Wie lässt sich der Dialog verbessern? - Schule Aargau

Zofinger Tagblatt, 29.3.14
Wie lässt sich der Dialog verbessern?
Nachgefragt
«Kein Abend war
wie der andere»
Rothrist Mit interaktivem Theater Konfliktfelder zwischen Eltern, Lehrern und Schülern thematisiert
Alle Eltern von Schulkindern in
Rothrist mussten diese Woche eine Veranstaltung über das Thema Elternarbeit besuchen. Welches Fazit zieht der Schulleiter
nach vier Abenden?
Jürg
Stäubli:
Kein Abend war
wie der andere,
obschon
die
Szenen, die aufgeführt wurden,
dieselben
waren. Das zeugt
von
grosser
Jürg Stäubli,
Vielfalt und DySchulleiter
namik.
Ein
Kompliment an die Eltern sei an
dieser Stelle für ihr Mitmachen,
ihre Bereitschaft zur Kommunikation und ihr Wohlwollen der
Schule gegenüber ausgesprochen
– auch wenn diese Veranstaltung
obligatorisch erklärt wurde.
An vier Abenden setzten sich Rothrister Eltern mit dem Thema «Elternarbeit» auseinander: «Schule aktuell»
heisst die Veranstaltungsreihe. Zum
ersten Mal, seit diese Möglichkeit besteht, war eine Veranstaltung für die
Eltern von Schulkindern in Rothrist
als obligatorisch erklärt worden.
Statt trockener Referate gab es lebendiges interaktives Theater – präsentiert vom darauf spezialisierten forumtheater Zürich.
Schon das Warm-up, das Aufwärmen also, war vielversprechend: Das
Publikum wurde durchgezählt und
selbst gewählte Begriffe wie «belohnen und beurteilen» musste es auf
Kommando mit einer speziellen Geste schauspielerisch umsetzen. Das
war sowohl anspruchsvoll als auch
«Es hat Spass gemacht
und war cool, mal
eine andere Rolle
zu spielen.»
Die Eltern konnten sich am Ende der Veranstaltung schriftlich
und anonym äussern …
Ja, und ich danke für die vielen
positiven wie auch kritischen
Meinungen, Vorschläge und Aussagen zum Abend und zur Ist-Situation an unserer Schule. Dazu
kamen viele persönliche Wünsche und konkrete Vorschläge zur
Verbesserung des Dialogs und zur
Zusammenarbeit zwischen Schule
und Elternhaus.
Adrian Würsch, Vater
spassig, wie sich zeigte. Insbesondere
bereitete diese Lockerungsübung die
Eltern auf einen unterhaltsamen und
lehrreichen Abend vor.
Typische Szenen durchgespielt
«Unser Ziel ist es, dass sich der Dialog zwischen Eltern und Lehrer verbessert, dass bestehende Bilder in
den Köpfen hinterfragt und danach
geändert werden», umriss Schauspielerin Dagmar Kossow das Ziel des
Abends. In Konflikten zwischen Eltern und Lehrpersonen würden oft
zwei verschiedene Welten aufeinanderprallen, meinte die Theaterfrau. –
Damit hatte es sich aber schon mit
der Theorie an dieser Veranstaltung.
In der Folge lotete das forumtheater Zürich in vier Szenen Konfliktfelder zwischen Eltern, Lehrpersonen
und Schülerschaft aus. In der ersten
Szene regt sich ein Vater über ein
Kickboardverbot der Schule auf und
erwägt juristische Schritte; in der
zweiten Szene diskutiert eine besorgte Mutter mit einem genervten Lehrer den Leistungsabfall eines Schülers; in der dritten Szene zweifelt eine ehrgeizige Mutter die Fachkompetenz des Lehrers an und fordert andere Lerninhalte; in der vierten Szene
kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Lehrerin und einem aggressiven Vater, der sich vehement gegen Arreststunden am freien
Nachmittag wehrt.
