Wie wählt Amerika? - SWR

32
Nummer 71 · Samstag, 24. März 2012
Wie wählt Amerika?
In den USA ist vieles anders als in Deutschland: Zum Beispiel der Wahlkampf
ihrem Staat die meisten Stimmen erhalten
hat. Größere Staaten wie Kalifornien haben
mehr Vertreter und damit mehr Macht als
kleine Staaten wie Iowa. Der Kandidat, der
die meisten Stimmen von den Abgesandten
erhalten hat, wird dann zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gewählt.
Von Marcel Schliebs
Die Lage der Parteien
erkennt ihr ihn wieder?
Den Jungen, der im Steckbrief auf dieser Seite abgebildet ist? Es ist Marcel
Schliebs, der am vergangenen Samstag von seinem
Schüleraustausch in den
USA erzählt hat. Heute
tritt der 17-jährige Stuttgarter als Berichterstatter
auf. Er erklärt euch die Besonderheiten des Wahlkampfs in den Vereinigten
Staaten. Denn am 6. November wird in den USA
der Präsident gewählt.
Das Ringen ums Amt hat
begonnen.
Euer
Kinder-Nachrichten
Plieninger Straße 150
70567 Stuttgart
07 11 / 72 05 - 79 40
[email protected]
ZUM LACHEN
Was ist der Unterschied zwischen einer Telefonzelle und
Politik? In einer Telefonzelle
muss man erst das Geld einwerfen und darf dann wählen. In
der Politik darf man erst wählen
und muss dann zahlen.
Im Regierungsviertel wird eine
gut gekleidete Frau von einem
maskierten Mann überfallen.
„Gib mir dein Geld! Schnell!“ Die
Frau reagiert empört: „Das dürfen Sie nicht! Wissen Sie nicht,
wer ich bin: Ich bin Mitglied der
Regierung!“ – „Wenn das so ist“,
antwortete der Mann, „dann gib
mir schnellstens mein Geld zurück!“
Die Vorwahlen
Der US-amerikanische Präsident ist sehr
mächtig.DeswegenreiztvieleMenschendiese Aufgabe. Bei der Wahl können die beiden
großen Parteien, die Demokraten und die
Republikaner, aber jeweils nur einen Kandidaten aufstellen. Wer das sein soll, wird in
den Monaten vor der richtigen Wahl von den
Bürgern der 50 Bundesstaaten bestimmt, in
Vorwahlen.
Das ist in etwa so, als ob an eurer Schule
nur ein Mädchen und ein Junge als mögliche
Schulsprecher gegeneinander antreten
dürften. Weil aber viele Kinder Schulsprecher werden wollen, wählt jede Klasse zuerst
seinen Lieblingsjungen und sein Lieblingsmädchen. Die zwei Personen, die von den
meisten Klassen ausgesucht wurden, dürfen
dann bei der großen Wahl mitmachen.
Schon vor den Vorwahlen sendet das Fernsehen Diskussionen mit den Kandidaten.
Dabei sagen sie, was sie machen wollen,
wenn sie Präsident sind. Oft reden die Bewerber auch schlecht über andere Kandidaten. Sie zählen deren Fehler auf. Deswegen
gibt es bei diesen TV-Sendungen oft Streit
zwischen Personen, die in der gleichen Partei
sind. Vor der Wahl im November macht jede
Partei einen Parteikongress. Das ist ein Treffen, zu dem jeder Bundesstaat Abgesandte
schickt. Man nennt sie Delegierte. Diese
stimmen dann für den Kandidaten ab, der in
Bei den Demokraten gibt es dieses Mal keine
Vorwahlen. Denn der aktuelle Präsident Barack Obama, ein Demokrat, ist überall sehr
beliebt bei seiner Partei. Schon jetzt steht
fest, dass er für seine Partei antritt und eine
zweite Amtszeit anstrebt. Bei den Republikanern sieht das anders aus. Dort laufen die
Vorwahlen auf Hochtouren.
Bei der Wahl am 6. November wird Barack
Obama gegen den Kandidaten der Republikaner antreten. Jeder Bundesstaat sendet
dazu Wahlmänner und Wahlfrauen. Diese
wählen den Präsidenten auf einer späteren
Versammlung. In fast jedem Bundesstaat
kannderBewerbermitdenmeistenStimmen
alle Wahlleute des Staates hinter sich bringen. Gewinner ist der, der die meisten Wahlleute hat. Deshalb kann es passieren, dass
jemand Präsident wird, der nicht die Mehrheit der Stimmen der US-Bürger errungen
hat. Es ist wichtig, in den Staaten zu gewinnen, in denen viele Leute leben. Denn je mehr
Einwohner ein Staat hat, desto mehr Wahlleute hat er. Der Gewinner der Wahl wird
dann im Januar zum Präsidenten ernannt.
