4 April 2015 / 49. Jahrgang Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“ POLIZEISPIEGEL Tarifrunde 2015 – Starker Auftritt, gut verhandelt Seite 20 < Fachteil: – Der Unfall mit dem Einkaufswagen – Freiheitsberaubung – E insatz von Bodycams Seite 10 < Einkommensrunde 2015 Endlich – Tarifabschluss geschafft! DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Dickes Paket – schweres Päckchen? Das Tarifergebnis für die Länder steht Von Werner Kasel, stellvertretender Bundesvorsitzender << Problem Zusatz versorgung gelöst Dabei war es gerade das Thema „Zusatzversorgung“, das die ganze Diskussion und letztlich den gesamten Verlauf der Ver handlungen über – nicht ge plante – vier Runden hinweg bestimmte. Dass angesichts < < Werner Kasel von Biometrie und Finanz marktsituation das Erfordernis zum Nachdenken besteht, war dabei nicht nur der kleinste ge meinsame Nenner, sondern auch der Ausgang von Gesprä chen zur Sicherung der Zusatz versorgung für die Zukunft seit mehreren Jahren. Dass aber in das Leistungssystem der Zu satzversorgung eingegriffen werden sollte, war eine einsei tige Arbeitgeberüberlegung und insofern außerordentlich problematisch. Dass dies dann noch in die Einkommensver handlungen für einen einzelnen Bereich einbezogen wurde (im merhin gehören auch der Bund und die Kommunen zu den Trä gern der VBL) und zwangswei se mit der Entwicklung im Ent geltbereich verknüpft wurde, war dann doch etwas ganz Neues. Dass dieser gordische Knoten durchschlagen werden konnte, war dann der bereits erwähnten beiderseitigen Kompromissfähigkeit geschul det: Den Gewerkschaften ist es gelungen, jegliche Eingriffe in das Leistungssystem der VBL abzuwehren. Angesichts der Ausgangslage ein Ergebnis, das nicht hoch genug eingestuft werden kann. Nicht mehr völlig zurückzuweisen war aber ein moderates Ansteigen des Ei genanteils an der Finanzierung. Das mag man als schweres Päckchen betrachten. Gleich wohl ist es gemessen an den zuvor drohenden Leistungsein schnitten aus gewerkschaftli cher Sicht als akzeptabel zu werten, zumal auch die Arbeit geber sich an der Zukunfts sicherung der Finanzierung Akzeptabel ist schließlich auch das Ergebnis der Einkommens verbesserungen für die verein barte Laufzeit von 24 Mona ten: Insgesamt 4,61 Prozent durchschnittliche lineare und damit tabellenwirksame Erhö hung, einschließlich einer sozi alen Komponente, bedeuten angesichts der wirtschaftli chen Rahmendaten eine echte Steigerung der Realeinkom men. Auch eine weitergehende Abkoppelung von der Tarifent wicklung bei Bund und Kom munen konnte damit vermie den werden. Das führte am Ende zu einer breiten Zustim mung aller an den Verhand lungen Beteiligten. Was bleibt, ist die Übertragung des Abschlusses zur Einkom mensverbesserung auf die Be amtinnen, Beamten, Versor gungsempfängerinnen und -empfänger in den Ländern. Bayern, Hamburg und Rhein land-Pfalz haben diese Absicht unmittelbar nach Verhand lungsende erklärt. Bis zum Re daktionsschluss dieses Beitrags haben sich noch keine weite ren Erkenntnisse dazu ergeben. Es ist daher zu hoffen, dass die übrigen Länder dem ohne Ein schränkungen und ohne Ta schenspielertricks folgen wer den. Randbemerkung: Das gilt im Übrigen in Gänze auch für das Land Hessen, das der TdL nicht angehört. Erst dann ist diese Einkommensrunde abge schlossen. Erst dann ist das di cke Paket wirklich geschnürt. > Polizeispiegel | April 2015 3 Leitartikel Mit dem Potsdamer Ergebnis vom 28. März ist es dann am Ende tatsächlich gelungen, die ses Gesamtpaket zu stemmen. Auf die Einzelheiten des Ab schlusses wird an anderer Stelle dieses POLIZEISPIEGELS detail liert eingegangen, weshalb ich mir dies an der Stelle erspare. Entscheidend für den Abschluss war der Einigungswille von Gewerkschaften und Arbeitge bern einerseits, aber anderer seits auch die Akzeptanz von beiderseitigen Grenzlinien. So war es letztlich die im Zusam menhang mit Tarifverhandlun gen stets geforderte Kompro missfähigkeit aller Beteiligten, die das jetzt erzielte Resultat zuließ. VBL beteiligen und so keine einseitige Belastung entsteht. Das gilt zunächst natürlich nur für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Aber die Signalwirkung auf Bund und Kommunen ist unübersehbar. Windmüller Es war mit den Forderungen und Erwartungen der Gewerk schaften ohnehin schon ein di ckes Paket, das in den Tarifver handlungen für die Länder zu bündeln war. Entgelterhöhun gen, Einstieg in die Tarifierung der Bezahlung angestellter Lehrerinnen und Lehrer, Auszu bildende, Tarifpflege und noch einiges andere. Und die Arbeit geber reicherten dieses dann noch um eine so nicht erwarte te Komponente „Zusatzversor gung VBL“ an. Das machte die Situation nicht leichter, zumal unsere Verhandlungspartner unmissverständlich erklärten, nur eine Gesamtlösung zu ak zeptieren. DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft 24. DPolG Bundeskongress tagt in Berlin DPolG im Internet: www.dpolg.de Ihre Meinung interessiert uns: [email protected] << DPolG Leitartikel: Dickes Paket – schweres Päckchen? Das Tarifergebnis für die Länder steht 3 << 24. DPolG Bundeskongress tagt in Berlin 4 << Gewalttätige Ausschreitungen bei Blockupy-Krawallen in Frankfurt 5 Rainer Wendt über die Kritik von Polizeiwissenschaftler Rafael Behr 6 << << << 18. Europäischer Polizeikongress in Berlin << Einkommensrunde 2015: Endlich – Tarifabschluss geschafft! 10 << Vernetzt, fachübergreifend, transparent: Die Zukunft der Deutschen Hochschule der Polizei 12 << Nadelöhr Rettungsgasse 14 << DPolG Bundesfrauenkonferenz tagte in Königswinter 16 << Verkehrssicherheitsberaterin der Polizei ausgezeichnet 16 << Urlaubsangebote/Arbeitsplatzbörse18 << Fachteil: – Das Kreuz: Der Unfall mit dem Einkaufswagen – Freiheitsberaubung durch Unterlassen durch den Wachhabenden oder Dienstgruppenleiter? –D atenschutzrechtliche Bewertung des Einsatzes von Bodycams In eigener Sache 4 8 20 21 22 << dbb << Einkommensrunde Länder 2015: Einigung auf Beamte übertragen 25 << Demos und Aktionen zur Einkommensrunde: Druck im Kessel 26 << Tarifeinheitsgesetz: Verfassungsbruch verhindern! 30 << Stromnetzausbau: Belastungsprobe für Mensch und Material 32 << Engagierte Personalvertreter weltweit 34 << Tarifeinheit: Mahnwache mit dbb jugend 38 << Führungspositionen: Bundestag beschließt Quote 39 << Energie-Vergleichsportale: Drum prüfe, wo sich Preise finden 40 << Mitgliederwerbeaktion 2014: dbb weiter im Aufwärtstrend 42 << Mitgliedsgewerkschaften44 << Kulisse: Das war gestern ... 47 << Impressum HERAUSGEBER DER POLIZEISPIEGEL-SEITEN: Bundesleitung der DEUTSCHEN POLIZEIGEWERKSCHAFT IM dbb (DPolG), Friedrichstr. 169/170, 10117 Berlin. 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Elementare Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung können nur bewahrt werden, wenn jemand sie schützt. Und das sind nicht in erster Linie selbst ernannte Bürgerrechtsoder Friedensbewegungen. Das sind vielmehr neben den politisch Verantwortlichen die in der täglichen Praxis dafür berufenen Behörden und rganisationen mit SicherO heitsaufgaben – allen voran die Polizei. Informationen rund um den Bundeskongress gibt es unter: >>www.dpolg.de/ bundeskongress >>Facebook „dpolg bundeskongress“ >>Twitter „#dpolg bundeskongress“ DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Gewalttätige Ausschreitungen bei Blockupy-Krawallen in Frankfurt +++ DPolG vor Ort +++ Gewalt scharf verurteilt +++ Betreuung der Einsatzkräfte +++ Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und von der Bundespolizei sicherten die Stadt an dem Tag. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) verurteilte die Gewaltakte scharf. Bundesvorsitzender Rainer Wendt äußerte sich gegenüber der Presse: „Die Heftigkeit der Ausschreitungen zeigt, dass sich die ge waltbereiten Demonstranten langfristig auf diesen Tag vor- DPolG NRW So etwas hat Frankfurt am Main noch nicht erlebt. Anlässlich der Eröffnung des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank (EZB) am 18. März 2015 kam es zu heftigen, gewalttätigen Ausschreitungen. Vermummte Gewalttäter attackierten Polizisten sogar mit ätzenden Flüssigkeiten, zündeten Streifenwagen an und bewarfen Geschäfte und öffent liche Haltestellen mit Steinen. Sogar Feuerwehrleute wurden bei Löscharbeiten bewusst an < < Mehrere Streifenwagen der Polizei wurden angezündet und gingen in Flammen auf. < < Die Einsatzkräfte der Polizei wurden von DPolG-Vertretern vor Ort betreut und versorgt – hier zum Beispiel von der DPolG Hamburg. ihrer Arbeit gehindert. Die Täter kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern Europas. Etwa 80 Polizistinnen und Polizisten wurden bei den Ausschreitungen verletzt. Der Einsatz der Polizei in Frankfurt war ein Großeinsatz. Um die 6 000 Polizistinnen und Polizisten unter anderem aus bereitet haben und bewusst Zerstörungen und verletzte Polizeibeamte in Kauf nehmen. Das Ausmaß der Gewalt hat in seiner Geballtheit eine neue Qualität erreicht. Angriffe mit Steinen und Böllern, mit ätzenden Flüssigkeiten, die Behinderung der notwendigen Arbeit von Rettungs kräften sind mehr als verachtenswert.“ In einem Kommentar für das Nachrichtenmagazin FOCUS schrieb der Bundesvorsitzende: „Der Einsatz war von der Polizei gut geplant, viele Gespräche im Vorfeld sollten deeskalieren. Aber gegen gewaltbereite Demonstranten, die aus etlichen europäischen Ländern anreisten, helfen solche Gespräche nicht. Deshalb schritten die Einsatzkräfte konsequent ein und nahmen Hunderte Chaoten fest, die Beweisführung wird aber, wie immer, schwierig sein. Alles in allem war der Einsatz trotzdem erfolgreich, die Veranstaltung in der EZB wurde geschützt, auch wenn bedau- erlicherweise Verletzungen von Einsatzkräften und Zerstörungen von Autos nicht zu verhindern waren. Marodierende Gruppen, die gut organisiert blitzschnell zuschlagen, sind zuweilen nur schwer zu stoppen. 5 Aktuelles Generalprobe für G7-Gipfel? Für manche Krawallmacher war dies vermutlich nur die Generalprobe für den G7-Gipfel im bayerischen Elmau, der noch schwerer zu schützen sein wird als die EZB in Frankfurt. Aber es sollte sich niemand wundern, die Polizei ist auch dort gut vorbereitet. Die Vorwürfe der Partei Die Linke und von Veranstaltern der Proteste gegen angeblich aggressive Polizei sind einfach nur dumm und absurd.“ < < 6 000 Polizisten aus Bund und Ländern waren am Tag der EZB-Eröffnung in Frankfurt im Einsatz. DPolG Hamburg DPolG Hamburg << > Polizeispiegel | April 2015 DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Gewaltausbruch in Frankfurt bei Blockupy-Demo Rainer Wendt über die Kritik von Polizeiwissenschaftler Rafael Behr An dieser Stelle hat er tatsächlich recht, auch wenn er in der Gesamtbetrachtung der Ereignisse wieder einmal zu falschen Ergebnissen kommt. Wenige Tage vor Frankfurt waren mehr als 140 Kolleginnen und Kollegen allein bei einem Fußballspiel in der Regionalliga in Berlin verletzt worden und in Stuttgart mussten sich Kollegen mit Warnschüssen aus einer akuten Lebensgefahr befreien, die Qualität ist also fast alltäglich geworden, auch wenn das gut geplante, ge zielte Vorgehen der Gruppen in Frankfurt einigermaßen überraschend war. macht denselben Fehler immer wieder, indem er die Schlägertrupps als Demonstranten bezeichnet, die von der Polizei erst zu ihrem Handeln provoziert wurden. Er fabuliert ja in „Zeit-Online“ auch darüber, dass sie sich „durch wechselseitige Gewalt hätten aufschaukeln lassen.“ Das ist natürlich völliger Unfug, denn diese Leute waren gut durch organisiert, die Angriffe gut geplant und vorbereitet, da hat sich nichts hochgeschaukelt, man war nach Frankfurt gekommen, um Gewalt aus zuüben, so einfach ist das. Dem hat die hessische Polizei eine breite Strategie der De eskalation entgegengesetzt. < < Die Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes in Frankfurt wurde von einem Großaufgebot der Polizei geschützt. Lange Zeit vor der Veranstal tung wurde immer wieder das Gespräch mit den Veranstal tern und den unterschiedli chen Gruppierungen gesucht. Warum eskalierte die Situati on trotzdem? Noch einmal zu Rafael Behr. Er wirft den Polizeigewerkschaf ten, aber auch Dir persönlich vor, die Demonstranten pau schal herabzuwürdigen. Am Vormittag habe ich in Frankfurt keine Demonstranten gesehen, sondern nur vermummte Kriminelle, die sich ausgetobt haben. Rafael Behr > Polizeispiegel | April 2015 N24 Aktuelles 6 Rafael Behr, der Polizeiforscher aus der Fachhochschule Ham burg, hat die Frage nach einer neuen Qualität der Gewalt verneint, hat er recht? DPolG Hamburg Mehr als 100 Kolleginnen und Kollegen wurden verletzt, als mehrere Gruppen gewalttätiger Randalierer gezielt Einsatzkräfte angriffen, Polizeifahrzeuge in Brand setzten und in der Bevölkerung Angst und Schrecken verbreiteten. Auch Einsatzkräfte der Feuerwehr wurden attackiert und Rettungssanitäter bei ihrer Arbeit massiv behindert. Die Sachschäden gehen in die Millionen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die meisten Bundestagsfraktionen zeigten sich entsetzt. POLIZEISPIEGEL sprach mit dem DPolGBundesvorsitzenden Rainer Wendt. < < Bundesvorsitzender Rainer Wendt kommentierte die Ereignisse in Frankfurt unter anderem bei N24. Das ist ja genau der Aspekt, den auch der Polizeiwissenschaftler Rafael Behr einfach nicht kapieren will. Es gibt keine Strategie der Deeskalation, wenn Kriminelle anreisen, um Straftaten zu begehen. Behr schiebt die Gewalt tatsächlich noch den Einsatzkräften in die Schuhe, wenn er behauptet, dass diese „von der Einsatzleitung nicht mehr beherrschbar“ seien, was genauso absurd ist, wie die von behaupteten Gewaltausbrüchen seitens der Polizei. Wer unsere Einsatzkräfte, übrigens Männer und Frauen sind das, als „KriegerMännlichkeiten“ bezeichnet, muss in der Gesamtdebatte auch nicht wirklich ernstgenommen werden. DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft 18. Europäischer Polizeikongress in Berlin Schnittstellen der Polizeiarbeit vor dem Hintergrund von Or ganisierter Kriminalität und die daraus folgende Koopera tion von Zoll und Polizei. Die rund 1 500 Teilnehmer des Kongresses aus über 50 Län dern widmeten sich mit einem weiteren Schwerpunkt den Folgen der Digitalisierung für den Einsatzalltag der Polizei. Ein Beispiel in dem Zusam Windmüller Unter dem Motto „Schnitt stellen der Sicherheitsarchi tektur. National, europäisch, global“ tagte der 18. Euro päische Polizeikongress am 24. und 25. Februar 2015 in Berlin. Thematisch konzen trierte sich der Kongress auf die Entwicklung des Schen gen-Raums, die Rolle eines zu sammenwachsenden Europas < < Der sächsische Staatsminister des Innern, Markus Ulbig (Mitte), am Stand der DPolG. Der stellvertretende DPolG-Bundesvorsitzende Wolfgang Ladebeck (links), Bundesvorsitzender Rainer Wendt (Zweiter von links) sowie Heike Maria Lau von JTI (Zweite von rechts) und der stellvertreten der Bundesvorsitzende Joachim Lenders (rechts) Windmüller Aktuelles 8 < < Das Interesse der Kongressbesucher sowie der Medienvertreter am DPolG-Stand war wie schon in den vergangenen Jahren groß. menhang ist das sogenannte „Predictive Policing“, das mit hilfe der Sammlung von Daten in einem bestimmten Wohn gebiet die Vorhersage von Ver brechen erleichtert. Darüber hinaus stand der Europäische Polizeikongress auch wieder im Zeichen der Nachwuchs gewinnung für die deutschen Sicherheitsbehörden. Eine prominent besetzte Jury, der der DPolG-Bundesvor sitzende angehört, verlieh erneut den „Zukunftspreis Polizeiarbeit“. Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaften diskutierten Rainer Wendt: „Aufgabenentlastung ist genauso wichtig wie mehr Personal!“ Schon beinahe traditionell trafen die Bundesvorsitzenden der drei Polizeigewerkschaften unter Moderation des Behör denspiegel-Chefredakteurs Uwe Proll zur Diskussion über sicherheitspolitische Themen aufeinander. Dabei hob DPolGVorsitzender Rainer Wendt her vor, dass die Gewerkschaften in der Pflicht seien, neben zusätz lichem Personal auch echte Aufgabenentlastung für die Po lizei zu fordern. Vor allem im > Polizeispiegel | April 2015 Straßenverkehr sei es möglich, Millionen von Arbeitsstunden besser einzusetzen, die jetzt noch für völlig überflüssige Arbeiten eingesetzt werden. Beispielhaft nannte Rainer Wendt drei Forderungen, die der Politik vorgetragen worden sind: << Halterhaftung Es ist schon fast skandalös zu nennen, dass zigtausende Kol leginnen und Kollegen täglich unterwegs sind, um die Ausre den von Fahrzeughaltern zu wi derlegen, die nach begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten angeben, nicht zu wissen, wer das Fahrzeug gefahren sei. Die sogenannte Halterhaftung in anderen europäischen Ländern, so Rainer Wendt, sei erheblich wirkungsvoller, verfassungs rechtlich machbar und schließe auch millionenfache Sanktions lücken. Mindestens die Verwal tungskosten sollten, wie im ru henden Verkehr auch, von den Haltern eingefordert werden. << Atemalkoholanalyse Die Einführung der Atemalko holanalyse auch im Strafbar keitsbereich bei folgenlosen Trunkenheitsfahrten ist schon seit Jahren Diskussionspunkt beim Verkehrsgerichtstag in Goslar. Vor wenigen Wochen erst hatte die DPolG-Bundes DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Begleitung Schwertransporte Seit einigen Jahren haben Innen- und Verkehrsminister die Notwendigkeit abgesprochen, die Verwaltungsvorschrift zu § 29 Abs. 3 der StVO dahinge- < < Diskussion über Polizei- und Sicherheitsfragen: Oliver Malchow (GdP-Bundesvorsitzender), Andre Schulz (BdK-Bundesvorsitzender), Uwe R. Proll (Moderator), Rainer Wendt (DPolG-Bundesvorsitzender) (von links) hend zu ändern, dass die Begleitung von Großraum- und Schwertransporten durch die Polizei nur noch dann erforderlich ist, wenn der Einsatz von privaten Begleitfahrzeugen („Verwaltungshelfer“) nicht ausreicht. Entsprechende Pilotprojekte sind seit Jahren erfolgreich abgeschlossen. ainer Wendt: „Der VerkehrsR minister muss jetzt handeln und darf diese Möglichkeit der Entlastung der Polizei nicht weiter verzögern!“ 26 200 Menschen kamen 2013 auf Europas Straßen ums Leben. „Das sind 72 Tote jeden Tag. Auch wenn die Zahl in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist, sie ist immer noch viel zu hoch. Jedes Opfer ist eines zu viel“, so die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Kirsten Lühmann, die am 24. Februar 2015 beim 18. Europäischen Polizeikongresses in Berlin für die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) ein Panel zur Verkehrssicherheit leitete. „Die Verkehrsteilnehmenden müssen zu einer größeren Regelkonformität gebracht werden. Es reicht aber nicht aus, auf plötzliche Einsicht zu hoffen. Eine sinnvolle Kombination aus neuer Technik und Einsatzkräften auf den Straßen ist vielversprechender“, erklärte Lühmann, die seit einem Jahr verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion ist. Ausdrücklich lobte Lühmann die erklärte Absicht der neuen EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc, Verkehrssicherheit zu einer Top-Priorität zu machen. Die Kommission will DPolG Polizeikongress fordert verstärkte Investitionen in Verkehrssicherheit und Infrastruktur < < Leitete engagiert das Panel zum Thema Verkehrssicherheit: Kirsten Lühmann (links). Professor Dieter Müller (Mitte) und Jörg Müller (Innen ministerium Niedersachsen) waren zwei der Referenten des Panels. die Zahl der jährlichen Verkehrstoten von 31 500 im Jahr 2010 auf unter 16 000 bis zum Ende des Jahrzehnts halbieren. „Das wird nur mit einer gemeinsamen europäischen Anstrengung gehen. Die bis herigen Fortschritte sind vielversprechend, doch ein Selbstläufer ist diese Entwicklung nicht“, so Lühmann. Eines der wirksamsten Mittel gegen unverantwortliches Verhalten der Verkehrsteilnehmenden sei noch immer die regelmäßige Kontrolle durch Polizeikräfte vor Ort. „Doch die Krise hat zu Personalabbau in vielen Mitgliedstaaten geführt. Mehr Sicherheit gibt es aber nicht zum Nulltarif.