Wie finde ich meine Wunschkanzlei Teil 2: Den Kauf wasserdicht

Wie finde ich meine Wunschkanzlei Teil 2: Den Kauf 'wasserdicht' machen
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Wie finde ich meine Wunschkanzlei Teil 2: Den Kauf
'wasserdicht' machen
von Dipl.-Betriebswirt (FH) Josef Weigert und Dipl.-Kauffrau (FH) Colett Rißmann,
Neumarkt
Eine Steuerberaterpraxis besteht im allgemeinen aus der Summe von Beziehungen,
Aussichten und Möglichkeiten, die auf dem Vertrauen der Mandanten beruhen. Zwar ist
beim Abschluss eines Kanzlei-Kaufvertrages i. d. R. keine Schriftform vorgeschrieben,
aber aufgrund der vielen zu regelnden Sachverhalte – oft auch im Standesrecht -, sollten
die mündlichen Absprachen schriftlich fixiert werden. Somit kann der Käufer verhindern,
dass er - aufgrund der allgegenwärtigen Verschwiegenheitsverpflichtungen - „Die Katze im
Sack“ kauft.
Das Verkaufsgespräch
Das Verkaufsgespräch dient in erster Linie dem gegenseitigen Kennenlernen der
Vertragsparteien. Weiterer Gegenstand des Gesprächs zwischen Käufer und Verkäufer ist
die zu verkaufende Kanzlei. Der Verkäufer stellt seine Kanzlei vor und gibt einen Überblick
darüber, was übertragen bzw. übernommen wird. Er sollte bis zum 1. Verkaufsgespräch
daher auch Unterlagen über seine Kanzlei zusammenstellen. I. d. R. werden folgende
Informationen benötigt:
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eine anonyme Mandantenliste, in welcher nur die bereinigten, nachhaltigen NettoUmsätze enthalten sind
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möglichst die drei letzten Bilanzen, Einnahmen-/Überschussrechnungen und die
aktuellen BWAs
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Aufstellung der Kanzlei-Mitarbeiter und deren Personalkosten
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Aufstellung des zu übertragenden Anlagevermögens
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Auflisten (und ggf. Kopie) von laufenden Verträgen (Miet- / Software- /
Leasingverträge etc.)
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Aufstellung der zu übertragenden Verpflichtungen und Kosten
In zweiter Linie wird im Verkaufsgespräch der Inhalt des Kanzlei-Kaufvertrages diskutiert.
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23.12.2005
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Die Gestaltung des Kanzlei-Kaufvertrages
Herr Rechtsanwalt Peter Ehrensberger, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Ehrensberger &
Kollegen aus 92318 Neumarkt, steht uns für Hinweise und Tipps zur Vertragsgestaltung
zur Verfügung und beantwortet für Sie die nachfolgenden Fragen.
Herr Ehrensberger, welche Wege gibt es, einen Kanzleikaufvertrag abzuschließen?
Nach deutschem Schuldrecht ist der Kaufvertrag ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich
der Verkäufer zur Übereignung und Übergabe der Kaufsache und der Käufer zur
Bezahlung des Kaufpreises (auch Kaufsumme genannt) und zur Abnahme der Kaufsache
verpflichtet. Das gleiche gilt natürlich auch für Kanzleikaufverträge.
Gibt es Formvorschriften zum Abschluss eines Kanzleikaufvertrages?
Für Rechtsgeschäfte gibt es grundsätzlich keine bestimmte Form. Abweichungen hiervon
sind im Gesetz geregelt, können aber auch von den Vertragsparteien vereinbart werden.
Die bekanntesten Formvorschriften des BGB sind: die gesetzliche Schriftform, die
Textform, die notarielle Beurkundung, die öffentliche Beglaubigung.
Oft sind die zu übertragenden Kanzleien Einzelunternehmen, so dass hier der Grundsatz
der Formfreiheit zum Abschluss des Kanzleikaufvertrages gilt. Allerdings sind die
abweichenden Formvorschriften bei den verschiedenen Gesellschaftsformen (z. B.
GmbH) zu beachten.
Welchen Mindest-Inhalt sollte der Kanzleikaufvertrag haben? / Welcher zusätzlicher
Inhalt ist üblich?
Der Kanzleikaufvertrag muss – wie alle anderen Kaufverträge - folgenden Mindestinhalt
haben:
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Genaue Bezeichnung der Vertragsparteien (Name, Beruf, Geburtsdatum, Anschrift
und evtl. gesetzlicher Vertreter des Käufers und des Verkäufer; Kenntlichmachung
des Käufers und des Verkäufers)
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Genaue Bezeichnung des Vertrags-/Kaufgegenstandes (Name der Praxis, Anschrift,
Tätigkeitsschwerpunkt, Inventar der Kanzlei, Mandantenliste mit wesentlichen
Angabe zu Branche, Rechtsform, Geburtsjahr der Mandanten, Honorare für:
Buchhaltung, Abschluss, Steuererklärung, Steuerberatung, Lohn, etc.)
