Ingenieurin - aber in Teilzeit - FS-GmbH

BERUF & KARRIERE
V5
Samstag, 27. April 2013
Kopfhörer oder
Ohrstöpsel
Lärm im Büro. Am besten
einzelne Geräusche mit anderen
Geräuschen ausblenden.
Der Lärmpegel in Großraumbüros wird für
manche Arbeitnehmer zur echten Belastung.
Ob sich jemand besonders gestört fühlt,
hängt stark von der individuellen Lärmempfindlichkeit ab. „Das ist durchaus sehr unterschiedlich“, sagt Gert Notbohm, Lärmexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA). Manche fühlen sich schon
gestört, wenn andere den Lärm noch gar
nicht als solchen wahrnehmen. Bei einem
Geräusch sind sich aber alle einig: wenn Informationsfetzen ins Ohr dringen, lenkt das
ab. „Wenn es nur ein Rauschen ist, stört es
nicht so, wie wenn einzelne Geräusche
herausstechen“, so Notbohm.
Gegen diese einzelnen Geräusche helfen
am besten andere Geräusche. Zum Beispiel
Musik, mit der sich die Betroffenen über
Kopfhörer von den Informationsfetzen abschirmen. Das Prinzip „Geräusche mit Geräuschen überdecken“ lebt auch davon, dass
Menschen komplette Stille nicht zwangsläufig
besser vertragen als ein Hintergrundrauschen.
„Totale Stille hat auch etwas Beunruhigendes“, sagt Notbohm. Selbst auf dem Land gebe es ständig Geräusche, vom Vogelzwitschern bis zum Pfeifen des Windes.
Zu laut ist allerdings kontraproduktiv.
„Je höher die Konzentrationsanforderung
ist, desto besser ist es für die meisten Leute,
wenn es stiller ist“, so der Experte. Ohrstöpsel sind dann die einfachste Lösung. Gespräche unter Kollegen sollten, wenn möglich, in
die Kaffeeküche verlegt werden. Auch Meditation und autogenes Training können helfen. Denn: „Es hängt ein bisschen von
einem selbst ab.“ Wer sich sagt: „Ich schalte
meine Ohren ab“, und sich klarmacht: „Ich
bleibe mit meiner Aufmerksamkeit bei dem,
was ich tue“, könne die Gespräche der Kollegen teils ausblenden.
dpa
» TERMINE
Am 29. April findet an der Hochschule
Heilbronn eine Informationsveranstaltung zu dem berufsbegleitenden Masterstudiengang Elektromobilität der
Hochschulföderation Südwest (HfSW)
statt. www.hfsw.de
Am 2. Mai findet im Campus Innenstadt
in Nürtingen ein Informationsabend
über den berufsbegleitenden Studiengang Betriebswirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen statt.
www.hfwu.de
Im Institut für Kulturmanagement in
Ludwigsburg gibt es am 2. Mai einen
Studieninformationstag. Von 11 bis
12.30 Uhr läuft ein Live-Stream.
www.kulturmanagement.ph-ludwigsburg.de
Die Hamburger Fern-Hochschule Studienzentrum Stuttgart, Technik und
Wirtschaft informiert am 2. Mai über
den berufsbegleitenden MBA-Studiengang General Management. Anmeldung: www.hamburger-fh.de; Z 07 11 /
67 23 59 - 50
Beim Steinbeis-Transferzentrum Managementseminare & Mittelstandsberatung gibt es am 7./8. Mai in Stuttgart
das offene Seminar „Neu im Vertrieb –
Grundlagen für technische Berufe“.
www.stzm.de; Z 0 71 95 / 7 57 58
„Erfahrungen kontinuierlich austauschen“ heißt das Thema am 7./8. Mai
an der Führungsakademie Baden-Württemberg in Stuttgart. www.fuehrungsakademie.bw21.de
Die Fortbildung „Vom Kollegen zum Vorgesetzten“ findet am 13. Mai im
Caritas Bildungszentrum in Stuttgart
statt. www.caritas-bildungszentrum.info
Redaktion: STZW Sonderthemen
Dagmar Engel-Platz
Die Ingenieurin Cordula Dreher, Teilnehmerin am Projekt Wing, hat den Wiedereinstieg erfolgreich geschafft.