“ Deshalb müsse wieder mehr in den öffentli chen Dienst investiert werden, so die dbb Vize. << Investitionen dienen auch der Verkehrs sicherheit „Moderne Verkehrsüberwachung wie etwa die Section Control, der Einsatz von 9 v erbesserter Technik in Fahrzeugen und verbesserte Kon trollinstrumente für die Verkehrspolizei – es gibt viele erfolgsversprechende tech nische Neuerungen. Diese treffen allerdings häufig noch auf Hürden in der bisherigen Gesetzeslage, weil entsprechende Anwendungen bis vor Kurzem nicht denkbar und somit auch nicht vorgesehen waren“, sagte Lühmann. Hier sei künftig größere Flexibilität geboten. Zudem seien auch mehr In vestitionen in die Verkehrs infrastruktur dringend notwendig. „In einigen Ländern wird zu wenig in Straßen, Brücken und insgesamt in den Erhalt von Verkehrswegen investiert.“ Deutschland habe in den vergangenen Monaten erste wichtige Schritte gegen den Investitionsstau gemacht, müsse diesen Weg aber weitergehen. „Wenn nicht schnell gehandelt wird, könnten neue Gefahren für Verkehrsteilnehmende ent stehen“, warnte Lühmann. > Polizeispiegel | April 2015 Aktuelles << Windmüller leitung diese Frage auch mit Bundesjustizminister Heiko Maas erörtert. Jetzt hat die sächsische Staatsregierung ein Forschungsprojekt auf den Weg gebracht, mit dem das Vorhaben unterstützt werden soll; mit ersten Ergebnissen ist zum Jahresende zu rechnen. Rainer Wendt: „Zigtausende Blutproben wären entbehrlich!“ DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Einkommensrunde 2015 Am späten Abend des 28. März 2015 war es end lich soweit, dbb und Verdi einigten sich mit der Ta rifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) auf einen Tarifkompromiss. Mit einer Erhöhung der Entgelte um durchschnittlich 4,61 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren hält der öffentliche Dienst der Länder Anschluss an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung sowie an den Status bei Bund und Kommunen. Aufgrund der derzeit niedrigen Infla tion in unserem Land wird bei den Beschäftigten ein spürbarer Zugewinn zu verzeichnen sein. << Anne Oschatz Möglich wurde der Tarifab schluss in der vierten Verhand lungsrunde allerdings nur durch die massiven Proteste der Beschäftigten unter star ker Beteiligung der DPolG quer durch die Republik. „Ich bin sehr stolz auf meine Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Polizeigewerk schaft“, sagte der Bundestarif beauftragte Gerhard Vieth in Potsdam. „Von Schleswig- Holstein bis Bayern haben die Kolleginnen und Kollegen die Fahne der DPolG in groß < < „Warnstreik und Demonstration in Hamburg am 10. März 2015.“ < < „Bundesvorsitzender Rainer Wendt spricht zu den Teilnehmern der Protestkundgebung am 18. März in Potsdam.“ artiger Art und Weise hoch gehalten und sich an allen Warnstreiks und Protestver anstaltungen zahlreich be teiligt. Einfach toll!“ << Erste Bewertung Den Tarifabschluss bewertet Gerhard Vieth als einen tragba ren Kompromiss. „Man muss das Gesamtpaket, bestehend aus verschiedenen Komponen ten, betrachten, wenn man den Abschluss einordnen will. Die linearen Steigerungen der Entgelte können sich durchaus sehen lassen. Sie werden al lerdings durch die leichte Er höhung der Eigenbeiträge zur Zusatzversorgung ge schmälert. Es war uns aller dings wichtig, das Niveau der Zusatzversorgung für die < < „26. März 2015: Kundgebung und Demo in Neu-Ulm und Ulm ... > Polizeispiegel | April 2015 Beschäftigten zu halten, damit unsere Kolleginnen und Kolle gen vor allem in den unteren Entgeltgruppen auch im Ren tenalter finanziell über die Runden kommen können. Die Zugeständnisse, die wir bei der Zusatzversorgung gemacht haben, können wir den Kolle ginnen und Kollegen in den Dienststellen erklären. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Be schäftigten die Erhöhung der Eigenbeteiligung mittragen, weil dadurch das System auf hohem Niveau zukunftssicher gemacht wird.“ << Sonderzahlung Ost „Für die Beschäftigten in den neuen Bundesländern freut mich besonders, dass es endlich gelungen ist, die Jahressonder dbb Ralf Zwiebler Tarif 10 DPolG stark vertreten Windmüller Endlich – Tarifabschluss geschafft! < < ... und Stuttgart.“ Windmüller DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Windmüller < < „Die Zusatzversorgung spielte bei den Tarifverhandlungen eine wichtige Rolle.“ < < „Starke DPolG Beteiligung vor der entscheidenden Runde Ende März ... zahlung Ost an das Westniveau anzupassen. Auch wenn es in fünf kleinen Schritten geschieht, ist damit die letzte Lücke zwi schen den Bezahlungssystemen Ost und West geschlossen wor den“, sagte der Bundestarif beauftragte weiter. << Übernahme auf Beamte Einzelheiten zum Tarifab schluss ist den dbb Seiten im Innenteil zu entnehmen. Windmüller Mit dem Potsdamer Tarifergeb nis ist die Einkommensrunde 2015 aber noch nicht gänzlich abgeschlossen. Für den dbb und die Deutsche Polizeige werkschaft ist die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses auf die Beamtinnen und Beamten un verzichtbar. Mit dem modera ten Abschluss bleibt den Län derhaushalten noch genügend Spielraum, um dieses Ergebnis 1:1 auf die Beamten übertra gen zu können. < < ... Demonstration in Potsdam.“ > Polizeispiegel | April 2015 DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Gespräch zwischen dem neuen Präsidenten der Deutschen Hochschule der Polizei und der Deutschen Polizeigewerkschaft Vernetzt, fachübergreifend, transparent: Die Zukunft der Deutschen Hochschule der Polizei Rainer Wendt plädierte dafür, den wissenschaftlichen Blick auf Strukturen in der Polizei zu intensivieren. Ging es in den vergangenen Jahren in erster Linie um die Erforschung von polizeilichen Gruppenprozessen von „oben“, also aus Sicht der Führungsebene, so müsse nun der Blick von „unten“ in den Fokus rücken. Gruppen dynamische Prozesse in der Polizei bedürften mehr denn je der (sozial-)wissenschaftlichen Analyse, auch um möglichen Fehlentwicklungen vorzubeugen. Führungskräfte sollten für solche Fehlentwicklungen, wie zum Beispiel die Herausbildung von fragwürdigen identitätsstiftenden Verhaltensmustern, sensibilisiert werden. > Polizeispiegel | April 2015 << Immer wichtiger: Vernetztes Denken und Handeln Bundesvorsitzender Wendt und Professor Lange stimmten darin überein, dass die DHPol ein Ort sein muss, an dem über Polizeiund Sicherheitspolitik in ihrer Wechselwirkung mit gesellschaftlichen, politischen und technischen Entwicklungen gerungen und sich auseinander gesetzt werden muss. Der Prä sident der DHPol setzt deshalb viel stärker zusammenarbeiten und praxisübergreifend denken sollten. Vielversprechende Ansätze gibt es: So sei die Idee, integrative Verkehrskontrollen durchzuführen, die nicht nur auf Verkehrsdelikte schaut, sondern auch auf das Aufdecken krimineller Straftaten abzielt, zukunftsweisend. Das trifft umgekehrt für das „Predictive Policing“ zu, das neben der Vorhersage von Straftaten wie Wohnungseinbrüchen auch geeignet sei für die Voraussage DPolG Aktuelles 12 Um Aufgaben und Entwicklungsperspektiven der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) ging es bei einem Gespräch zwischen dem neuen Präsidenten der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol), Professor Hans-Jürgen Lange, und dem Bundesvorsitzenden der DPolG, Rainer Wendt, am 4. März 2015 in Berlin. Professor Lange betonte, dass er die Präsenz der DHPol in der Öffentlichkeit stärken will. Inhaltlich geht es bei der Hochschule darum, sie als Teil des Forschungs- und Wissenschaftssystems in Deutschland zu positionieren und sie zugleich als einzigartigen Ausbildungsort mit hoher Praxisverankerung für den Führungsnachwuchs der Polizei in Deutschland zu festigen. Das Gespräch mit den Polizeigewerkschaften ist Lange besonders wichtig, da sie als Multiplikatoren sowohl hin zu den Kolleginnen und Kollegen als auch in Politik, Medien und Gesellschaft f ungieren. < < Professor Hans-Jürgen Lange (DHPol-Präsident), Dr. Michaela Wendekamm (wissenschaftliche Referentin), Elisabeth Schnell (DPolG-Presse referentin), Rainer Wendt (DPolG-Bundesvorsitzender) (von links) innerhalb der Hochschule auf Strukturänderungen und plant inhaltliche Weiterentwicklungen. Ein Denken in Schubladen und abgegrenzten Fachgebieten sei nicht zielführend, so Lange. Vielmehr verlange die aktuelle Situation die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Prozessen und Anforderungen. Führungskräfte in der Polizei benötigen soziale und fachliche Kompetenzen, um in konkreten Situationen adäquat zu reagieren. Dazu gehört auch, die nötige Sensibilität und das Interesse für politische Fragen mitzubringen – nicht zu verwechseln mit parteipolitischer Festlegung. Wendt stimmte dem zu und ergänzte, dass die einzelnen polizeilichen Bereiche – Schutz-, Kriminal- und Verkehrspolizei – von Verkehrsunfallschwerpunkten, so Wendt. Ein Mehr an Kompetenzen und vernetztem Wissen sollte einhergehen mit einer umfassenden Aufgabenkritik der Polizei. Die DPolG hat in Bezug darauf Vorschläge unterbreitet, die von den politischen Entscheidungsträgern teilweise positiv aufgenommen wurden. Der Ersatz von richterlich angeordneten Blutproben nach folgenlosen Trunkenheitsfahren durch die beweissichere Atemalkohol analyse ist nur ein Beispiel dafür, wo die Polizei von zeitaufwendigen Aufgaben entlastet werden kann. Ein anderes ist die Begleitung von Schwerlasttransporten durch die Polizei, die ebenso gut private Dienstleister als so genannte Verwaltungshelfer erbringen können. << Vereinbarkeit von Familie und Beruf Weiteres Gesprächsthema war die bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium an der DHPol. Um der Entwicklung vorzubeugen, ein Klima an der Hochschule entstehen zu lassen, das alleinstehende Studierende begünstigt, gehören sowohl die Themen familienfreundliche Unterkunft als auch Vereinbarkeit von Familie und Studium auf die Tagesordnung, forderte der DPolG-Bundesvorsitzende. Präsident Lange berichtete von der Hochschuleigenen Kita als auch von der schon bestehenden Möglichkeit, Familienapartments zu beziehen. Das seien jedoch nur erste Schritte hin zu einem Kinder- und familienfreundlichen Studieren. Die Prüfungsordnung des Masterstudiengangs sieht zudem die Möglichkeit modifizierter Stu dienverläufe vor, um Kinder erziehung oder Pflegeverantwortung mit einem Studium an der DHPol in Einklang zu bringen. << Polizeitechnisches Institut Abschließend sprachen beide Seiten über die Zukunft des Polizeitechnischen Instituts (PTI), das bei der DHPol angesiedelt ist. Das PTI unterstützt und berät die Polizeien des Bundes und der Länder durch fachtechnische Stellungnahmen, Gutachten, Konzepte sowie technisch-taktische Anforderungen in den Bereichen Planung, Entwicklung und Realisierung polizeilicher Führungs- und Einsatzmittel. Sowohl personell als auch finanziell müsse es jedoch neu aufgestellt werden, so waren sich Lange und Wendt einig, um für künftige Anforderungen gerüstet zu sein. DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Nadelöhr Rettungsgasse von Stefan Pfeiffer, DPolG-Kommission Verkehr Aktuelles 14 Zwei Jahre nach der Einführung der Rettungsgasse in Österreich, die mit einer groß angelegten Werbekampagne begleitet wurde, sind die österreichischen Einsatzkräfte mit dem Ergebnis zufrieden. Das ergibt sich aus dem durch das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) beauftragten und durch das Kuratorium für Verkehrssicherheitsarbeit (KfV) erarbeiteten Evaluationsbericht. So nahm die Bekanntheit des Begriffs „Rettungsgasse“ von 73 auf 98 Prozent zu. Dies gilt auch für die subjektive Einschätzung der Befragten hinsichtlich ihres Wissens, was bei der Bildung einer Rettungsgasse zu tun ist. Kraftfahrzeugführer sind seit dem 1. Januar 2012 in Österreich verpflichtet, bei Staubildung oder stockendem Verkehr auf mehrspurigen Richtungsfahrbahnen eine Rettungs gasse zu bilden und das un abhängig davon, ob sich ein > Polizeispiegel | April 2015 Rettungsfahrzeug nähert oder nicht. Das Nichtbilden der Rettungsgasse wird mit bis zu 726 Euro geahndet. Wer dabei Einsatzfahrzeuge behindert, muss gar mit einer Sanktion von bis zu 2 180 Euro rechnen. Das rechtswidrige Befahren der Gasse wird ebenfalls empfindlich bestraft. Nicht verschweigen sollte man, dass es nach wie vor in Österreich Stimmen gibt, die der Einführung der Rettungsgasse kritisch gegenüberstehen und deren Nutzen anzweifeln. Doris Bures (SPÖ), die bis September 2014 Ministerin im BMVTI war, kommentierte das mit den Worten: „Es ist nicht so, dass die Rettungsgasse nicht funktioniert, sondern die Autofahrer bilden sie nicht.“ Interessanterweise wird von den Befürwortern der Rettungsgasse in Österreich immer wieder auf das funktionierende „System Rettungsgasse“ in Deutschland verwiesen. Nach übereinstimmenden ussagen deutscher HilfsorgaA nisationen funktioniert die Rettungsgasse im besten Fall schlecht, abhängig von Örtlichkeit und Tageszeit manchmal sogar gar nicht. In Deutschland gibt es diese Vorschrift bereits seit 1982, sie ist im § 11 Abs. 2 StVO geregelt: „Stockt der Verkehr auf Autobahnen und Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung, müssen Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen in der Mitte der Richtungsfahrbahn, bei Fahrbahnen mit drei Fahrstreifen für eine Richtung zwischen dem linken und dem mittleren Fahrstreifen, eine freie Gasse bilden.“ Daran hat man sich auch in Österreich orientiert. << Keine einheitliche Regelung in Europa Europaweit gibt es keine einheitlichen Regeln, wie die Rettungsgasse zu bilden ist. Und nur gerade mal eine Handvoll europäischer Länder haben sie verpflichtend eingeführt. Dies sind Deutschland, Österreich, Schweiz, Slowenien und Tschechien. Während die vier erstgenannten Länder gleiche Regeln zur Rettungsgassenbildung haben, muss in Tschechien die Rettungsgasse bei Richtungsfahrbahnen mit mehr als zwei Fahrstreifen zwischen dem mittleren und dem rechten Fahrstreifen gebildet werden. Berücksichtigt man die in Europa unterschiedlichen oder gar nicht vorhandenen Regelungslagen und die Vielzahl der Nationalitäten, die insbesondere auf deutschen Autobahnen unterwegs sind, ist es nicht verwunderlich, dass Hilfskräfte bei der Anfahrt zu Einsatzstellen auf zum Teil chaotische Zustände treffen. Beim Wahrnehmen von „Blauem Blinklicht“ und „Einsatzhorn“ völlig überforderte Verkehrsteilnehmer DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft ©Tim Mueller-Zitzke – fotolia.com < < Die Bildung von Rettungsgassen stellt Autofahrer immer wieder vor Herausforderungen. f ahren mal links, mal rechts oder bremsen unvermittelt und bleiben mitten auf der Fahrbahn stehen. Sobald das Einsatzfahrzeug vorbeigefahren ist, wird die Gasse oft wieder geschlossen. Insbesondere nachalarmierte Kräfte, wie beispielsweise THW-Einheiten oder BRK-Bereitschaften, werden mit auf der Fahrbahn umherlaufenden Schaulustigen und deren verlassenen Fahrzeugen konfrontiert, an denen nur mit großem Aufwand vorbeizukommen ist. Fahrzeuge ohne „Blaues Blinklicht“ wie Bergedienste, Gutachter oder Bestattungsunternehmer brauchen zum Durchkommen durch den Stau oftmals polizeiliche Begleitung, da die im Stau Stehenden ansonsten gelegentlich gar nicht oder nur sehr widerwillig Platz machen. Dann entscheidet sich doch mancher Polizeiführer vor Ort lieber dazu, längere Anfahrtswege der Hilfskräfte über Ausweichrouten in Kauf zu nehmen, um diese ab der nächsten Aus- beziehungsweise Einfahrt hinter der Einsatzstelle entgegen der Fahrtrichtung anfahren zu lassen. Wohlwissend, dass diese Entscheidung zur Gewährleistung der Sicherheit der Einsatzkräfte und Verkehrsteilnehmer zusätzliches Personal zur Sperrung von an der Anfahrtstrecke gelegenen Rasthöfen und Parkplätzen erfordert. Ein Einschreiten gegen Fehl verhalten im Zusammenhang mit der Rettungsgassenbildung unterbleibt dabei regelmäßig zugunsten der Erledigung dringlicherer Aufgaben zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit und die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Dazu gehört neben der Versorgung der Verletzten an der Einsatzstelle auch die schnelle Wiederherstellung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, die Auflösung des Staus und damit die Beseitigung der durch den Stau verursachten Gefahren, vor allem am Stauende. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob sich ein großer Aufwand bis hin zu einer durchaus möglichen Einstellung des Verfahrens vor Gericht lohnt, wenn die Zuwiderhandlung gegen die oben genannte deutsche Rettungsgassenvorschrift doch nur mit einem Verwarngeld in Höhe von 20 Euro belegt ist. Da ist ein staunender Blick nach Österreich durchaus berechtigt. Es zeigt sich wieder einmal, dass Deutschland im Hinblick auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr europaweit zu Recht als „Billigland“ gilt. _0K0AS_Debeka_Polizeispiegel_4_2015.pdf; s1; (210.00 x 109.00 mm); 04.Mar 2015 08:09:48; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien Die Österreicher haben es vorgemacht. Es kann nur funktionieren, wenn diese Thematik in Deutschland öffentlichkeitswirksam aufbereitet und bearbeitet wird. Man sollte sogar noch weiter gehen. In Zeiten offener Grenzen und internationalem Verkehr auf den europäischen Straßen sind länder übergreifende Regelungen und Lösungen zwingend. Dies stellen auch die Expertinnen und Experten des bereits angesprochenen österreichischen Evaluationsberichtes heraus. „Es wird eine EU-weite Vereinheitlichung des Systems ,Rettungsgasse‘ empfohlen, die langfristig anzustreben ist. Durch eine einheitliche Regelung können Missverständnisse bei ausländischen Lenker/ -innen reduziert werden.“ Funktionierende Rettungs gassen sparen wichtige Minuten bis zum Eintreffen der Hilfsorganisationen am Einsatzort und können so Leben retten. Dazu müssen aber alle Verkehrsteilnehmer, unabhängig davon aus welchem europäischen Land sie kommen, mit den Regeln zur Bildung einer Rettungsgasse vertraut sein und diese beherrschen. DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG Bundesfrauenkonferenz tagte in Königswinter Noch viel Arbeit auf dem Weg zur Gleichstellung lich. Bundesvorsitzender Rainer Wendt, der die Bundesleitung beim Seminar repräsentierte, sieht ebenfalls das Thema Gleichstellung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch nicht auf der politischen Zielgeraden. Es bleibe nach wie vor viel zu tun. DPolG << < < Die Teilnehmerinnen der DPolG Bundesfrauenkonferenz in Königswinter gemeinsam mit dem DPolG-Bundesvorsitzendem Rainer Wendt. Verabschiedung der Bundesfrauenbeauftragten Die Bundesfrauenvertretung verabschiedete und dankte ihren langjährigen Vertreterinnen Manuela Ganschow aus Berlin und Angela Ipsen aus Schleswig-Holstein. Beide haben die Arbeit der DPolG-Frauenvertretung über viele Jahre geprägt und mitgestaltet. Ein besonderer Dank und eine herzliche Verabschiedung galt Anke Bernhard, die beim bevorstehenden Bundeskongress nicht mehr für das Amt der Bundesfrauenbeauftragten kandidieren wird. Verkehrssicherheitsberaterin der Polizei ausgezeichnet Mit dem „ZNS-Preis für eine besondere Frau“ ehrt die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung Frauen, die nicht im Rampenlicht stehen. Die aber durch ihr tägliches Tun Außergewöhn liches leisten, sich für hirnverletzte Unfallopfer und die Prävention von Kopfverletzungen einsetzen. Preisträgerin 2015 ist Polizeihauptkommissarin Ellen Haase aus Gütersloh. Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung zeichnet sie für ihr außergewöhnliches Engagement im Bereich Prävention von Kopfverletzungen aus. Ellen Haase setzt sich seit vielen Jahren als Verkehrssicherheitsberaterin > Polizeispiegel | April 2015 der Polizei und bundesweit anerkannte Radhelm-Expertin für das Helmtragen beim Radfahren ein. Aber auch über ihre Dienstzeit hinaus engagiert sie sich leidenschaftlich für Fragen der Verkehrssicherheit und hat dabei besonders Kinder, Jugendliche und Senioren im Fokus. Seit dem Beginn ihrer Dienstzeit im Jahr 1977 hat die Gütersloher Polizistin und jetzige Opferschutzbe auftragte für Unfallopfer der Kreispolizeibehörde viele schwere Unfälle gesehen und sich mit den Schicksalen der Unfallopfer auseinandergesetzt. Ellen Haase ist über- ZNS Aktuelles 16 Mit den Themen Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Möglichkeiten, mithilfe des Steuerrechts Eltern- und Familienzeit positiv zu beeinflussen, befasste sich das Seminar der DPolG Bundesfrauenkonferenz, das vom 3. bis 5. März 2015 in Königswinter stattfand. Daniela Felix, Gesamtfrauenvertreterin der Polizei Berlin, referierte über die Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Polizei am Beispiel von Berlin. DPolG-Bundesfrauenbeauftragte Anke Bernhard erörterte neben familienpolitischen Themen auch die Chancen und Hindernisse, wenn Frauen Beruf und Ehrenamt unter einen Hut bekommen wollen. Dass die angesprochenen Probleme nicht nur in einem Bundesland vorkommen, sondern viele oder sogar alle Länder betreffen, wurde in den regen Diskussionen und Gesprächen der Teilnehmerinnen, die ihre Landesverbände vertraten, deut- < < ZNS-Präsidentin Dr. Kristina Schröder, MdB, überreicht den „ZNS-Preis für eine besondere Frau“ an Polizeihauptkommissarin Ellen Haase, Kreispolizeibehörde Gütersloh, Verkehrsunfallprävention/Opferschutz (VUP/O). zeugt und da stimmt sie mit der Auffassung der DPolG Kommission Verkehr überein, dass der selbstverantwortliche Schutz von Radfahrern, beispielsweise durch Helme und Reflektoren, viele Unfälle vermeiden hilft. „Ihr Engagement, ihre Kreativität und ihre erfolgreichen Konzepte sind bemerkenswert. Die konsequente Initiative, mit denen Ellen Haase Verkehrsteilnehmer jeden Alters für Unfallgefahren sensibilisiert, hat sicher vielen von ihnen schon das Leben gerettet“, so ZNS-Geschäftsführerin Helga Lüngen. DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Das Kreuz: Der Unfall mit dem Einkaufswagen Von Ewald Ternig1, Dozent für Verkehrsrecht und Verkehrslehre an der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz Der vollgeladene Einkaufswa gen kann schon mal Schwierig keiten bereiten, wenn man ihn zum Pkw schiebt. Die Steue rungsfähigkeit ist schon mal eingeschränkt. Probleme be reitet es ab und an auch, wenn man das Teil am Pkw abstellt, den Kofferraum öffnet und man den Wagen nicht mehr sieht, weil er sich selbstständig gemacht hat. Alles kein Pro blem bis … ein geparkter Pkw touchiert wird. 1 << Fachteil 20 Liegt nun ein Verkehrsunfall vor? Ein Verkehrsunfall ist jedes schädigende Ereignis im öffentlichen Straßenverkehr, das mit dessen Gefahren in ursächlichem Zusammenhang steht und bei dem ein nicht völlig belangloser Personen- oder Sachschaden entstanden ist. Dies könnte man für den oben genannten Fall annehmen. Gestritten wird schon mal, ob dies typische Gefahren des Straßenverkehrs sind. Das LG Düsseldorf2 hatte eine Entscheidung dazu getroffen. Nach einem Einkauf begab sich eine Dame mit zwei Einkaufswagen zum abgestellten Lkw. Beim Ausladen eines der Einkaufswagen machte sich der zweite selbstständig und rollte gegen den in der Parklücke gegenüber stehenden Pkw. An dem Fahrzeug entstand 1 Ewald Ternig, seit 1982 im Polizeidienst, an der Hochschule Polizei Dozent für Verkehrsrecht und Verkehrslehre, auch Referent beim Deutschen Anwaltsinstitut sowie Referent im Rahmen eines Masterstudienganges an der Hochschule Nürtingen-Geislingen und Referent beim Verkehrsgerichtstag 2015 2 6. Mai 2011, 29 Ns 3/11 Impressum: Redaktion: Jürgen Roos 53547 Roßbach Tel. + Fax: 02638.1463 [email protected] > Polizeispiegel | April 2015 ein Sachschaden von knapp 1 500 Euro. Ohne sich weiter um den Schaden zu kümmern, obwohl dieser wahrgenommen wurde, verließ die Person den Unfallort. Das LG sieht sich daran gehindert, die Person wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu verurteilen. Der Knackpunkt ist der straßenverkehrsspezifische Gefahrenzusammenhang. Es müssen sich in dem Verkehrsunfall gerade die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verwirklicht haben. Das LG Düsseldorf erkennt hier keinen Verkehrsunfall. Das Gericht nennt in seiner Entscheidung auch die gegenteilige Rechtsauffassung anderer Gerichte. Diesen Auffassungen möchte sich das LG jedoch nicht anschließen. Zunächst wird ausgeführt, dass nur vom Fließverkehr, zumindest eines Fahrzeugs, auszugehen ist. Dies würde Unfälle unter Fußgängern ausschließen. Das Ein- und Aussteigen wird noch im Zusammenhang mit dem Fahrvorgang gesehen, im vorliegenden Fall wäre dies aber nicht gegeben, weil es auf die Bewegung des Pkw beziehungsweise Lkw nicht ankam. Der Schutzzweck der Norm ist für das Gericht ebenfalls nicht gegeben. << Dies konnte das OLG Düsseldorf3 nicht stehen lassen und stellte fest: Die Kollision eines Einkaufs wagens mit einem parkenden Pkw auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz ist ein „Unfall im Straßenverkehr“ im Sinne des § 142 I Nr. 1 StGB. § 142 StGB schützt als abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt die Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen 3 11. November 2011, 111 – 1 RVs 62/11, ADAJUR Ansprüche und schützt überdies vor unberechtigter Inanspruchnahme. Dabei knüpft die Strafbarkeit an einen straßenverkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang an: „… Fahrzeuge sind auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz erhöhten Gefahren durch wegrollende Einkaufswagen ausgesetzt …“ Dies sieht das Gericht als typische Gefahr des Straßenverkehrs an. Auch andere Strafgerichte sahen dies anders als das LG Düsseldorf. Das OLG Stuttgart4 sieht den Transport eingekauf ter Waren mittels eines Wagens zum abgestellten Auto, das Umladen und schließlich auch das Zurückbringen und Abstellen des Einkaufswagens als typisches Verkehrsgeschehen. Auch das OLG Koblenz5 geht davon aus, dass sich die typischen Gefahren des Stra ßenverkehrs realisiert haben. Das Schadensereignis ist aus einer verkehrsüblichen Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums entstanden. Das Parken des Pkw wie auch das Betreten der Verkehrsfläche als Fußgänger zum Zwecke des Be- oder Entladens sind gewöhnliche Verkehrsvorgänge … Das LG Berlin6 hatte zwar nicht zu entscheiden, ob der Schaden durch einen Einkaufswagen einen Verkehrsunfall darstellt, hier wurden Mülltonnen bewegt. Ausgeführt wird, dass das Vorbeischieben von auf Rollen beweglichen Mülltonnen an parkenden Fahrzeugen im öffentlichen Straßenraum, damit sie später zum Müllfahrzeug gebracht werden können, nach der natürlichen Verkehrsauffassung in unmittelbarem 4 10. Dezember 1973, 3 Ss 605/73, VRS 47, 15 5 3. Dezember 1992, 1 Ss 306/92, MDR 93, S. 366 6 27. Juni 2006, 526 Qs 162/06, NStZ 2007, S. 100 Zusammenhang mit dem Verkehrsgeschehen steht und stellt somit ein Geschehen „im Straßenverkehr“ dar. Genauer wird ausgeführt „… dass das Abstellen von Handwagen, Fuhrwerken, Schlitten und sonstigen Gefährten wie Ein kaufswagen jedenfalls so lange einen Verkehrsvorgang bildet, als es darum geht, dass dieses verkehrssicher geschehen muss, das heißt zum Beispiel parkende Autos nicht beschädigt.“ Auch das LG Bonn7 erkennt einen Verkehrsunfall im Sinne des § 142 StGB an, wenn beim Beladen eines Pkw der vom Kunden benutzte Einkaufswagen eines Lebensmittelsupermarktes auf der leicht abschüssigen Parkfläche des Einkaufszentrums wegrollt, gegen einen fremden Pkw stößt und diesen nicht ganz belanglos beschädigt. Das LG Düsseldorf nennt in seinen Ausführungen Entscheidungen aus dem Haftungsrecht. Hier geht es häufig um die Frage des Gebrauchs des Fahrzeugs. Hintergrund ist dabei, ob die Privathaftpflicht oder die Kfz-Haftpflicht den Schaden tragen muss, der durch den Einkaufswagen entsteht. Das LG Aachen8 sieht den Gebrauch gegeben, wenn ein beladener Einkaufswagen sich selbstständig macht, während der Kunde zur Vor bereitung des Umladens die Türen seines Kfz öffnet. Das LG Marburg9 sagt aus, dass der Schaden, der auf einem Parkplatz durch einen wegrollenden Einkaufswagen, aus dem Getränkekisten in einen Pkw verladen werden sollten, ange richtet wird, nicht durch den Gebrauch des Kfz verursacht wird, weil das Beladen nicht durch den Fahrer geschehen muss. Das LG Limburg10 sagt 7 25. September 1974, 15 Ns 117/74, Juris 8 30. März 1990, 5 S 477/89, NZV 1991, S. 76 9 6. Oktober 1993, 5 S 51/93, NJW-RR 1994, 221 10 21. Juli 1993, 3 S 263/92, NJW RR 1994, 486 DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft aus, dass für den Fall, wenn der Pkw noch abgeschlossen ist und sich nun der Einkaufswagen in Bewegung setzt, die Privathaftpflichtversicherung, nicht die Kfz-Haftpflichtversicherung, einstandspflichtig ist. Für das AG Lünen11 gilt, wenn 1128. Juni 1993, 8 C 132/93, NJW RR 1994, 26 der Einkaufswagen leer geräumt ist, muss die Privathaftpflicht zahlen. Das Haftungsrecht dürfte bei der Feststellung, ob ein Verkehrsunfall im Sinne des § 34 StVO/§ 142 StGB vorliegt, nicht von entscheidender Bedeutung sein. So wird auch in der Entscheidung des OLG Düsseldorf argumentiert. Verkehrsunfälle können auch durch Fußgänger verursacht werden. Daher liegt der Verdacht einer Straftat im Sinne des § 142 StGB vor, wenn mit einem Einkaufswagen auf einem öffentlichen Parkplatz ein schädigendes Ereignis passiert und sich der Verantwortliche nicht um den Schaden kümmert. In der Regel werden die Gerichte die Person anklagen und wohl auch verurteilen. Das OLG Düsseldorf hat die Entscheidung des LG Düsseldorf im Sinne der Geschädigten auf öffentlichen Parkplätzen dankenswerterweise korrigiert. Unterlassene richterliche Verständigung bei Freiheitsentziehungen Freiheitsberaubung durch Unterlassen durch den Wachhabenden oder Dienstgruppenleiter? Im Januar 2005 wurde der erheblich alkoholisierte J., der mehrere Frauen in der Öffentlichkeit „belästigt“ haben sollte, auf das zuständige Polizeirevier verbracht, weil er seinen Ausweis nicht zeigen wollte und sich renitent verhielt. Auf der Dienststelle entnahm ihm ein Arzt eine Blutprobe. Er erklärte J. zudem nach entsprechender Untersuchung für gewahrsamsfähig. 1 J. wurde dann in den Gewahrsam eingeliefert. Eine gericht liche Entscheidung wurde nicht eingeholt. J. verhielt sich weiter sehr aggressiv und selbstverletzend, zum Beispiel schlug er mehrfach mit dem Kopf in Richtung Wand und Tisch. Er wurde daher in der Gewahrsamszelle mit an der Wand befestigten Hand- und Fußfesseln auf einer Matratze fixiert. In den späteren Gerichtsverhandlungen wurde angenommen, dass J. höchstwahrscheinlich mit 1 Thomas Lenz, 1980 Eintritt Polizei Rheinland-Pfalz; nach Wach- und Wechseldienst 1991 Abschluss Diplom-Verwaltungs-Wirt FH, anschließend Dienstgruppenleiter in einer Polizeiinspektion; 1999 Abschluss der Ausbildung für den höheren Polizeidienst, langjähriger Dozent und Fachsprecher des Studienfachs „Eingriffsrecht“, seit 2009 Fachgebietsleiter „Polizeirecht“ inem entweder bei der e Durchsuchung nicht gefundenen oder mit einem bei einem Gerangel in der Zelle verlorenen Feuerzeug die Matratze in Brand steckte und dadurch zu Tode kam. Das Feuer verursachte ein einem Plätschern ähnliches Geräusch, das auch durch eine dort installierte Wechselsprechanlage an den Arbeitsplatz des Dienstgruppenleiters übertragen wurde. Dieser konnte es nicht einordnen und unternahm zunächst nichts. Die starke Rauchentwicklung löste zweimal den Rauchmelder aus, was den Dienstgruppenleiter aber erst beim zweiten Mal zu einer Nachschau veranlasste. Er hielt die Meldungen für die üblichen (häufiger vorkommenden) Fehlalarme. Der Fall hat für erheblichen Wirbel in der Öffentlichkeit gesorgt. Aufgrund der noch nicht vollständig geklärten Ursache des Brandausbruchs gab und gibt es die wildesten Spekulationen – bis hin zum Verdacht der gezielten Tötung. Amnesty International setzt sich sehr kritisch mit dem Fall auseinander. Der Dienstgruppenleiter wur de vom Landgericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Der BGH bestätigte in seinem Urteil vom 4. September 2014 (4 StR 473/13) die vorherige Instanz und betonte einige polizeiliche Handlungspflichten, die insbe sondere für „Wachhabende“ beziehungsweise Dienstgrup penleiter von Interesse sein dürften. Dass der für den Gewahrsam Verantwortliche (in vielen kleineren Dienststellen also der Wachhabende oder Dienstgruppenleiter) insbesondere für den Gesundheitszustand des Ingewahrsamgenommenen Sorge zu tragen hat, dürfte selbstverständlich und allseits bekannt sein. Das entspricht auch der geltenden Vorschriftenlage, zum Beispiel den einschlägigen Gewahrsamsord nungen. Das Gericht verlangt von dem verantwortlichen Po lizeibeamten eine eigenstän dige Gefährdungsbeurteilung – „trotz der Einschaltung eines Arztes zur Prüfung der Ge wahrsamsfähigkeit des J“.2 Mit anderen Worten: Auch wenn ein Arzt die Gewahrsamsfähig 2 BGH vom 4. September 2014, 4 StR 473/13, HRRS 2014 Nr. 1026, RN 39 keit bejaht hat, muss der Ge wahrsamsverantwortliche bei entsprechenden Erkenntnissen den Gesundheitszustand des Betreffenden engmaschig überprüfen, unter Umständen durch eine ständige optische Überwachung. Ebenso interessant erscheint mir der Aspekt „Verantwortung für die Freiheitsentziehung“ zu sein. Diese trifft nämlich nicht nur den anordnenden Beamten, sondern auch diejenigen, die für die Überwachung solcher Maßnahmen zuständig sind. Typi scherweise sind das vor allem die sogenannten Wachhaben den und die Dienstgruppenlei ter. In der Regel haben sie auch eine dienst- und fachaufsichtliche Aufgabe und sind damit ebenfalls dafür verantwortlich, dass die gesetzlichen Verpflichtungen eingehalten werden. Im vorliegenden Fall wurde die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung versäumt. Das wäre aber schon aufgrund von Art. 104 (2) Grundgesetz notwendig gewesen. Welche einfachgesetzliche Ermächtigungsnorm letztlich zur Anwendung kommt, ist in Bezug auf den verfassungsrechtlichen Richtervorbehalt belanglos. Der BGH stellt deshalb die anzuwendende Ermächtigungs- > Polizeispiegel | April 2015 21 Fachteil Erkenntnisse aus dem Fall Oury Jalloh (BGH vom 4. September 2014, 4 StR 473/13) Von Polizeidirektor Thomas Lenz1, Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft norm auch nicht explizit fest und nennt nur einige mögliche und typische repressive und präventive Befugnisnormen. Er lässt aber keinen Zweifel an der erwähnten verfassungs rechtlich verpflichtenden un verzüglich nachträglichen rich terlichen Entscheidung bei polizeilich angeordneten Frei heitsentziehungen. „Unverzüglich“ bedeutet, dass nur sachliche Gründe die Ver zögerung rechtfertigen kön nen3, zum Beispiel eine länge re Anfahrt zum zuständigen Gericht oder Ähnliches. Fachteil 22 Diese Verpflichtung trifft nicht nur den anordnenden Beam ten, sondern auch den für den Gewahrsam Verantwortlichen. Damit geraten auch Wach habende beziehungsweise Dienstgruppenleiter in den Focus. Und zwar auch dann, wenn die Freiheitsentziehung 3 BVerfG v. 15. Mai 2002, 2 BvR 2292/00; BVerfG v. 19. Januar 2007, 2 BvR 1206/04; BVerfG v. 4. September 2009, 2 BvR 2520/07 gar nicht während ihrer Dienstzeit angeordnet wurde. (rechtlich) ordnungsgemäßen Vollzug des Gewahrsams7. Der BGH weist ausdrücklich auf die Verantwortung des Dienstgruppenleiters hin, in dieser Funktion dafür Sorge zu tragen, dass „die der Polizei zu geordneten Voraussetzungen der gesetzesmäßigen Fortdau er einer Ingewahrsamnahme gewahrt und erfüllt werden beziehungsweise blieben“.4 Im vorliegenden Fall wird auf die entsprechende Passage in der dort geltenden Gewahrsams ordnung verwiesen5, allerdings dürfte diese Verpflichtung auch in solchen Bundesländern gelten, in denen die Gewahr samsordnung den Dienstgrup penleiter nicht ausdrücklich dazu verpflichtet. Denn die dienst6- und fachaufsichtliche Aufgabe des Dienstgruppen leiters umfasst auch für den Im Ergebnis wird der Dienst gruppenleiter damit zum „Beschützergaranten“8, dem eine Erfolgsabwendungspflicht oblag, „hier mithin die Pflicht, die unverzügliche Vorführung von J. beim zuständigen Rich ter zu veranlassen beziehungs weise unverzüglich dessen Ent scheidung über die Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen.“9 4 BGH v. 4. September 2014, 4 StR 473/13, HRRS 2014 Nr. 1026, RN 64 5Ebenda 6 Vgl. ebenda, der BGH bestätigt den An geklagten ausdrücklich in seiner Ansicht, es gehöre zu seinen Aufgaben, „das Dienstgeschehen zu überwachen“ Wird diese Handlung unterlas sen ist dieses Verhalten grund sätzlich geeignet, den Vorwurf der Freiheitsberaubung durch Unterlassen zu begründen.10 Handlungspflichtig und ver antwortlich wird damit auch der Dienstgruppenleiter der 7 So wohl auch: Schiemann, Polizeiliche Handlungspflichten bei Ingewahrsam nahme – Der Fall Oury Jalloh in NJW 2015, 20 (21) 8 A.a.O., RN 65; das Gericht zitiert: BGH v. 6. November 2002, 5 StR 281/01 9Ebenda 10A.a.O., RN 69 ablösenden Schicht, der den Dienst zu einem Zeitpunkt an tritt, an dem bereits jemand im Gewahrsam sitzt. Er hat sich zu vergewissern, dass die notwendigen gesetzesmäßi gen Vorgaben erfüllt sind oder unverzüglich erfüllt werden. Insbesondere der polizeiliche Einzeldienst „leidet“ nicht un erheblich an sich ständig än dernden Rechtsvorschriften und der damit einhergehenden Notwendigkeit permanenter Wissensaktualisierung. Wer sich also nicht „auf dem Lau fenden“ hält, kann sich nicht mit einem unvermeidbaren Verbotsirrtum rechtfertigen. Schiemann bringt es auf den Punkt: „Selbstverständlich hat ein Polizeibeamter die ein schlägigen Rechtsgrundlagen seines Handelns zu kennen. Kennt er sie nicht, ist diese Unkenntnis vermeidbar.