Morgenandachten von Pfarrer Heinz

 Pfarrer Heinz‐Josef Löckmann Paderborn Kirche in WDR 3– 5 „Tiere“ 23. – 28.03. 2015 Montag 23.03.2015 (Hahn) Guten Morgen! Der Hahn, des Tages Herold ruft, der Wächter in der Finsternis. Sein Schrei trennt von der Nacht die Nacht, dem Wanderer zur Nacht ein Licht.* Etwas fremd klingt dieses Gebet, eigentlich ein Lied. Es ist auch uralt und geht auf den heiligen Ambrosius zurück. Ambrosius war Bischof von Mailand und lebte im 4. Jahrhundert. Aber bis heute beschreibt er richtig, was den Hahn und sein Schreien auszeichnet: Die Ankündigung des neuen Tages am frühen Morgen. Zugegeben, das allmorgendliche Krähen ist nicht immer angenehm – wie ich im Urlaub auf dem Land leidvoll erfahren musste. Hähnen kann man das Krähen weder verbieten noch ausreden. Meinen Wecker kann ich programmieren und abstellen, einen lebendigen Hahn aber nicht. Wohl oder übel musste ich mich im Urlaub also an sein Krähen gewöhnen und stand eher auf, als es mir lieb war. Aber, diese Erfahrung am Morgen möchte ich nicht missen: Die Zeit des Hahns ist der Morgen, die Dämmerung in dem die Nacht dem Tage weicht. Sein Krähen markiert einen Übergang – vom Dunkel zum Licht, von der Nacht zum Tag. Es bezeichnet die Phase am Morgen, in dem Stadt und Land erwachen und sich das Leben neu regt. Ambrosius hat übrigens in seinem Gebet einige Beispiele angeführt, was in der Stunde des Hahnenschreis am Morgen alles geschieht und hat es gedeutet: Da steigt der Morgenstern empor, erhellt das schwarze Firmament, da weicht der dunklen Mächte Schar vom Weg des Unheils scheu zurück.* Mir hat sich das konkret erschlossen, als ich als Wanderer einmal im Dunkel der Nacht unterwegs war und der Hahnenschrei das Morgenlicht ankündigte. Tappte ich vorher im Dunkeln, machte das aufleuchtende Licht meinen Schritt sicherer Der Hahnenschrei wie eine Verheißung, eine Hoffnung auf das Licht des Tages. Ambrosius malt diese Hoffnungsperspektive konkret weiter aus: Dem Kranken wird nach einer unruhigen Nacht am anbrechenden Tag Linderung seiner Schmerzen zuteil. Und selbst für den Räuber hat der Hahnenschrei eine Bedeutung: er lässt von seinem bösen Tun. Denn Raub und Diebstahl vertragen nicht das Licht des Tages. Bei Ambrosius heißt es dann weiter: So stehet rasch vom Schlafe auf, der Hahn weckt jeden, der noch träumt, der Hahn bedrängt die säumig sind, der Hahn klagt die Verleugner an.* Richtig, der Hahnenschrei kann stören. Aber das kann doch auch gut sein: Sonst könnte ich etwas Wichtiges in meinem Leben verpassen. Mehr noch, Der Hahn weist die in die Schranken, die nicht ehrlich sind. Das beste Beispiel dafür nennt die Bibel: Als Jesus gefangen genommen wird und seinem Tod entgegengeht, tut Petrus, sein eifriger Jünger und Apostel so, als ob er Jesus nicht kennen würde und verrät ihn drei Mal. Petrus hat nämlich Angst. , dass es ihm geht wie Jesus, der schließlich gekreuzigt wird. Da kräht der Hahn, wie Jesus es ihm vorausgesagt hat. Petrus wird sich bewusst, was er getan hat. Er weint bitterlich und bereut seinen Fehler. Vielleicht war diese Geschichte einer der Gründe, warum der Hahn nun fast auf jeder Kirchturmspitze zu sehen ist. Er will von dort aus die Menschen daran erinnern, zu ihrem einmal gegebenen Wort zu stehen, nicht zu schlafen, sondern wach zu sein für die Aufgaben des Tages und dabei auch Gott nicht zu vergessen. