Fall 4-5

Prof. Dr. H. Fuchs, Pflichtübung aus Strafrecht und Strafprozessrecht, SS 2015
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Fall 4
A verbringt mit drei Arbeitskollegen einige Tage „Zurück zur Natur“ auf einer abgelegenen Berghütte. Am zweiten Tag spätabends erleidet X, einer der vier, offensichtlich einen schweren Herzanfall. Da die Urlauber kein Handy mitgenommen haben, um wenigsten für ein paar Tage nicht erreichbar zu sein, gibt es keine Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen. A weiß zwar, dass er aufgrund seines Alkoholkonsums (tatsächlich hat er 1,2 Promille Alkohol im Blut) eigentlich nicht mehr Auto fahren dürfte, da er aber der verhältnismäßig Nüchternste der Anwesenden ist, entschließt er sich dazu, den X, der offenbar
dringendst ärztliche Hilfe benötigt, mit seinem Auto ins nächste Krankenhaus zu bringen.
Infolge seiner Alkoholisierung übersieht A die Einmündung in eine Vorrangstraße und
stößt mit Y zusammen, der mit seinem stark auffrisierten Moped mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf der Vorrangstraße fährt. Y erleidet schwere innere Verletzungen. Ein kurz darauf vorbeikommender Autofahrer verständigt die Rettung, die X und Y
ins Krankenhaus bringen, wo sie durch die ärztliche Behandlung gerettet werden.
Prüfen Sie die Strafbarkeit des A.
Fall 5
M fährt mit seiner Ehefrau F von einem Heurigenbesuch mit dem Auto nach Hause, wobei M das Fahrzeug lenkt. Er ist ein wenig unaufmerksam und streift deshalb den Radfahrer Z. Z stürzt und bleibt bewusstlos liegen. Nachdem M und F Erste Hilfe geleistet
haben, verständigen sie Polizei und Rettung. Während sie auf die Einsatzfahrzeuge warten, sagt F zu ihrem Ehemann M: „Hoffentlich bekommst du keine Schwierigkeiten, du
brauchst doch den Führersein dringend beruflich. Weißt du was: Sagen wir, dass ich gefahren bin.“ Nach einigem Zögern stimmt M zu.
Als M und F noch an Ort und Stelle von der Polizei befragt werden, geben sie übereinstimmend wie abgesprochen an, dass Frau F das Fahrzeug gelenkt habe und M Beifahrer
gewesen sei. Dieselbe Aussage machen sie auch später, als sie im Zuge des folgenden
Strafverfahrens gegen F zur zuständigen Polizeidienststelle vorgeladen und dort nochmals förmlich zu der Sache vernommen werden. Ein paar Wochen später kommt die
Wahrheit ans Licht.
Z hat bei dem Unfall eine leichte Gehirnerschütterung erlitten. Er ist nach fünf Minuten
aufgewacht und hatte noch zwei Tage Kopfschmerzen. Seine erlittenen Prellungen heilen nach einer Woche völlig aus. Weitere Folgen sind nicht eingetreten. Für M und F
wird aufgrund des durch Zeugen bestätigten Alkoholkonsums beim Heurigen ein Blutalkoholgehalt von jeweils 0,9 Promille im Unfallzeitpunkt errechnet.
Prüfen Sie die Strafbarkeit von M und F.
Ändert sich die Beurteilung, wenn M im Unfallzeitpunkt nur 0,4 Promille Alkohol
im Blut gehabt hat?
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