamburg aufgrund der hohen Ambulantisierungsquote sehr
niedrig.
Die Konferenz der Fachverbände (Herr Conty) sieht dies als einen guten Beweis für die
bereits nach heutiger Rechtslage bestehenden Steuerungsmöglichkeiten in der Eingliederungshilfe.
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Die BAGüS (Herr Münning) berichtet, dass die Mehrkosten- und Minderausgabeneffekte
der Ambulantisierung bilanziert zu einer Kostensenkung führen. Hierzu hat dieBAGüS
eine Untersuchung durchgeführt, die zur Verfügung gestellt werden kann.
Nach Einschätzung von Frau PSt‘in Lösekrug-Möller sei es gerade einvernehmliche Arbeitsgrundlage der UAG SQ gewesen, nur diejenigen Handlungsoptionen zu quantifizieren, die die Arbeitsgruppe an die UAG SQ weitergeleitet hat. Hiermit schließtFrau PSt‘in
Lösekrug-Möller die Erörterung der einzelnen Anlagen ab und dankt der UAG SQ für die
im Auftrag der AG durchgeführten Berechnungen.
TOP 3 - Gegenfinanzierung Leistungsverbesserungen
BMAS (Herr Nellen) führt in das Arbeitspapier ein.Frau PSt’in Lösekrug-Möller eröffnet
die Diskussion zum Gesamtpapier.
Hamburg (Herr Gitschmann) hält eine Differenzierung für erforderlich zwischen Vorschlägen, die Menschen mit wesentlicher Behinderung im Sinne der Eingliederungshilfe betreffen und solchen, die sich auf schwerbehinderte Menschen beziehen. Der Auftrag der Arbeitsgruppe sei klar mit der Reform der Eingliederungshilfe verbunden und beziehe sich
nicht auf schwerbehinderte Menschen.
Der Sozialverband VdK Deutschland (Frau Mascher) und der SoVD (Frau Tietz) stimmen Hamburg zu, dass im Rahmen der Arbeitsgruppe nicht solche Gegenfinanzierungsvorschläge diskutiert werden sollten, die eine wesentlich größere Gruppe von Menschen
betreffen als diejenigen, die Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen. Dies betreffe
insbesondere die Streichung von Pauschbeträgen oder des Kindergeldes.
Der Vorschlag des Deutschen Vereins aus dem Jahr 2004 sei nach Auffassung der
BAGüS (Herr Münning) in sich schlüssig konzipiert gewesen.
Die BAGFW (Herr Hesse) führt den einführenden Hinweis von Herrn Nellen näher aus,
wonach der Vorschlag des Deutschen Vereins aus dem Jahr 2004, mit der Einführung eines bundesfinanzierten Teilhabegeld Kindergeldleistungen zu streichen, nicht mehr mit
den aktuell vorliegenden Überlegungen für ein Bundesteilhabegeld übereinstimmt.
Die Lebenshilfe (Frau Prof. Dr. Nicklas-Faust) sieht hier keine Kostenverlagerung, sondern eine bisher in der Praxis nicht umgesetzte Änderung des § 37 SGB V, der seit 2008
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die Inanspruchnahme von häuslicher Krankenpflege auch durch Menschen mit Behinderung an anderen geeigneten Orten regelt und sie somit anderen Versicherten gleichstellt.
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben(Frau Dr. Arnade) hätte es begrüßt,
wenn die Arbeitsgruppe konkrete Berechnungen zur Kosteneinsparung durch Senkung
der Verwaltungsausgaben durchgeführt hätte. Aus den Berechnungen der UAG SQ ergebe sich jedoch bereits eine Entlastung der Eingliederungshilfe um ca. 2,45 Mrd. Euro
alleine durch eine systemkonforme Leistungserbringung seitens der Kranken- und Pflegeversicherung (häusliche Krankenpflege, medizinischen Behandlungspflege und Pflegeleistungen - Anlagen 11 und 12). Vor allem im Hinblick auf die geleisteten Versicherungsbeiträge von Menschen mit Behinderungen sei es nicht hinnehmbar, von der Sozialversicherung auf einen nachrangigen Sozialhilfeträger verwiesen zu werden.