“11 11Schiemann, Polizeiliche Handlungspflich ten bei Ingewahrsamnahme – Der Fall Oury Jalloh in NJW 2015, 20 (21) Datenschutzrechtliche Bewertung des Einsatzes von Bodycams Von Barbara Dembowski1, Referatsleiterin beim Hessischen Datenschutzbeauftragten Wie jede Art von Videoüber wachung ist auch der Einsatz von Bodycams – wenn über haupt – nur unter Beachtung enger Rahmenbedingungen möglich.1 << Was bezwecken Bodycams Die Diskussion zum möglichen Einsatz von Bodycams im poli zeilichen Alltag hat vielfältige Aspekte. Sie ist einerseits ge leitet vom Interesse der Polizei, Übergriffe auf Einsatzkräfte zu 1 Juristin seit 1986 beim Hessischen Daten schutzbeauftragten und seit 1995 Refe ratsleiterin für die Bereiche Justiz, Polizei, Verfassungsschutz sowie Ordnungswid rigkeiten > Polizeispiegel | April 2015 verhindern und Beweismateri al zur Strafverfolgung zu erlan gen. Gleichzeitig gibt es Stim men, die mit dieser Technik eine Dokumentation polizeili chen Handelns erzwingen wol len. Fast allen Beiträgen ist ge mein, dass die Fragestellung – ob oder wieweit der Einsatz rechtlich zulässig ist oder sein kann – eher marginal behan delt wird. Bodycams sind zunächst (nur) eine weitere Variante der Da tenerhebung mittels Videotech nik. Sie unterscheiden sich von anderen Kamerasystemen je doch nicht unwesentlich. Sie sind klein, werden auf der Schulter getragen oder sind an der Uniform befestigt. Damit sind sie auf den ersten Blick nicht zwingend erkennbar und es ist nur bedingt möglich, wahrzunehmen, ob die Kamera funktionen auch aktiviert sind. Die Aufnahmen solcher Kame ras tangieren unterschiedliche Personenkreise. Zunächst kann damit dokumentiert werden, wie sich das unmittelbare Ge genüber der Einsatzkräfte gera de verhält. Im Fokus der Auf nahmen können dabei auch unbeteiligte Passanten stehen. Und nicht zu vernachlässigen ist, dass mit der Dokumentation polizeilichen Handelns zugleich ein Instrument der Kontrolle der eingesetzten Beamten existiert. Dies gilt für Dritte ebenso wie für Vorgesetzte. << Bodycams sind grundrechtsrelevant Die Aufnahmen der Kameras sind datenschutzrechtlich als Datenerhebung zu qualifizie ren und stellen somit einen Eingriff in das Recht auf infor mationelle Selbstbestimmung dar. Ein solcher ist nur dann zu lässig, wenn er auf einer nor menklaren gesetzlichen Grund lage erfolgt. Dabei muss der Grundsatz der Verhältnismä ßigkeit beachtet werden. DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft M E H R W I S S E N A L S A N D E R E . B E S T E L L E N S I E Schließlich muss eine klare Festlegung des weiteren Umgangs mit den Aufnahmen erfolgen, das betrifft die Entscheidung, welche Aufnahmen für weitere Verwendung gespeichert werden dürfen ebenso wie die Frage der Aufbewahrungsdauer. Dabei sind die Interessen der Aufgenommenen zu berücksichtigen. Auch die von der Aufnahme Betroffenen müssen die Möglichkeit haben, sich auf diese als Beleg zu berufen, wenn sie unkorrektes Verhalten der Einsatzkräfte anzeigen. << Das hessische Pilotprojekt Ein mögliches Einsatzszenario wurde in Hessen erprobt. Grundlage war dafür § 14 Abs. 6 HSOG: „Die Polizeibehörden können an öffentlich zugänglichen Orten eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen J E T Z T. Handbuch für den öffentlichen Dienst in Deutschland 2015 INFORMATIONEN FÜR BEAMTE UND ARBEITNEHMER Das Wichtigste für 2015. Hier steht’s drin. NEUAUFLAGE 2015 770 Seiten Einzelpreis € 23,90* Abopreis € 19,50* ISBN 978-3-87863-087-6 Alle Preise inkl. MwSt. * zuzügl. Porto und Verpackung Der Inhalt im Überblick: • Beamtenstatusgesetz • Bundesbeamtengesetz • Bundeslaufbahnverordnung • Besoldungs- und Versorgungsrecht des Bundes • Bundesbesoldungstabellen • TVöD, TV-L, TVÜ-Bund, TVÜ-VKA, TVÜ-Länder Was Sie davon haben: Das aktuelle Standardwerk in Status-, Einkommens- und Versorgungsfragen für den öffentlichen Dienst des Bundes bietet Gesetze und Verordnungen auf dem neuesten Stand, teilweise mit Rechtsprechung und Anmerkungen; abgerundet durch die Adressen der dbb Mitgliedsgewerkschaften und der Einrichtungen des dbb. So bestellen Sie ganz einfach: Sie können mit dem Bestellcoupon per Post oder Fax bestellen. Oder Sie teilen uns Ihren Wunsch per E-Mail oder über das Internet mit. 23 Fachteil << Nicht zu vernachlässigen ist Enge Voraussetzungen heblichen Rechtsgütern kann für einen zulässigen Ein- diesen Eingriff – wenn überdabei, dass zugleich die Handlungsfreiheit beinträchtig satz in der polizeilichen haupt – in engen Grenzen Praxis werden kann. Wenn Passanrechtfertigen. ten j ederzeit, sobald sie Einsatzkräften begegnen, mit Der Schutz vor Übergriffen Auch ein permanenter Einsatz einer solchen Aufnahmemögdient der Prävention und kann – etwa Aktivierung während lichkeit rechnen müssen oder somit in den Polizeigesetzen der Dauer des gesamten Einzumindest zwar die Kameras geregelt werden. Bei der Aussatzes einer Streife – würde an der Uniform wahrnehmen, gestaltung darf jedoch nicht den Anforderungen der Veraber nicht sicher sein können, der Gedanke der Gewinnung hältnismäßigkeit nicht entob Aufnahmen getätigt wervon Beweismitteln in einem sprechen. Als offene Maßnahden, werden sie sich nicht Strafverfahren im Vordergrund me muss sie zudem als solche mehr unbefangen bewegen. stehen, dafür wäre eine Regeerkennbar sein. Das kann etwa Schon die Möglichkeit einer lung im Strafverfahrensrecht durch ein deutliches Signal an Datenverarbeitung kann das notwendig. der aktivierten Kamera erfolVerhalten beeinflussen. Dies gen. Ein mündlicher Hinweis, ist seit dem VolkszählungsurDieser Zweck gibt somit den dass die Kamera jetzt aktiviert teil einer der Maßstäbe, an Rahmen für eine mögliche Rewird, kann dies verstärken. Diedem Datenerhebungen zu gelung vor: Da das Grundrecht ser allein kann nicht immer messen sind. Eine solche Einder Handlungsfreiheit sowie ausreichen, es kann nicht siflussnahme ist ja gerade gedas informationelle Selbstbechergestellt sein, dass alle Bewollt. Wenn auch die Polizei stimmungsrecht betroffen troffenen – erst recht wenn sie (nur) Angriffe auf die eigenen sind, wäre ein flächendeckensich nicht direkt von Anfang an Einsatzkräfte verhindern will, der permanenter Einsatz von nahe an der Kamera aufhalten kann sie den Einfluss auf anBodycams unverhältnismäßig – auch wirklich mitbekommen, _0K6LM_EAZ_dbb_magazin_4_2015_S_23.pdf; s1; (210.00 x 148.00 mm); 10.Mar 2015 11:33:59; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien dere Personen aber nicht verund damit unzulässig. Nur eine dass eine Videoaufnahme erhindern. konkrete Gefährdung von erfolgt. dbb verlag gmbh Friedrichstraße 165 10117 Berlin Telefon: 0 30/ 7 26 19 17-0 Telefax: 0 30/ 7 26 19 17-40 E-Mail: [email protected] Internet: www.dbbverlag.de BESTELLCOUPON Zuschicken oder faxen –– Exemplar/e „Handbuch für den öffentlichen Dienst in Deutschland 2015“ zu je € 23,90 Abonnement zu € 19,50 pro Jahr (Mindestlaufzeit 2 Jahre, Kündigung 3 Monate vor Ende des Abonnements) Verlagsprogramm Name Anschrift Datum/Unterschrift Widerrufsrecht: Sie haben das Recht, binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Die Frist beginnt mit Absendung dieser Bestellung. Zur Einhaltung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs an: dbb verlag gmbh, Friedrichstr. 165, 10117 Berlin, Tel.: 030.726 19 17-0, Fax: 030.726 19 17-40, E-Mail: [email protected] > Polizeispiegel | April 2015 DPolG – Deutsche Polizeigewerkschaft Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, mittels Bildüber tragung offen beobachten und dies aufzeichnen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz von Polizeivollzugsbe amtinnen und Polizeivollzugs beamten oder Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Dabei können personenbezogene Daten auch über dritte Personen erhoben werden, soweit dies unerläss lich ist, um die Maßnahme nach Satz 1 durchführen zu können. Sind die Daten für Zwecke der Eigensicherung oder der Strafverfolgung nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu löschen.“ Fachteil 24 Damit sind die Einsatzbereiche klar begrenzt: mögliche Akti vierung der Kamera nur in Zu sammenhang mit Identitäts feststellungen, Vorliegen einer konkreten Gefahr für Leib und Leben und zeitnahe Entschei dung über das Schicksal der einzelnen Aufnahmen. Ein flächendeckender und/oder permanenter Einsatz ist aus geschlossen. Bei der Entscheidung über die Aufbewahrungsdauer kommen im Rahmen der Erforderlichkeit zwei Aspekte zum Tragen – ei nerseits kann schnell, im Prin zip direkt nach dem Ende des Einsatzes entschieden werden, ob eine Eskalation verhindert werden konnte und somit wei tere Maßnahmen nicht not wendig sind. Wenn die ge wünschte abschreckende Wirkung nicht eingetreten ist, kann die weitere Aufbewah rung für einen begrenzten Zeitraum erfolgen, auch wenn zunächst dies nicht als Beweis mittel in einem Ermittlungs verfahren Verwendung finden soll. Jedoch besteht so auch die Möglichkeit, dass – soweit die von der Maßnahme Betroffe nen erst nach einiger Zeit das polizeiliche Vorgehen hinter fragen und etwa mit eigenen Anzeigen reagieren – diese Aufnahmen zur Verfügung ste hen. Deshalb ist derzeit eine Aufbewahrung von bis zu > Polizeispiegel | April 2015 sechs Monaten möglich, aller dings getrennt von sonstigen Datenbeständen, es sei denn, das Material wird für ein kon kretes Verfahren verwendet. Unter diesen Voraussetzungen hat der Hessische Daten schutzbeauftragte das Projekt begleitet. Erste Erfahrungen werden von der Polizei positiv bewertet. Anscheinend ist es gelungen, den Schutz von Ein satzkräften durch Abschre ckung zu vergrößern und gleichzeitig Beweismittel für Übergriffe zu erlangen. Dies, aber auch die technischen Möglichkeiten der auf dem Markt vorhandenen Kamera systeme, wecken Begehrlich keiten zur Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten. Body cams sollen nunmehr flächen deckend in Hessen eingesetzt werden. Aber auch über den beschriebenen Rahmen hinaus wird über Änderungen der Ein satzmodalitäten diskutiert. << Unzulässige Ausweitungen Zum einen gibt es Forderun gen, auch Tonaufzeichnungen – wie sie offensichtlich in Großbritannien möglich sind – zu ermöglichen. Durch Ton aufnahmen erfolgt ein zusätz licher Grundrechtseingriff. Dieser betrifft sowohl die un mittelbar zu kontrollierenden Personen als auch Unbeteiligte im Umfeld der Kontrollsituati on. Zur Begründung der Über legungen wird insbesondere auf die Verhinderung bezie hungsweise Verfolgung von Beleidigungen der Beamten verwiesen. Soweit es um die Strafverfolgung geht, sind die notwendigen Maßnahmen in der StPO festzulegen. Im Ver gleich zu den derzeit mögli chen Bildaufnahmen wäre der Anlass für den Eingriff zudem erheblich niedrigschwelliger. Dies ist bei der Abwägung der Grundrechtsbetroffenheit von Kontrollierten und Kontrollie renden zu berücksichtigen. Bei allem Verständnis für die be troffenen Beamten besteht doch im Unrechtsgehalt ein erheblicher Unterschied zwi schen Gefährdungen für Leib und Leben oder Beleidigungen. Die auf dem Markt vorhande nen Kamerasysteme bieten zudem die Möglichkeit, quasi permanent im Hintergrund zu laufen. Dabei werden die auf genommenen Bilder in einem Ringspeicher abgelegt und je nach Einstellung in mehr oder weniger kurzen Abständen überschrieben. Erfolgt dann im konkreten Einsatz die Entschei dung, dass nunmehr eine Be obachtung und Aufzeichnung zulässig ist, werden die vorhan denen Daten mit gespeichert – das sogenannte Pre-Recor ding. Verfechter dieser Technik stüt zen sich dabei unter anderem auf die Aussage des Bundes verfassungsgerichts in der Ent scheidung zur Kennzeichen erkennung, dass bestimmte technische Konstellationen kei ne Datenerhebung darstellen, insbesondere dann, wenn die gewonnenen Informationen schon im Gerät selektiert und verworfen werden. Dies ist aber gerade nicht die Funkti onsweise des Pre-Recording. Bei der Bodycam werden zwar in einem bestimmten Rhyth mus die nicht „verwendeten“ Aufnahmen überschrieben, aber zu jedem Zeitpunkt kann der die Kamera führende Be amte die „Aktivierung“ und damit auch die Speicherung schon im System vorhandener Daten auslösen. Damit ver bleibt es gerade nicht bei einer rein technischen Verarbeitung. Dies ist mit den beschriebenen Voraussetzungen für einen verfassungsgemäßen Einsatz von Bodycams nicht in Ein klang zu bringen. Bei der Ab lage im Ringspeicher ist noch nicht abzusehen, ob die Vor aussetzungen für eine recht mäßige Speicherung über haupt erfüllt werden, das heißt, ob diese Daten jeweils erforderlich sind. Dabei macht es aus meiner Sicht keinen Un terschied, wie groß dieser Zeit raum ist. Auch eine sehr kurze Speicherung ist Datenerhe bung und somit ein Eingriff in das informationelle Selbstbe stimmungsrecht. Es handelt sich dabei im Grunde um eine Vorratsdatenspeicherung. Un abhängig davon, ist die mögli che Beeinflussung des Verhal tens von Passanten, die die Kamera sehen, jederzeit ge geben, da diese eben gerade nicht erkennen können, ob „auch“ die Aufzeichnungs funktion aktiviert ist. Begründet wird die Forderung nach der Nutzung dieser Tech nik mit der Gewinnung von Be weismitteln und zur Dokumen tation der Entwicklung des strafbaren Verhaltens. Dies ist aber kein präventiver Ansatz. << Bedenklicher Ansatz in Hamburg In Hamburg wurde nun eben falls eine Regelung geschaffen, § 8 Abs. 5 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei: Die Polizei darf bei der Durch führung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr oder zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in öffentlich zugänglichen Be reichen personenbezogene Da ten durch den offenen Einsatz technischer Mittel zur Anfer tigung von Bild- und Tonauf zeichnungen erheben, wenn dies nach den Umständen zum Schutz von Vollzugsbediens teten oder Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben er forderlich ist. Damit ist der Anwendungs bereich bedeutend weiter als in Hessen. Im Grunde kann fast jede polizeiliche Maßnahme in diesem Kontext aufgenommen werden. Eine wirkliche Be schränkung auf bestehende Gefahrensituation für Leib und Leben sehe ich darin nicht, auch die Notwendigkeit der Tonaufzeichnung erscheint nicht wirklich begründet. dbb Einkommensrunde Länder 2015: Einigung auf Beamte übertragen < Abschluss nach zähem Ringen: dbb Verhandlungsführer Willi Russ (Mitte) erläuterte den Tarifabschluss vor der Presse. „Die Arbeitgeber haben hier lange gemauert und sich erst durch den Druck der Warnstreiks in den letzten Tagen eines Besseren belehren lassen. Jetzt kommt es darauf an, dieses gute Tarifergebnis auf die Beamtinnen und Beamten der Länder zu übertragen. Die Einkommensrunde Länder 2015 ist erst dann wirklich abgeschlossen“, so Russ. Beide Seiten hätten zudem Flexibilität in zentralen strukturellen Fragen bewiesen. Russ: „Die Gewerkschaften haben für die Zukunftssicherung der Zusatzversorgung eine Erhöhung des Arbeitnehmerbeitrags akzeptiert, Einschnitte ins Leistungsrecht konnten verhindert werden und beim Thema Lehrereingruppierung haben die Arbeitgeber zur Kenntnis genommen, dass die Zeiten einseitiger Arbeitnehmerrichtlinien vorbei sind.“ Nach sechs Jahren teilweise zäher Verhandlungen gebe es jetzt erstmals einen umfassenden Tarifvertrag und den konkret verabredeten Einstieg in die Paralleltabelle. „Damit fallen endlich auch die 200 000 Lehrerinnen und Lehrer unter den Flächentarifvertrag.“ < Keine unwürdige Feilscherei Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt hat die unmittelbare Zusage der Länder Bayern, Hamburg und Rheinland-Pfalz für eine Übernahme des Tarifabschlusses für die Landesbeschäftigten auf die Landes- und Kommunalbeamtinnen und -beamten begrüßt und forderte am 30. März 2015 in Berlin alle übrigen Länder auf, die Einigung ebenfalls zeitund wirkungsgleich auf ihre Beamten und Versorgungsemp- fänger zu übertragen: „Wir brauchen jetzt keine unwürdige Feilscherei, sondern zügig spürbare Signale der Wertschätzung. Denn auch die Beamtinnen und Beamten machen Tag für Tag und rund um die Uhr ihren Job und haben ein Anrecht auf Teilhabe an der finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung“, so Dauderstädt. Auch Mecklenburg-Vorpommern tendiert zu einer wirkungsgleichen Übernahme, hier hatten die Beamtinnen und Beamten bereits zum 1. Januar 2015 eine Besoldungserhöhung in Höhe von zwei Prozent erhalten. Aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es derzeit noch keine Signale zu einer Übernahme des TdL-Ergebnisses. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben sich dbb und Landesregierung jeweils bereits zu konkreten Gesprächen über die künftige Beamtenbesoldung und -versorgung auf Grundlage des vorliegenden Tarifabschlusses verabredet. Auch im Saarland werden Gespräche zwischen dbb und Landesregierung angestrebt. Dort geht das Landeshaushaltsgesetz aktuell von einer maximalen Besoldungserhöhung in Höhe von jeweils nur 1,5 Prozent für 2015 und 2016 aus. In Baden-Württemberg sorgten Äußerungen der Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen und SPD für Verärgerung. Sie hatten bereits vor dem Abschluss der Tarifverhandlungen mit der TdL angekündigt, man werde auch das Tarifergebnis 2015/2016 wieder nur zeitversetzt auf den Beamten- und Versorgungsbereich des Landes übertragen. In Niedersachsen soll es entsprechend Verlautbarungen der Landesregierung bei der im Haushaltsgesetz eingestellten Anhebung der Beamtenbezüge um 2,5 Prozent zum 1. Juni 2015 bleiben. Für den Fall, dass es zu linearen Abstrichen für die Beamtinnen und Beamten kommen sollte, haben bereits mehrere dbb Landesbünde, beispielsweise BBW und dbb saar, Verfassungsklagen angekündigt. Das Land Hessen bleibt als Nichtmitglied der TdL außen vor und verhandelt eigenständig mit den Gewerkschaften für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes. < dbb Web-Tipp Die Einzelheiten des Potsdamer Tarifkompromisses finden Sie unter www.dbb. de/themen/einkommens runde-2015/ > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 25 aktuell Friedhelm Windmüller Die Einigung in den Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) am 28. März 2015 in Potsdam hat der Zweite Vorsitzende und Verhandlungsführer des dbb, Willi Russ, als tragfähigen Kompromiss bezeichnet: „Die lineare Einkommenserhöhung um durchschnittlich 4,61 Prozent, mindestens 75 Euro, stellt sicher, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder in den kommenden zwei Jahren einen echten Reallohngewinn verbuchen und Anschluss an die Einkommensentwicklung bei Bund und Kommunen halten. Das war für uns der zentrale Benchmark.“ dbb Demos und Aktionen zur Einkommensrunde: „Wir haben nun in drei Verhandlungsrunden zusammengesessen, aber die Arbeitgeber verweigern ein Angebot. Im Gegenteil, sie wollen eine Leistungskürzung bei der Zusatzversorgung“, sagte der dbb Verhandlungsführer Willi Russ in Hamburg vor 10 000 Demonstranten. „Diese Unverschämtheit lassen wir den Arbeitgebern nicht durchgehen. Wenn es am 28. März in Potsdam kein Ende der Blockadehaltung und kein ordentliches Angebot gibt, zeigen wir auf Deutschlands Straßen, wozu wir in der Lage sind – und zwar unbefristet.“ Auch die Landesvorsitzenden des dbb aus dem Norden sehen die Arbeitgeber in der Pflicht. Rudolf Klüver, Vorsitzender des dbb hamburg: „Wir sind es leid, von den öffentlichen Arbeitgebern hingehalten zu werden, nur weil diese untereinander völlig uneins sind. Wir warnen vor einer weiteren Eskalation.“ Anke Schwitzer, Vorsitzende des dbb schleswigholstein, sagte in Richtung der Arbeitgeber: „Wertschätzung geht anders. Die Zeit des Taktierens ist vorbei. Die Beschäftigten erwarten, dass die Arbeitgeber jetzt endlich Farbe bekennen und ein Angebot vorlegen.“ Dietmar Knecht, Vorsitzender des dbb mecklenburg-vorpommern, machte deutlich, dass für den dbb und seine Landesbünde die Einkommensrunde 2015 erst dann zu Ende sei, „wenn auch für die Beamten im Kommunal- und Landesdienst sowie die Versorgungsempfänger eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der angestrebten Tarifeinigung erfolgt ist.“ Im Süden zog eine Demonstration vom bayerischen Neu-Ulm ins baden-württembergische Ulm. Siegfried Damm, stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission stellte klar: „Kein Wollen, kein Mut, kein Angebot! – Damit sei die Tarifpolitik der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) in der Einkommensrunde 2015 umfassend beschrieben.“ Während der drei Verhandlungsrunden habe die TdL zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass sie an einem fairen Kompromiss interessiert sei. Björn Hake aktuell 26 Am 26. März 2015 kam es zu flächendeckenden Warnstreiks. Betroffen waren insbesondere die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, MecklenburgVorpommern, Baden-Württemberg und Bayern. Zu zentralen Kundgebungen kamen die Beschäftigten im Norden in Hamburg und im Süden in Neu-Ulm und Ulm zusammen. < Im Vorfeld der Großkundgebung der Gewerkschaften mit rund 27 000 Teilnehmern am 24. März 2015 in Leipzig stand dbb Verhandlungsführer Willi Russ den Medien noch einmal Rede und Antwort. < Zwischen der zweiten und dritten Verhandlungsrunde hatten bundesweit zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen für farbenfrohe Innenstädte gesorgt, unter anderem in Bremen ... > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 Der Chef des dbb Landesbundes Baden-Württemberg (BBW) und dbb Vize Volker Stich ging mit der Regierung seines Bundeslandes ebenfalls hart ins Gericht. Sie regiere „auf dem Rücken des öffentlichen Dienstes und holt sich das Geld aus den Taschen der Beschäftigten“. Die Regierung investiere großzügig, nur für den öffentlichen Dienst sei kein Geld da. „Das nehmen wir nicht länger hin“, sagte Stich unter großem Applaus von den etwa 1 000 Kundgebungsteilnehmern. < Geiz ist nicht geil Mit einem ganztägigen Warnstreik haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen am 24. März 2015 ihrem Unmut Luft gemacht. 