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag und eine gute Woche. Ihr Heinz‐Josef Löckmann, Pfarrer aus Paderborn‐Marienloh. * Die Strophen 2, 3 und 5 des Hymnus „O ewger Schöpfer aller Welt“ sind zitiert nach: Margarete Niggemeyer, Lob der Schöpfung – Die Tier‐ und Pflanzenwelt im Hohen Dom zu Paderborn, Bonifatius‐Verlag, Paderborn S. 40. Dienstag, 24.03.2015 (Hund) Guten Morgen! Ich bin jetzt 40 Jahre Priester, aber das hatte ich noch nicht erlebt: Vor einiger Zeit bat mich eine ältere Dame ihren Dackel, zu segnen. Um ehrlich zu sein, ich war erst etwas zögerlich. Hunde segnen? Das hatte ich noch nie getan. Allerdings: Die Kirche hat schon immer Tiere gesegnet, meistens Kühe oder Pferde. Sie waren auf den Dörfern früher die Arbeitshilfen der Landwirte, ihr Kapital, die Voraussetzung für gedeihliches Arbeiten und Wirtschaften. Ja und Hunde sind heute für viele Menschen auch sehr nützlich. Blinde Menschen etwa werden von ihnen geführt. Und für viele ältere Menschen wie etwa jene Dame ist der Hund einfach der Gesellschafter, der ihnen ihre Einsamkeit, ihr Alleinsein überwinden hilft. Manche sind sogar der Meinung, Hunde seien treuer als Menschen. So wertvoll sind sie in ihren Augen. – An der Tür meines Bäckerladens hängt ein Schild: „Hunde dürfen hier nicht rein!“ Daher sind am Eingang immer einige Hunde angebunden. Manchmal winseln sie – aber in jedem Fall warten sie geduldig auf die Rückkehr ihres Herrchens oder Frauchens. Dieses Warten‐Müssen und Warten‐Können der Hunde beeindruckt mich. Denn Warten ist eine Haltung, die mir als Christ von Jesus selbst aufgegeben ist. Jesus hat gesagt, dass wir Menschen im Blick auf Gott Wartende sind, denn er kommt zu uns in einem Augenblick, wo wir nicht damit rechnen. Bis dahin heißt es, Geduld zu haben. Ich frage mich: Können wir Menschen das Warten von den Hunden am Bäckerladen lernen? Mit dem Warten eng verbunden ist zudem eine andere Haltung verbunden: das Wachsam zu sein. Und genau das fordert Jesu in seiner Verkündigung: wachsam sein: Gott soll uns bereitfinden, wenn er kommt. Und wieder können wir Menschen von den Hunden lernen. Gerade, was die Wachsamkeit angeht, geben Hunde ein gutes Beispiel. Sie sind ja geradezu prädestiniert, Hüter des Hauses zu sein und den Dieb zu verschrecken. Und so erinnern sie mich an den Gott, der kommt wie ein Dieb in der Nacht. Übrigens hing bei dem Bäckerladen noch ein anderes Schild, der Aufschrei eines Hundebesitzers: „Unsere Blacky ist entschwunden!“ Dazu genaue Angaben zum Aussehen des Tieres und die Adresse des Besitzers mit Angaben zum Finderlohn. Ich habe zwar selbst keinen Hund, aber ich erahne, welche Sehnsucht nach dem verlorenen Hund hinter solch einer Anzeige steht und stelle mir die Freude vor, wenn der Hund wiedergefunden ist. Auch davon weiß die Bibel eine Geschichte zu erzählen, ein Gleichnis aus dem Munde Jesu: Es geht um eins von hundert Schafen. Der Besitzer geht ihm nach und freut sich riesig, als er es wiedergefunden hat. So ist es auch mit dem Vater im Himmel, sagt Jesus. Der