BMG (Herr Dr. Schölkopf) hält dieser Betrachtung ein anderes Verständnis von Gegenfinanzierungen entgegen, nach welchem Kostenverlagerungen auf einen anderen Träger
einen weitergehenden Gegenfinanzierungsvorschlag für den mehrbelasteten Träger notwendig machen.
Die Lebenshilfe (Frau Prof. Dr. Nicklas-Faust) sieht hier jedoch rechtssystematischen
Handlungsbedarf bei der Regelung von Pflegeleistungen (§ 43a SGB XI), die sachlich begründet seien und nicht den Charakter einer bloßen Kostenverlagerung haben.
Der BDA (Frau Ramb) plädiert dafür, die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den
Leistungsträgern anhand von sachorientierten Kriterien zu prüfen und zu diskutieren. Die
Kostentragung ist zwar eine Folge der Zuständigkeitszuordnung, sie kann aber keinesfalls
den Ausgangspunkt für eine Erörterung von Gegenfinanzierungen bilden. Potenziale für
eine kostengünstige Gesamtentwicklung des Leistungssystems ergäben sich durch eine
Aktivierung und Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Hierauf sollten Anstrengungen gerichtet werden, vor allem durch eine konsequente Umsetzung des bereits in der Arbeitsgruppe diskutierten Budgets für Arbeit.
Zum Themenbereich Pflegeversicherung richtet dieBAGüS (Herr Münning) den Appell an
das BMG, das Vorhaben Bundesteilhabegesetz proaktiv dafür zu nutzen, die längst anstehende Herausforderung der Stabilisierung des Systems der Pflege zu beantworten. Die im
Zusammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz in der AG herausgearbeiteten Spannungsfelder seien lediglich ein Beispiel für die zugrunde liegenden strukturellen und stets
aufwachsenden Handlungsbedarfe in der Pflegeversicherung.
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Bremen (Herr Frehe) geht auf den Vorschlag des Forums der behinderten Juristinnen
und Juristen ein, der gestaffelt nach dem Grad und der Form der Beeinträchtigung einen
Grundbetrag als neue Geldleistung beinhaltet und dafür die Pauschbeträge im Einkommensteuerrecht ablösen sollte, ergänzt durch weitere Gegenfinanzierungsansätze auf landesrechtlicher Ebene.
TOP 5 - Sonstiges
Frau PSt’in Lösekrug-Möller kündigt für die letzte Sitzung der Arbeitsgruppe am 14. April 2015 eine längere Sitzungsdauer von ca. 30 Minuten an, um eine Verabschiedung der
Arbeitsgruppe zu ermöglichen.
Zur Vorbereitung dieser 9. Sitzung erinnertFrau PSt’in Lösekrug-Möller an die bereits
geäußerte Bitte um Zulieferung von Beitragen für den Abschlussbericht der AG:
Für die Erstellung des Abschlussberichts besteht die Gelegenheit, Stellungnahmen an die PG BTHG zu übermitteln. Die Frist hierfür ist der 2. April 2015 (Donnerstag vor Ostern).
Die Stellungnahmen sollten idealerweise nach „Bänken“ abgegeben werden, damit Positionen gut erkennbar werden. Im Interesse der Einheitlichkeit und Lesbarkeit sollte die Stellungnahme einer „Bank“ sollte etwa drei Seiten lang sein
und auf folgende Punkte eingehen:
(1)
Knappes Statement zum Vorhaben „Bundesteilhabegesetz“.
(2)
Prioritätensetzung besonders wichtiger Reformziele.
(3)
Bewertung des gemeinsamen Arbeitsprozesses in der AG.
Die kommende und zugleich letzte Sitzung der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz findet statt am:
Dienstag, den 14. April 2015
10.30 Uhr bis 16.00 Uhr
BMAS Berlin, Raum K 1
(Eingang Mauerstraße 53, 10117 Berlin)