27 000 Landesbeschäf- Robert Michael Direkt vor der vierten und entscheidenden Runde im Tarifstreit am 28. und 29. März 2015 in Potsdam hatten die Beschäftigten noch einmal mit bundesweiten Warnstreiks und Großdemonstrationen unmissverständlich klargemacht, was sie von der Blockadehaltung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) halten: absolut gar nichts! Friedhelm Windmüller Druck im Kessel < ... Dresden ... dbb wirkliche Entgeltordnung zu wollen. „Die TdL will nicht verstehen, dass diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die im Arbeitnehmerstatus sind, endlich in der Bewertung ihrer Leistung an die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen angepasst werden wollen. Wir brauchen eine echte Entgeltordnung für Lehrkräfte – und zwar jetzt und nicht am Sankt Nimmerleinstag.“ Mehr als 4 000 Demonstranten aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz waren am 25. März nach Saarbrücken gekommen. Willi Russ warf der TdL vor, allein verantwortlich dafür zu sein, „dass eine neue Streikwelle übers Land hinweg fegt“. In den Staatskanzleien vieler Länder herrsche absolute Gleichgültigkeit gegenüber den Anliegen der Beschäftigten, sagte Russ. Es habe in der dritten Verhandlungsrunde in Potsdam fast so ausgesehen, als ob die TdL um eine vierte Runde bettele, „weil sie vernünftige Kompromissentscheidungen nicht treffen konnte oder wollte“. Die Mehrzahl der Länderchefs habe offenbar die TdL mit dem Motto „Geiz ist geil“ ins Rennen geschickt. Russ: „Es ist genau diese Haltung, die uns bei den Potsdamer Verhandlungen in die Sackgasse geführt hat.“ Mit Blick auf den Streitpunkt Lehrkräfte-Entgeltordnung warf der dbb Verhandlungsführer den Arbeitgebern vor, gar keine Ewald Linn, Landesvorsitzender des dbb saar, dankte den Beamtinnen und Beamten, die sich der „Demonstration des Ärgers“ angeschlossen hatten. „Sie und die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger erwarten von ihrer Landesregierung als Akt der Gleichbehandlung und Wertschätzung, dass sie nicht schlechtergestellt werden als die übrigen Beschäftigten“, sagte Linn. rief Karl-Heinz Leverkus, stellvertretender Bundesvorsit zender der Deutschen SteuerGewerkschaft und stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission den Demonstranten zu. „Die Gewerkschaften haben ihre Verhandlungs- und vor allem ihre Kompromissbereitschaft drei zähe Runden lang unter Beweis gestellt. Es gab keine Bewegung, kein Entgegenkommen. Jetzt kann nur noch die TdL verhindern, dass die Bundes republik still steht.“ < < ... Düsseldorf ... 27 Friedhelm Windmüller Ein besonderes Zeichen setzte der dbb in Nordrhein-Westfalen. Die in Düsseldorf geplante Demonstration zur Einkommensrunde 2015, zu der 2 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen, wurde aufgrund des tragischen Flugzeugabsturzes vom 24. März in Frankreich in einen Schweigemarsch umgewandelt. „Eigentlich wollten wir auf dem Burgplatz hart und lautstark mit den Arbeitgebern der Länder ins Gericht gehen und gewerkschaftliche Entschlossenheit demonstrieren,“ erklärte Roland Staude, 1. Vorsitzender des DBB NRW, vor der Veranstaltung. „Aber angesichts der Tragödie um Flug 4U9525 treten alle unsere berechtigten Anliegen und Forderungen heute in den Hintergrund.“ Dies sei ein Tag tiefer Trauer, so Staude weiter: „Un- Bereits vor der am 17. März 2015 in Potsdam ergebnislos vertagten dritten Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst der Länder hatten die Beschäftigten den Druck weiter erhöht. So hatte der dbb gemeinsam mit ver.di zu landesweiten Warnstreiks am 12. März 2015 in NordrheinWestfalen, Bremen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz mit weit über 30 000 Beschäftigten aufgerufen. In Düsseldorf demonstrierten über 20 000 Beschäftigte für die Forderungen ihrer Gewerkschaften und forderten die Arbeitgeberseite auf, die Landesbeschäftigten in NRW nicht schlechterzustellen als ihre Kolleginnen und Kollegen beim Bund und in den Kommunen. Bei der Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag erinnerte dbb Verhandlungsführer Willi Russ NRW-Finanzminister Norbert Walter-Bor- Lothar Drechsel Ein flächendeckender ganztägiger Warnstreik war auch die Antwort von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Länder Bremen und Niedersachsen auf die Verweigerungshaltung der TdL. 5 000 Beschäftigte, darunter auch zahlreiche Beamtinnen und Beamte, verwandelten den Opernplatz in Hannover in ein buntes Fahnenmeer. „Wenn die Arbeitgeber ihre Blockadehaltung nicht aufgeben, manövrieren sie Deutschland direkt in einen unbefristeten Streik“, Schweigemarsch in Düsseldorf ser aller Solidarität und Anteilnahme gilt in dieser Situation den Opfern der Flugkatastrophe, ihren Angehörigen, Freunden und Kollegen. Auch wenn wir am Wochenende in Potsdam wieder unsere berechtigten Einkommensforderungen vorbringen und mit der Tarif gemeinschaft deutscher Länder um einen Kompromiss ringen werden, relativieren sich an diesem Tag alle politischen Auseinandersetzungen, und der Blick richtet sich auf das wirklich Wesentliche.“ aktuell tigte folgten dem Aufruf von dbb und DGB-Gewerkschaften zur zentralen Kundgebung auf dem Leipziger Augustusplatz. „In den drei hinter uns liegenden Verhandlungsrunden hat die TdL zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass sie an einem fairen Kompromiss interessiert ist“, sagte Russ. Damit habe die TdL „die Menschen erst auf die Palme und dann auf die Straße gebracht.“ < ... Kiel ... > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 Viktoria Kühne Friedhelm Windmüller dbb jans an seine Rede auf der dbb Jahrestagung in Köln, in der er eine neue „Rede- und Streitkultur bei Tarifverhandlungen“ gefordert hatte. „Geredet haben wir viel in den ersten beiden Runden, aber wenn es jetzt nicht vorwärts geht, werden wir tatsächlich eine neue Streit- und auch Streikkultur entwickeln müssen“, so Russ. aktuell 28 Roland Staude, Vorsitzender des DBB NRW, machte sich für die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Landesund Kommunalbeamten stark: „Wir wollen eine echte Wertschätzung für den öffentlichen Dienst in NordrheinWestfalen. Das gilt auch für die Besoldungsanpassungen hier am Regierungssitz in Düsseldorf!“ In Bremen demonstrierten rund 7 000 Beschäftigte auf dem Marktplatz. „Wie die Straßenwärterinnen und Straßenwärter für sichere Straßen und Autobahnen, so sorgen alle Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst dafür, dass Deutschlands Infrastruktur tagtäglich funktioniert“, sagte Siegfried Damm, der auch Bundesvorsitzender der Fach gewerkschaft der Straßenund Verkehrsbeschäftigten VDStra. ist. „Damit das so bleibt, e rwarten sie zu Recht gutes Geld für ihre gute Arbeit.“ < Bezahlung nicht konkurrenzfähig In Mainz beteiligten sich an den Warnstreik-Aktionen rund 5 000 Beschäftigte. „Attraktive Arbeitgeber bieten eine konkurrenzfähige Bezahlung. Unsere Bezahlung ist nicht kon- < ... Mainz ... kurrenzfähig. Der öffentliche Dienst gerät deshalb immer weiter in die Sackgasse“, stellte die Vorsitzende des dbb rheinland-pfalz, Lilli Lenz, klar. „Nachwuchsgewinnung unter diesen Vorzeichen? Ein schlechter Witz! Motivation des Personals? Totale Fehlanzeige. Wir alle verdienen ein reales Einkommensplus statt Gehaltsrückstand.“ Das gelte auch für die Einkommen der Landesbeamtinnen und -beamten: „Die Landesregierung hat das Personal mit der mehrjährigen Besoldungsdeckelung brüskiert. Wir fordern die Landesregierung unmissverständlich auf, das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich für die Beamten zu übernehmen.“ Auch am 11. März war es in vielen Städten zu Demonstra tionen und Kundgebungen gekommen, so etwa in Stuttgart, Dresden, Kiel, Jena, Magdeburg, Schwerin, Leipzig und Chemnitz. Neben einem Einkommensplus geht es in dem Konflikt mit den Arbeitgebern auch um eine einheitliche Entgeltordnung für Lehrkräfte. Zudem soll das Tarifergebnis auf die Landes- und Kommunalbeamten übertragen werden. „Jetzt, in Anbetracht der Tausenden Beschäftigten, die heute bundesweit auf die Straße gehen, müssen die Arbeitgeber begreifen, dass wir auch Konfrontation können“, sagte dbb Verhandlungsführer Willi Russ in Stuttgart vor 2 500 Demonstranten. Auch drei der Stellvertreter von Willi Russ als Vorsitzendem der dbb Bundes tarifkommission bekräftigten die Forderungen. „Gute Arbeit verdient gerechte Entlohnung, > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 die mit der allgemeinen Entwicklung der Einkommen Schritt halten kann“, sagte Karl-Heinz Leverkus in Magdeburg (10 000 Demonstranten). Siegfried Damm machte in Kiel (3 500 Demonstranten) deutlich: „Die Länderhaushalte dürfen nicht auf Kosten der Beschäftigten saniert werden. Wer bei der Landesverwaltung spart, also beispielsweise beim Personal der Schulen und der Polizei, der spart das Land kaputt.“ In Dresden (6 000 Demonstranten), wo sich besonders viele Lehrkräfte an den Protestaktionen beteiligten, verwies Jens Weichelt, Vorsitzender des Sächsischen Lehrerverbandes (slv), auf die Bedeutung der Entgeltordnung für Lehrkräfte: „Mit einer solchen Entgeltordnung wäre die willkürliche und unterschiedliche Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer in den Ländern endlich vom Tisch.“ Die Empörung an den Schulen des Landes sei groß. „Wie andere Landes beschäftigte empfinden auch die Lehrerinnen und Lehrer die Sturheit der Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen in Potsdam als Missachtung ihrer Arbeit.“ Kritisiert wurden die Arbeit geber auch für ihre Forderung nach Einschnitten in der betrieblichen Zusatzversorgung. Das sei nicht hinnehmbar, sagte der stellvertretende Vorsitzende des dbb mecklenburgvorpommern, Michael Blanck, in Schwerin (8 000 Demons tranten). „Es ist auch beschämend, dass im 25. Jahr der deutschen Einheit die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes immer noch in Tarifgebiet Ost und West eingeteilt werden“, so Blanck. < Beamtenbesoldung: Länder in der Pflicht Anke Schwitzer, die Vorsitzende des dbb schleswig-holstein, erklärte in Kiel: „Die Besoldung verkommt in Deutschland immer mehr zum Flickenteppich: Jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen, vom Bund ganz zu schweigen.“ Der Vorsitzende des Sächsischen Beamtenbundes SBB, Jan Brenner < ... Magdeburg ... < ... und Stuttgart. Volker Stich, der Chef des dbb Landesbundes BBW, warnte die baden-württembergische Landesregierung davor, die geforderte Übertragung wie in den vergangenen Jahren um bis zu zwölf Monate zu verzögern: „Dann wäre die Grenze der Verfassungsmäßigkeit erreicht, wenn nicht gar überschritten.“ In Jena kritisierte der Vorsitzende des tbb beamtenbund und tarifunion thüringen, elmut Liebermann, die LanH desregierung des Freistaats Thüringen: „Wenn uns die Finanzministerin sagt, dass die bei Erfüllung aller unserer Forderungen notwendigen 160 Millionen Euro nicht zu stemmen seien, können wir nur mit Unverständnis reagieren. Mit welchem Recht die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes überproportional zur Haushaltskonsolidierung beitragen Weitere Kundgebungen hatten vom 3. bis 10. März in München, Magdeburg, Saarbrücken und Hamburg stattgefunden. Nach dem ergebnislosen Ab bruch der dritten Verhandlungsrunde hatte dbb Verhandlungsführer Willi Russ den Verhandlungsstil der Arbeit geber als „hilflos“ k ritisiert. genannten Spezialmerkmale. „Die Bezahlung muss sich verbessern, deshalb wollen wir eine höhere Eingruppierung durchsetzen“, erklärte Hemsing. Auch die sogenannten Tätigkeitsmerkmale sollen überarbeitet werden, die die Anforderungen für eine Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe darstellen. In Münster hat- ten bereits im Vorfeld der Verhandlungen Beschäftigte für bessere Beschäftigungsbedingungen demonstriert. „Weitere Aktionen sind nicht ausgeschlossen. „Wir werden aber weiterhin verantwortungsvoll agieren und die Betroffenen rechtzeitig über Aktionen in den jeweiligen Einrichtungen informieren“, sagte Hemsing. sollen, konnte uns noch niemand erklären.“ 29 Sozial- und Erziehungsdienst: Am 23. März 2015 ist in Münster bei der zweiten Runde der Tarifverhandlungen im Sozial- und Erziehungsdienst das weitere Vorgehen vereinbart worden. „Es ist ein Fortschritt, dass wir einen klaren Fahrplan haben“, sagte dbb Verhandlungsführer Andreas Hemsing. Nachdem am 23. März die Eingruppierung der „Leitung“ und „stellvertretenden Leitung“ diskutiert wurde, soll es am 9. April in Düsseldorf um „Erzieher“ und „Kinderpfleger“ gehen. Am 16. April in Hannover steht dann die Eingruppierung der „Fachkräfte Arbeits- und Berufsförderung“ auf der Agenda. Am 20. und 21. April in Frankfurt geht es dann um die so Friedhelm Windmüller Verhandlungsfahrplan festgelegt > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 aktuell Gerhard Pöschmann, verwies in Dresden darauf, dass sich viele Beamtinnen und Beamte in ihrer Freizeit an den Protestaktionen beteiligten und so ihre Unterstützung zum Ausdruck brachten: „Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir alle gemeinsam hinter diesen Forderungen stehen.“ dbb Tarifeinheitsgesetz: Verfassungsbruch verhindern! Am 5. März 2015 hat der Bundestag das umstrittene Gesetz zur ZwangsTarifeinheit in erster Lesung behandelt. Das Bündnis für Koalitionsfreiheit, dem der dbb, der Marburger Bund, der Deutsche Journalistenverband und die Pilotenvereinigung Cockpit angehören, hatte am 3. März 2015 in Berlin erneut auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzentwurfs hingewiesen und gefordert, das Vorhaben zu stoppen. fokus 30 Auch in einem Interview mit der „Nordwest-Zeitung“ (Ausgabe vom 3. März 2015) machte Dauderstädt klar, dass der dbb einen gesetzlichen Zwang zur Tarifeinheit nicht akzeptieren werde: „Das Gesetz ist ein Eingriff in die Koalitionsfreiheit. Wenn im Streitfall nur der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Organisation zur Anwendung kommen darf, sind wir auf dem Weg zur Einheitsgewerkschaft. Das hatten wir während des Nationalsozialismus und in der DDR schon mal. Die Väter unseres Grundgesetzes haben bewusst einen ganz hohen Rang für Artikel 9 vorgegeben. Wenn der Bundestag dieses Gesetz wirklich verabschiedet, werden wir einen Tag nach Inkrafttreten Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen.“ Marco Urban < < Gemeinsam gegen die Tarifeinheit: Dr. Rudolf Henke (1. Vorsitzender Marburger Bund), Klaus Dauderstädt (dbb Bundesvorsitzender), Ilja Schulz (Präsident Pilotenvereinigung Cockpit) und Kajo Döhring (Hauptgeschäftsführer Deutscher Journalisten-Verband, von links). „Letztendlich ist der Bundestag Gesetzgeber und Hüter der Verfassung“, erklärte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt zwei Tage vor der ersten Lesung zum ZwangsTarifeinheitsgesetz im Parlament, vor der Bundespressekonferenz in Berlin. „Die von der Koalition geplante gesetzliche Einschränkung der Koalitionsfreiheit ist nach Ansicht der übergroßen Mehrheit der Verfassungsexperten ein eindeutiger Verstoß gegen die in Artikel 9 des Grundgesetzes geschützte Koalitionsfreiheit.“ Der dbb Chef erinnerte die Abgeordneten von SPD und CDU/ CSU daran, dass die Grundgesetztreue wichtiger sei als die Koalitionsdisziplin: „Das mag pathetisch klingen, ist aber sehr ernst gemeint. Die Bundesregierung entzieht den kleineren Gewerkschaften die Existenzgrundlage, wenn sie ihnen die Möglichkeit nimmt, für die eigenen Mitglieder Tarifverträge abzuschließen.“ Am selben Tag stellte das Bündnis für Koalitionsfreiheit der Öffentlichkeit eine gemeinsame Resolution „Nein zum Grundrechtsbruch! Nein zum Tarifeinheitsgesetz!“ vor. Darin heißt es unter anderem: „Wir lehnen es ab, dass gewerkschaftliche Freiheitsrechte aller Arbeitnehmer in diesem Land per Gesetz eingeschränkt werden sollen. Die Bundesregierung darf entsprechende War- > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 nungen von renommierten juristischen Sachverständigen, Wirtschaftswissenschaftlern, Politikern und Gewerkschaftern nicht länger ignorieren.“ Und weiter: „Wer die Axt an die Koalitionsfreiheit legt, muss sich fragen lassen, welche freiheitlichen Grundrechte er als nächste einschränken will.“ Niemand dürfe durch den Eingriff der Politik dem Tarifdiktat einer fremden Gewerkschaft unterworfen werden. „Wir fordern daher die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, keinen Grundrechtsbruch zuzulassen und den Regierungsentwurf des Tarifeinheitsgesetzes zurückzuweisen“, so die in dem Bündnis zusammengeschlossenen Verbände. Bundespräsident soll Entwurf kritisch prüfen In einem Schreiben an Bundespräsident Joachim Gauck hat der dbb Chef noch einmal nachdrücklich auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzesvorhabens hingewiesen. „Mit vielen anderen Gewerkschaften, Richtern und Professoren sind wir zuversichtlich, dass der vorliegende Gesetzentwurf vor dem Bundesverfassungsgericht nicht bestehen wird“, heißt es in Dauderstädts Brief vom 10. März 2015. Diese „höchstrichterliche Korrektur“ der Gesetzgebung sollte man allerdings von vornherein vermeiden: „Gesellschaftspolitisch, aber auch in der konkreten gewerkschaftlichen Arbeit entsteht durch ein Gesetz, dessen rechtliche Fundierung derart fragwürdig ist, schon bis zu einer Karlsruher Entscheidung großer Schaden.“ Eine gesetzlich vorgeschriebene Tarifeinheit widerspreche der Realität in Deutschland. Jan Brenner Jan Brenner dbb < Bezogen vor der SPD-Parteizentrale Stellung gegen die Tarifeinheit: Bastian Roet (Cockpit), dbb Vize Claus Weselsky, DPolG-Chef Rainer Wendt, der Zweite dbb Vorsitzende Willi Russ und Maik Wagner, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS, von links). < Vor der CDU-Zentrale in Berlin brachten der Marburger-Bund-Vorsitzende Dr. Rudolf Henke (links) und dbb Chef Klaus Dauderstädt unter anderem Bundestagspräsident Norbert Lammert (rechts) die Bedenken der Gewerkschaften gegen das Tarifeinheitsgesetz nahe. Dauderstädt: „Der dbb praktiziert an vielen Tariftischen eine gut funktionierende Tarifeinheit mit DGB-Gewerkschaften. Solche Tarifeinheit stellt jedoch eine politische Herausforderung dar, folgt nicht einer legislativen Verpflichtung. Jeder Gewerkschaft muss das Recht erhalten bleiben, Tarifverhandlungen auch eigenständig zu führen.“ Neben der drohenden Einschränkung der Koalitionsfreiheit befürchtet der dbb auch strukturelle Fehlentwicklungen. „Mit Sorge sehen wir am Ende einer derartigen staatlichen Bevormundung einen Trend zu Monopolisierung und chen am 2. März 2015 in Berlin. Von acht Uhr morgens bis zum Nachmittag des 5. März hatten Mitglieder des dbb und der anderen betroffenen Gewerkschaften durchgehend vor den Hauptquartieren gewacht und gegenüber Passanten, Parteimitarbeitern und -vorständen gegen die geplante gesetzliche Einschränkung der Koalitionsfreiheit argumentiert. < Mahnwachen vor den Parteizentralen Begleitet hatte der dbb seinen Protest gegen das Gesetz mit Mahnwachen vor den Parteizentralen von CDU und SPD in Berlin. „Wir müssen den Spitzen von CDU/CSU und SPD auf den Pelz rücken“, sagte Dauderstädt zu Beginn der Mahnwa- Klaus Dauderstädt erklärte vor der CDU-Zentrale: „In dieser Woche findet die erste Lesung im Bundestag statt und die Koalitionäre sollen wissen, dass der Widerstand gegen diesen offensichtlichen Grundgesetzverstoß weiter wächst.