Vater im Himmel geht jedem Menschen nach bis er ihn schließlich gefunden hat. Und dann freut er sich überschwänglich. (vgl. Lk 15, 4‐7) Vielleicht würde heute Jesus in seinen Gleichnissen nicht von Schafen und Hirten sprechen, sondern von Hunden und ihren Besitzern. Vielleicht würde er aufgreifen, was ich neulich erlebt habe: „Wenn ich mit meinem Hund Gassi gehe, bin ich nicht lange alleine“, sagt mir ein Hundefreund. „Mein Hund trifft auf andere Hunde, und wenig später sind auch Herrchen und Frauchen miteinander im Gespräch.“ So kommt es also immer wieder zu Begegnungen zwischen sich fremden Menschen. Und das kann doch nur im Sinne von Jesus sein, der immer wieder auf Menschen zugegangen ist und Begegnung ermöglicht hat. Ihnen einen guten Morgen und gute Begegnungen an diesem Tag. Pfarrer Löckmann aus Paderborn‐Marienloh Mittwoch, 25.3.2015 Mariä Verkündigung (Taube) Guten Morgen! Eine Hochzeit – das frisch vermählt Paar tritt überglücklich vor meine Pfarrkirche. Dort wartet eine Überraschung auf die beiden. In einer kleinen Drahtkiste werden ihnen zwei Brieftauben überreicht. Die Brautleute sollen ihnen die Freiheit schenken. Schnell, nach einigen Sekunden des Abwartens, fliegen die beiden Tauben los. Die weiße Farbe ihrer Federn hebt sich deutlich vom Blau des Himmels ab. Ein schönes Bild finde ich, ein Bild, das mich an Freiheit, an Liebe, an gelingendes Leben denken lässt. Und das alles sei dem jungen Brautpaar ja wirklich gewünscht. Tauben sind zarte Wesen. Sie tun keinem etwas Böses und sind deswegen wohl ein Symbol des Friedens geworden. Als Friedensbringer zwischen Mensch und Natur und darüber hinaus zwischen Mensch und Gott taucht die Taube bereits im Alten Testament auf – nicht bei einer Hochzeit, aber auch bei einem Neustart für gelingendes Leben. Es ist die Geschichte von Noah und der Arche. Die Menschen hatten gesündigt und Gott wollte einen neuen Anfang mit Noah, seiner Familie und den Tieren, weil Noah einzig als gerecht galt. Eine große Flut sollte kommen und alles Leben vernichten – zugegeben eine für uns heute kaum akzeptable Vorstellung von Gott. Auf Gottes Geheiß baut Noah nun eine Arche, damit die Auserwählten darin vor der Regenflut gerettet werden. Als endlich der große Regen aufhört, lässt Noah dreimal hintereinander eine Taube fliegen. Beim ersten Mal kehrt sie unverrichteter Dinge zurück. Das Wasser war noch nicht gesunken, beim zweiten Mal trägt sie einen Ölzweig im Schnabel – ein Zeichen, dass die Bäume schon aus dem Wasser herausragen. Beim dritten Mal kommt sie nicht wieder. Sie hat trockenes Land entdeckt. Seitdem ist die Taube eben ein Zeichen des Friedens zwischen Mensch und Natur und zwischen Mensch und Gott. Der Friede ist zerbrechlich und muss behütet werden. Da passt das Symbol der Taube, die so zart und sanft ist. Die Taube kann auch zum Symbol für Gott selbst werden. Es heißt im Neuen Testament: Als Jesus als Erwachsener im Jordan getauft wird, öffnet sich der Himmel und der Geist Gottes kommt als Taube auf ihn herab. Von diesem Geist Gottes heißt es an anderer Stelle, er sei der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht. (Jes 11,1‐2) Mag Gott auch Eigenschaften haben, die ihn mit Sturm