Wie man mit den Alten Geld verdient / Seite 3

Gepflegte Geschäfte: Wie man mit den Alten Geld verdient / Seite 3
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DEFGH
NEUESTE NACHRICHTEN AUS POLITIK, KULTUR, WIRTSCHAFT UND SPORT
DEUTSCHLAND-AUSGABE
(SZ) Frank-Walter Steinmeier, das ist ja
eine tolle Nachricht, ist unter die Winzer
gegangen. Der Chef der SPD-Fraktion
hat jetzt in Mainz einen Rebstock gepflanzt und zwar, was die Nachricht
noch brisanter macht, ein Exemplar der
Sorte Spätburgunder. Beraten wurde er
bei seiner winzerischen Aktion vom Seniorchef des städtischen Weinguts, Hans
Willi Fleischer, der ihm „die Finessen
der Rebsorte erklärte“. Jählings fühlt
sich der Leser der Meldung in den Wahlkampf des Jahres 2009 zurückversetzt,
als er auch in schöner Regelmäßigkeit
mit überraschenden Steinmeier-Nachrichten beglückt wurde, die allesamt das
Ziel verfolgten, das schier übermächtige
Steinmeier-Bild vom kompetenten Beamten, vom redlichen Langweiler ins Farbige, wenn nicht Lebemännische zu verändern. Steinmeier jung, Steinmeier langhaarig, Steinmeier mit Gitarre, mit einem Wort: Steinmeier cool – das waren
die Fotos, die damals kursierten, und es
ist rätselhaft, wieso sie nicht zu einem gewaltigen Steinmeier-Hype geführt und
die kreuzbrave Kanzlerin ins historische
Abseits gestellt haben. Jetzt also ein weiterer Versuch: Steinmeier als Winzer. Übrigens hat der Mann auch eine ganz neue,
magische Brille der Größe XL, aber lassen wir dieses Thema, wie faszinierend
auch immer, für heute unbearbeitet. Bleiben wir bei Meier, Stein und Wein. In der
weiten Welt des Spätburgunders.
Die Politiker wollen durch ihre Taten
in Erinnerung bleiben und durch ihre Reden. Aber leider arbeitet das Gedächtnis
der Bürger und Wähler nicht so, wie es
die Politiker gern hätten. Sie erinnern
sich eher an die Untaten als an die Taten
– und die Reden vergessen sie schnell. Unauslöschlich aber bleibt oftmals gerade
das Triviale, die kleine Szene am Rande:
Sie zeigt den Politiker nicht als grandiosen Akteur, sondern als Nachbarn und
harmlosen Mitmenschen, als einen, der
nicht nur heroisch um seinen Platz in der
Geschichte kämpft, sondern auch um
sein Quäntchen Lebenslust. Insofern
steht Steinmeiers Weinstock in einer langen Ahnenreihe: neben Adenauers Rosen, Erhards und Schröders Zigarren,
Engholms Pfeife, Kohls Saumagen sowie
natürlich Merkels legendärer Kartoffelsuppe. Politik, so die beruhigende Botschaft, besteht eben nicht nur aus dem bekannten Bohren dicker Bretter, sondern
auch aus dem Leeren voller Teller.
Wer sein Gläschen trinkt, sein Pfeifchen raucht, so wähnen wir, der kann
kein gänzlich böser Mensch sein. Angst
aber macht uns der Unbestechliche, der
fanatisch Abstinente. „Du hast bei keinem Weibe geschlafen, du hast dich nie
betrunken, du bist empörend rechtschaffen“, sagte der Wüstling Danton zum Asketen Robespierre, und er meinte damit:
Aus deiner Tugend wächst der Terror.
Hernach leerte er mit seinen Weibern
eine Flasche Rotwein. Einen Spätburgunder, so berichten die Quellen.