Eltern auf der Bühne: Adrian Würsch im Elterngespräch mit Schauspielerin Dagmar Kossow.
Die Eltern konnten an den Abenden nicht nur Theaterproduktionen
konsumieren: Im zweiten Teil waren
sie nämlich selber gefordert. Das forumtheater spielte gewisse Schlüsselszenen nochmals, und nun mussten
die Eltern die Szenen unterbrechen
und aktiv Einfluss nehmen mit dem
Blick darauf, wie sich die Geschichte
für beide Seiten positiver entwickeln
könnte.
Dabei erwiesen sich die Eltern als
wahre
Kommunikationsexperten
und Konfliktbewältiger und hatten
meistens eine bessere Lösung für die
betreffenden Probleme als jene, welche die Schauspieler in den zuvor
dargestellten Szenen ins Spiel gebracht hatten.
Viel Verständnis für Lehrpersonen
Was erstaunte: Die Eltern zeigten
sich sehr engagiert und hatten keinerlei Berührungsängste. Zwei Väter
schlüpften gar in die Rolle der Schauspieler, wagten sich auf die Bühne
und spielten mit einem Schauspieler
eine Handlungsvariante durch. «Es
hat Spass gemacht und war cool, mal
eine andere Rolle zu spielen», meinte
einer von ihnen, Adrian Würsch,
nach seinem Auftritt.
Im Weiteren fiel auf, dass die
Statements der Eltern reflektiert und
sachlich waren. Sie zeigten viel Verständnis für die Lehrpersonen. «Wir
müssen den Lehrern den Rücken
stärken» oder « die Kinder müssen
für ihre Fehler geradestehen» lauteten exemplarisch zwei der zahlreichen Statements.
Nulltoleranz gab es von Elternseite gegenüber Respektlosigkeiten und
zu emotionalen Auftritten. Aggressivität und Ausraster wurden nicht geduldet. Die Eltern erwarten in der Beziehung zwischen Lehrpersonen und
Eltern vielmehr gegenseitiges Ver-
HEI
ständnis, Ehrlichkeit, Transparenz
und Professionalität.
Anstoss für ein wichtiges Thema
«Ich habe Freude an Ihnen gehabt», machte Schauspielerin Dagmar Kossow am Ende des ersten von
insgesamt vier Abenden den Eltern
für ihre Offenheit und ihr Engagement ein grosses Kompliment. Begeistert waren auch viele der Eltern.
Im Foyer des Gemeindehauses hörte
man nach dem Anlass nicht viele kritische Stimmen. «Das war innovativ,
ein fortschrittlicher Ansatz. Das war
ein erfrischender Abend», meinte
Giuseppe Barcellona. Für Georgio
und Sandra Karpouchtsis bildete der
Anlass ein Anstoss für das wichtige
Thema Elternarbeit. «Ich hoffe, es
läuft jetzt dann was, Eltern und Schule müssen gemeinsame Wege finden.» Die Abende schürten offenbar
durchaus auch Erwartungen. (HEI.)
Wie geht es nun weiter beim
Thema Elternarbeit, was sind
die nächsten Schritte?
Als Erstes sichten wir die von den
Eltern abgegebenen Karten, gruppieren, fassen zusammen und geben dieses Ergebnis aus den vier
Abenden an die Elternschaft weiter. Die Lehrpersonen werden natürlich ebenfalls entsprechend informiert. Darauf analysieren wir,
auf welchen Ebenen was in erster, zweiter oder dritter Priorität
angegangen werden kann und
unterbreiten die daraus entstandene Planung der Schulpflege. Ich
kann mir vorstellen, dass dann
mit einer Projektgruppe weitergearbeitet
werden
kann.
Ob
schliesslich ein Elternforum, ein
Netzwerk, ein Elternrat oder
sonst eine auf Rothrist angepasste
Form gefunden wird, lässt sich im
Moment noch nicht sagen. Ich
bin aber optimistisch, dass sich
Eltern für eine Mitarbeit finden
lassen.
Interview: hei.