„Wir verdienen den Abstieg nicht“

Hostert kämpft um den Klassenerhalt: Interimstrainer Laurent Pellegrino ist zuversichtlich
„Wir verdienen den Abstieg nicht“
Das Team ist stärker als bei der Premiere in der BGL-Ligue, jedoch lediglich einen Punkt
vom Abstiegsplatz entfernt
INTERVIEW: ANDREA WIMMER
Vor drei Jahren konnte er den Abstieg nicht
verhindern, aber diesmal will Laurent
Pellegrino mit US Hostert unbedingt länger in
der BGL Ligue bleiben. Damals war er
Spieler, nun versucht der Sportdirektor als
Interimstrainer einen erfolgreichen Endspurt
in der Meisterschaft.
Seit dem 22. Spieltag hat der 42-Jährige als Nachfolger des entlassenen Manuel Peixoto die
Verantwortung als Coach. Doch die Lage ist ernst. Hostert steht auf dem Relegationsplatz –
nur einen Punkt vom Abstiegsrang entfernt. Die Mannschaft trifft noch auf Etzella und
Grevenmacher.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass der Klassenerhalt gelingt?
Ich bin noch genauso zuversichtlich wie vor knapp vier Wochen, als ich den Posten als
Interimstrainer übernommen habe. Angesichts der spielerischen Qualität, die die Mannschaft
in der gesamten Saison gezeigt hat, verdient sie den Abstieg nicht. Wir haben viele Spiele
verpatzt und viele Punkte verloren. Ich hoffe, dass diese Punkte am Ende nicht fehlen werden.
Aber wenn man nur auf die spielerische Qualität schaut, verdienen wir den Abstieg nicht.
Als Hostert zur Saison 2011/12 erstmals in die höchste Spielklasse aufgestiegen war,
stieg man umgehend wieder ab – abgeschlagen als Letzter mit nur acht Punkten. Auch
heute hat Hostert nur ein bescheidenes Budget, aber bessere Chancen auf den
Klassenverbleib. Was ist anders als damals?
Ich denke, dass der Club beim ersten Aufstieg nicht erwartet hatte, dass der Unterschied
zwischen Ehrenpromotion und BGL Ligue so groß sein würde. Man war nicht gut genug
darauf vorbereitet, um sich in der höchsten Liga halten zu können. Zwei Jahre später war der
Club anders vorbereitet, die Rahmenbedingungen waren besser. Mit der Erfahrung von
2011/12 haben wir versucht, uns besser zu wappnen. Allerdings ist die Finanzierung noch
immer ein Problem. Auch da brauchen wir Fortschritte, wenn wir uns längerfristig in der BGL
Ligue behaupten wollen. Wir sollten also mit der gleichen Einstellung und der gleichen
Recherchearbeit beim Aufspüren passender Spieler weitermachen wie bisher, aber wir
bräuchten auch etwas mehr Geld.
Gibt es Hoffnung auf mehr Geld?
Für kleine Clubs ist es schwer, Investoren und Sponsoren zu finden, auch wenn wir das ganze
Jahr daran arbeiten. Es ist ein Teufelskreis. Wenn man keine guten Resultate vorweisen kann,
findet man auch keine neuen Sponsoren und dann kann man auch kaum bessere Ergebnisse
erzielen. Das ist ein bisschen wie bei einer Schlange, die sich selbst beißt. Der Unterschied zu
den großen Clubs besteht nun mal darin, dass diese Investoren haben.
Welche sind die besonderen Stärken der aktuellen Mannschaft im Vergleich zum ersten
Aufstieg?
Die fußballerische Qualität der Spieler ist deutlich besser. Wir haben im Vergleich zu 2012
viel mehr Spieler, die eine sehr gute technische Ausbildung genossen haben, zum Beispiel
beim RFCUL, bei Fola oder auch in französischen Fußballzentren. Die individuelle Qualität
macht den Unterschied aus.
Sie gehörten der Mannschaft von 2011/12 selbst als Defensivspieler an. Was ist nun der
härtere Job: Abstiegskampf als Spieler oder als Trainer?
Mein heutiger Job ist viel härter. Denn als Spieler stellt man sich nicht so viele Fragen. Man
bleibt, was man ist, ein Fußballer. Als Trainer oder Sportdirektor bürdet man sich viel mehr
auf, man stellt sich mehr Fragen: Welche Spieler setze ich ein? Welche Taktik ist die beste?