Die USA bestehen aus 50 Staaten. Auf
der Karte sind sie mit ihren Abkürzungen verzeichnet. Dabei handelt es sich
immer um zwei Buchstaben. Hier die
Abkürzungen zu den Staaten:
Die Geldgeber
Um in den USA überhaupt Präsident werden
zu können, braucht man viel Geld. Denn der
Wahlkampfistsehrteuer.BeimletztenWahlkampf im Jahr 2008 haben die Kandidaten
weit über eine Milliarde ausgegeben, nämlich 1 700 000 000 Dollar, das sind etwa
1 289 000 000 Euro. So viel Geld haben nicht
einmal die reichsten Politiker. Deshalb sammeln sie bei Anhängern Spenden. Damit bezahlen sie Werbung und Wahlkampfreisen.
Große Firmen dürfen den Kandidaten kein
Geld schenken. Denn das könnte später zu
Abhängigkeiten führen. Weil Unternehmen
und reiche Freunde ihrem Lieblingskandidaten trotzdem Geld geben wollen, haben sie
Super-PACs (sprich: „sjuper-päks“) gegründet. Super-PACs sind Organisationen, die
mit Geldspenden Werbung für einen Kandidaten machen. Häufig machen sie auch den
Gegner schlecht. Deshalb werden die SuperPACs kritisiert. Denn sie behaupten oft
etwas, ohne Beweise vorzulegen.
STECKBRIEF
Name:
Marcel
Schliebs
Geboren: 3. November 1994
Wohnort:momentan
inderStadtHickory
im US-Bundesstaat
North
Carolina,
sonst in Stuttgart.
Ich fürchte mich vor
dem Tag, an dem
RoboterundComputereinmenschliches
Gehirn ersetzen können.
Gerne würde ich mal die Hand schütteln
von . . . dem amerikanischen Präsidenten
Barack Obama, . . . weil . . . ich wissen
möchte, ob Macht glücklich macht.
Die Bundesstaaten Alaska (AK)
und Hawaii (HI) liegen eigentlich woanders. Alaska hoch im
Norden, die Inselgruppe Hawaii
weiter westlich
Karte: Fotolia
Foto: dpa
Hallo Kinder,
Die Wahl des Präsidenten
Foto: privat
Der Präsident der Vereinigten Staaten
von Amerika wird am 6. November
gewählt. Doch der Wahlkampf hat
längst begonnen. In den USA spielen
Vorwahlen eine große Rolle.
Der Präsident lebt mit seiner
Familie im Weißen Haus in
der Stadt Washington. Es hat
132 Räume, 35 Bäder, 412
Türen, acht Treppenhäuser
und drei Aufzüge. Der Bau
dient auch als Büro. Foto: dpa
Dienstag ist Wahltag
Die Präsidentenwahl finden immer dienstags nach
dem ersten Montag im November statt. Dieses Mal ist
das am 6. November 2012. Diese Terminwahl erklärt
sich so: Bei den ersten Wahlen vor mehr als 200
Jahren lebten viele Menschen weit verstreut übers
Land. Autos und Züge gab es nicht. Deshalb brauchten
viele Bürger zwei Tage bis zum nächsten Wahllokal.
Da man am heiligen Sonntag nicht reisen durfte,
machten sich die Farmer erst montags auf den Weg.
Am Dienstag kamen sie an. Deswegen wird in den
USA noch heute an einem Dienstag gewählt. (ms)
Die ewigen Gegner
Zwei Parteien im Vergleich: Die Demokraten und die Republikaner
Gut gelandet: Die Obamas reisen mit Hubschrauber
Von Marcel Schliebs
Ein ganz normaler Papa?
Barack Obama ist der Präsident der USA. Doch für seine Töchter Malia (13)
und Sasha (10) ist er einfach ihr Papa. Und für seine Frau Michelle ist er der
Ehemann. Seit die Familie 2009 ins Weiße Haus gezogen ist, hat sich ihr
Leben verändert. Tag und Nacht werden die Obamas bewacht, um die
Familie vor Angriffen zu schützen. Doch wann immer Barack Obama einen
freien Moment findet, trifft er seine Kinder. Oft gehen sie im Garten mit
ihrem Hund Bo spazieren. Obamas Töchter gehen beide auf eine Privatschule, spielen Klavier und machen Sport: Die ältere Malia spielt Fußball.
Sasha macht Gymnastik. Wie andere Kinder auch, müssen die Töchter
des Präsidenten Hausaufgaben machen und Klassenarbeiten schreiben.