und Feuer verbinden, und ihn stark und mächtig erscheinen lassen es gibt auch die Vorstellung von einem Gott, der zart und sanft daher kommt – wie eine Taube. Etwas von dieser Zartheit und Sanftheit im Bild der Taube kommt heute am Fest der Verkündigung Mariens zum Ausdruck. Was ist gemeint? Genau neun Monate vor Weihnachten wird mit diesem Fest in der katholischen Kirche daran erinnert, dass Jesus im Leib seiner Mutter Maria Mensch geworden ist – dem Wort der Heiligen Schrift zufolge durch die Kraft des Geistes Gottes. Viele Künstler haben dieses Geschehen so dargestellt, dass der Geist Gottes als Taube auf Maria herabschwebt und sie so das göttliche Kind empfängt. Wie das genau vor sich ging – das bleibt ein Geheimnis des Glaubens. Aber die Vorstellung, dass Gott sanft und zart zu Maria war bei der Verkündigung, die finde ich sehr betörend und angemessen! Der Geist Gottes als sanfte und zarte Taube – was für ein schönes biblisches Bild! Vielleicht kann man aber auch umgekehrt sagen: Da, wo Menschen sich zart und sanft begegnen, da ist auch Gott gegenwärtig. Einen gesegneten und sanften Tag wünscht Ihnen Heinz‐Josef Löckmann aus Paderborn‐Marienloh. Donnerstag, 26.03.2015 (Wolf) Guten Morgen! Spätestens seitdem die Gebrüder Grimm das Märchen vom Rotkäppchen unter das Volk gebracht haben, hat der Wolf in Deutschland keinen guten Ruf. Hier gilt er eben als der „böse Wolf“. Das hat nicht zuletzt natürlich auch einen Sitz im Leben, weil er von Natur aus ein Raubtier ist. Und vermutlich war das auch der Grund, warum er ausgerottet wurde. Mancherorts gibt es sogar Gedenksteine, die an den Tod des letzten Wolfes erinnern – ein Zeichen des Stolzes, dass der Mensch dieses vermeintliche Untier besiegt hat. Inzwischen werden Wölfe in Deutschland aber wieder mehr und mehr heimisch, und diejenigen, die sich mit ihnen auskennen, versuchen unermüdlich, der Bevölkerung deutlich zu machen: Für Menschen geht von ihnen keine Gefahr aus. Im Gegenteil: Sie sind eine Bereicherung der Tierwelt. Der „böse Wolf“ ist eben doch mehr eine bloße Märchenfigur. Trotzdem hat er mich angeregt, überhaupt über das Böse und den Umgang damit nachzudenken. Geholfen dabei hat mir die Legende vom heiligen Franziskus und dem Wolf von Gubbio. Diese Legende erzählt von einem Wolf, der sein Unwesen in dem Gebiet der Stadt Gubbio in Italien trieb und so schrecklich war, dass die Menschen am Ende vor lauter Angst ihre Häuser nicht mehr verließen. Franziskus hatte Mitleid mit ihnen und beschloss, gegen den Rat der Bürger, den Wolf aufzusuchen. Der Wolf lief mit geöffnetem Rachen auf Franziskus zu, als wolle er ihn verschlingen mit Haut und Haaren. In der Legende heißt es dann weiter, dass Franziskus ein Kreuzzeichen über den Wolf machte und ihn direkt ansprach: „Komm her, Bruder Wolf. Ich gebiete dir im Namen Christi nichts Böses mehr zu tun, weder mir noch einem anderen.“ Tatsächlich sei der Wolf, sanftmütig wie ein Lamm herangekommen und habe sich Franziskus zu Füßen gelegt. Nachdem Franziskus ihm seine Missetaten vor gehalten hatte, habe der Wolf reumütig versprochen, nichts Böses mehr zu tun. Fortan begleitete der gezähmte Wolf den heiligen Mann und diente ihm.