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Höhe des Kaufpreises
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und, da meist von den gesetzlichen Vorschriften abweichend, auch die Form der
Zahlung des Kaufpreises und die Abnahme.
Welche Regelungen sollten im Kaufvertrag getroffen werden?
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Übernahme der Kanzlei
In diesem Paragraf wird der Übernahmezeitpunkt terminlich bestimmt. Der
Verkäufer verpflichtet sich zur Herausgabe der Akten nach der sog.
Mandantenzustimmung. Weiter kann eine überleitende Tätigkeit festgelegt werden.
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Eintritt in schwebende Geschäfte
Die Verträge und Dauerschuldverhältnisse, in welche der Käufer eintreten soll,
werden bestimmt. Dazu gehört ebenso die terminliche Festlegung des
Eintrittszeitpunkts.
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Haftungsansprüche
Hier sollte eine Regelung bezüglich der Haftung aus der beruflichen Tätigkeit
getroffen werden. Ratsam ist eine klare Trennung der Haftung für Tätigkeiten des
Käufers und des Verkäufers. Meist wird die Praxisübernahme als Stichtag
herangezogen.
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Geschäftsschulden
Eine Regelung zur Übernahme der Geschäftsschulden, insbesondere der
Steueransprüche nach § 75 AO, wird getroffen. In den meisten Fällen übernimmt
der Käufer keine Geschäftsschulden.
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Übergangsvorschriften für Honoraransprüche
Oft sind Leistungen des Verkäufers aus der Steuerberaterpraxis noch nicht bezahlt
bzw. abgerechnet. Für die Vereinbarung der Abrechnungsmodalität zwischen Käufer
und Verkäufer erfolgt in der Praxis eine Unterscheidung zwischen Honoraren für
fertig gestellte Arbeiten und Honoraren für noch nicht fertig gestellte Arbeiten.
In der Praxis einigen sich die Vertragsparteien i. d. R. in der Form, dass alle
Honorare für fertig gestellte Arbeiten durch den Verkäufer auch diesem zustehen.
Die Honorare für noch nicht fertig gestellte Arbeiten werden oft nach Fertigstellung
auf Rechnung des Käufers abgerechnet. Der Tag der Übernahme ist i. d. R. auch
der Verrechnungsstichtag.
Sollte der Verkäufer Vorschüsse auf Leistungen erhalten haben, so wird im Vertrag
meist geregelt, dass diese gegenüber dem Käufer abzurechnen und auszuzahlen
sind. Zu beachten ist hier allerdings, ob bereits Gegenleistungen erbracht wurden
(bereits fertig gestellte Arbeiten durch den Verkäufer o. ä.)
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Konkurrenzverbot
Der Verkäufer verpflichtet sich für einen bestimmten Zeitraum (oft bis zu 5 Jahren)
nicht mehr für die von dem Käufer übernommenen Mandate tätig zu sein bzw. zu
werden.
Weiterhin garantiert der Verkäufer am Kanzlei-Standort (und in einem bestimmten
Umkreis; meist von ca. 50 – 100 km) keine Tätigkeiten im Sinne des
Steuerberatungsgesetzes in einer eigenen Praxis, als Partner oder Angestellter
eines anderen Berufsangehörigen oder einer Gesellschaft auszuüben.
Sollte er dennoch in diesem Rahmen tätig werden wollen, bedarf es einer sog.
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Ausnahmegenehmigung vom Käufer. Der Inhalt wird je nach Bedarf verhandelt; oft
werden hier Jahresumsatzbeschränkungen und Ortsbeschränkungen
aufgenommen.
Für den Fall des Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot ist es ratsam, eine (sofort
fällige) Vertragsstrafe festzulegen.
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Inventarübernahme
Käufer und Verkäufer vereinbaren schriftlich, welches Inventar (einschließlich
Literatur) als Bestandteil des Kanzleikaufvertrages erworben wird. Da die Liste oft
sehr lang ist, empfiehlt sich eine Anlage zum Kaufvertrag, auf welche in diesem
Punkt verwiesen wird. Wichtig ist, den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs und den
Kaufpreis aufzunehmen, ebenso die Zusicherung der Gebrauchsfähigkeit des
erworbenen Inventars.
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Gewährleistung
Der Verkäufer versichert, dass er in den letzten beiden Geschäftsjahren aus den
übergebenen Mandaten einen nachhaltigen Jahresumsatz (ohne Mehrwertsteuer)
erzielt hat. Er versichert weiterhin, dass dieser nachhaltige Jahresumsatz keine
Sonderhonorare und keine nennenswerten Honorare für mehrjährige Leistungen
enthält.