“ Vor dem Willy-Brandt-Haus erwarteten der Zweite Vorsitzende des dbb, Willi Russ, und der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und dbb Vize, Claus Weselsky, die Mitglieder des SPD-Vorstandes. Russ: „Jede Kollegin und jeder Kollege hat das Recht darüber zu entscheiden, ob und wo sie oder er sich organisiert. Wenn die Bundesregierung die Tarifpartnerschaft und damit das Streikrecht für kleinere Gewerkschaften gesetzlich ausschließt, sind diese in ihrer Existenz bedroht.“ Weselsky ergänzte: „Warum soll man denn auch Mitglied einer Gewerkschaft werden, die man der Möglichkeiten zu wirksamer Interessenvertretung beraubt hat? Zwangstarifeinheit und Koalitionsfreiheit schließen sich aus.“ Jan Brenner < dbb Web-Tipp: < Bannerwagen des dbb patroullierten während der Mahnwachen im Regierungsviertel und vor dem Brandenburger Tor. Der dbb hat alle Informationen zur geplanten ZwangsTarifeinheit auf einer Sonderseite seines Internetauftritts gebündelt: www.dbb.de/ tarifeinheit dort finden Sie unter anderem Videomitschnitte von der Pressekonferenz sowie den Mahnwachen. > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 31 fokus Einheitsgewerkschaft.“ Klaus Dauderstädt bat den Bundespräsidenten nachdrücklich um eine „besonders kritische Prüfung des Gesetzentwurfs“, der im Mai vom Bundestag verabschiedet werden soll. dbb Stromnetzausbau: Die Energiewende zählt zu den wichtigsten Langfristprojekten der Bundesrepublik. Der Weg von Atomstrom und fossilen Energien hin zu sauberen, erneuerbaren Energieträgern erfordert nicht nur erhebliche Investitionen in die Infrastruktur. Er birgt auch Risiken unter anderem für den Naturschutz und erfordert ein hohes Maß an europäischer Harmonisierung. Dass die Nutzung erneuerbarer Energien negative Auswirkungen auf die Natur haben soll, klingt zunächst paradox. Dennoch kann der Ausbau zum Beispiel der Wind- und Solarkraft dazu führen, dass bislang unberührte Landschaften nachhaltig verändert werden, denn Solarfarmen und Windparks müssen irgendwo installiert werden. So befürchtet zum Beispiel Knut Wiek vom SPD-Ortsverein Kühlungsborn in Mecklenburg-Vorpommern, dass im Rahmen des aktuellen Landesraumentwicklungsprogramms für die Region ein gewaltiger Windpark direkt vor der Nase der Küstenbewohner entsteht‚ in einem Landstrich, der nicht nur touristisch wertvoll ist, sondern auch, was seine Flora und Fauna betrifft. Wie das aussehen könnte, hat der rührige Politiker in einer Computersimulation veran- schaulicht: Der ungetrübte Blick auf den Sonnenuntergang über der Ostsee wäre ein für allemal mit von bis zu 150 Meter hohen Windrädern verstellt. Wiek hat die Landesregierung aufgefordert, bei der Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms die Bedenken der Bürger und der Tourismusbranche zu berücksichtigen. „Die Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen findet ihre Grenzen dort, wo die Lebensqualität der Menschen und die Belange des Naturund Landschaftsschutzes erheblich beeinträchtigt werden“, argumentiert Wiek. Darüber hinaus müsse in Mecklenburg-Vorpommern auch den Belangen der Tourismuswirtschaft Rechnung getragen werden. Um eine der Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges entsprechende Nutzung sicherzu- > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 stellen sei es notwendig, das Küstenmeer in dem an die Strände und Küstensäume angrenzenden Bereich von allen Nutzungen und Maßnahmen freizuhalten, die den Tourismus beeinträchtigen könnten. „Dies gilt insbesondere für den Erhalt des Erlebnisses eines unverbauten Landschaftsbildes, sowohl vom Land auf die See als auch umgekehrt.“ < Gesundheit in Gefahr? Obwohl Windkraft mit der Nutzung natürlicher Ressourcen als äußerst umweltfreundlich gilt, regt sich insbesondere dort Widerstand, wo Windparks direkt in der Nähe besiedelter Gebiete entstehen sollen, und das nicht nur wegen der verbauten Aussicht. Auch gesundheitliche Bedenken mehren sich, denn Windkraftanlagen erzeugen mit ihren großen Rotoren nicht hörbaren Infraschall – Töne in sehr tiefen Frequenzbereichen – der möglicherweise gesundheitsschädlich ist. Dänemark, wo bereits 40 Prozent der benötigten Energie aus Windkraft kommt, hat daher eine Studie in Auftrag gegeben, die in zwei Jahren Klarheit bringen soll. „Es gibt eine eindeutige Verbindung zwischen Lärm und verschiedenen Krankheiten, wie beispielsweise Bluthochdruck und Diabetes. Die interessante Frage ist, ob es diese Verbindung auch bei der Art von Lärm gibt, den die Windräder machen“, sagte Aslak Harbo Poulsen vom dänischen Krebsforschungsinstitut Kräftens Bekämpelse der „Tagesschau“ im März 2015. Anwohner von Windkraftanlagen klagten vermehrt über Schlafstörungen und Schlaflosigkeit, Kopf- © fotokalle - Fotolia.com fokus 32 Belastungsprobe für Mensch und Material dbb < Investitionen fördern Das weiß auch die Bundesregierung und will an den Stellschrauben drehen. Am 16. März 2015 hat das Bundeswirtschaftsministerium Eckpunkte für einen „Modernen einen Zeitraum von fünf Jahren für den Betrieb und die Erweiterung ihrer Energienetze über die Netzentgelte von den Netznutzern vereinnahmen dürfen. Den Netzbetreibern werden zudem Vorgaben zur Effizienzsteigerung gemacht, die sich aus einem Effizienzvergleich der Netzbetreiber untereinander ergeben. Innerhalb < Der Ausbau des europäischen Stromnetzes verlangt kluge politische Weichenstellungen und die Kooperation zahlreicher Netzbetreiber. Regulierungsrahmen für moderne Verteilernetze“ vorgelegt. Kernstück dieser Modernisierungsoffensive ist die Novelle der Anreizregulierungsverordnung. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, sagte in Berlin: „Die Verteilernetze besitzen für das Gelingen der Energiewende eine zentrale Funktion. Bereits heute werden 80 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in die Verteilernetze eingespeist. Hieraus ergibt sich ein erheblicher Investitionsbedarf und Voraussetzung dafür, dass Investitionen getätigt werden, ist ein moderner Investitionsrahmen.“ Daher würde eine schnelle Refinanzierung von Investitionen auch für Verteilernetze gebraucht. Die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Strom- und Gasnetzbetreiber werden mittels der sogenannten Anreizregulierungsverordnung gesetzt. Sie legt für die regulierten Netzbetreiber fest, wie viel Geld die Netzbetreiber über der Erlösobergrenze können die Netzbetreiber unternehmerisch frei entscheiden, wie sie diese Effizienzvorgaben erfüllen. Übertreffen sie die Effizienzvorgaben, dürfen sie die zusätzlichen Einnahmen für die Dauer der Regulierungsperiode behalten. < Rahmenbedingungen verbessern Zwar betreffen diese Regelungen den Energiebinnenmarkt. Kritiker befürchten jedoch, dass die Eckpunkte den Netzausbau eher behindern als fördern, auch mit Blick auf die europäische Harmonisierung der Netzinfrastrukturen, die unter dem Stichwort Energieunion weiter getrieben werden soll. Dazu haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten im März 2015 in Brüssel getroffen und den Willen zur Energieunion grundsätzlich bekräftigt. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat positiv bewertet, dass die EUStaaten sich auch noch einmal offiziell zum europäischen Erneuerbaren-Energien-Ziel bis 2030 bekannt haben. Bis 2030 sollen 27 Prozent der in der EU benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. „Wir hätten uns ein ErneuerbarenZiel gewünscht, das wie bisher Verbindlichkeiten für jeden EUMitgliedstaat mit sich bringt. Da dies aktuell nicht möglich ist, ist es umso wichtiger, einen Monitoringprozess zu implementieren, der die Erreichung des 2030-Ziels effektiv nachhält“, sagt Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer der VKU. Zu den fünf Säulen des EUKommissionspapiers zur Energieunion zählen die Versorgungssicherheit, die Vervollständigung des Energiebinnenmarktes, die Energieeffizienz, der Übergang zu einer dauerhaft CO2-armen Gesellschaft sowie Fortschritte bei Forschung und Innovation. Reck: „Neben diesen fünf Säulen dürfen wir aber auch die Bürger nicht aus den Augen verlieren. Ohne eine Akzeptanz bei den Bürgern und Verbrauchern ist ein Infrastrukturausbau und eine tatsächliche Hinwendung zu einer erneuerbaren und CO2-armen Gesellschaft nicht möglich.“ Gerade am Infrastrukturausbau werde sich der Erfolg der Energieunion messen lassen müssen, so Reck. Aus VKUSicht gelte das für den Ausbau von Interkonnentoren – also länderübergreifender Netze – sowie die Energieinfrastrukur auch auf Verteilernetzebene, die aktuell noch nicht für die Aufnahme der zunehmenden Mengen an erneuerbaren Energien geeignet sei. Auch im Verteilnetzbereich müssten Investitionen von erheblichem Ausmaß mobilisiert werden. „Hier richtet sich unser Appell aber mehr an die nationale als an die europäische Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den notwendigen Ausbau der Netze ermöglichen und nicht wie durch die jüngst vorgelegten Eckpunkte zur Anreizregulierung gefährden.“ br > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 33 fokus Mit Naturschutzbedenken nicht genug. Die Energiewende hat auch Konsequenzen für die Stromnetze und deren Ausbau, denn eine komplexe Stromerzeugung erfordert komplexe und vor allem intelligente Netze. Waren es früher vorwiegend große Kraftwerke, die Strom in relativ gleichförmigen Mengen produzierten, müssen die Netze, die zudem europäisch verknüpft sind, heute den Strom von zahlreichen großen und kleinen Wind-, Solar- und sonstigen Erzeugungsanlagen wie Biogas oder Wasserkraft aufnehmen und weiterleiten. Je nach Wetterlage kann die erzeugte Energiemenge stark schwanken. Das stellt die Netze vor Herausforderungen, wie die partielle Sonnenfinsternis am 20. März 2015 gezeigt hat. Zwar ist nichts passiert. Weil aber die Verdunklung der Sonne zum plötzlichen Wegfall einer großen Energiemenge aus Solaranlagen hätte führen können, standen die Ingenieure bei allen Stromnetzbetreibern „Gewehr bei Fuß“, um im Ernstfall einen flächendeckenden Stromausfall aufgrund von Verteilungsspitzen zu verhindern. Darüber hinaus sollen vor allem Windkraftanlagen aufgrund der Windverhältnisse verstärkt in Norddeutschland betrieben werden. Ihr Strom muss aber auch in den Süden der Republik fließen. Kurz: Die Netze müssen für neue Arten der Energiegewinnung technisch fit gemacht werden. © PixMedia - Fotolia.com schmerzen, Konzentrationsund Gedächtnisstörungen und in einigen Fällen Tinnitus und Angstgefühle. Wissenschaftliche Belege für einen Zusammenhang zwischen den Symptomen und den Windkraftanlagen gebe es bislang jedoch noch nicht. Sollte die Studie entsprechende Befürchtungen bestätigen, würde das vielerorts das Aus für Windparks an Land bedeuten, wenn weiträumige Abstände zu Wohngebieten eingehalten werden müssen. Offshoreparks im offenen Meer wären dann zwingend erforderlich. Was wohl Robbe und Makrele dazu sagen? dbb Engagierte Personalvertreter weltweit: Rechtssicherheit und Fachkompetenz < Personalräte im Ausland Dass auch in den deutschen Dienststellen im Ausland nach den Maßgaben des Bundespersonalvertretungsrechts Personalvertretungen zu wählen sind, ist eine Tatsache. Hoch motivierte und engagierte Personalvertreter setzen sich hier für die Belange der Kolleginnen und Kollegen sowie der Dienststelle ein. Obwohl Gesetzestexte sowie dazugehörige Kommentare vorhanden sind und sich auch interessante hilfreiche Hinweise im Gesetz finden – selbsterklärend ist dies oft nicht: Die Personalräte erwarten dort, wo der beziehungsweise zur Diskussion besteht. Um überhaupt mit der Dienststelle als gleichberechtigter und sachkundiger Partner verhandeln zu können, müssen daher die Mitglieder des Personalrats über einen Grundbestand personalvertretungsrechtlich relevanten Wissens verfügen. Hier unterstützt die dbb akademie – egal, ob in Deutschland oder weltweit. < Nach der Wahl ist vor der Wahl Zurück nach Deutschland: In insgesamt sieben Bundesländern finden 2016 Personalratswahlen statt. Hinzu kommen die Wahlen für den Geltungsbereich des Bundes- reagieren – er muss vor allem auch agieren, die Zukunft mitgestalten. Diesem Anspruch stellen sich das Team der dbb akademie und der Fachdozenten. Im Verlauf einer Amtszeit ergeben sich unterschiedliche Seminarschwerpunkte, bei denen die dbb akademie mit Beratung und Schulung hilft, die jeweiligen verantwortungsvollen Aufgaben rechtssicher und zielgerichtet er füllen zu können. So auch im letzten Jahr vor der Wahl: Es gilt, in der Personalversammlung Rechenschaft abzulegen, über das Erreichte zu berichten. Auch den bestellten Wahlvorstandsmitgliedern bieten wir in speziellen Schulungen Unterstützung an. < Personalvertretungsrecht dbb akademie (2) fokus 34 Wussten Sie aber eigentlich auch, dass die dbb akademie im Ausland vor Ort Grundschulungen für Personalräte und Seminare zu speziellen Inhalten durchführt? Ob beispielsweise in Reston, Virginia, in den dortigen Dienststellen aus dem wahrnehmen zu können. Neben den Problemstellungen, die auch für deutsche Personalvertreter relevant sind, ergeben sich häufig weitere Fragestellungen: Was können Personalräte für die Ortskräfte tun, worauf ist zu achten? Welches Arbeitsschutzrecht ist in der betreffenden Dienststelle anzuwenden, und wie kann der Personalrat seinen gesetzlichen Auftrag im Rahmen des Arbeitsschutzes erfüllen? < Aurelia Antica Rom < Dozententeam der dbb akademie Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung oder in Rom im Deutschen Historischen Institut aus dem Geschäftsbereich der Max Weber Stiftung – die Kolleginnen und Kollegen können sich der professionellen Unterstützung der dbb akademie sicher sein. Die dbb akademie unterstützt die Mitglieder der Personalräte dabei, ihre Aufgaben rechtssicher und mit hoher Fachkompetenz Kommentar nicht weiterhilft, Antworten. Der Ansatz der dbb akademie ist hier, die Kolleginnen und Kollegen fachkompetent zu unterstützen und eine Hilfestellung zur rechtssicheren Entscheidung zu geben. Hinzu kommt der Umstand, dass in zahlreichen Auslands-DienststelIen nur „Ein-Personen-Personalräte“ existieren, so dass keine Möglichkeit zur Meinungsbildung im Gremium > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 personalvertretungsgesetzes, erstmals gemeinsam mit den JobCentern. Zusätzlich stehen wieder die Wahlen zu den Jugend- und Auszubildendenvertretungen an. Die Zeiten, in denen die Erledigung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben ein reines Abhaken von Beteiligungsrechten war, sind längst vorbei. Ein Personalrat muss nicht nur Grund- und Spezialschulungen Nach den Wahlen gilt es, erfahrene wiedergewählte Personalratsmitglieder mit neugewählten Kolleginnen und Kollegen zusammen auf einen gemeinsamen Wissensstand zu bringen. Praxiswissen für die tägliche Arbeit – darum geht es in den Grundlagenschulungen. Gleichzeitig geht es aber auch um die Vermittlung von Spezialwissen, damit alle gewählten Personalvertreter ihre Aufgaben mit hoher Fachkompetenz und effektiv wahrnehmen können. Unsere Veranstaltungen zum Personalvertretungsrecht bieten wir im Jahresprogramm und als InhouseSchulungen an. Ihr Ansprechpartner ist: Helmuth Wolf, Tel.: 030.408165-30, [email protected] dbb Versorgungslücke trotz Pflegestärkungsgesetz: Private Vorsorge bietet Schutz stehende Lücke ist beachtlich: Mehr als 1 600 Euro fehlen Monat für Monat. Auch bei häuslicher Pflege tun sich nicht unerhebliche Finanzlücken auf. Im Ernstfall müssen die Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern aufkommen. Bislang hatten Menschen mit einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz (Demenz) nur einen begrenzten Leistungsanspruch, wenn ihr Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe I lag (sogenannte Pflegestufe 0). Dieser Anspruch ist nun etwas größer geworden, wie in allen Pflegestufen aber nicht ausreichend. Eine Versorgungslücke bleibt für viele somit dennoch bestehen. Das dbb vorsorgewerk schafft mit einer flexiblen Pflegezusatzversicherung hier Abhilfe – und bietet über seinen langjährigen Kooperationspartner Deutsche Beamtenversicherung Krankenversicherung (DBV) nun auch umfangreichere Leistungen bei Pflegestufe 0. Auch Beamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollten sich nicht in Sicherheit wiegen. Zwar sind sie durch Beihilfe und private Pflegepflichtversicherung für den Pflegefall abgesichert, dennoch reichen diese Leistungen zur Deckung der Kosten in der Regel nicht aus. Dies gilt insbesondere für den großen Bereich der ambulanten Pflege; immerhin werden 70 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt. < Gesetzliche Pflege allein deckt Kosten nicht Damit also alles gut? Weit gefehlt. Ein Rechenbeispiel zeigt, wie notwendig zusätzliche Pflegevorsorge ist: Wird ein Betroffener mit der Pflegestufe III in Deutschland stationär gepflegt, so fallen laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich rund 3 250 Euro monatliche Kosten an. Hochwertige Pflege kann auch schnell 4 000 Euro und mehr kosten. Tendenz steigend. Als gesetzliche Leistung erhält er lediglich 1 612 Euro. Die ent- Trotz erhöhter Leistungen bleibt es dabei: Die Pflegeleistungen bieten auch nach Änderungen durch das Pflegestärkungsgesetz nicht mehr als eine Grundversorgung. Das Bundesministerium für Gesundheit beschreibt sie selbst als Teilkaskoversicherung – und empfiehlt den Abschluss einer privaten Pflegevorsorge. Das dbb vorsorgewerk bietet Einzelmitgliedern der Landesbünde und Mitgliedsgewerkschaften des dbb und ihren Angehörigen mit der „Pflegevorsorge Flex“ der DBV eine flexible und einfache Lösung: Einzelne Pflegestufen können individuell abgesichert werden, und wer frühzeitig zusätzlich vorsorgt, kann erst mit einem kleinen Beitrag beginnen und den Versicherungsschutz später ausbauen. Außerdem kann die Police mit dem PflegeBahr kombiniert werden. Der Vorteil: Die Wartezeit beim Pflege-Bahr entfällt und der Kunde sichert sich die staatliche Förderung. < Demenzleistungen im Fokus Zugleich bietet die Pflegevorsorge umfangreiche Leistungen: So erhalten Pflegebedürftige jeden Monat ein Pflegegeld, das sie bereits ab Stufe 0 flexibel einsetzen können – für zusätzliche Betreuungsbesuche am Tag durch einen professionellen Pflegedienst, für selbst organisierte Pflegebetreuung oder für ein Pflegeheim mit höherer Qualität. Zudem sind Kunden bereits ab Pflegestufe I von der Beitragszahlung befreit. Zum Januar wurde die Pflegevorsorge um den „Demenzbaustein“ Flex 0 ergänzt. Damit wurde ein Thema aufgegriffen, das durch das Pflegestärkungsgesetz in den Fokus gerückt ist. Auch prominente Betroffene wie der Schauspieler Karlheinz Böhm oder der Fußballmanager Rudi Assauer haben dazu beigetragen, dass Demenz in der Öffentlichkeit zum Thema geworden ist. Sie stehen stellvertretend für zahlreiche Be- troffene: Bereits heute sind in Deutschland circa 1,4 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, bis zum Jahre 2050 könnte sich die Zahl verdoppeln. Denn klar ist: Eine Versorgungslücke im Pflegefall bleibt trotz Gesetz – aber sie kann geschlossen werden. dbb Mitglieder und ihre Angehörigen profitieren mit dem Tarif „Flex“ über das dbb vorsorgewerk von einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis sowie zusätzlich von attraktiven Kollektivvertragskonditionen. sz < Info Welche Möglichkeiten für Sie bestehen, rechnen Ihnen die Pflegeexperten des dbb vorsorgewerk gerne aus. Diese sind montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr unter 030.40816444 für Sie da. Gerne wird Ihnen auch ein Vorsorgeberater vor Ort vermittelt. Der Tarif „Flex“ ist auch online abschließbar: www.dbb-vorsorgewerk. de/pflege. Berechnen Sie hier ganz unverbindlich Ihren Beitrag – auch mit staatlicher Förderung. > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 35 fokus Die Politik hat die Zeichen der Zeit erkannt: Durch das Pflegestärkungsgesetz hat sie zu Beginn des Jahres die meisten Leistungen der Pflegeversicherung um vier Prozent angehoben und den Leistungsanspruch bei Demenz erweitert. © Kzenon – Fotolia.com Zum Pflegefall kann jeder werden. Derzeit sind in Deutschland mehr als 2,5 Millionen Pflegefälle registriert; für das Jahr 2050 rechnet das Bundesministerium für Gesundheit mit über 4,7 Millionen. dbb Tarifrunde Hessen: Nachwuchs ist keine Verschiebemasse schen brauchen Sicherheit und Perspektiven, und deswegen vor allem eine unbefristete Übernahme!