(Wasser-)Büffel-Bande_Salz & Pfeffer Nr. 3 – Mai_Juni 2015

92 | Fest & flüssig
Die BüffelBande
In der Ostschweiz haben sich ein paar findige
Metzger zusammengetan, um aus dem Fleisch
des Wasserbüffels hochwertige Produkte
herzustellen. Damit wollen sie (sich) abheben.
Text: Sarah Kohler | Fotos: Marcel Studer
Zu
helveTisch!
Fest & flüssig | 93
94 | Fest & flüssig
Es ist bald 20 Jahre her, dass
eine Handvoll Emmentaler Bauern in
Schangnau damit begann, auf ihren Höfen Wasserbüffel anzusiedeln. Sie hatten
diese aus Rumänien importiert und
belieferten fortan die heimische Mozzarellaproduktion mit Schweizer Büffelmilch. Heute leben hierzulande rund
900 Tiere, sie stammen mittlerweile auch
aus Italien und sind nicht mehr nur in
Schangnau, sondern ebenso im Neuenburgischen sowie in der Ostschweiz
daheim. Die gehaltvolle, eiweiss- und vitaminreiche Milch eignet sich für viele
Kuhmilchallergiker und wird zu Mozzarella, Halbhartkäse, Feta, Quark, Joghurt
und Ricotta verarbeitet. Das Fleisch der
vornehmlich männlichen Büffel gelangt
ebenfalls in den Verkauf, was bislang aber
keiner gross propagiert hat, weil es wenig
lukrativ ist. Genau das will eine motivierte Truppe aus der Ostschweiz nun
ändern. «Unser Ziel ist es, hochwertige
Produkte aus Wasserbüffelfleisch herzustellen und uns damit abzuheben»,
sagt Peter Frehner. Der Fleischveredler
aus Frauenfeld ist der kreative Kopf des
Teams, das seit einem guten halben Jahr
produziert. – Und er ist ein gewiefter
Marketingmann.
Da kommt es ihm gerade recht, dass
der Wasserbüffel (Bubalus bubalis) ganz
unbestritten den Jöh-Faktor besitzt. «Er
ist ein sympathisches Tier und eine gute
Geschichte, die sich prima verkaufen
lässt», sagt Frehner und spricht damit einen Aspekt an, der Gastronomen durchaus interessieren dürfte. Der gelernte
Metzger verhehlt nicht, dass das Projekt
allen Beteiligten mitunter Popularität
verschaffen soll. Nichtsdestotrotz spürt
man: Hier sind alle mit viel Herz und
einer echten Vision bei der Sache. Den
Kern des Teams bilden neben Frehner
die Landwirte Susanne und Martin Fuster (der ebenfalls gelernter Metzger ist)
sowie der Schlachter und Metzger Manfred Blatter. Zusammen decken sie den
gesamten Entstehungsprozess ihrer Büffelfleischprodukte ab, wobei die Rollen
klar verteilt sind. Die Fusters mästen die
Tiere auf ihrem Hof in Gyrenbad und
verarbeiten das Wasserbüffelfleisch später
in der eigenen Räucherei zu verschiedenen Delikatessen. Blatter fungiert als
Schlachter, kümmert sich um die Distribution und pflegt das Netzwerk zur
Gastronomie. Frehner indes tüftelt und
kreiert, rührt die Werbetrommel – und
veredelt einen Teil der Büffelstücke im
Briekeller der Kartause Ittingen (siehe
Box).
So entsteht eine breite Palette an Produkten. Ob Filet, Huft oder Entrecote
affiniert, Stotzen, Braten oder Hackfleisch, Mostbröckli, Rauchchnebeli
oder Salami: Die Ostschweizer Truppe
lässt sich einiges einfallen, um den Wasserbüffel in Szene zu setzen. Im Angebot haben die Metzger unter anderem
einen Mini-Burger aus Büffelfleisch
und -mozzarella, ein fixfertiges BüffelTatar oder ein bereits aufgeschnittenes
Büffel-Carpaccio. «Gerade im Charcuterie-Bereich sehe ich viel Potenzial»,
sagt Frehner. Er ist aber auch überzeugt:
«Wasserbüffelfleisch wird immer ein Nischenprodukt bleiben.»
Büffel und Brie
Gutes Fleisch sei seine Passion, sagt Peter Frehner, gelernter Metzger und studierter Lebensmittelingenieur. Und
weil er «aus etwas Gutem etwas noch Besseres machen»
will, ist er als Affineur tätig: Er reift und veredelt Fleisch,
unter anderem vom Wasserbüffel. «Es ist eine Herausforderung, das fettarme Tier zart zu bekommen», räumt er
ein und verkündet nicht ohne Stolz, dass ihm genau das
zunehmend gelinge. Im Briekeller der Kartause Ittingen
affiniert Frehner gemeinsam mit dem dort verantwortlichen Käser Ruedi Tritten verschiedene (Edel-)Stücke des
Büffels. Im Schnitt hängt er diese zwischen drei und acht
Wochen ab; im Keller mit rund 97 Prozent Luftfeuchtigkeit bleibt das Fleisch allerdings nur, bis der Edelschimmel
des Bries darauf einen Flaum gebildet hat. Die Reifung
im Briekeller macht das Fleisch zart und verleiht ihm
ein dezentes Champignonaroma sowie bei zunehmender
Intensität eine nussige Note. In der Käserei der Kartause Ittingen kommt ein relativ milder Pilz zum Einsatz,
was Frehner gut passt. Er will verhindern, dass das Fleisch
durch die Veredelung seinen Eigengeschmack verliert:
«Die Kunst ist es, das Rohmaterial richtig einzuschätzen
und den idealen Zeitpunkt zu erwischen.»
