heinZ entZeroth - Stephanie Rebonati

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Kolumne
8 Sekunden
vor dem
Volkshaus
Stadtsicht 18.8. — 24.8.2011
Thom Luz
[email protected]
Ein junger Vater sitzt mit seinen Kindern
unter einem Sonnenschirm in der
Herbstsonne. Ja, in der Herbstsonne. Es
ist prächtigstes Herbstwetter in Zürich,
der Herbst ist die beste Jahreszeit des
Jahres, Zürich ist die beste Stadt der
Welt, alles bestens also. Ich beschwere
mich nicht über den ausgefallenen
­Sommer, und ich meckere auch nicht
an Zürich herum. Meckern ist unurban
und unzeitgemäss. In Delhi meckert
­niemand, Reisende haben mir das
­ver­sichert. Und was für Delhi zutrifft,
soll auch für meine Kolumne gelten.
Also, zurück zur jungen Familie:
ein Vater, zwei Kinder, Mädchen und
Bub, beide jünger als zehn Jahre, alle
drei Hochdeutsch sprechend. Das ist
insofern wichtig, als dass das schöne,
hochdeutsche Wort «quengeln» zur Anwendung kam: «Quentin, hör auf zu
quengeln, du nervst», sagte der Vater
zum Sohn. Ob dem Vater die schöne
Silbendoppelung in seinem Satz aufgefallen ist? Mir ist sie aufgefallen, und
dass der Junge Quentin heisst, war nach
einem zweiten Blick auf des Vaters
­Outfit mit dessen offensichtlicher Liebe
zum Stil der Filme von Herrn Tarantino
erklärt und gerechtfertigt. Quentin
quengelte also, laut und lange. Auf
­Facebook hatte der Kommentar «Nörgelnde Kinder sind ein Pleonasmus»
acht Likes. Aber ich greife das Thema
nicht auf, nur visionslose Kolumnisten
schreiben über nervende Kinder, und
was auf Facebook recht und billig ist,
muss für meine Kolumne nicht unbedingt auch gelten. Zurück zu Quentin:
Absolut filmreif war seine schlagfertige
Antwort auf des Vaters Zurechtweisung.
Hier der ganze Wortwechsel, in einer
Tarantino-Rückblende von Anfang an:
Vater: «Quentin, hör auf zu quengeln,
du nervst». Sohn: «DU wolltest Kinder!»
Ich prophezeie dem Jungen eine goldene
Zukunft.
Die Züri-macher
Heinz Entzeroth
Stephanie Rebonati (Text) und Paola Caputo (Bild)
Sie sind der Erfinder von Sorbetto. Was wären
Sie ohne Ihr Kulteis?
Ein armer Mann.
Ein Löffel Ananas-Sorbet soll gleich schmecken
wie eine Ananas aus dem Kühlschrank, ist Ihr Motto.
Wie gelingt Ihnen das?
Frische Zutaten verwenden, aber nur so viele
wie nötig, nicht überzuckern und übersäuern. Und
viel Herz. Glace ist eine Herzensangelegenheit.
Das klingt nach einer romantischen Tätigkeit.
Es ist vor allem eines: herausfordernd. Man
hat eine konkrete Idee im Kopf und muss es dann
irgendwie hinkriegen, dass es auf der Zunge dann
auch so schmeckt.
Woran erkennt man gut gemachte Glace?
Wenn man nach einer Glace ein Glas Wasser
trinken muss, weil die Zunge klebrig ist vor lauter
Hilfsmittel, ist es eine schlechte. Möchte man eine
zweite, ist es eine sensationelle.
Wie wichtig ist die Farbe?
Mit Kindern komme ich so sehr schnell ins
Gespräch. Und ich frage sie, ob sie ein rotes oder
gelbes wollen. Erwachsene interessiert meist nur der
Geschmack.
Sie machten zum ersten Mal seit über 20 Jahren
eine Sommerpause. Wohin gings in die Ferien?
Ich bin vom Bellevue nach Rotterdam geradelt.
Zuerst die Limmat entlang, dann die Aare und den
Rhein. Ich habe viele Glaces probiert, um herauszufinden, wie sie andernorts schmecken.
Ihr Verdikt?
Sobald das Eis von einem kleinen Produzenten
hergestellt wird, spürt man die Herzensfreude, und
es schmeckt einfach besser als vom Grossisten.
Glace-Pionier Heinz Entzeroth (54) kaufte sich 1988 ein Glace-Velo, gründete Sorbetto-Ice-Cream und verkaufte am Zürichsee erstmals sein Gefrorenes. Heute produziert er in Hottingen 2000 Becher Glace pro Tag und beliefert
damit Szenebeizen und Delikatessengeschäfte.