In diesem Paragrafen ist Platz für die sog. Rückrechnungsklausel nach dem
Saldoprinzip. D. h. dass Mandate, welche innerhalb von 12 - 24 Monaten nach der
Übergabe der Mandate weggebrochen sind (z. B. aufgrund einer Kündigung oder
eines Ausscheidens) zu einer Minderung und Rückzahlung des Kaufpreises (auf
Basis der in der Mandantenliste aufgeführten Beträge) führen können. Durch den
Einfluss des Verkäufers neu hinzugekommene Mandate können wiederum zur
Erhöhung des Kaufpreises führen.
Ratsam ist es hier, einen Zeitpunkt für die Schlussabrechnung nach den
festgelegten Vorschriften des Gewährleistungsparagrafen zu bestimmen.
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Schlussbestimmungen / Salvatorische Klausel
Die sog. Salvatorische Klausel beinhaltet die Schriftformklausel, die Rechtsfolgen
aus unwirksamen Bestimmungen des Vertrages und den Verweis auf die
Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, wenn nichts Gegenteiliges im Vertrag
festgelegt wurde.
Welche Gesetze müssen beachtet werden?
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Handelsgesetzbuch (HGB)
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Strafgesetzbuch (StGB)
Welche Probleme können beim Kanzlei-Kauf auftreten?
Da die Kanzlei eine Zusammenfügung von
Vermögensgegenständen mit unterschiedlichen
Rechtsstrukturen: Bewegliche Sachen (Vorräte, Waren und
Maschinen), Grundstücke, Forderungen und
Immaterialgüterrechte ist, ist für den Käufer interessant, ob
die für die Kanzlei notwendigen Ausrüstungen vorhanden
sind. Fehlerhafte Angaben im Kanzleikaufvertrag führen zur
Mängelhaftung.
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Zum anderen geht es um den Geschäftsbetrieb in Vergangenheit und Zukunft (Bilanz,
Umsätze, Gewinne, Arbeitnehmerstruktur, Dienstleistungs-/Produktangebot,
Konkurrenzsituation). Hier führen fehlerhafte Angaben oder Verletzung von
Aufklärungspflichten zur Haftung aus positiver Vertragsverletzung.
Bei arglistiger Täuschung durch den Verkäufer kann der Käufer den
Unternehmenskaufvertrag gem. § 123 BGB anfechten und den Kaufvertrag
rückabwickeln.
Wenn ein Unternehmen (Kanzlei) durch den Käufer unter derselben Firma fortgeführt wird,
so haftet der Käufer für die unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten (§ 25 (1) 1 HGB)
des Verkäufers
Hr. Ehrensberger, gestatten Sie uns noch die abschließende Frage: Was
sollte auf keinen Fall vergessen werden beim Kauf einer
Steuerberaterkanzlei?
Auf keinen Fall sollten folgende Punkte vergessen werden:
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Mandantenzustimmung (muss unbedingt vor Übergabe der Akten eingeholt werden;
die Mandanten- und Beratungsunterlagen dürfen erst nach Zustimmung der
Mandanten übergeben werden. Eine abweichende Handlung verletzt das
informationelle Selbstbestimmungsrecht der Mandanten und die Schweigepflicht des
Steuerberaters (Art. 2 (1) GG, § 203 StGB) und ist wegen dem Verstoß gegen § 134
BGB nichtig.
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Mitarbeiterzustimmung und Übernahme des Kanzlei-Personals
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Überleitende Mitarbeit des Verkäufers
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Besicherung des Restkaufpreises durch den Käufer.
Bitte beachten Sie, dass jeder Kaufvertrag individuell gestaltet wird und dass es sich hier
lediglich um Hinweise zu einer möglichen Vertragsgestaltung handelt. Bitte lassen Sie sich
bei der Vertragsgestaltung durch einen Rechtsanwalt oder Notar beraten und passen Sie
Ihren Vertrag Ihrer jeweiligen Situation an.
Bedenken Sie, dass ein Kanzlei-Kaufvertrag i. d. R. eine einmalige Angelegenheit für
Käufer und Verkäufer ist. Der Verkäufer möchte sein Lebenswerk realisieren und der
Käufer tätigt eine Investition in seine berufliche Zukunft.
Je besser die einzelnen Punkte im Vertrag geregelt sind, umso einfacher und schneller
können z. B. spätere Streitigkeiten hinsichtlich des tatsächlichen Werts einer Kanzlei –
welche nicht selten sind – aus dem Weg geräumt werden oder überhaupt nicht entstehen.
Info und Kontakt zu Weigert + Fischer GmbH Unternehmensberatung
Wir sind auf die Beratung von Wirtschaftsprüfern,
Steuerberatern und Rechtsanwälten spezialisiert. Für
Unternehmer dieser Branchen organisieren wir Benchmarking,
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beraten und vermitteln Kanzleien sowie Führungskräfte. In
unseren Beratungsschwerpunkten Unternehmensführung, Team-Organisation und
Benchmarking verfügen wir über einen Erfahrungsschatz aus über 700 Einzelberatungen.
Seit 1998 betreuen wir 120 Kanzleien im Benchmarking.
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Artikel vom: 19.12.2005
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