Käser Ruedi Tritten (oben links), Affineur Peter
Frehner (oben rechts) – und das Resultat ihrer
Zusammenarbeit (unten): Büffelnierstück mit
Edelschimmelflaum.
96 | Fest & flüssig
Mini-Burger ...
Die Frage des Geschmacks
In Worte lässt es sich nur mässig befriedigend fassen: Wie ist es denn nun, das
Büffelfleisch? Wir erhielten im Gourmetrestaurant des Gasthofs zum goldenen
Kreuz in Frauenfeld eine Kostprobe: Der mit 14 Gault-Millau-Punkten dotierte Küchenchef Christoph Komarnicki tischte ein komplettes Büffel-Menü auf.
Wir waren vom kräftigen Geschmack und dem raffinierten Einsatz der diversen
Stücke beeindruckt, wenn auch nur bedingt überrascht – schliesslich besitzt der
Gasthof bei der Fleischzubereitung einen ausgezeichneten Ruf. Besitzer Beat
Jost wurde 2002 Grillweltmeister an den «World Barbecue Championships» in
San Diego, zwei Jahre darauf holte er in Primasens mit Komarnicki zusammen
den Vizeweltmeister-Titel.
Gasthof zum goldenen Kreuz, Zürcherstrasse 134, 8500 Frauenfeld,
052 725 01 10, www.goldeneskreuz.ch
... sowie Carpaccio und Tatar, alles vom Büffel.
Fest & flüssig | 97
Die Protagonisten
Peter Frehner
Frehner’s Fleisch Atelier
Rosenhuben
8500 Frauenfeld
079 313 45 88
Susanne und Martin Fuster
Fuster Rauchspezialitäten GmbH
Gyrenbad 129
8488 Turbenthal
052 385 57 87
www.fuster.ch
Manfred Blatter
Blatter Metzgerei AG
Wilerstrasse 8
9517 Mettlen
071 633 13 52
www.blatter-metzgerei.ch
Die Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit: Martin und Susanne Fuster
kuscheln mit ihren Wasserbüffeln.
Mit ein Grund dafür dürfte die überschaubare Wirtschaftlichkeit sein: Der
Wasserbüffel ist ein verhältnismässig
schlechter Futterverwerter und eignet
sich nicht unbedingt für die Fleischproduktion. Da die Zahl der (männlichen)
Tiere in der Schweiz aber recht klein
ausfällt, ist die Abnahme gewährleistet
und die Mast trotzdem eine Option.
Ausserdem hat das dunkelrote, feinfaserige Fleisch des Wasserbüffels durchaus
seine Vorzüge. Geschmacklich lässt es
sich irgendwo zwischen Rind und Wild
verorten und wird als kräftig, arttypisch
und wildaromatisch beschrieben. Sein
Fettgehalt liegt rund 25 Prozent tiefer
als jener von Rindfleisch – was zwar die
Reifung verkompliziert, ernährungsphysiologisch aber durchaus attraktiv ist.
Weiter gilt Büffelfleisch als cholesterinarm und weist im Vergleich zum Rind
einen grösseren Nährwert sowie höheren Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen,
Eiweiss und Spurenelementen auf.
Positive Eigenschaften attestiert den
Wasserbüffeln auch Landwirt Martin
Fuster. Sie seien zum Beispiel unkompliziert in Fütterung und Haltung,
schwärmt er, und sie seien körperlich
robust, wenngleich im Charakter empfindsam und zutraulich.Tatsächlich wird
der Bauer, wenn er sich über den Zaun
zu den Tieren ins Gehege schwingt,
gleich in Beschlag genommen: kollektive
Kuschelzeit. Zurzeit leben 35 Büffel auf
dem Hof der Fusters, die den Bestand
nun kontinuierlich aufzustocken gedenken. Die Tiere kommen mit einem
Gewicht von rund 100 Kilogramm bei
ihm an, bleiben zirka 350 Tage, bis sie
zwischen 460 und 480 Kilogramm wiegen und vom Bauern persönlich auf den
Schlachthof von Blatter geführt werden.
«Der Wasserbüffel ist derart sensibel, dass
es für die Fleischqualität enorm wichtig
ist, jeglichen Stress zu vermeiden», sagt
Fuster – und krault seine Büffel weiter.
Ein besseres Marketing gibts kaum.