Heute in der SZ
Die humane Schule
Jedes Kind achten und schützen: Die reformpädagogische Idee bleibt bestechend. Leitartikel von Tanjev Schultz 4
Deutschland im Visier der Mafia
Italiens wichtigster Ermittler, Roberto
Scarpinato, über den Siegeszug des organisierten Verbrechens. ......................... 9
Schön sperrig
Nach jahrelangem Streit riegeln die
Salzburger ihre Innenstadt gegen den
Autoverkehr ab. .................................. 10
Fachmann fürs einfache Leben
Der Benediktinermönch Anselm Grün ist
einer der erfolgreichsten christlichen
Autoren weltweit. ............................... 13
Feuer nur unter Auflagen
Für Kaminöfen und Holzheizungen
gelten neue Grenzwerte. ..................... 16
Glücksfaktor Geld
Ein höheres Einkommen macht nur zufrieden, wenn man mehr verdient als
Freunde und Bekannte ...................... 26
„Stehplätze sind ein Heiligtum“
Nach den Ausschreitungen in Berlin ist
im deutschen Fußball eine FankulturDebatte ausgebrochen ...................... 27
TV- und Radioprogramm .................. 32
Rätsel ...................................................... 9
Kino · Theater ..................................... 15
Familienanzeigen ............................... 22
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München, Mittwoch, 24. März 2010
66. Jahrgang / 12. Woche / Nr. 69 / 1,90 Euro
Google fordert
Peking heraus
Internet-Suchmaschine
beendet Selbstzensur in China
Für Frankreichs
Präsidenten Nicolas Sarkozy läuft es
derzeit nicht gut.
Bei den Regionalwahlen hat seine
Partei eine schwere
Niederlage erlitten,
Sarkozy hat daraufhin sein Kabinett
umgebildet und
eines seiner wichtigsten Projekte –
die nationale Kohlendioxid-Steuer –
gestoppt, um die
Kritiker zu besänftigen. Ein Streit mit
Kanzlerin Angela
Merkel darüber,
wie dem hochverschuldeten Griechenland geholfen
werden soll, ist
unterdessen beigelegt. (Seiten 4 und
7) Foto: dpa
Einigung vor dem EU-Gipfel
Merkel überzeugt Sarkozy – Hilfsplan für Athen
Auch Frankreich will nun den Weltwährungsfonds einschalten, um Griechenland notfalls zu unterstützen
Von Claus Hulverscheidt
und Cerstin Gammelin
B e r l i n / B r ü s s e l – Die Verhandlungen der EU-Staaten über Hilfen für
das hoch verschuldete Griechenland
stehen offenbar vor dem Durchbruch.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy streben nach Informationen der
„Süddeutschen Zeitung“ für den Notfall einen Kredit durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) an, der
durch freiwillige Hilfen einiger EULänder an Athen ergänzt werden soll.
„Wir arbeiten daran, dass wir noch vor
dem EU-Gipfel am Donnerstag eine Lösung für Griechenland finden“, hieß es in
Regierungskreisen in Paris. Gelinge das,
werde Ratspräsident Herman Van Rompuy das gemeinsame Konzept zu Beginn
des Treffens den übrigen Staats- und Regierungschefs vorstellen. Für Merkel wä-
P
iraterie ist am Horn von Afrika ein einträgliches Geschäft. Wie viel Lösegeld genau sie für einen gekaperten
Frachter zahlen, verraten die Reedereien
aber meistens nicht. Doch angeblich sind
mehrere Millionen US-Dollar durchaus
üblich. Es gibt in dem verarmten Bürgerkriegsland Somalia wohl kaum eine andere Branche, die so hohe Gewinne verspricht. Dieses Grundproblem muss früher oder später jeder lösen, der die Seeräuberei bekämpfen will. Die US-Regierung hat dazu nun eine radikale Idee entwickelt: Sie will es mit Hilfe von AntiTerror-Gesetzen international verbieten, dass Lösegeld an Piraten gezahlt
wird. Die Reedereien sind wegen des Vorschlags, der noch intern diskutiert wird,
in heller Aufregung. Sie fürchten um die
Sicherheit ihrer Mannschaften.
