Thermografielösungen in der Forschung und Entwicklung von Leiterplatten. 1. Einleitung Bereits Anfang der 1950er Jahre wurden die ersten Leiterplatten in den von Fritz Stahl gegründeten Ruwel-Werken in Geldern (Nordrhein-Westfalen) eingesetzt. Heutzutage enthält nahezu jedes elektronische Gerät eine oder mehrere Leiterplatten. Nach Einschätzung des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. ZVEI beläuft sich das Marktvolumen des inländischen Leiterplattenmarkts in 2010 auf 13 Mrd. Euro. Experten rechnen mit einem Umsatzanstieg von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Industrie-Elektronik verfügt dabei über einen Anteil von 32 Prozent am Gesamtmarkt der Leiterplatten und löst somit die Kfz-Elektronik von Rang eins ab.1 Sowohl im Bereich Forschung und Entwicklung als auch bei der Überprüfung von Leiterplatten sind Präzision und Zuverlässigkeit von zentraler Bedeutung. Leiterplatten müssen heute eine Vielzahl von Qualitätsanforderungen erfüllen, diese werden beispielweise von den IPC- oder RoHS-Richtlinien vorgeschrieben. Speziell wenn es um die gezielte Analyse der Wärmeverteilung geht, finden Wärmebildkameras ihren Einsatz, da sie eine schnelle und berührungslose Untersuchung von Bauteilen ermöglichen. Thermische Faktoren wie Wärmeableitung, Wärmeverluste und kritische Erwärmungen (Hot-Spots) können so lokalisiert und überprüft werden. 2. Einsatz von Thermografielösungen in der wissenschaftlichen Forschung Thermografielösungen stellen im Bereich der wissenschaftlichen Forschung ein wichtiges Analysetool dar. Wärmebildkameras erfassen und registrieren Oberflächentemperaturen in Echtzeit und unterstützen so Ingenieure bei der Visualisierung und Quantifizierung der Wärmeverteilung einzelner Bauelemente sowie von Baugruppen. Die technologische Entwicklung sowie die Miniaturisierung von Leiterplatten nehmen weiter zu. Die Leiterplatte als mittlerweile tragendes Element aller elektrischen Funktionen hat teilweise Ströme im mittleren bis hohen dreistelligen Ampere Bereich zu realisieren. Dementsprechend steigt auch die Wärmeverlustleistung pro Flächeneinheit und die Entwärmungspotenziale von Platinen spielen eine immer wichtigere Rolle. Eine übermäßige Erwärmung würde die Lebensdauer der Platinen nachteilig beeinflussen. Aufgrund der immer komplexeren Leiterplatten benötigen Konstrukteure zuverlässige und aussagekräftige Untersuchungsmethoden. Selbst kleinste Widerstände strahlen Wärme ab und beeinflussen so andere Komponenten in der unmittelbaren Umgebung. Dieser Effekt ist gerade bei der anhaltenden Tendenz zu steigender Miniaturisierung zu berücksichtigen. Gängige Messmethoden, wie beispielsweise die Kontakttemperaturmessung, überprüfen die Temperaturentwicklung mit Hilfe von Fühlern, die an jeder einzelnen Komponente angebracht werden müssen. Hierbei gilt jedoch zu beachten, dass die Temperaturfühler selbst eine kühlende Auswirkung auf das Bauelement haben können und somit das Messergebnis verfälscht wird. Dies kann dazu führen, dass eine Platine in der Entwicklung einwandfrei funktioniert, aber aufgrund erhöhter Wärmeentwicklung im Betrieb schadhaft ist oder ausfällt. Thermografiemessungen bieten im Unterschied zu Kontakttemperaturmessungen ein berührungsloses und rückwirkungsloses Verfahren, das aussagekräftige Temperaturwerte liefert. Für 1http://www.zvei.org/de/presse/pressearchiv/archiv_2009/pressedetail/erholung_der_maerkte_der_elektronischen_komponenten_im_jahr_2010_erwartet www.testo.de Testo Fachartikel Enwicklung von Leiterplatten eine exakte Messung überhitzter Bauelemente wird ein sehr kurzer Mindestabstand zwischen Kamera und Bauelement von 10 cm empfohlen. Im Bereich der Forschung und Entwicklung werden Thermografielösungen für folgende Anwendungsbereiche eingesetzt: • Feststellung von Temperaturverteilungen und Wärmeübertragungen in Echtzeit • Prüfung auf Anomalien (Überhitzung bzw. Unterkühlung) • Verlaufsmessung von Abkühl- und Aufheizprozessen • Sicherheitsprüfungen • Strömungsprozesse 3. Einsatz von Thermografielösungen in der Produktentwicklung Bei der Entwicklung neuer Produkte spielt auch die