Foto: FS-GmbH
Ingenieurin – aber in Teilzeit
Wiedereinstieg. 30 Ingenieurinnen haben 2012 am Projekt Wing
teilgenommen, das Frauen mit technischem Studium nach längerer Pause helfen soll, wieder in ihren Beruf einzusteigen.
Das Gejammer der Unternehmen über zu
wenig Ingenieure ist groß. Doch deren Bereitschaft, Ingenieurinnen in Teilzeit einzustellen, ist klein. „Ich habe Nachhilfe gegeben, war Lehrerinnenvertreterin am Gymnasium, Klasse 8 Mathematik und
Krankheitsvertretung im Kindergarten“,
sagt Cordula Dreher, 49. Mit ihrer Ausbildung hatten diese Aushilfsjobs nichts zu tun.
Die Ingenieurin hat an der Universität Stuttgart Luft- und Raumfahrt studiert. „Es ist
außerordentlich schwierig, als Ingenieurin in
dieser Männerdomäne einen Teilzeitjob zu
finden“, hat sie festgestellt. Jahrelang hat
Dreher gesucht. Vergeblich. Dann hat sie in
der Zeitung über das Projekt Wing gelesen.
Wing ist die Abkürzung für Wiedereinstieg
für Ingenieurinnen und ein Teil der badenwürttembergischen Landesinitiative Frauen
in MINT-Berufen.
„Mit der Initiative wollen wir mehr
Mädchen und junge Frauen für einen Beruf
in den Bereichen Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaften und Technik gewinnen“, sagt Baden-Württembergs Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid.
Das Engagement der Landesregierung
fruchtet bei Berufseinsteigern: die Anzahl
der Studentinnen in MINT-Fächern an baden-württembergischen Hochschulen ist
zwischen 2001 und 2011 um 71 Prozent gestiegen. Doch viele arbeiten nicht in ihrem
erlernten Beruf oder scheiden aus, denn im
genannten Jahresvergleich hat der Anteil
der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in MINT-Berufen lediglich um 17
Prozent zugenommen.
Cordula Dreher arbeitete nach dem Studium acht Jahre im Projektmanagement bei
Daimler in Sindelfingen. „Dann kamen die
Kinder, und ich war raus.“ Drei Jahre nach
dem Mutterschutz hätte sie zurückkommen
können. Doch das ging aus persönlichen
Gründen nicht. Heute sind die beiden Töchter
13 und 15 Jahre alt. Schon seit zwei, drei Jahren suchte sie einen Teilzeitjob als Ingenieurin. Der Artikel über Wing kam für sie wie gerufen. Das Projekt richtet sich an Frauen mit
einem technischen oder naturwissenschaftlichen Studium, die nach längerer Pause wieder in ihren erlernten Beruf einsteigen wollen, gefördert vom Bundesland Baden-Württemberg und durchgeführt von der Germany
Aerospace Academy (ASA) in Böblingen. Die
ASA ist ein Steinbeis-Institut, das berufsbegleitende Weiterbildung anbietet.
Beate Wittkopp leitet Wing, das 2012
erstmals als Pilotprojekt durchgeführt wurde. „Die mehrstufige Schulung an unserem
Institut umfasst rund zehn Präsenztage und
ist mit einer sechsmonatigen Praxisphase in
einem Unternehmen verbunden“, sagt Wittkopp. Diese Kombination sei der Clou am
Projekt. Branchenverbände, Industrie- und
Handelskammern, Kontaktstellen Frau und
Beruf, Wirtschaftsförderungsgesellschaften,
Arbeitsagentur sind wichtige Partner. „Sie
alle helfen mit, dass unsere Teilnehmerinnen im passenden Unternehmen praktische
Erfahrungen sammeln können.“
30 Frauen sind zu Jahresbeginn 2012 bei
Wing eingestiegen, 27 haben einen Praktikumsplatz gesucht, 24 einen gefunden und 15
von ihnen sind inzwischen fest angestellt.