Die dänische Zeitung Berlingske Tidene berichtete am Dienstag, dass der internationale Reederverband ICS seine Mitglieder aufgefordert habe, bei ihren jeweiligen Regierungen gegen die US-Ini-
re das ein großer Erfolg. Sie hatte sich
stets für eine Einschaltung des IWF eingesetzt, da andere Hilfsmöglichkeiten ihrer
Meinung nach gegen EU-Recht verstoßen würden. Es verbietet, dass Mitgliedsstaaten die Schulden eines anderen begleichen. Da ein Verfahren für den Umgang mit Krisenstaaten fehlt, muss die
EU aus Sicht der Kanzlerin vorerst mit
den vorhandenen Institutionen, also dem
IWF, vorliebnehmen. Eine formelle Entscheidung in dieser Frage wird bei dem
Gipfeltreffen aber nicht fallen, da nur
Griechenland allein einen Kredit beim
Währungsfonds beantragen kann. Voraussetzung für Hilfen soll zudem sein,
dass die Regierung in Athen an den Kapitalmärkten kein Geld mehr erhält.
Frankreich hatte wie die meisten EUStaaten ein Eingreifen des IWF bisher abgelehnt. Am Dienstag schwenkte Paris
erstmals auf Merkels Linie ein. Ein Kredit des Fonds sei „nicht mehr ausgeschlossen“, hieß es in Paris. EU-Länder
wie Ungarn und Litauen, die im vergangenen Jahr IWF-Hilfe beantragt hatten,
kämen gut damit zurecht. Allerdings gehören Ungarn und Litauen im Gegensatz
zu Griechenland nicht der Europäischen
Währungsunion an.
Zu den Kritikern einer IWF-Lösung
zählte lange auch Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er hielt es für blamabel,
wenn der Eindruck entstünde, die EU
könne sich nicht selbst helfen. Manche
IWF-Gegner befürchten zudem, der
Fonds könne zu stark in die Haushaltsplanung der Euroländer hineinregieren
und womöglich gar der unabhängigen
Europäischen Zentralbank Vorschriften
machen. In den Gremien des Währungsfonds haben die Europäer zwar zusammen genommen die meisten Stimmen,
die USA verfügen aber über eine Sperrminorität.
Schäuble lenkte nun ein, weil Merkel
zusagte, dass sie für den künftigen Umgang mit Schuldenkrisen ein völlig neues
Piraten in die Pleite treiben
USA wollen Lösegeld-Zahlungen für gekaperte Schiffe verbieten
tiative zu kämpfen. Peter Hinchliffe vom
ICS bestätigt, man sei sehr besorgt. Die
somalischen Seeräuber seien zudem gewöhnliche Kriminelle, keine Terroristen.
Diese Meinung wird aber nicht von allen
geteilt. Einige Beobachter warnen schon
länger davor, dass die Verbindungen zwischen den Piraten und den radikal-islamischen Al-Shabaab-Milizen in Somalia
enger werden. Al-Shabaab werden gute
Kontakte zum Terrornetzwerk al-Qaida
nachgesagt. Die Befürchtung ist, dass die
Lösegeld-Millionen letztlich in die Planung von Anschlägen fließen könnten.
In den USA ist die somalische Piraterie ein großes Thema, seit im April 2009
die Maersk Alabama am Horn von Afrika
überfallen und ihr amerikanischer Kapitän gekidnappt wurde. US-Spezialtruppen beendeten das Geiseldrama mit ge-
zielten Schüssen, drei Entführer starben.