* Eine Legende, wie gesagt, über die man lächeln kann, deren Grundmuster aber eine tiefe Wahrheit beschreibt: Man kann das Böse nicht verbannen, vernichten oder ignorieren, man muss es erkennen, benennen und verwandeln und zwar nicht nur das Böse im Anderen, sondern vor allem das Böse in mir selbst. Die Psychologen und die Erfahrung lehren doch, dass das Böse zu uns Menschen dazu gehört. Am liebsten möchte ich es zwar vernichten, zerstören, nicht wahr haben – so, wie die Menschen vormals die Wölfe in Deutschland getötet haben. Nur, das hilft nicht wirklich. Besser ist es, die Alternative zu wählen: die Kräfte, die zum Bösen führen in Dienst zu nehmen und damit Gutes zu tun. Ein Mensch, der neugierig ist, kann zum Beispiel Gerüchte über andere Menschen verbreiten, die ihnen schaden. Er kann aber auch positive Informationen weitergeben. Mein Glaube sagt mir, dass es mit der Hilfe Gottes möglich ist, den Wolf in mir zu zähmen. Alles Dunkle und Unvollkommene in mir kann ich in das Licht Gottes halten und darauf vertrauen, dass er das Unvollkommene und Bruchstückhafte in mir vollendet. Pfarrer Heinz‐Josef Löckmann aus Paderborn‐Marienloh. * Für die Zusammenfassung der Legende vom Wolf von Gubbio habe ich diese Webseite verarbeitet: http://religionv1.orf.at/projekt02/tvradio/ra_erfuellte/ra_erf‐txt020120_gubbio.htm Freitag, 27.03.2015 (Wellensittiche) Guten Morgen! Wellensittiche gehören zu meinem Leben dazu. Schon als Kind hatten wir zu Hause einen solchen Vogel. Er hieß Peter und war ganz zahm. Leider ist er uns eines Tages entflogen. Ich weiß noch, wie lange ich ihn gesucht habe – vergebens. Er war weg. Jetzt habe ich sogar vier Wellensittiche: zwei grüne, einen gelben und einen blauen. Ich weiß, manche Menschen lieben Wellensittiche nicht besonders. Sie machen Dreck, vor allem wenn sie in der Mauser sind. Sie knabbern im Zimmer die Tapeten und Bücher und Pflanzen an und ihr Gesang ist nicht besonders schön, falls man ihre Laute überhaupt so nennen kann. Und trotzdem möchte ich sie nicht missen. Es ist einfach spannend, sie zu beobachten. Sie sind ja wahre Kletterkünstler, sie machen die unmöglichsten Bewegungen, zanken sich oder sind zärtlich zueinander. Es wird nicht langweilig, hinzuschauen. Bei ihnen ist immer etwas los. Tiere zu haben, bringt natürlich auch Verpflichtungen mit sich: Meine erste Aufgabe am Morgen besteht darin, die Vögel zu füttern. Anders als in der Natur können sie sich ja nicht selbst versorgen. Ich gebe ihnen also täglich neues Futter, frisches Wasser und immer wieder auch einen Hirsekolben. Daran knabbern sie sofort. Hirse mögen sie besonders gern. Mir macht es dann Freude, ihnen zuzuschauen und sie zu beobachten. Ich weiß zwar nicht, ob Jesus auch Vögel gern hatte, aber immerhin hat er sie auch beobachtet: Es waren natürlich nicht Wellensittiche, denn die gab es in Israel zu seiner Zeit nicht, wohl aber Spatzen. So sagt er einmal von ihnen: „Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte.“ Und dann ergänzt er noch: „euer himmlischer Vater ernährt sie.“ (Mt 6,26) Und diese Beobachtung dient Jesus alleine nur für einen Vergleich: „Seid ihr Menschen nicht viel mehr wert als sie?