ERST MAL WIEDER
VIEL LERNEN
Darunter Cordula Dreher. Sie kam bei
der FS Software und Konstruktionen GmbH
in Böblingen unter. Das Unternehmen hat
20 Mitarbeiter. Es entwickelt Sonderfahrzeuge für Daimler, und es bietet die gesamte
Prozesskette im Faserverbund-Leichtbau
an, von der Konstruktion bis hin zur Herstellung von beispielsweise Fahrradkurbeln
oder Orthesen. Dreher hat zunächst eine
vierwöchige Schulung für das weit verbreitete Konstruktionsprogramm Catia V5 besucht und arbeitet seitdem an alter Wirkungsstätte bei Daimler in Sindelfingen im
Auftrag von FS Software und Konstruktionen in Teilzeit: montags bis donnerstags von
7.30 bis 12.30 Uhr.
Ingenieurinnen in Teilzeit zu finden, sei
viel einfacher als Vollzeitkräfte, sagt Peter
Fassbaender, Inhaber von FS Software und
Konstruktionen. Die leichtere Suche kompensiere den etwas höheren Planungs- und
Organisationsaufwand für Teilzeitkräfte bei
weitem. Vier Teilzeitfrauen beschäftigt Fassbaender, drei davon sind Ingenieurinnen.
„Die Fluktuation in dieser Gruppe ist ganz
gering und das Engagement der Frauen höher als von so manchem Berufseinsteiger.“
Wiedereinsteigerinnen und Berufsanfänger
vergleicht er deshalb, weil beide erst einmal
lernen müssen, um produktiv sein zu können. Sei es der Umgang mit dem umfangreichen Konstruktionsprogramm oder der neuen Faserverbundtechnik. „Den Frauen ist bewusst, dass sie lernen müssen, der Absolvent
ist von sich überzeugt.“ Das besondere Engagement der Frauen erklärt er exemplarisch
an der persönlichen Situation von Cordula
Dreher: „Sie kann ihre beiden Töchter weiterhin gut betreuen, hat jetzt aber einen qualitativ hochwertigen Job.“ In etwa drei Monaten wird sie in den Geschäftsbereich Faserverbundtechnik wechseln und ist dann
noch näher an ihre Ausbildung herangerückt. Leichtbau hat viele Gemeinsamkeiten
mit Luft- und Raumfahrt.
Cordula Dreher hat Spaß an ihrem Job,
nette Kollegen, die Kinder ziehen mit, und
der Mann unterstützt im Haushalt. „Ich bin
zufrieden“, sagt sie. Wie viele Absolventen
hat sie sich bei der Praktikumsstelle
zunächst bei großen und bekannten Firmen
beworben. Doch die waren nur an ihr
interessiert, wenn sie in Vollzeit arbeiten
würde.
Peter Ilg
» INFO
In diesem Jahr starten zwei neue Durchgänge von Wing, dem Projekt Wiedereinstieg für
Ingenieurinnen. Die Bewerbungsfristen enden am 30. April und 30. August 2013.
www.german-asa.de/projekte/wing
PI
Arbeitslos – zehn Schritte auf dem Weg zum Job
Arbeitslosigkeit. Betroffene müssen organisiert und zielgerichtet
vorgehen.
Arbeitslosigkeit ist fast immer eine persönliche Katastrophe. Statt in einer Schockstarre
zu verharren, ist es jedoch wichtig, möglichst rasch aktiv zu werden, sagt der Karrierecoach Hans-Georg Willmann. Zehn
Schritte helfen dabei.
1. Formalitäten klären: Wenn eine Kündigung droht, sollte der erste Gang zur
Arbeitsagentur führen. „Wir wollen mit den
Betroffenen möglichst früh ins Gespräch
kommen“, sagt Sönke Fock von der Agentur für Arbeit in Hamburg. Spätestens drei
Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit
müssen Erwerbstätige sich „arbeitsuchend“
melden, sonst drohen Sperrzeiten beim
Arbeitslosengeld. Am ersten Tag ohne
Arbeit müssen sie wieder zur Agentur.
2. Realistische Selbsteinschätzung: Am Beginn der Arbeitsuche sollte eine kritische
Bestandsaufnahme der eigenen Fähigkeiten
stehen. „Man muss die Kränkung einer
Kündigung erst einmal überwinden“, sagt
Willmann. Hier gelte es, sich klarzumachen,
was man kann. Dabei hilft oft die Einschätzung von Freunden und Ex-Kollegen.