In Washington wurde danach der Ruf
nach einer härteren Gangart laut. Die
nun gestartete Initiative greift diese Forderungen auf. Sie zielt darauf ab, die somalischen Empfänger des Lösegelds mit
Hilfe des UN-Sicherheitsrats weltweit
als Terroristen zu ächten. Jede Zahlung
an sie wäre dann verboten. Die Überlegung dahinter ist einfach: Eine Branche,
die keine Gewinne macht, geht ein. Die
Reeder aber brächte das in ein Dilemma.
Zahlen sie nicht, riskieren sie das Leben
ihrer Mannschaft. Zahlen sie trotz Verbots, müssen sie Strafen befürchten. Unter anderem dürften sie dann wohl keine
amerikanischen Häfen mehr anlaufen.
„Der Vorschlag ist menschenverachtend“, sagt Jan-Thiess Heitmann, Justitiar beim Verband Deutscher Reeder
Verfahren schaffen will. Nach den Überlegungen der beiden CDU-Politiker sollen die Länder, die den Euro eingeführt
haben, ihre IWF-Stimmen mittelfristig
bündeln, um einen eigenen Topf für Krisenhilfen zu schaffen. Zugleich sollen die
Sanktionen gegen Länder, die sich nicht
an die Defizitvorgaben halten, drastisch
verschärft werden. Im Extremfall wollen
Merkel und Schäuble ein Land sogar aus
der Eurozone ausschließen. Dagegen laufen viele EU-Länder allerdings Sturm.
Setzen sie sich durch, wäre auch das Griechenland-Paket wieder in Gefahr.
Einer der Gegner ist EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, dessen
Behörde bei einem IWF-Engagement in
Athen an Einfluss verlieren würde. Der
deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger verteidigte die Kanzlerin am
Dienstag allerdings gegen Angriffe Barrosos. Merkel vertrete „legitime deutsche
Interessen“, sagte er der Süddeutschen
Zeitung. (Seiten 4, 7 und Wirtschaft)
(VDR). Derzeit befinden sich in Somalia
etwa zwölf Schiffe und mehr als 200 Seeleute in der Gewalt von Piraten. Ein Lösegeldverbot könne da Leben kosten, sagt
Heitmann. Er hält die Idee der USA auch
für unvereinbar mit dem Grundgesetz,
schließlich gelte die Arbeitgeber-Fürsorgepflicht. Die Bundesregierung hat ein
juristisches Gutachten zu der Frage erstellt und teilt die Bedenken. Einer Sprecherin des Verkehrsministeriums zufolge
lehnt Berlin das Ansinnen aus Washington ab. Lösegeld müsse eine Option bleiben, sagt sie, was freilich nicht heiße,
dass es immer gezahlt werden solle.
Falls Washington sich durchsetzt, würde vermutlich kaum noch ein Reeder
Schiffe durch den Suez-Kanal und die
Bucht von Aden schicken. Die Strecke ist
eine der wichtigsten Handelsrouten der
Welt. Am schlimmsten betroffen wäre
der Osten Afrikas, meint Heitmann. Dort
könne man einige Häfen dann gar nicht
mehr anlaufen, mit verheerenden Folgen
für die ganze Region. Gunnar Herrmann
London weist Israeli aus
SS-Mann des Mordes schuldig
Strafaktion gegen Diplomaten nach Dubai-Attentat
Boeres Verteidiger legt Revision gegen Urteil ein
London – Großbritannien hat den Konflikt mit Israel über die Verwendung britischer Pässe bei der Ermordung eines
mutmaßlichen palästinensischen Terroristen in Dubai dramatisch verschärft.
Das Außenministerium in London plant,
einen israelischen Diplomaten des Landes zu verweisen – ein unter Verbündeten und Freunden äußerst ungewöhnlicher und drastischer Schritt. Außenminister David Miliband wollte am Abend
in einer Erklärung vor dem Unterhaus
die Maßnahme rechtfertigen.