“, rief Walter in Richtung Landesregierung. „Ein Arbeitgeber, der mit der Zeit gehen will und sich selbst so auf die Schultern klopft wie das Land Hessen, muss auch zeitgemäße Konzepte für junge Beschäftigte anbieten“, so Walter. Der dbbj Hessen Chef zitierte die Klage des hessischen Innenministers Beuth über die Gewerkschaftsforderungen. Beuth hatte gesagt, die Summen, um die es gehe, seien keine Trinkgelder. „Wir wollen auch keine Trinkgelder“, hielt Walter dagegen, „denn gute Beschäftigte, die hervorragende Arbeit leisten, verdienen eine angemesse- < Martin Walter, Vorsitzender der dbb jugend hessen ne Bezahlung. Wir haben es satt, immer als Kostenfaktor oder Negativseite der Bilanz dargestellt und mit der Schuldenbremse abgefrühstückt zu werden. Gerade in einer Zeit, in der es der Wirtschaft wieder besser geht und die Steuereinnahmen fließen, wollen auch wir am Aufschwung beteiligt werden.“ Walter mahnte mit Blick auf den demografischen Wandel mehr Verantwortung seitens der Landesregierung an: „Im Kampf um die besten Köpfe muss die Landesregierung An- reize und Perspektiven schaffen. Nullrunden, Einschnitte in der Beihilfe, Stellenabbau und mangelnde Übernahme sind das Gegenteil davon. Ein moderner und handlungsfähiger Staat braucht einen modernen und leistungsfähigen öffent lichen Dienst mit stabilen Strukturen, qualifiziertem, motivierten Nachwuchs und ordentlichen Arbeitsbedingungen. Es sind die Auszubildenden und die Anwärter, die jungen Beschäftigten von heute, die morgen für die Qualität des öffentlichen Dienstes einstehen müssen“, betonte Walter. 37 spezial Von den Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen Länder (TV-H) sind insgesamt mehr als 160 000 Beschäftigte betroffen. Hessen ist 2004 aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgetreten, die derzeit parallel mit den Gewerkschaften für die übrigen 15 Bundesländer in Potsdam verhandelt. In Wiesbaden kamen mehr als 800 Demonstrantinnen und Demonstranten zur zentralen Demo und Kundgebung vor der Staatskanzlei zusammen. Dort fand der Vorsitzende der dbb jugend hessen, Martin Walter, deutliche Worte: „Der Nachwuchs im öffentlichen Dienst ist keine beliebige Verschiebemasse. Junge Men- Bernwart Bertram Mehr als 1 200 Landesbeschäftigte legten am 16. März 2015 in Hessen die Arbeit nieder, um im Tarifkonflikt mit der Landesregierung Druck zu machen, nachdem die Arbeitgeber, vertreten von Innenminister Ingo Beuth (CDU), in der ersten Verhandlungsrunde am 6. März 2015 kein Angebot vorgelegt hatten. dbb Tarifeinheit: Mahnwache mit dbb jugend Christoph Opitz, DSTG-Landesjugendleiter Berlin: „Ich bin hier, weil ich mir nicht durch eine Tarifeinheit meine Grundrechte nehmen lassen will. Dafür bin ich auch bereit, mir die Nacht um die Ohren zu schlagen.“ spezial 38 Patrick Pilat, Landesjugendleiter der dbb jugend Brandenburg und Mitglied im Verband der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbediensteten (VDStra.): „Ich bin gegen die Tarifeinheit, weil ich dadurch in der Wahl meiner Gewerkschaft eingeschränkt werde. Eine Fachgewerkschaft hat vielleicht nicht immer die meisten Mitglieder, aber sie kennt die Belange der Berufsgruppe genau. Und ich möchte schließlich, dass dieses Wissen in die Tarifverhandlungen einfließt. Die Nachtschicht bei der Mahnwache ist anstrengend und kalt, aber es war toll, den Zusammenhalt in der Jugend zu spüren und gemeinsam zu zeigen, dass wir solidarisch gegen die Tarifeinheit stehen.“ Steven Werner, Vorsitzender der AG Jugend in Europa und Jan Brenner Die dbb jugend beteiligte sich an den Mahnwachen gegen das geplante Gesetz zur Tarifeinheit. So auch in der Nacht vom 4. auf den 5. März 2015 vor der SPD-Parteizentrale in Berlin. < Trotzten Schneeschauern und Kälte: nächtliche Mahnwache der dbb jugend mit Maskottchen Horst und Ärzten vom Marburger Bund vor der SPD-Parteizentrale. Mitglied des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB): „Leider versuchen ausgerechnet die beiden großen Volksparteien, die Vielfalt durch sozialistischen Einheitsbrei zu ersetzen. Wer die Tarifeinheit einführt, tritt unsere Grundrechte mit Füßen. Grundrechte, die sich meine Eltern vor 25 Jahren noch erkämpfen mussten. Tarifliche Pluralität ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitnehmerschutzrechte und hat in den letzten Jahren zur positiven Entwicklung in Deutschland beigetragen. Gestern hatten wir die Möglichkeit, die Große Koalition mit demokratischen Mitteln an die sozialen Werte der Verfassung zu erinnern. Als Antwort fiel der SPD nicht mehr ein, als uns in den strömenden Regen zu verbannen. Das war wohl zu viel Gegenwind für Frau Nahles und Herrn Gabriel ...“ Europäischer Abend: Schluss mit Schuldzuweisungen „Europas Wirtschaft – Risse im Fundament?“ war das Thema des 22. Europäischen Abends am 16. März 2015 im dbb forum berlin. Ein Aspekt dieser Risse ist die Jugendarbeitslosigkeit in Europa, die statistisch auf konstant hohem Niveau ist. Für die dbb jugend nahmen Matthäus Fandrejewski (Sprecher der CESI Youth) und Steven Werner (Sprecher der AG Jugend in Europa der dbb jugend) teil. Schwerpunkte des Abends waren die Digitalisierung und der Umgang mit der aktuellen Krisenpolitik in Europa. In einer Podiumsdiskussion waren sich die Diskutanten einig, Europa nicht nur an Euro und Cent messen zu können. Vielmehr müsse Europa auch als europäische Wertegemeinschaft gesehen werden, wozu nicht zuletzt eine sozialere Dimension Europas gehöre. Ein europäischer Wert, der auch von der dbb jugend gefordert wird. „Wir profitieren in Deutschland von Europa, gerade auch als Jugend. Wenn wir in andere Länder schauen, erleben wir allerdings, wie Sparzwänge und polemische Wortspiele in der Krise langsam das europäische Funda- > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 ment einreißen. Dabei sollte es selbstverständlich sein, einen Solidarbeitrag zu leisten. Damit würde dem politischen Extremismus in Europa der Nährboden entzogen“, kommentierte Steven Werner mit Blick auf die diesjährigen Wahlen in den Mitgliedsländern der EU. Linn Selle (Preisträgerin „Frau Europas“ 2014) stellte in der Diskussion heraus, dass es paradox wäre, wenn die Jugend zwar die „europäischste Generation“ von allen wäre, gleichzeitig wirtschaftlich aber am stärksten abgehängt würde. Unterstützung fand diese Ansicht bei Matthäus Fandrejewski: „Wir sollten uns nicht ge- genseitig die Schuld in die Schuhe schieben. Da drehen wir uns im Kreis. Wichtiger ist es, eine gemeinsame europäische Zukunft zu entwickeln. Als junge europäische Gewerkschafter werden wir uns an einer Debatte über die europäische Zukunft beteiligen.“ Im Vorfeld des Europäischen Abends nutzten die Teilnehmer der dbb jugend die Möglichkeit, an einer Diskussionsveranstaltung zur europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik teilzunehmen, wo sie auch Vertreterinnen und Vertreter des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR) und der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) trafen. dbb Führungspositionen: Der Bundestag hat am 6. März 2015 das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Män nern an Führungspositionen beschlossen. Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenver tretung: „Das wurde auch höchste Zeit. Ich habe es selten erlebt, dass einem Gesetzesentwurf so viele Widerstände entgegenstanden wie diesem.“ Neben einer Quote für Füh rungspositionen in börsen notierten Unternehmen gilt ab 2016 auch eine Frauenquote von 30 Prozent für die Auf sichtsgremien, in denen der Bund mit mindestens drei Sit zen vertreten ist. Ab 2018 soll der Frauenanteil auf 50 Prozent erhöht werden. Zudem soll die Bundesverwaltung Zielvorga ben zur Steigerung des Frauen anteils auf der Führungsebene erlassen. Kurz vor dem Bundestagsbe schluss wurde erneut Kritik an dem Entwurf laut: Ausgerech net der Part des Entwurfes, der sich mit der geschlechterge rechten Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst beschäf tigt, wurde in der Expertenan hörung im Bundestag als ver © thodonal - Fotolia.com Bundestag beschließt die Quote fassungswidrig und nicht mit dem Europarecht vereinbar be zeichnet. Eine Passage zum Gleichstellungsgesetz habe quasi eine neue Männerquote vorgesehen, da Männer bei Ein stellung und beruflichem Auf stieg bevorzugt werden sollten, falls sie im jeweiligen Bereich unterrepräsentiert seien. Diese Kritik führte dazu, dass der Entwurf kurzfristig noch mals geändert wurde. Nun soll Geschlechterparität nicht für alle Ebenen der Bundesverwal tung gelten. Eingegriffen wer den soll nur, wenn eine struk turelle Benachteiligung von Frauen vorliegt. Diese Rege lung soll nun auch für Männer gelten. Helene Wildfeuer: „Die dbb bundesfrauenvertretung wird sehr genau beobachten, ob das Gesetz tatsächlich die ge wünschte Wirkung zeigt. Die Erfahrung mit über 20 Jahren Bundesgleichstellungsgesetz hat gezeigt, wie geduldig Papier sein kann.“ M e h R W I S S e n a l S a n D e R e . B e S T e l l e n S I e j e T z T. Reisekosten-, Umzugskosten-, Trennungsgeldrecht – Bund Der Inhalt im Überblick: • Vorschriftensammlung auf dem aktuellen Stand • Reisekosten-, Umzugskosten-, Trennungsgeldrecht • für In- und Ausland • zahlreiche Erläuterungen • Hinweise für die Abrechnungspraxis V oRan k ÜnDIg Ung Was Sie davon haben: Das bewährte Kompendium ist eine praxisnahe Arbeitshilfe für Personalsachbearbeiter, die Bundesrecht anwenden – beliebt auch bei Studierenden und Auszubildenden des öffentlichen Dienstes. Es bietet eine praktische Arbeitshilfe für alle Bediensteten in Reise- und Umzugskostenstellen. Die Textsammlung enthält neben den relevanten Gesetzen auch Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Tabellen und zahlreiche Erläuterungen. So bestellen Sie ganz einfach: Sie können mit nebenstehendem Bestellcoupon per Post oder Fax bestellen. Oder Sie teilen uns Ihren Wunsch per E-Mail oder über Internet mit. ca. 300 Seiten 29,90* ISBN: 978-3-87863-191-0 * zuzügl. Porto und Verpackung 39 spezial _0K6LH_EAZ_dbb_magazin_4_2015_S_39.pdf; s1; (185.00 x 135.00 mm); 10.Mar 2015 11:33:48; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien InformatIonen für Beamte und arBeItnehmer dbb verlag gmbh friedrichstraße 165 10117 Berlin telefon: 0 30/ 7 26 19 17-0 telefax: 0 30/7 26 19 17-40 e-mail: [email protected] Internet: http://www.dbbverlag.de Bestellcoupon Zuschicken oder faxen __ exemplar/e „reisekosten-, umzugskosten-, trennungsgeldrecht – Bund” Verlagsprogramm name anschrift datum/unterschrift Widerrufsrecht: Sie haben das recht, binnen 14 tagen ohne angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. die frist beginnt mit absendung dieser Bestellung. Zur einhaltung der frist genügt die rechtzeitige absendung des Widerrufs an: dbb verlag gmbh, friedrichstr. 165, 10117 Berlin, tel.: 030.726 19 17-0, fax: 030.726 19 17-40, e-mail: [email protected] > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 dbb Energie-Vergleichsportale: Drum prüfe, wo sich Preise finden Verivox, Check24, Preisvergleich und viele andere Vergleichsportale locken Nutzer mit dem kostenlosen Angebot, die billigste Reise, den günstigsten Telefonanbieter oder den preiswertesten Anbieter für Gas, Strom, Holzpelletts und Heizöl zu finden. Das Vergleichsangebot hat sich mittlerweile auf jede erdenkliche Dienstleistung und alle möglichen Waren ausgedehnt, die Portale haben damit in kurzer Zeit die Art, wie Menschen auswählen und einkaufen, revolutioniert. Zwar ist der Markt damit transparenter geworden. Aber die Portale schaffen auch neue Intransparenzen und zwingen die Industrie in neue Marketingstrategien. Illusionen sollten sich Nutzer nicht hingeben: Die Betreiber der Preisvergleichsportale bieten ihre Dienste nicht aus reiner Nächstenliebe an. Ihr Ziel ist Gewinn, und der generiert sich in aller Regel über Provisionen, die in dem Portal gelistete Anbieter von Waren oder Dienstleistungen für eine erfolgreiche Vermittlung an den Betreiber zahlen. Nach welchem System diese Provisionen auf den verschiedenen Portalen zustande kommen und ob es dabei sogar unerlaubte Preisabsprachen gibt, die Energie für Endverbraucher letztlich verteuern, ist immer wieder Gegenstand von Schlagzeilen. So ist zum Beispiel keinesfalls sicher, dass der vom Vergleichsportal ermittelte beste Preis auf Platz eins der Suchergebnisse wirklich der günstigste ist. Möglicherweise ist der gleiche Energietarif über die Webseite des Anbieters selbst gebucht doch noch ein bisschen günstiger. Auch sollten Kunden > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 © Trifonenko Ivan – Fotolia.com finale 40 Die Kosten für Energie haben sich im Laufe der vergangenen Jahre stetig verteuert. Musste ein durchschnittlicher deutscher Haushalt zur Jahrtausendwende monatlich rund 160 Euro oder knapp über sechs Prozent der privaten Konsumausgaben für Energie und Kraftstoffe zahlen, waren es 2013 bereits 261 Euro oder 8,1 Prozent. Wer sparen will, ist immer mehr auf den jeweils günstigsten Energieanbieter angewiesen. Diesen treffsicher zu finden, haben sich Onlinevergleichsportale auf die Fahnen geschrieben. Doch bei der Suche gibt es Fallstricke. den selbsternannten Sparfüchsen nicht blind vertrauen, weil die Sucheinstellungen der Vergleichsportale oft Voreinstellungen aufweisen, die weniger dem Verbraucher zugutekommen als vielmehr dem Provisionsfluss des Betreibers: Die Datenbanken hinter der Suchmaschine spucken in der Regel zuerst Angebote aus, bei denen Prämien und Wechselboni in den Tarif eingerechnet werden. Diese Wechselprämien können bis zu mehrere 100 Euro ausmachen und lassen den Jahrespreis beispielsweise für Strom in hellem Glanz erstrahlen. Stellt sich dann bei näherer Betrachtung des Tarifs heraus, dass es nur eine einjährige Preisgarantie gibt, können mögliche Kostensteigerungen ab dem zweiten Jahr die vermeintliche Ersparnis schnell wieder aufzehren. Preiserhöhungen von über 30 Prozent im zweiten Jahr sind keine Seltenheit. Nur im Vergleich mit einem Tarif ohne Bonus kann letztlich bestimmt werden, ob er wirklich günstig ist. Kunden müssen also selbst aktiv werden und die Sucheinstellungen so anpassen, dass die Datenbank des Vergleichsportals Ergebnisse liefert, die fair sind. < Vertrackte Tricks Stiftung Warentest hat zuletzt im Februar 2014 einen prüfenden Blick auf Billigstromanbieter, die in den Vergleichsportalen meist auf den ersten Plätzen landen, geworfen und ist zu ernüchternden Ergebnissen gekommen: Fast alle vermeintlichen Energieschnäppchen enthalten unfaire Vertragsbedingungen. Zum Beispiel werden hohe Boni versprochen, aber nur zu abstrusen Bedin- dbb < Wechselservice: Das Portal kümmert sich Pluspunkte bieten die großen Vergleichsportale mit ihrem Wechselservice. Die Sorge, bei einem Vertragswechsel plötzlich ohne Strom oder Gas dazustehen, sind in der Regel unbegründet. Für den Wechsel muss weder ein Techniker ins Haus kommen noch sind Erdaushub oder Verlegearbeiten vonnöten. Die Energie fließt wie gewohnt und idealerweise ohne Unterbrechung durch die vorhandenen Leitungen, nur der Aussteller der Rechnung ändert sich. Den zugehörigen Papierkrieg übernehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vergleichsportals – vorausgesetzt, der neue Tarif wird direkt über das Portal gebucht. Wie bei Internet- oder Telefontarifen unterliegen Gasund < Preise in Bewegung Auf dem Energiemarkt gehen die Preise genauso heftig auf und ab wie an der Wertpapierbörse. Diese Schwankungen werden zwar nicht eins zu eins an die Endverbraucher weitergeben. Trotzdem sollten Kunden flexibel bleiben und Vertragslaufzeiten nicht länger als ein Jahr wählen. Zudem sollte sich die Kündigungsfrist nach Ablauf des ersten Jahres nicht automatisch um ein weiteres Jahr verlängern, sondern monatlich kündbar werden. Dadurch bleibt die Flexibilität gewahrt, bei starken Preisschwankungen reagieren zu können und den Anbieter zu wechseln. Ist der neue Vertrag gebucht, und fallen nach dem Abschluss doch noch Unregelmäßigkeiten im Vertrag auf, ist das kein Grund zur Panik. Für alle online oder telefonisch abgeschlossenen Verträge regelt das Fernabsatzgesetz eine Widerrufsfrist von zwei Wochen. Vom Tag des Abschlusses kann der Vertrag 14 Kalendertage lang ohne Angabe von Gründen storniert werden. Erst nach Ablauf dieser Frist wird der Vertrag bindend. Anders bei Verträgen, die in der Filiale eines Anbieters vor Ort abgeschlossen worden sind. Diese greifen sofort mit der Unterschrift des Kunden. Hartgesottene Energiekunden können übrigens kräftig sparen, indem sie die Anbieter mit ihren eigenen Mitteln schlagen: Sie buchen den wirklich günstigsten Tarif beim Oberbilligheimer, wohl wissend, welche Gemeinheiten im Vertrag lauern. Rechtzeitig im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen gekündigt und den Anbieter gewechselt, streichen sie Jahr für Jahr hohe Boni ein und springen quasi von Lieferant zu Lieferant. Die Mühe und die Gefahr, Schiffbruch zu erleiden, können sich auszahlen. Disziplin, Timing und eingehendes Studium der AGB sind dabei allerdings unabdingbar. 