Wie sieht die Personalplanung für die nächste Saison aus? Die Last der Verantwortung ist
deutlich größer.
Sie haben den Trainerposten erst in den letzten Wochen der Saison übernommen.
Warum hat man den Coach überhaupt gewechselt?
Es war die Entscheidung des gesamten Vorstands. Als man sich zur Trennung von Manuel
Peixoto entschloss, brauchten wir jemanden, der die Aufgabe mit dem Ziel Klassenerhalt
übernehmen konnte. In dem Moment war ich derjenige mit der meisten Erfahrung, daher hat
man mich darum gebeten. Außerdem kenne ich alle Spieler und ihre Qualitäten. Der Grund
für den Wechsel war der, dass die Mannschaft nicht mehr richtig zusammengehalten hat. So
etwas passiert im Fußball. Einige Spieler waren wohl nicht mehr einverstanden mit den
Methoden des Trainers. Entweder verstanden sie sie nicht oder sie wollten sie nicht verstehen.
Was machen Sie nun anders?
Ich habe versucht, die Gruppe wieder zusammenzubringen. Im Fußball kann man innerhalb
von drei Wochen nicht viel Neues lernen oder alles umkrempeln. Ich führe die Arbeit von
Manuel Peixoto fort und versuche vor allem im psychischen Bereich anzusetzen. Ich denke,
hinsichtlich der Moral gibt es Fortschritte. Allerdings leidet jeder kleine Club am Ende der
Saison unter der Anhäufung von Sperren. Einerseits habe ich die Moral etwas verbessert, aber
ich bin auch Opfer der vielen Karten. Jedes Mal muss ich eine neue Mannschaft aufstellen,
weil mir Spieler fehlen. Zudem hatten wir mehrere Verletzte. Ich denke schon, dass ich die
Gruppe wieder näher zusammengebracht habe. Allerdings sieht man es nicht an den
Resultaten. Wir haben gegen ein wirklich großartiges Differdingen verloren, das die stärkste
Saisonleistung gezeigt hat. Gegen Jeunesse hätten wir einen Punkt verdient. Das ist schade,
aber die Spieler haben eine gute Reaktion gezeigt. Ich hoffe, dass das in den zwei
verbleibenden Spielen gegen Etzella und Grevenmacher zu positiven Resultaten führt.
Hostert wurde in dieser Saison für guten Fußball gelobt. Aber das nützt nichts, wenn die
Punkte fehlen. Hat das Team nun mehr Kampfgeist?
Ja, die Mannschaft musste effizienter und aggressiver werden. Aber man braucht auch genug
Spieler. 12, 13 unserer Akteure haben das Niveau der BGL Ligue. Wenn davon drei verletzt
und zwei gesperrt sind, hilft uns die ganze Moral nichts. Mir fehlen einfach noch ein paar
Spieler.
Da Sie auch Sportdirektor sind, sollten Sie sich auch um neue Spieler für die kommende
Saison kümmern. Wie schaffen Sie die Doppel-Aufgabe?
Im Moment gar nicht. Ich habe schon einige Kontakte zu interessanten Spielern. Aber derzeit
kann ich mich nicht intensiv darum kümmern. Man kann nicht alles gleichzeitig machen. Ich
setze Prioritäten. Vorrang hat jetzt der Trainerjob. Die Saison ist ja bald beendet. Und danach
hat man noch viel Zeit, Spieler zu finden. Hilfreich wäre natürlich, wenn wir die Klasse halten
könnten. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein bisschen Abwarten nicht schadet
und man am Ende der Transferperiode oft noch sehr gute Spieler finden kann. Solche, die zu
lange gepokert haben und dann günstig zu haben sind.
Wer wird in der kommenden Saison Trainer in Hostert sein?
Das steht noch nicht fest. Es gibt mehrere Kandidaten. Eine Entscheidung wird aber erst nach
dem Ende der Meisterschaft fallen. Sie hängt natürlich auch davon ab, ob wir den
Klassenerhalt schaffen.
Wie wäre es mit Ihnen? Hätten Sie Lust, als Trainer weiter zu machen?
Nein. Bloß nicht! Ich habe den Posten wirklich nur übergangsweise übernommen, um dem
Club zu helfen.
Luxemburger Wort vom Samstag, 16. Mai 2015, Seite 51 (7 Views)