Doing Gender – oder wie Bartkleber den Gang breiter macht

Doing Gender – oder wie Bartkleber
geschminkt zu sein und sie haben sich „eher
den Gang breiter macht
zickig aufgeführt“. Während dies eher kleine
Gesten
Gesichter und Mimik bilden das Innere eines
Menschen ab, schreibt Charles Baudelaire. Um
es einmal anders zu sagen: Wo Mann drauf
steht, soll auch Mann drin sein.
Wir sind anfangs davon ausgegangen, dass die
Wahrnehmung
von
Gesichtern
der
Differenzierung der Geschlechter, sowie der
eigenen alltäglichen Orientierung dient. Die
Alltagswahrnehmung selbst orientiert sich an
leicht
greifbaren
Merkmalen,
wie
eine
Befragung der Kursteilnehmer*innen gezeigt
hat.
Sie sollten aufschreiben, was für Gesichtszüge
sie als typisch weiblich, oder typisch männlich
empfinden. In einem zweiten Schritt sollten sie
bestimmen, was auf sie attraktiv, oder eher
unattraktiv wirkt. Markante Gesichtszüge, ein
breites Kinn und eine hohe Stirn werden als
typisch männlich deklariert. Frauen hingegen
werden große Augen und weiche Gesichtszüge
zugeschrieben.
Wir haben für unser Fotoprojekt diese kulturell
geprägten Bilder genommen und sie verfälscht.
Ganz eindeutig einzuordnende Frauen wurden
zu Männern geschminkt und andersrum. Es
ließ sich beobachten, dass mit der äußeren
Veränderung
auch
eine
Veränderung
im
Habitus stattgefunden hat. Die Probanden
erläuterten, dass sie sich z.B. ohne ihren Bart
nackt fühlten, es war ihnen unangenehm
waren,
konnte
man
bei
den
Probandinnen eine deutlichere Veränderung
spüren. Auf dem Weg von der Maske zum
Fotostudio wurde gelaufen, als hätten sie
Rasierklingen
zwischen
den
Beinen
und
generell hätten sie sich stärker und präsenter
gefühlt in ihrer Rolle als Mann. Beide
Probandinnen
beschrieben,
wie
sie
automatisch in stereotypische Rollenklischees
verfallen, „als würde das mit dem Bart
aufgeklebt werden.“ Eine Probandin ist mit
ihrem
Alter-Ego
Aussehen
nach
Hause
gefahren und bemerkte zumeist irritierte
Reaktionen seitens der Passant*innen.
Unser Projekt zeigt zum Einen, dass die
beschriebenen
äußeren
Typika
nicht
unveränderlich sind. Mit ein wenig Aufwand,
Puder und Bartkleber lässt sich aus Saskia
schnell Mario machen und aus Tom wird
Tamara.
Doing Gender als theoretischer Überbau
Judith Butler, der Godmother des Gender
Trouble, wurde vorgeworfen, den Körper, bzw.
die Materialität menschlicher Existenz zu einer
Fiktion verkommen zu lassen. Butlern jedoch
leugnete nicht die körperliche Existenz an sich,
sondern die körperliche Existenz als normative
Grundlage
zur
Matthiae,
2009:
grundsätzlich
Identitätsbestimmung
39).
Der
kulturell
Körper
(vgl.
ist
überformt.
Gesellschaftliche Prozesse und Arrangements
Vorschlag für eine didaktische Umsetzung
sind zu rekonstruieren und zwar genau jene,
die die Zweigeschlechtlichkeit hervorbringen.
Um dieses Thema in den Schulalltag zu
Es wird davon ausgegangen, dass Gender
integrieren, würde sich eine Umsetzung in der
individuell, interaktional und institutionell
Oberstufe anbieten. Den Rahmen dafür würde
alltäglich hergestellt bzw. konstruiert wird. Die
der Themenbereich II: Die Frage nach dem
individuelle Ebene, oder die Mikroebene der
Menschen bieten. Die Schüler*innen sollen
Herstellung von Geschlechtsidentität sind in
biologistische
diesem
der
erkennen, dass die Alltagswahrnehmung sich
Bilder
nur im Sinne einer biologistischen Auffassung
Fall
untrennbar
Repräsentationsebene
mit
kultureller
Ansätze
hinterfragen
und
verflochten.
von Gender am biologischen Geschlecht
Nach diesem Ansatz ist Doing Gender ein sich
orientiert, es aber einen entscheidenden
ständig bewusst und intentional vollziehender
Unterschied
Prozess
sozialem Geschlecht gibt.
in
einer
zweigeschlechtlich
zwischen
biologischem
und
organisierten Gesellschaft (vgl. ibid.), den wir
Die Themen Wer bin ich – Wer will ich sein?,
versucht haben sichtbar zu machen. Und was
spezieller Identität, Rollenbild und -verständnis
irritiert
von Mann und Frau, als auch die Würde des
mehr
als
Geschlechtsidentität?
eine
uneindeutige
„Weil
aber
Geschlechtsidentität auch auf der individuellen
Menschen,
können
den
nötigen
bereitstellen.
Ebene hergestellt wird, kann individuelles
Handeln Veränderungen, Verschiebungen oder
Unterbrechungen bewirken. Man spricht von
'undoing gender'.“ (Matthiae, 2009: 35f.)
Diesen Prozess haben wir im theoretischen wie
im wörtlichen Sinn nachempfunden.
Poster zum Seminar „Gender im RU und KU“
Praktische Theologie
Leitung: Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong
Christine Claasen
Sarah Peters
Daniel Rathjens
Fotos und Plakatgestaltung: Caro Palm
Raum