Grusswort Luga (PDF, 3 Seiten, 173 kB) - Regierungsrat

Kanton Zürich
Regierungsrat
Eröffnung Luga in Luzern
24. April 2015
Grusswort von Regine Aeppli,
Regierungspräsidentin Kanton Zürich
Sehr geehrter Herr Regierungspräsident
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident
Sehr geehrte Messeverantwortliche
Sehr geehrte Anwesende, liebe Gäste
Man sagt, Luzerner und Zürcher werfen einander gerne «einen Stein in den Garten». Ich
nehme an, Sie kennen den Ausdruck. Er bedeutet in der Regel, einander einen Gefallen zu
tun. Manchmal meint er aber auch das Gegenteil. Obwohl Luzern darauf verzichtet hat,
Gast am Zürcher Sechseläuten zu sein, ist Zürich sehr gerne bereit gewesen, als Gast an
der Luga in Luzern an- und aufzutreten. Wir wollen den Luzernern gerne einen Stein in den
Garten werfen – ihnen etwas zu liebe tun.
Wenn man an einen Garten denkt, sieht man vor dem geistigen Auge einen schönen
Bauernhof mit Blumenbeeten vor dem Haus und Beerenstöcken neben oder hinter dem
Haus. Ins Grüne zu gehen, bedeutete eigentlich immer, aus der Stadt hinaus aufs Land zu
gehen.
Heutzutage gilt es dieses Bild zu relativieren. Erstens, weil das Land auch nicht mehr das
ist, was es einmal war und zweitens, weil man heute ganze Gartenlandschaften auf den
Hausdächern in der Stadt findet. Gärtnern ist in den Städten ein Trend geworden. Der
Kanton Zürich verfügt also nicht nur über ausgedehnte Waldreservate wie den Sihlwald,
von Gletscher geschaffene Seen wie den Zürichsee und Moränenhügel mit Apfelbäumen
zuoberst sowie schöne Weinbaugebiete, er ist auch ein fruchtbarer Boden für urbane
Pilotprojekte.
Urban Gardening oder Urban Farming heisst dieser neue Trend. Ich werde nachher etwas
dazu sagen, allerdings frage ich mich, ob dieser Trend wirklich neu ist. Ich war kürzlich in
Berlin und habe das Pergamonmuseum besucht. Dort befindet sich eines der Stadttore von
Babylon mit seinen wunderbaren blau-goldenen Glasurziegeln. Und dahinter soll es damals
einen grossen Palast mit Gärten gegeben haben.
Das waren die sagenhaften Hängenden Gärten der Semiramis. Der Begriff hat unzählige
Maler, Dichter und Architekten inspiriert, aber vielleicht war ja die Übersetzung aus dem
Babylonischen gar nicht korrekt. Vielleicht hätte es statt hängende Gärten heissen müssen:
«Dachgärten auf Terrassen».
Auf jeden Fall gelten diese Gärten als Weltwunder. Auf Grund der wenigen überlieferten
Beschriebe glaubt die Forschung heute, dass es sich um eine terrassierte Anlage
gehandelt habe, die auf Mauern und Pfeilern aus gebrannten Ziegeln aufgebaut war. Die
Böden waren mehrfach abgedichtet, mit Schilfrohr, Teer, gebrannten Ziegeln und Platten
aus Blei. Auf dieser wasserdichten Unterlage konnte man Humus auslegen und Bäume
anpflanzen. Die Anlage brauchte natürlich Wasser. Das entnahm man dem Euphrat und es
wurde mit Hilfe von zahlreichen Sklaven auf die Terrassen gebracht.
Entwurf
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Mit diesen Gärten konnte der Fürst Nebukadnezar II. seiner Frau Amyitis, die aus einer
fruchtbaren Landschaft in Persien kam, in der Wüstenstadt ein Stück grünes Paradies
bieten.
Das ist wahrscheinlich das älteste belegte Projekt von Urban Gardening.
*
Nachdem der Vizepräsident des Zürcher Regierungsrates bei der Medienkonferenz zur
Eröffnung der Luga von den Vorzügen der lieblichen und fruchtbaren Zürcher Landschaft
geschwärmt hat, möchte ich als eingefleischte Stadtmaus heute die Gartenlandschaft auf
den Dächern von Zürich preisen.