thermische Optimierung von Bauteilen eine zentrale Rolle. Bei der Herstellung von Platinen werden Metalle zum Teil auf bis zu 300 °C erhitzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass elektronischen Bauteile bereits bei Temperaturen über 60 °C eine verstärkte Alterung aufweisen. Dies hat wiederum Einfluss auf die Funktionsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Leiterplatten werden daher in der Entwicklung, Fertigung und bei laufendem Betrieb überprüft. Dank Wärmebildkameras kann das thermische Verhalten von Platinen untersucht und Hotspots aufgespürt werden, zudem kann die gleichmäßige Belastung und Kühlung der Bauelemente überprüft werden. Die Analyse der Wärmeentstehung und -ableitung an Platinen in einer frühen Phase der Entwicklung reduziert darüber hinaus Konstruktionsabweichungen und verringert die Markteinführungszeit. Kontrollmessungen sind enorm wichtig für Branchen die eine präzise und zuverlässige Elektronik oder Leistungselektronik erfordern und höchste Ansprüche an das Messverfahren stellen. Diese beinhalten beispielsweise die Luft- und Raumfahrt, die Medizintechnik und den Fahrzeugbau. 3.1 Produktion von Leiterplatten Mit Hilfe von Wärmebildkameras können Platinen sowie die entsprechenden Produktionsprozesse optimiert und die Produktqualität sichergestellt werden. Thermografie findet bei der Produktion von Leiterplatten sowohl bei der Konstruktion als auch in der Testphase ihren Einsatz. Während der Konstruktion können die thermischen Eigenschaften überprüft werden und im Falle von Auffälligkeiten können entsprechende Gegenmaßnahmen frühzeitig eingeleitet werden. Späteren Fehlerquellen und kostspieligen Rückrufaktionen kann so vorgebeugt werden. In der Testphase können mit Hilfe von Wärmebildkameras Schwach- und Schadstellen aufgespürt werden, wie beispielsweise fehlerhafte Lötstellen, gebrochene Spuren zwischen den Bauteilen, fehlende oder fehlerhaft gelötete Komponenten, falsche Polung von Komponenten sowie Stromschwankungen. Überhitzung von Leiterplatten gezielt messen. 2 www.testo.de Testo Fachartikel Enwicklung von Leiterplatten 3.2 Produktion unbestückter Leiterplatten Unbestückte Leiterplatten bestehen aus mehreren Schichten. Um jede Schicht auszuhärten müssen sie häufig mehrmals erhitzt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass diese auf die entsprechende Temperatur erhitzt werden – die Platinen sind sonst unbrauchbar und können nicht mehr verwendet werden. Techniker setzen daher während des Aushärtungsprozesses Wärmebildkameras ein, um die Temperatur der Leiterplatten zu überprüfen. Unnötige Ausschussprodukte können so vermieden werden. 4. Zusammenfassung Wärmebildkameras sind ein entscheidendes Diagnosetool für den Leiterplattentest im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und der Produktentwicklung. Während der Entwicklungsphase ist der Einsatz von Thermografielösungen häufig Hilfsmittel für mehr Sicherheit und eine präzise Situationsanalyse. Zum Produktionsstart und in der Serienfertigung kann mit dem Einsatz von Wärmebildkameras die Prozessqualität sowie die Produktionseffektivität optimiert werden – die Markteinführungszeit kann somit verringert und teure Rückrufaktionen oder Garantiemaßnahmen vermieden werden. 5. Firmenprofil Die Testo AG mit Sitz in Lenzkirch/Hochschwarzwald ist weltweit einer der führenden Hersteller für portable und stationäre Messtechnik. Das High-Tech-Unternehmen bietet Messlösungen unter anderem für die Klima- und Umwelttechnik, Industrieanwendungen, Emissionsmessungen und die Kontrolle von Lebensmittelqualität. Das Unternehmen investiert jährlich gemäß seinem Firmenmotto „Wir messen es.“ rund 15 Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung und betreibt so einen überdurchschnittlichen Aufwand für zukunftsorientierte Forschung. Das Unternehmen ist mit 31 Tochterfirmen und über 80 Vertretungen auf der ganzen Welt vertreten und zählt weltweit rund 2300 Mitarbeiter. 3 Testo AG Testo-Straße 1, 79853 Lenzkirch Telefon +49 7653 681-700 Telefax +49 7653 681-701 E-Mail [email protected]
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