41 finale Vorsicht geboten ist auch bei sogenannten Prepaidangeboten oder Paketpreisen. Hier zahlen Kunden im voraus einen festen Betrag für eine feste Menge Energie. Das kann unschlagbar günstig sein. Geht aber der Anbieter bankrott, wird es richtig teuer. Bis heute hoffen rund 500 000 Gläubiger der 2011 insolvent gewordenen Firma „TelDaFax“ darauf, ihr Geld zurückzubekommen. TelDaFax hatte neben Telefonverträgen auch Strom- und Gaskontingente gegen Vorauszahlung verkauft. Auch wenn ein Haushalt mehr Energie braucht als der abgeschlossenen Liefervertrag hergibt, rechnet sich das Schnäppchen nicht mehr, denn in der Regel sind Nachlieferungen von Strom oder Gas über das gebuchte Kontingent hinaus so teuer, dass sie die Ersparnis des billigen Vertragsabschlusses mehr als auffressen. Nicht verbrauchte Energie aus dem Vertrag wird dagegen nicht erstattet. Es gibt sogar Verträge, die Aufschläge verlangen, wenn weniger Energie verbraucht wird als im Vertrag vorgesehen. Vorsicht also bei Verträgen mit sogenannten Mehroder Minderverbrauchsaufschlägen. Ein anderer Trick, um Marge zu generieren, ist, Strom oder Gas unter Auf jeden Fall sollten sich Energiekunden die Mühe machen, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des infrage kommenden Vertrages akribisch zu prüfen, ob unfaire Klauseln enthalten sind. Stromkunden gesetzlichen Kündigungsfristen für ihre Verträge. Ein Anbieterwechsel ist in aller Regel erst möglich, wenn der alte Vertrag ausläuft. Auch dabei helfen Vergleichsportale, indem sie Wechselerinnerungen per E-Mail verschicken. Ein Sonderkündigungsrecht gibt es bei Preiserhöhungen und gegebenenfalls bei Umzug. br > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 ictures4you - Fotolia.com Weiter verschleiern Billiganbieter gern saftige Preiserhöhungen und verstecken diese in blumig formulierten Kundenbriefen oder ändern den Zahlungsturnus von vereinbarten elf auf zwölf Monatsraten. Schwarze Schafe, die durch unlautere Praktiken ins Gerede gekommen sind, ändern auch gerne einmal den Markennamen, um neue Kunden zu ködern. verschiedenen Markennamen anzubieten. Der Lieferant ist derselbe, das Preismodell und die Vertragsklauseln sind es nicht. Auch hier sollten Kunden prüfen, wer wirklich hinter der Billigmarke steckt. © Pictures4you – Fotolia.com gungen wirklich ausgezahlt, etwa, wenn der Kunde Freiberufler ist. Auch sollen Stromanbieter schon vorzeitig Verträge gekündigt haben, um den Bonus nicht zahlen zu müssen. dbb Mitgliederwerbeaktion 2014: dbb weiter im Aufwärtstrend „Mehr Junge, mehr Frauen, mehr Tarifbeschäftigte, das ist eine Entwicklung, die uns in Zeiten des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels sehr freut und uns in unserem Handeln bestärkt“, kommentierte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt die Ergebnisse der Werbeaktion 2014: Werberinnen und Werber aus den Mitgliedsgewerkschaften haben dem dbb 2014 insgesamt 15 560 Neumitglieder gemeldet. sind 8 551 Beamte (einschließlich Anwärter und Pensionäre) und 7 009 Tarifbeschäftigte (einschließlich Azubis und Rentner). In Bezug auf die früheren Aktionen steigt auch der Anteil der Tarifbeschäftigten kontinuierlich leicht an. Ferner sind mehr Anwärter (4 943) als Beamte (3 548) beigetreten. Bei den Tarifbeschäftigten ist der Trend entgegengesetzt: 6 223 Beschäftigte zu 712 Azubis. Für den Gewerkschafts- nachwuchs insgesamt ein hervorragendes Ergebnis: Von den 15 560 Neumitgliedern sind demnach insgesamt 5 655 Anwärter und Azubis (36,34 Prozent). Die meisten Mitgliederzuwächse verzeichnen die komba gewerkschaft (2 531), die DSTG (2 387), der VBE (1 803), die GDL (1 795) und die GdS (1 139). Alle Werberinnen und Werber erhalten für jedes neu geworbene Mitglied vom dbb Wertschecks, die einzeln oder Der dbb führt seit 1991 zur Unterstützung seiner Mitgliedsgewerkschaften Mitgliederwerbeaktionen durch. Seit dem sind die Mitgliederzahlen des gewerkschaftlichen Dachverbandes kontinuierlich von 1 053 001 (1991) auf 1 282 829 (2014) gestiegen. Solidarität leben – Mitglieder werben dbb Werbeaktion Werben Sie für Ihre Fachgewerkschaft ... juniart – fotolia spezial 42 Die Geschlechterzugehörigkeit hält sich inzwischen in etwa die Waage: 7 612 Männer und 7 948 Frauen sind gemeldet worden. Der Frauenanteil der Neueintritte ist im vergangenen Jahr erstmals größer gewesen als der Männeranteil und in den letzten zehn Jahren kontinuierlich angestiegen. Zum Vergleich die Zahlen von 2008: Damals meldeten die Werber insgesamt 18 894 neue Mitglieder, davon waren 11 346 Männer und 7 548 Frauen. Von den Neumitgliedern gesammelt für größere Anschaffungen, in einen oder mehrere Einkaufsgutscheine namhafter Markenartikler eingetauscht werden können. Und unter allen Werbern verlost der dbb Jahr für Jahr zusätzlich einen Superpreis, der 2014 von der Bausparkasse Wüstenrot gesponsert worden ist: ein iPhone6 mit 64 GB Speicherkapazität. Der Gewinner kommt diesmal aus Bayern und gehört dem Landesverband der Bayerischen Justizvollzugsbediensteten an. Das dbb magazin gratuliert herzlich und wünscht allen Werberinnen und Werbern weiterhin viel Erfolg bei der Mitgliederwerbung. > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 ... und der dbb belohnt Sie mit einem Wertscheck und verlost am Ende der Aktion unter allen Werbern zusätzlich einen attraktiven Sonderpreis. (Aktionsschluss: 29. Februar 2016) 2015 Infos: www.dbb.de/mitgliederwerbung Telefon: 030.4081-40 Fax: 030.4081-5599 E-Mail: [email protected] Friedrichstraße 169/170 10117 Berlin dbb < DPolG Bundespolizei Warnung vor Verlusten durch Privatisierung Vor Millionenverlusten bei der Bundespolizei durch Privatisierungen hat die DPolG Bundespolizeigewerkschaft gewarnt. Der Vorsitzende Ernst G. Walter verwies am 2. März 2015 auf das Scheitern der privatisierten Kleiderkasse der Bundeswehr LHBw und die Gefahr von Riesenverlusten durch Privatisierungen auch in der Bundespolizei. finale 44 für das Jahr 2015 prognostizieren Haushaltsexperten der Bundespolizei eine Unterdeckung des Bundespolizei-Haushaltes von 85 bis 100 Millionen Euro bei den Kosten für die privaten Sicherheitsunternehmen, die zudem immer häufiger trotz vertraglicher Verpflichtung noch nicht einmal dazu in der Lage seien, das von der Bundespolizei angeforderte Personal zur Durchführung der Luftsicherheitskontrollen in ausreichender Anzahl bereitzustellen. „Auch wenn es heute ‚nur‘ die Kleiderkasse der Bundeswehr ist, die zugleich einen Großteil der Dienstbekleidung für die Bundespolizei vertreibt, es handelt sich um ein weiteres Beispiel von gescheiterter Privatisierung einer früher in staatlicher Hand geführten Aufgabe“, so Walters Fazit. < dbb schleswig-holstein > Ernst G. Walter, Bundesvorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft BPolG in der DPolG Es gehe weniger um die durch einen Elf-Millionen-Kredit vom Verteidigungsministerium (BMVg) vor dem Bankrott gerettete LHBw, sondern um den immer stärker privatisierten Bereich der Luftsicherheit, so Walter. Die Fälle unterschieden sich inhaltlich kaum voneinander. Walter: „Wenn die Privatisierung der Luftsicherheitskontrollen in einem ähnlichen Desaster endet, und die Anzeichen dafür werden derzeit immer deutlicher, dann muss der Bund auch diese Privatfirmen erst teuer stützen und die Aufgabe schließlich wieder selbst wahrnehmen, um ein gefährliches Chaos im Luftverkehr zu verhindern und die Maßnahmen zur Terrorabwehr weiter sicherzustellen.“ Die von den Fluggästen zu entrichtenden Luftsicherheitsgebühren decken schon lange nicht mehr die exorbitant gestiegenen Kosten für die privaten Sicherheitsfirmen, die jährlich etwa 500 Millionen Euro verschlingen, machte Walter deutlich. Allein Neuordnung der Lehrerbesoldung ist eine Mogelpackung Die Landesvorsitzende des dbb schleswig-holstein, Anke Schwitzer, hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Lehrkräftebesoldung in Schleswig-Holstein kritisiert. ches Einstiegsamt es sich im jeweiligen Bereich handelt. Und hier weichen die Bezahlungen auch weiterhin voneinander ab. Einfach gesagt: Es bleibt alles beim Alten. Das ist kein großer Wurf im Sinne einer gerechten Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer im Land.“ „Wirkliche Verbesserungen treten nur ein für im Hauptschulbereich eingesetzte Lehrer mit der Befähi- gung für das Grund- und Hauptschullehramt. Sie erhalten eine Besoldung nach A 13, während die an Grundschulen tätigen Kolleginnen und Kollegen in der Besoldungsgruppe A 12 verbleiben“, so Schwitzer. „Der Gesetzentwurf bleibt deutlich hinter den Forderungen und Erwartungen des dbb und seiner Lehrergewerkschaften zurück.“ < Kurz notiert DPVKOM Nach sorgfältiger Beratung hat die DPVKOM den § 22 des Manteltarifvertrags – dieser beinhaltet Regelungen zur Arbeitszeit der Postbeschäftigten – fristgerecht zum 31. März 2015 gekündigt und den Arbeitgeber Deutsche Post AG (DPAG) zu Verhandlungen über eine Anschlussvereinbarung aufgefordert. Das teilte die Gewerkschaft im Februar mit. Die Kündigung dieser Bestimmung diene einzig und allein dem Zweck, ab 1. April streikfähig zu sein. Damit signalisiere die DPVKOM Kampfbereitschaft. Hintergrund: Mit der Gründung und Geschäftsaufnahme der 49 DHL Delivery Regionalgesellschaften hat der Arbeitgeber bereits im Vorfeld der Tarifverhandlungen Fakten geschaffen, denn dort gelten, insbesondere für neu einzustellende Mitarbeiter, deutlich schlechtere Arbeits- und Einkommensbedingungen als die in den Haustarifverträgen der DPAG geregelten. Das werde von der DPVKOM nicht hingenommen. VAB Der Verband der Arbeitnehmer der Bundeswehr e. V. (VAB) und der Verband der Soldaten der Bundeswehr e. V. (VSB) haben am 24. Februar 2015 einen Kooperationsvertrag abgeschlossen und eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Der VSB war vertreten durch die Bundesvorsitzenden Ulrich Timmermann und Günter Rudkowski, für den VAB unterzeichneten der Bundesvorsitzende Herbert Schug und der stellvertretende Bundesvorsitzende Thomas Zeth. Beide Seiten diskutierten während des Treffens auch Themen wie den „Binnenarbeitsmarkt Bundeswehr“. Der „gute und konstruktive Dialog“ beider Verbände soll regelmäßig fortgesetzt werden, teilte der VAB mit. Bereits am 17. Februar hatten sich führende Vertreter des VSB und des Verbandes der Beamten der Bundeswehr e. V. (VBB) getroffen und gleichfalls aktuelle Aspekte – Attraktivität der Bundeswehr und Binnenarbeitsmarkt Bundeswehr – diskutiert. DPolG > Anke Schwitzer, Vorsitzende des dbb schleswig-holstein „Auf der Verpackung steht A 13“, zum Vorschein komme dann aber „eine echte Mogelpackung“, erklärte Schwitzer am 4. März 2015. „Wir finden es richtig, dass gleiche Arbeit und Verantwortung auch gleich vergütet wird. Wenn aber bei der Lehrerbesoldung von A 13 gesprochen wird, dann muss auch genau gesagt werden, um wel- > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 Angesichts der Personalmisere bei der Bundespolizei will sich die DPolG-Spitze beim BMI für den Vorschlag stark machen, kurzfristig neue Bundespolizeiliche Unterstützungskräfte (BUK) einzustellen – Tarifbeschäftigte, die eine Ausbildung von wenigen Monaten benötigen und die völlig überlasteten Bundespolizisten sowohl an der Grenze bei der Verhinderung illegaler Migration als auch bei der Bewachung der Bundesbank in Frankfurt am Main unterstützen könnten. Dazu sagte Bundesvorsitzender Rainer Wendt: „Wenn jetzt in kurzer Zeit angestellte Unterstützungskräfte ausgebildet werden, hat das den Vorteil, dass sie rasch zur Verfügung stehen und als Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst, anders als private Sicherheitskräfte, eine besondere Bindung an den Staat mitbringen. Überdies könnten sie dauerhaft für verschiedene unterstützende Vollzugs- und Verwaltungsaufgaben qualifiziert und eingesetzt werden.“ dbb Zugbegleiter und Bordgastronomen in den Flächenvertrag der Lokführer integriert Im Rahmen der Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn ist es am 23. März 2015 gelungen, die Zugbegleiter und die Bordgastronomen in den Flächentarifvertrag, der bisher nur für Lokführer existiert, zu integrieren. > Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL Damit sind die Grundlagen geschaffen, um anschließend sowohl im Flächentarifvertrag als auch in den haustarifvertraglichen Regelungen die von der GDL angestrebten Verbesserungen in den Einkommens- und < Nachruf Der Vorsitzende des dbb bremen, Jürgen Schröder, ist am 26. Februar 2015 im Alter von 59 Jahren plötzlich verstorben. Jürgen Schröder war Mitglied der Deutschen SteuerGewerkschaft, arbeitete als Amtsrat im Finanzamt Bremen-Mitte und hatte 2010 den Vorsitz im Bremer Landesbund des dbb übernommen. „Jürgen Schröder hat sich um den Landesbund Bremen große und bleibende Verdienste erworben“, heißt es im Nachruf des dbb bremen. Mit hohem persönlichen Einsatz habe er die Geschicke des Landesbundes gelenkt. Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt würdigte Jürgen Schröder als loyalen Mitstreiter und sympathischen Kollegen. „Jürgen Schröder wurde aus einem aktiven Leben gerissen. An der Spitze des dbb bremen ist es ihm gelungen, die Interessen von Beamten und Tarifbeschäftigten im Auge zu haben und der Senioren-, Frauen- und Jugendarbeit gebührende Aufmerksamkeit zu widmen. So hat Jürgen Schröder ein einigendes Band um die Interessen der Mitglieder gelegt.“ Der dbb wird Jürgen Schröder ein ehrendes Andenken bewahren. privat finale 46 Arbeitszeitbedingungen abzuschließen. Das monetäre Angebot in Höhe von 2,1 Prozent ist von der GDL als zu niedrig abgewiesen worden. „Fakt ist, dass wir zuerst alle Beschäftigtengruppen in den Flächentarifvertrag für das Zugpersonal integrieren und anschließend die zusätzlichen Tarifelemente in den Haustarifverträgen verankern“, so GDL-Chef Claus Weselsky. „Die Fragen nach Wochenarbeitszeitverkürzung und prozentualer Entgelterhöhung werden wir erst in der abschließenden Runde einer Lösung zuführen.“ Der erzielte Fortschritt wurde in einem Verhandlungsprotokoll fixiert. Die GDL ist bereits dabei, die Grundlagen für die Integration der Lokrangierführer und Disponenten in den Flächentarifvertrag zu sondieren. Bei den weiteren Verhandlungen soll dann auch deren Integration in den Flächentarifvertrag erfolgen. Im Zusammenwirken mit den bereits existierenden Betreiberwechseltarifverträgen entsteht das als Bundes-Rahmen-Lokomotivführertarifvertrag (BuRaLfTV) bewährte Modell gegen Lohndumping erstmals tatsächlich für alle GDL-Mitglieder des Zugpersonals. Nur dadurch > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 kann die Tarifkonstruktion über alle Eisenbahnverkehrsunternehmen hinweg die erforderliche Schutzwirkung im Eisenbahnverkehrsmarkt entfalten. < dbb Lehrerverbände Gespräch mit der KMK Die Notwendigkeit, Schüler und Eltern noch besser über die Vielfältigkeit der Bildungswege aufzuklären, ist gemeinsames Ziel von dbb Lehrergewerkschaften und der Kultusministerkonferenz (KMK). Beim Jahresgespräch am 12. März 2015 in Leipzig haben beide Seiten Realschullehrer), BLBS (Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen) und VLW (Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen) vertreten waren. Die Chancen der vielfältigen Bildungslandschaft wurden in dem Meinungsaustausch auch unter dem Aspekt der Fachkräftegewinnung, der Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund und der Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler beleuchtet. Die dbb Lehrergewerkschaften appellierten an die KMK, die jeweiligen Landesmaßnahmen und -erfahrungen bei Berufsorientierung und Integration systematisch zu bün- Mohr < GDL < Im Gespräch mit der Präsidentin der KMK, Brunhild Kurth (Mitte): HeinzPeter Meidinger (DPhV), Dr. Angelika Rehm (VLW), Jürgen Böhm (VDR), Udo Beckmann (VBE) und Dr. Sven Mohr (BLBS) (von links) übereinstimmend betont, dass es noch immer Defizite im Wissen über die vielfältigen Wege und Umstiegsmöglichkeiten in der Bildungsbiografie junger Menschen gibt. Gemeinsames Ziel sei es, für jedes Kind die richtige Schule zu finden, bei Bedarf Wechselmöglichkeiten anzubieten und so passgenau zu Ausbildung oder Studium zu führen. Die KMK, deren Präsidium 2015 von Sachsens Bildungsministerin Brunhild Kurth geleitet wird, traf auf die vom Vorsitzenden der Fachkommission Schule, Bildung und Wissenschaft, Jürgen Böhm (Verband Deutscher Realschullehrer – VDR), angeführte dbb Delegation, in der zudem der VBE (Verband Bildung und Erziehung), DPhV (Deutscher Philologenverband), VDR (Verband Deutscher deln und daraus bundesweit realisierbare Empfehlungen abzuleiten. KMK-Präsidentin Kurth bat die Lehrergewerkschaften um Unterstützung dabei, der Wirtschaft zu verdeutlichen, dass die Praxis der vergangenen Jahre, Ausbildungsplätze abzubauen oder zusehends an Abiturienten zu vergeben, angesichts des Fachkräftemangels in die Sackgasse führe. Weitere Themen waren das bundeseinheitliche Abitur und Fragen der Lehrerbildung. Die Gewerkschaften nutzten zudem das Gespräch, an die für die Lehrkräfte zuständigen Schulministerinnen und -minister zu appellieren, sich in den aktuellen Tarifverhandlungen solidarisch mit den Forderungen der Lehrerschaft zu zeigen. dbb partner haben bereits stattgefunden. Besser noch wäre es, die EU-Kommission einzuschalten. Haste mal ‘nen Euro? © Lucky Dragon - Fotolia.com < © c.heusler – Fotolia.com Das war gestern. Kupfer-Klau im großen Stil macht heute, zumindest vorübergehend, Spitzbuben zu Millionären. Offenbar mehrere unbekannte Täter sind Mitte März im nächtlichen Vlotho auf bisher unbekannte Art und Weise in einen metallverarbeitenden Betrieb eingedrungen und haben etwa drei Tonnen Rohkupferstangen und 2 000 SpezialKupferelektroden mitgehen lassen. Als Zugabe entwendeten die dreisten Diebe zwei hochwertige Firmentransporter, die aber zum Abtransport der Beute nicht ausgereicht haben können. Die Polizei geht vielmehr davon aus, dass entsprechende Fahrzeuge für den Kupfer-Coup mitgebracht worden sind. Obgleich unmittelbar nach der Einbruchsmeldung die Ermittlungen aufgenommen worden sind, fehlt von den Tätern noch jede Spur. Der Wert der Beute kann sich sehen lassen: Allein die Spezialelektroden schlagen mit über einer Million Euro zu Buche. Naschen für Deutschland Das war gestern. Heute heißt es immer öfter: Knabbern für Deutschand. Die Wahl der konsumierten Leckereien richtet sich nämlich ganz stark nach den anstehenden Sport-Events. Das ist im Jahr der Fußball-WM besonders deutlich geworden. Die Fans konsumierten 2014 laut Statistik weniger Schokolade und Bonbons, dafür aber wesentlich mehr Nüsse, Chips oder Salzstangen. Das Knabbergebäck legte im statistisch betrachteten Pro-Kopf-Verbrauch um satte fünf Prozent zu. Allerdings ist das Ergebnis ausbaufähig, denn insgesamt naschte ein Bundesbürger im letzten Jahr durchschnittlich 28,5 Kilogramm Süßes, aber trotz WM nur etwa 3,5 Kilogramm Knabbereien. Platz eins bei den Leckereien belegte nach wie vor die Schokolade mit gut zehn Kilogramm. < Unklare Hinweise auf echte Pelze © grafikplusfoto – Fotolia.com < Das war gestern. Heute heißt es: Haste mal ‘n bisschen Diesel? Die Zahl der Kraftstoffbettler auf Autobahnen und Landstraßen steigt. Dabei sind die Sprit-Schnorrer ebenso dreist wie ihre Pendants in den Fußgängerzonen. Sie behindern den Straßenverkehr, nötigen Lkw-Fahrer zum Anhalten und zwingen sie mit lebensgefährlichem Körpereinsatz zu riskanten Ausweichmanövern auf den Standstreifen. Ihren Opfern gegenüber verhalten sie sich dann zum Teil äußerst aggressiv. Die Polizei konnte in mehreren Fällen Anzeigen aufnehmen und Platzverweise erteilen. Inzwischen sind auch bereits zahlreiche Wiederholungstäter polizeibekannt. Das war gestern. Künftig soll auf dem Echthaarprodukt draufstehen, was es ist: Echtpelz. Zurzeit ist die Deklaration so sibyllinisch formuliert, dass unbedarften Verbrauchern Echtpelziges oder andere tierische Bestandteile als Bekleidung schlicht untergejubelt werden können. Bisher muss es auf dem Label eines Pelzmantels lediglich heißen: „Enthält nicht-textile Bestandteile tierischen Ursprungs.“ Welcher Tierliebhaber kommt von alleine darauf, dass sein schi- Kupferrohre klauen bringt nicht viel ein < cker Webpelz leider doch kein solcher ist, sondern aus der Pelztierfarm von echten Stallhasen stammt? Das dieses Unvermögen weit verbreitet ist, nimmt jedenfalls die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag an. Sie hat der verwirrenden Formulierung den Kampf zugunsten einer eindeutigen Bezeichnung angesagt. Erste Gespräche mit dem Koalitions- Gefällt mir Das war gestern. Heute heißt es stattdessen: Lese ich gern. Pünktlich im Sommerloch bekommt Papst Franziskus I. am 18. August seine eigene Monatszeitschrift in Deutschland. Der Titel. „Mein Papst“. Sie erscheint im Stuttgarter Panini Verlag, der bislang in erster Linie für seine Kinder- und Jugendzeitschriften bekannt ist und wird am Kiosk schlappe 1,80 Euro kosten. In Italien gibt es „Mein Papst“ als „Il mio Papa“, produziert im Stil klassischer Yellow-Frauenmagazine, bereits seit über einem Jahr. Ob die Verkaufszahlen von „Mein Papst“ die Zahl seiner 28 654 deutschen Facebook-Follower erreicht, bleibt abzuwarten. > Polizeispiegel | dbb seiten | April 2015 47 finale <
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