Bei dem Mord an Mahmud al-Mabhuh
hatte ein Kommando von Attentätern im
Januar zwölf gefälschte britische Pässe
verwendet. Die Untersuchungsbehörden
in dem Golf-Emirat gingen mit „99-prozentiger Sicherheit“ davon aus, dass der
israelische Geheimdienst Mossad hinter
der Tat steckte. Israel hat dies nie zugegeben. Nun aber will die britische Behörde
für schwere organisierte Kriminalität Be-
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weise gefunden haben. London erhöht
mit der Ausweisung des Diplomaten den
Druck auf Deutschland und Irland, ebenfalls gegen Israel vorzugehen. Frankreich nahm am Dienstag Ermittlungen
auf. Das Kommando von Dubai hatte
auch gefälschte Pässe mit gestohlenen
Daten aus diesen Ländern verwendet.
In London legt man Wert auf die Feststellung, dass man die israelische Regierung nicht für den Mord an al-Mabhuh
verantwortlich macht. Mit der Ausweisung des Diplomaten bringe man lediglich starkes Missfallen über die Fälschung und den Missbrauch britischer
Dokumente zum Ausdruck. Diese Missbilligung fiel umso stärker aus, als Israel
den Briten 1987 versprochen hatte, nie
wieder britische Pässe missbräuchlich
zu verwenden. Damals waren acht Pässe
in Deutschland gefunden worden, von denen man annahm, dass sie vom Mossad
eingesetzt werden sollten.
ky
Aachen – Wegen Mordes in drei Fällen
hat das Landgericht Aachen den ehemaligen SS-Mann Heinrich Boere zu lebenslanger Haft verurteilt. Boere hatte im Juli und September 1944 in den Niederlanden als Mitglied einer Sondereinheit der
niederländischen SS als Vergeltung für
Widerstandsaktionen drei Zivilisten in
Breda, Voorschoten und Wassenaar erschossen. Ob die Strafe je vollstreckt
wird, ist ungewiss. „Wir gehen, wenn wir
ehrlich sind, nicht davon aus“, sagte der
Vorsitzende Richter Günther Nohl.
Durch eine Klausel im Lissabon-Vertrag der EU, der im Dezember 2009 in
Kraft trat, ist strittig, ob Boere, der für
dieselben Taten schon 1949 von einem
Sondergerichtshof in Amsterdam verurteilt wurde, heute noch verfolgt werden
kann. Boeres Verteidiger Gordon Christiansen wird deshalb Revision gegen das
Urteil einlegen. Falls der Bundesgerichtshof sich der Auffassung des Land-
gerichts Aachen anschließt, das eine
Strafverfolgung für möglich hält, muss
der Fall dem Europäischen Gerichtshof
zur Entscheidung vorgelegt werden. Darüber können mehrere Jahre vergehen.
Ein Haftbefehl gegen Boere wurde nicht
erlassen; er bleibt bis zur Rechtskraft des
Urteils auf freiem Fuß.