“ Jesus will doch damit sagen, dass wir Menschen Gott vertrauen können und uns nicht zu viel Sorgen machen sollten. Ein anderes Wort von ihm greift auch wieder die Beobachtung von Vögeln auf. Es lautet: „Kein Spatz fällt vom Himmel ohne den Willen des himmlischen Vaters.“ (vgl. Mt 10,29) Auch dieser Satz unterstreicht: Gott sorgt sich um jeden Menschen und steht ihm bei! Tatsächlich ist vor einiger Zeit wirklich einer meiner Vögel von der Stange gefallen. Er tat einen letzter Seufzer und lag dann tot auf dem Käfigboden. Wenn das in einer Familie mit Kindern passiert wäre, dann wäre das sicherlich ein großes Drama gewesen. Für manche Kinder ist der Tod eines Haustieres ja die erste Begegnung mit dem Tod überhaupt. Und häufig kommt es dann zu feierlichen Beerdigungen mit allem Drum und Dran und das hilft den Kindern wie bei einer Trauerarbeit. Ich habe mich schon oft gefragt: Was wird nun aus dem Tier, wenn es gestorben ist? Hat es eine Seele und die ist dann einfach weg, ins ewige Nichts versunken? Kann ich mir das vorstellen? Kann ich mir vorstellen, dass Gott seine Schöpfung der Vernichtung anheim gibt? Ich glaube das nicht. Ich glaube, jedes Tier, erst recht natürlich jeder Mensch, ist ein Gedanke Gottes. Immerhin schreibt ja schon der Apostel Paulus, dass die gesamte Schöpfung in Geburtswehen liegt und auf die Befreiung von den dunklen Mächten des Todes hofft. Gott will doch das Leben für alle. Er kümmert sich auch um die kleinen unscheinbaren Wesen, also auch um die Vögel, und nicht nur um die im wahrsten Sinn des Wortes großen Tiere. Dieser Gedanke fasziniert mich. Wenn Gott sich nämlich schon um die kleinen Vögel sorgt, um wieviel mehr dann um uns Menschen, auch um mich! Sogar die Haare auf unserem Kopf sollen ja gezählt sein, wie es im Neuen Testament heißt (vgl. Mt 10,30). Auch wenn nicht alles n meinem Leben glatt verläuft – ich bin davon überzeugt: Gott achtet auf mich. Und deshalb schenke ich einem solchen Gott mein Vertrauen. Ihr Pfarrer Heinz‐Josef Löckmann Samstag, 28.03.2015, (Esel) Guten Morgen! Ich bin gebürtig aus Unna. Vielleicht ist das der Grund, warum ich einige Besonderheiten dieser Stadt sehr mag. An einem der beiden Türme der Katharinenkirche zum Beispiel gibt es eine besondere Attraktion zu entdecken: Hoch oben, in luftiger Höhe, findet sich ein in Stein gehauenes Bild eines – Esels samt seines Eseltreibers. Der versucht, ihn von der Stelle zu bewegen, vergeblich. Der Esel wehrt sich sogar. Er ist störrisch und tut nicht, was er soll. Das Bild vom Esel und seinem Treiber ist nicht zufällig dort oben angebracht. Der Esel ist zwar nicht das Wappentier der Stadt, er ist aber so etwas wie ihr Wahrzeichen. „Esel Unna“ heißt es im Volksmund. Die Unnaer schämen sich übrigens nicht für ihren Esel. Es gibt sogar, mitten auf dem Marktplatz, einen Eselbrunnen. Und auch da hat der Künstler einen störrischen Esel mit seinem Treiber dargestellt. Der Esel – gilt als das störrische Tier. Kommt es daher, dass Esel nicht unbedingt angesehen sind? Und wenn einer einen anderen einen Esel nennt, steckt dahinter genau diese Unterstellung: Du bist störrisch – und das ist ja alles andere als eine Schmeichelei. Es ist eine grobe Beleidigung. Mag der Esel auch schlecht wegkommen, wegen seiner