Im Kanton Zürich gibt es ein paar spannende Projekte in diesem Bereich:
Seit einigen Monaten weckt eine Pioniersiedlung in der Stadt Zürich viel Interesse, sie
erhielt eine Art Modellcharakter. Ich rede von der grossen Wohn- und Gewerbesiedlung an
der Kalkbreite. Da versucht eine junge Genossenschaft mit kommunaler Beteiligung auf
engagierte Weise, schonend mit Umweltressourcen umzugehen. In der neueröffneten
Siedlung gibt es einen Innenhof, der neun Meter über dem Strassenniveau auf einem
Tramdepot geschaffen wurde. Während unten die Trams ein- und ausfahren, wachsen
oben Bäume und spielen Kinder. Auf den Dächern noch weiter oben befinden sich 1500
Quadratmeter Gärten, wo die Bewohnerinnen und Bewohner in Gruppen Blumen pflegen
und Gemüse anbauen. Die Namen der verschiedenen Teile dieser Siedlung sprechen für
sich. Sie heissen «Bei den Blumen», «Bei den Gräsern», «Bei den Kräutern», «Beim
Gemüse». Und selbstverständlich kümmert sich eine Gruppe darum, dass sich da auch ein
Bienenvolk wohl fühlt.
*
Bei solchen Projekten sind meistens Fachleute am Werk, die ihr Wissen von den
Hochschulen mitbringen.
Umweltingenieurwesen ist heute ein stark nachgefragter Studiengang. Anfangs 2015
erhielten 131 Studierende an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in
Wädenswil ein Diplom in Umweltwissenschaften. Sie alle befassen sich leidenschaftlich mit
Themen wie Gartenbau, Umwelt und dem Schutz von Ressourcen. Die Forschungsgruppe
Ökotechnologie an der ZHAW in Wädenswil zum Beispiel arbeitet systematisch daran,
Abwässer entweder ganz zu vermeiden oder die Nährstoffe, die sich darin finden, zum
Aufbau verwertbarer Biomasse zu nutzen. Ein Paradebeispiel dafür ist die Kombination von
Fischzucht und Gemüseproduktion auf Hausdächern. Bei dieser Idee – Aquaponic genannt
– wird das Fischwasser verwendet zur Gemüseproduktion. Dank diesen Forschungen
konnte 2012 die erste Pilotanlage Europas, eine sogenannte Aquaponic-Dachfarm
realisiert werden. Da wird aus einem Garten ein richtiger Produktionsbetrieb.
Es ist leider nicht überliefert, ob sich in den hängenden Gärten von Babylon auch
Fischteiche befanden. Denkbar ist es aber, weil Babylon ja wie gesagt an einem Fluss lag.
So kehren wir Heutigen zu den Ideen der Vorfahren zurück.
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Manchmal ist nicht nur die Natur ein Kreislauf, sondern auch die Geschichte der
menschlichen Ideen.
*
Der Beitrag von Zürich zur Luga 2015 steht unter dem Motto: «Familie Zürchers Garten».
Auch bei diesem Projekt haben viele Lernende und Studierende ihre Beiträge geleistet. Ich
danke allen dafür.
Ich wünsche Ihnen, meine Damen und Herren, dass Sie in «Familie Zürchers Garten» viele
Anregungen, aber auch Unterhaltung und Entspannung finden. Geniessen Sie die
hängenden und liegenden Gärten Zürichs hier in Luzern. Erleben Sie die Vielfalt und
bewundern Sie das Kunstwerk aus der Sammlung des Kantons Zürich mit dem Titel: «In
fremden Gewässern». Es zeigt einen Schwan Kopf voran in einem farbigen Blumenbeet.
Und weil man als Gast auch etwas mitbringt, übergebe ich den Gastgebern gerne das
neuste Werk zum Thema Urban Gardening. Es trägt den Titel «Veranda Junkies» und
kommt frisch ab der Presse aus dem Verlag A/T.
PS: Wir hatten ein sehr schönes Sechseläuten in Zürich. Der Böögg brannte über zwanzig
Minuten lang, was bedeutet, dass es in Luzern einen schlechten Sommer gibt. Aber
wahrscheinlich auch in Zürich. Wir haben Sie vermisst. Aber die Zünfte feiern auch
nächstes und übernächstes Jahr wieder.