Die Hippie-Verklärung bleibt aus | Medien / Kultur | GRENZECHO.net... http://www.grenzecho.net/ArtikelLoad.aspx?aid=9d7befde-3f58-4e64-... 07.04.2015 Die Hippie-Verklärung bleibt aus Von Klaus Schlupp Blumenkinder treffen auf Weltverbesserer, Generationenkonflikt trifft auf Geopolitik. Und das alles untermalt vom Sound der 60er Jahre aus den Augen von drei Aachener Abiturienten. Die Eupener Regisseurin Maren Dupont bringt im DasDa-Theater die Revue „Summer of Love“ auf die Bühne. Raus in die Welt heißt es für die Aachener Abiturienten Hilde (Elena Lorenzon), Ute (Mareike Voß) und Reiner (Tobias Steffen). Doch es ist die Welt der Kubakrise, des Vietnamskrieg, der verbeamteten Altnazis aber auch von Sex, Drugs und Rock ‚n‘ Roll, von APO und Kommune 1. Im Musical „Summer of Love“ der Autoren Christoph Biermeier und Georg Kistner bringt die Eupener Regisseurin Maren Dupont das Lebensgefühl eines Jahrzehnts souverän und treffsicher auf die Bühne. In dieser Welt der großen Ideen und politischen Theorien müssen sich die drei Hauptfiguren gegen ihre verknöcherte Elterngeneration das Leben erkämpfen und wollen im Grunde primär das, was alle Menschen aller Zeiten wollen: Lieben und geliebt werden. In der Suche nach sich selbst treffen sie auf zeittypischen Strömungen und Figuren und müssen Stellung beziehen. Die Namen der Nebenfiguren und erwähnten Personen sind sprechend, auch wenn nur die Vornamen gebraucht werden. „Uschi“ (Obermeyer) „Andreas“ (Baader) und „Gudrun“ (Ensslin) werden erwähnt, „Angela“ (Davis) und „Rudi“ (Dutschke) sind Figuren im Stück. Während allerdings „Angela“ (Michelle Bray) tatsächlich deutlich die Züge der Angela Davis trägt, hat „Rudi“ (Toni Gojanovic) allerdings außer Belesenheit und radikalen Ansichten nichts mit dem Studentenführer gemein. Dutschke war ein Volkstribun, ein Intellektueller und gewaltfreier Denker, während der „Rudi“ des Stückes ein humor- wie hirnloser Fanatiker ist, der die Ideologie nutzt, um freie Liebe zu praktizieren. Gojanovics Rudi ist eine zeitlose Figur, er ist der ewige verblendete Ideologe, der 30 Jahre vorher die Synagogen angezündet hat, nun angehender RAF-Terrorist ist und heute bei ISIS im Namen Allahs vergewaltigt. Und Menschen wie er waren es, die dem „Summer of Love“ die Unschuld nahmen. Das Musical ist ein Stück der kleinen Andeutungen, doch jeder merkt, was hinter dem kleinen Zitat, der unscheinbaren Requisite steckt, egal ob es der kurze Hinweis auf „Gudrun“ oder das unscheinbare Spritzbesteck auf dem Tisch ist. Ein „Summer of Love“ braucht die Musik, um das Gefühl der Zeit deutlich zu machen. Es ist die Zeit der musikalischen Aufbrüche, des Rock ‚n‘ Roll, des Beat, der Stones, Doors und Beatles, von Bob Dylan oder Ton Steine Scherben. Aber es ist auch die Zeit der herzzerreißenden Schnulzen wie Heintjes „Mama“, herrlich komisch inszeniert und interpretiert von Tobias Steffen oder Freddy Quinns ultrareaktionärer Spießerhymne „Wir“. Christoph Eisenburger hat die Songs arrangiert und Maren Dupont hat sie so auf die Bühne gebracht, dass das Gefühl der Zeit in allen Facetten deutlich wird. Aber dennoch: Diese Songs sind keine bloße Imitation der 1 von 2 13.04.2015 13:17 Die Hippie-Verklärung bleibt aus | Medien / Kultur | GRENZECHO.net... http://www.grenzecho.net/ArtikelLoad.aspx?aid=9d7befde-3f58-4e64-... Originale, sie sind Interpretation und Verdeutlichung. Der Fan kann an diesen Songs manches hören, was er beim Gewohnten überhört. Das ist auch den Sängern zu verdanken, denn DasDa kann Musik. Egal, ob es „alte Hasen“ wie Tobias Steffen oder Elena Lorenzon sind, jetzt mit Titeln wie „All my lovin“ (Beatles) oder „Let’s Twist again“ (Chubby Checker) brillieren oder die neuen Schauspieler. Spannend ist die weibliche Variante des Doors-Klassikers „Light my Fire“ von Anne Noack oder die großen Stimmen von Mareike Voß und Simon Berhe (u. a. „Stand by me“). Bühnenbildner Frank Rommerskirchen konnte hier einmal wieder aus dem Vollen schöpfen. Vom überdimensionierten Fernseher angefangen, aus dem die Hündin Laika das Geschehen aus dem Orbit kommentiert, dem blau gekachelten Schwimmbad Hangeweiher, der verqualmten Berliner Studentenkneipe – hier passt das Zeitkolorit. „Summer of Love“ im DasDa-Theater ist vieles: Es ist Erinnern, ohne in verklärende Nostalgie zu verfallen, es ist Diskussionsstoff zwischen Oma und Enkel, es ist großartig gespielte, gesungene und arrangierte Musik und last but not least: Es ist intelligente Unterhaltung und ein großer Spaß für das Publikum, das sich mit Recht mit minutenlangem Applaus beim Ensemble bedankte. „Summer of Love“ im DasDa-Theater, Liebigstraße 9, Aachen, vom 12. April bis 24. Mai; Do.-Sa. 20 Uhr, So. 18 Uhr www.dasda.de 07.04.2015 2 von 2 13.04.2015 13:17
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