Sturheit, manchmal kann es gut sein, dass ein Esel nicht das tun, was er soll. Es gibt da eine merkwürdige Geschichte in der Bibel, die mit dem negativen Bild vom Esel aufräumt – gerade mit seiner Sturheit. Sie erzählt von einem Propheten mit Namen Bileam. Bileam soll im Auftrag des Königs von Moab, seines Herrn, die Israeliten verfluchen. Die sind aus Ägypten geflohen und wollen nun in das Gelobte Land Israel einziehen. Unterwegs durchqueren sie andere Königreiche, nicht gerade zum Wohlgefallen der dortigen Bevölkerung, denn die Israeliten ernähren sich ja auf deren Kosten. Und so soll Bileam sie im Auftrag des Königs verfluchen, damit sie das Land Moab meiden. Nach einigem Widerstreben reitet Bileam los, natürlich auf seinem Esel. Aber – wie kann es anders sein – das Tier bockt. Der Grund: Ein Engel verwehrt ihm den Weg. Nur, dass der Prophet diesen Engel nicht sieht. Offenbar ist der Esel dem Menschen voraus. Er muss freilich erdulden, dass er von Bileam geschlagen wird. Dreimal hintereinander versucht Bileam, den Esel mit Stockschlägen zu motivieren, weiterzugehen. Vergebens! Der Esel rührt sich nicht von der Stelle. Schließlich fragt der Esel den Bileam mit menschlicher Stimme: „Was habe ich dir getan, dass du mich jetzt schon zum dritten Mal schlägst?“ (Num 22,28) Bileam merkt so endlich, dass sich dem Esel ein Engel in den Weg gestellt hat. Billeam sieht ein, dass er auf dem Holzweg ist. Die Geschichte endet damit, dass er die Israeliten schließlich nicht verflucht, sondern sie im Gegenteil segnet. Was mir an dieser Geschichte besonders gefällt, ist die schlichte Erkenntnis, dass die Tiere in manchem einen Instinkt haben und die Wirklichkeit besser wahrnehmen als wir Menschen. Das lässt mich bescheiden sein. Und dann ist da noch etwas, was ich für wichtig halte: Die Erkenntnis nämlich, dass nicht jede Störung meiner Pläne ein Schaden sein muss. Sicher, im ersten Augenblick denke ich: Auch das noch heute, dieser Stau auf der Autobahn, dieser Telefonanruf – oder, im schlimmsten Fall diese Krankheit. Manchmal aber zeigt sich, dass gerade diese Unterbrechung meines Alltags, diese Störung, von Nutzen ist und mich sogar weiter gebracht hat. Ich bin vielleicht reifer geworden als ich vorher war oder Dinge haben sich besser gefügt als geplant. Ich bin womöglich einem Unfall entgangen. Dann geht es mir wie dem Bileam, den der Esel durch sein störrisches Verhalten davor bewahrt hat, Gottes Willen zu unterlaufen. Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt, der mit dem Esel in der Bibel zu tun hat: Morgen ist ja Palmsonntag. Die Christen feiern an diesem Tag den Einzug Jesu in Jerusalem. Jesus reitet in die Stadt hinein – wie einst Bileam – auf einem Esel – ganz bescheiden. Er will damit deutlich machen, dass er nicht herrschen, sondern dienen will. Diesmal bockt der Esel nicht, denn ein Engel muss hier nicht etwas verhindern. Ganz im Gegenteil: Das, was mit dem Palmsonntag, dem Einzug in Jerusalem beginnt, das ist die Umsetzung von Gottes Willen pur: Gott gibt sich den Menschen hin in seinem Sohn Jesus, damit die Menschen erlöst werden. Gut, dass da kein störrischer Esel dazwischen war. Pfarrer Heinz‐Josef Löckmann aus Paderborn‐Marienloh.