3. Bewerbungsunterlagen aktualisieren:
Jobsuchende sollten ihre Unterlagen auf den
aktuellen Stand bringen. Stimmt der Lebenslauf noch? Sind die Bewerbungsfotos aktuell? Wer Fragen hat, kann sich an die
Arbeitsagentur wenden, sagt Fock. Sie bietet
Bewerbungstrainings an. Daneben gebe es
die Möglichkeit, die Bewerbungsunterlagen
vom Arbeitsvermittler prüfen zu lassen.
4. Bewerbungen schreiben: In der schriftlichen Bewerbung gehe es dann darum, sich
für den Job interessant zu machen, sagt Jürgen Hesse, Karrierecoach in Berlin. Der Bewerber solle sich fragen: „Was macht mich
in den Augen des Personalers attraktiv?“
Karriereberater Willmann rät, möglichst
viele Bewerbungen auf einmal zu schreiben.
„Der Auswahlprozess dauert bei großen
Unternehmen Wochen bis Monate, da nützt
es wenig, Bewerbungen nacheinander zu
verschicken.“
5. Aktiv sein: „Die erfolgreichste Strategie
ist, aktiv zu sein“, sagt Willmann. Dazu gehöre es, selbst Firmen anzusprechen. „Ein
Großteil der offenen Stellen wird nie ausge-
schrieben“, sagt Hesse. Bei einer Initiativbewerbung habe man zudem weniger Konkurrenz. Eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme sind Personal- und Fachmessen. Dabei
sollte man im Vorfeld aus dem Messekatalog ein halbes Dutzend Firmen auswählen
und sich auf diese vorzubereiten.
6. Ungewöhnliche Wege gehen: Eine andere
Möglichkeit sei, die für einen interessanten
Firmen einfach anzuschreiben, rät Willmann. Dabei sollte nicht gleich eine komplette Bewerbungsmappe verschickt werden, sondern ein persönliches Anschreiben
– ergänzt um ein kurzes Leistungsprofil.
„Von 100 solcher Anfragen führen etwa
fünf zu einer Einladung.“ Wer gut telefonieren kann, könne auch versuchen, direkt mit
dem Personaler zu sprechen. Der Handwerker könne in einem kleinen Betrieb auch
einfach mal vorbeischauen und nach einer
Probearbeit fragen.
7. Bewerbungsgespräche trainieren: „Wer
im Bewerbungsgespräch nicht vorbereitet
ist, für den ist der Zug schon abgefahren“,
sagt Willmann. Ein Kardinalfehler beim
Vorstellungsgespräch sei, dass sich Bewerber nur unzureichend über die Firma informieren, sagt Hesse. Außerdem sollten sich
Jobsuchende überlegen: „Was habe ich
eigentlich anzubieten?“
8. Fortbildungen machen: „In den ersten
drei Monaten der Arbeitslosigkeit sollte alle
Energie in die Jobsuche gesteckt werden“,
so Willmann. Ab dem vierten Monat seien
Weiterbildungen sinnvoll. Sprachkenntnisse
und gute EDV-Kenntnisse seien wichtige
Qualifikationen.
9. Neue Jobideen entwickeln: Für manche
ist auch der Schritt in die Selbstständigkeit
ein Weg aus der Arbeitslosigkeit. Die
Arbeitsagentur fördert das unter Umständen
mit einem Gründungszuschuss. Gebe es
freie Stellen in einer Branche, habe die Vermittlung jedoch Vorrang, sagt Fock. Und:
für die Freiberuflichkeit brauche es schon
eine zündende Idee.
10. Nach Alternativen suchen: Wer länger
arbeitslos ist, für den können auch Zeit- und
Leiharbeit, Probearbeit und Hospitanz ein
Türöffner sein. „Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto sinnvoller sind solche Maßnahmen“, sagt Willmann. Bei längerer
Arbeitslosigkeit sollte auch über eine Umschulung nachgedacht werden. Aber man
müsse sich klarmachen, dass sie bis zu zwei
Jahre dauern könne.
Peter Neitzsch, dpa