Der Vorsitzende Richter sagte, Boere
habe bei den Aktionen den Ton angegeben: „Nach Ergebnissen der Beweisaufnahme war er immer vorne mit dabei: Er
fragte die Leute nach ihrem Namen und
schoss als Erster. Er handelte aus Überzeugung.“ Das Gericht wertete die Taten
aber nicht als Kriegsverbrechen. Der heute staatenlose Boere hatte laut dem Gericht seit 1955 unbehelligt in Deutschland gelebt, obwohl er in den Niederlanden wegen der Taten zu lebenslanger
Haft verurteilt worden war. Die Angehörigen der Opfer äußerten sich erleichtert
über das Urteil. (Seiten 4 und 5)
hh
Peking – Der amerikanische Internetkonzern Google beteiligt sich nicht mehr an
der Online-Zensur in China. Der weltweit führende Suchmaschinenbetreiber
kündigte an, Besucher seiner chinesischen Seite Google.cn würden auf die unzensierte Seite Google.com.hk in der Sonderverwaltungsregion Hongkong umgeleitet. Für die 384 Millionen InternetNutzer im chinesischen Kernland änderte sich allerdings zunächst wenig: Wegen
der Regierungszensur konnten auch über
die Hongkonger Google-Seite bestimmte
Inhalte nicht geöffnet werden. Peking
warf dem Unternehmen die Verletzung
von Vereinbarungen vor. Google hatte
vor etwa zwei Monaten angekündigt, Chinas staatlich vorgeschriebene Zensur seiner Suchergebnisse nicht länger hinnehmen zu wollen und sich notfalls aus dem
Land zurückzuziehen. Zugleich beklagte
sich Google über Hacker-Angriffe aus
China. Peking verlangt von Google, politisch heikle Begriffe und Bilder bei der
Suche zu blockieren. (Seiten 2 und 3) SZ
Sozialgericht enttäuscht
Hartz-IV-Empfänger
Kassel – Hartz-IV-Empfänger haben keinen Anspruch auf zusätzliches Kleidergeld für ihre Kinder. Sie bekommen nach
einer Entscheidung des Bundessozialgerichts keine Sonderzahlung vom Amt,
wenn ihre Kinder aus der Kleidung herauswachsen und alte Sachen nicht mehr
passen. Bei Kindern sei es nun einmal notwendig, die Garderobe in kurzen Abständen zu ersetzen. Das gehöre zum regelmäßigen Bedarf – auch in Wachstumsphasen, urteilten die höchsten Sozialrichter
in Kassel. (Seiten 4 und 5)
dku
CSU in Berlin hat von
Söder „Schnauze voll“
München/Berlin – Die CSU-Bundestagsabgeordneten sind wenig erbaut vom Verhalten des bayerischen Gesundheitsministers Markus Söder. Sie werfen ihm
vor, einen Vorschlag zur Gesundheitsreform nicht abgestimmt zu haben. Söders
Verhalten sei „suboptimal“, hieß es. Der
Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller erklärte sogar, er habe „die Schnauze
voll“. (Seiten 4 und 6)
gwb
Klagen gegen
US-Gesundheitsreform
Washington – Noch vor der Unterzeichnung der US-Gesundheitsreform durch
Präsident Barack Obama am Dienstag
haben ein knappes Dutzend Bundesstaaten Verfassungsklage gegen das Gesetz
eingereicht. Sie machen geltend, dass die
Neuregelung ihre Befugnisse verletzt, indem jeder US-Bürger zum Abschluss einer Krankenversicherung verpflichtet
wird. (Seite 8)
apn
Millionenstrafe für
Unternehmer Trienekens
Köln – Der ehemalige Müllunternehmer
Hellmut Trienekens ist vom Kölner Landgericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Gleichzeitig
muss der 72-Jährige eine Geldstrafe von
gut einer Million Euro und eine Bewährungsauflage in gleicher Höhe zahlen.
Trienekens wird vorgeworfen, 7,3 Millionen Euro illegal an Schweizer Tochterfirmen gelenkt zu haben. (Panorama) graa
München bekommt
zweiten S-Bahn-Tunnel
München – Das bayerische Kabinett hat
am Dienstag den Bau eines zweiten
S-Bahn-Tunnels durch die Münchner Innenstadt beschlossen. Mit dem Aushub
der seit Jahren diskutierten Strecke soll
im Jahr 2011 begonnen werden, die Eröffnung ist für 2018 geplant. Die Finanzierung ist allerdings noch nicht gesichert.
(München)
SZ
Dax i
Dow i
Euro j
Xetra 17 Uhr
6012 Punkte
N.Y. 17 Uhr
10 821 Punkte
17 Uhr
1,3536 US-$
+ 0,41 %
+ 0,33 %
– 0,0020
Das Wetter
München – Im Norden zunächst dichte
Wolken. Später häufiger Sonne. Sonst
nach Frühnebel verbreitet Sonnenschein oder nur lockere Wolkenfelder.
Höchsttemperaturen von 14 bis 20 Grad.
(Seite 31)