Und trotz des Medienrummels gelingt es den Obamas,
wie eine normale Familie zu leben. (ms)
Foto: AP
Ein Mann aus dem US-Bundesstaat Texas zeigt einem Bekannten sein Farmhaus und erwähnt,
dass er dreitausend Stück Vieh
habe. „Das ist in Texas doch
nichts Besonderes. Hier hat doch
fast jeder so viel Vieh“, antwortet
der Bekannte und gibt sich ganz
unbeeindruckt. „In der Tiefkühltruhe?“, fragt der geknickte Texaner eisig.
Der Präsident mit dem König von Jordanien
AL = Alabama, AK = Alaska, AZ = Arizona, AR = Arkansas, CA = Kalifornien,
CO = Colorado, CT = Connecticut , DE =
Delaware, FL = Florida, GA = Georgia,
HI = Hawaii, ID = Idaho, IL = Illinois, IN
= Indiana, IA = Iowa, KS = Kansas, KY =
Kentucky, LA = Louisiana, ME =
Maine, MD = Maryland, MA = Massachusetts, MI = Michigan, MN = Minnesota, MS = Mississippi, MO = Missouri,
MT = Montana, NE = Nebraska, NV =
Nevada, NH = New Hampshire, NJ =
New Jersey, NM = New Mexico, NY =
New York, NC = North Carolina, ND =
North Dakota, OH = Ohio Columbus,
OK = Oklahoma, OR = Oregon, PA =
Pennsylvania, RI = Rhode Island, SC =
South Carolina, SD = South Dakota,
TN = Tennessee, TX = Texas, UT = Utah,
VT = Vermont, VA = Virginia, WA = Washington,WV=WestVirginia,WI=Wisconsin, WY = Wyoming. Dazu kommt
der Regierungsbezirk District of Columbia mit der Hauptstadt Washington. (jul)
Die Partei mit dem Esel
Die Demokraten gibt es seit mehr als 200 Jahren.
EsgabschonvieleberühmtedemokratischePräsidenten, zum Beispiel Franklin D. Roosevelt, John
F. Kennedy oder Bill Clinton. Auch der derzeitige
Präsident der USA, Barack Obama, gehört den
Demokraten an.
Diese Partei ist dafür, dass Politiker sich um alle
Bürger kümmern. Sie wollen ärmeren Leuten eine
Krankenversicherung oder Essen bezahlen. Deshalb sprechen die Demokraten eher Leute aus der
Mitte der Gesellschaft an und auch Ärmere.
Die Demokraten wollen staatlichen Schulen
mehr Geld geben: für mehr Lehrer, kleinere Klassen, gesünderes Schulessen und moderne Unterrichtsformen. Für eine gute Schulbildung sollen
Kinder nicht auf eine Privatschule müssen. Die
können sich nämlich oft nur die Reichen leisten.
Für gute Schüler gibt es aber Fördergelder.
Das Wahrzeichen der Demokraten ist ein Esel.
Das kommt daher, dass der demokratische Präsidentschaftskandidat Andrew Jackson von seinem
Gegner im Wahlkampf des Jahres 1828 als Esel beschimpft wurde. Aber Jackson ließ sich nicht einschüchtern und machte damit Werbung. So betonteer,dasseinEselsehrwillensstarkist.Daswarein
großer Erfolg. Jackson gewann die Wahl und zog
für acht Jahre als Präsident ins Weiße Haus.
Die Partei mit dem Elefanten
Die Partei der Republikaner ist nicht so alt wie ihr
Erzrivale, die demokratische Partei. Sie wurde
erst 1854 gegründet, mit dem Ziel, die Sklaverei
abzuschaffen. Denn damals waren Menschen mit
dunkler Hautfarbe unfrei. Sie wurden sogar verkauft. Dagegen ging der erste Präsident aus den
Reihen der Republikaner vor: Abraham Lincoln.
Spätere Präsidenten dieser Partei waren zum
Beispiel Ronald Reagan und George W. Bush.
Die Republikaner wollen, dass sich der Staat so
wenig wie möglich in das Leben der Bürger einmischt. Die Zahlung einer allgemeinen Krankenversicherung sieht die Partei nicht als staatliche
Aufgabe an. Jeder soll sich weitgehend um sich
selbst kümmern. Hilfe von der Regierung bekommt man nicht oder nur wenig. Auch für Schulen soll nicht zu viel staatliches Geld ausgegeben
werden. Die Republikaner wollen die Steuern
niedrig halten. Zudem hält die Partei alte Werte
hoch: So sind ihr die traditionelle Familie und die
Religion wichtig.
Das Wahrzeichen der Republikaner ist der Elefant. Dieses Tier wurde den Republikanern von
dem deutschen Zeichner Thomas Nast zugeordnet. Er hat eine Karikatur angefertigt. Das ist eine
nicht ganz ernst gemeinte Zeichnung mit politischem Inhalt. Auf der war zu sehen, wie der als
Löwe verkleidete Esel der Demokraten alle anderen Tiere im Zoo erschreckt – auch den republikanischen Elefanten.