Wie entsteht eine Norm

Die Mitwirkung des DARC in der Normung zum Nutzen seiner Mitglieder und
aller Funkamateure
Die Mitarbeiter vom "Referat Normen" im DARC e.V. vertreten die Interessen der deutschen
Funkamateure in der nationalen Normung (DIN/DKE), europäischen (CENELEC + ETSI) und
internationalen (IEC/CISPR) Normungsarbeit durch Teilnahme an den Sitzungen der
relevanten Normungsgremien, der Ausarbeitung von Vorschlägen für die Normeninhalte und
Kommentierung von Norm-Vorschlägen und Norm-Entwürfen sowie deren Vertretung bei
Arbeitssitzungen und Einspruchsverhandlungen.
Die Mitarbeit des DARC in der Normung lässt aufkommende Probleme rechtzeitig erkennen
und ermöglicht die Einflussnahme auf Normeninhalte zur Sicherung unserer Ressourcen.
Die Arbeit der in den Normungsgremien tätigen Funkamateure (siehe Bild 1 und Tabelle 1)
wird in der Regel nicht wahrgenommen, es sei denn, dass die erzielten Ergebnisse nicht
einer Idealvorstellung entsprechen. Häufig wird aus Unkenntnis nicht berücksichtigt, dass
Normen aufgrund ihres Entstehungsprozesses immer einen Kompromiss darstellen.
Die Normung erfolgt in einem komplexen System mit einer Vielzahl von Regularien für die
Durchführung und die inhaltliche Gestaltung der Normen, das für den Laien nicht leicht
durchschaubar ist.
Dieser Artikel hat zum Ziel, einige Grundsätze der Normung zu erläutern, die
Verfahrens-schritte des Normungsprozesses am Beispiel der europäischen Normung
darzustellen sowie die für uns Funkamateure wichtigen Gremien (siehe Tabelle 1) mit den
zuständigen DARC-Bearbeitern in der Form einer Übersicht vorzustellen.
Normung ist keine Erfindung Europas
Normung ist fast so alt wie die Menschheit und deren Bedürfnis nach Kommunikation. Die
Entwicklung von Sprache und Schrift ist das Ergebnis erster Absprachen. Erste technische
Normen waren Festlegungen im Sinne von Maßstab, Muster, Schablone oder Richtschnur.
So wurden schon im alten Ägypten aus Nilschlamm einheitliche Ziegelsteine von gleicher
Länge (41 cm) und Breite (20 cm) hergestellt.
Im 15. Jahrhundert erfand Gutenberg die beweglichen Metalllettern und damit die
Buchdruckerkunst. Diese Erfindung führte um 1850 zur Internationalen Norm über
Schriftgrößen. Erst 25 Jahre später legte die internationale Meter-Konvention das Meter als
internationale Maßeinheit fest.
Die industrielle Revolution führte zu einem zunehmenden Bedarf an technischen Normen
und schließlich zur Gründung erster Normungsinstitute in Europa, deren Aufgabe es bis
heute ist, für die Erarbeitung einheitlicher technischer Regeln (Normen) zu sorgen.
Diese Aufgabe wird in Deutschland vom DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
wahrgenommen. Die zentrale institutionelle Verankerung der Normung geschah 1917 in
Deutschland mit der Gründung des DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Normung in der Bundesrepublik Deutschland
Im Jahr 1975 wurde der Normenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
DIN unterzeichnet. Mit diesem Normenvertrag erkennt die Bundesregierung das DIN als
einzige nationale Normungsorganisation an und schafft eine wichtige Basis für die starke
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Position Deutschlands in der übernationalen Normung. Die Normung auf den verschiedenen
Fachgebieten wird heute in etwa 75 Normenausschüssen durchgeführt.
Für die Interessen von uns Funkamateuren hat dabei die DKE Deutsche Kommission
Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE eine besondere Bedeutung,
da in deren Arbeitsprogramm die uns betreffenden Normen bearbeitet werden.
Die Interessen des DARC in der Normung
Die Mitarbeit in der Normung ist für die Sicherung der Nutzbarkeit der
Amateurfunkfrequenzen von größter Bedeutung und kann nur durch einen starken Verband
nachhaltig zum Nutzen seiner Mitglieder sichergestellt werden. Die Normungsarbeit erfordert
zurzeit eine besondere Aufmerksamkeit, da mehr und mehr gewöhnliche Haushaltsprodukte
wie zum Beispiel Lampen, IT-Geräte und Unterhaltungselektronik mit ihren
elektromagnetischen Nebenwirkungen in den Kurzwellenfrequenzbereich eindringen und
elektromagnetische
Störungen
mit
ganz
neuen,
bisher
nicht
bekannten
Kopplungsmechanismen, erzeugen. Da sind beispielsweise Plasma-TV-Geräte zu nennen:
Solche Geräte stellen sehr starke magnetische Dipolantennen dar und zeigen daher eine
effiziente Störabstrahlung, während herkömmliche TV-Geräte eigentlich "nur" über die
Leitungen abstrahlen können.
Wer erstellt die Normen?
Grundsätzlich gilt, Normen werden nicht von oben "erlassen". Sie werden genau von jenen
gemacht, die sie brauchen: Hersteller, Handel, Wissenschaft, Behörden und Verbraucher.
Sie entsenden Fachleute in die zahlreichen Normungsgremien auf den verschiedenen
Normungsebenen, die aus Bild 1 ersichtlich sind.
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Bild1: DARC Interessenvetretung in der Normung
DKE: Die DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE ist
als Normenausschuss des DIN und Organ des VDE zuständig für die Erarbeitung von Normen und
Sicherheitsbestimmungen in dem Bereich der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik in
Deutschland. Die DKE ist das Deutsche Mitglied in der IEC – Internationale Elektrotechnische Kommission,
Genf und im CENELEC – Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung, Brüssel. Des Weiteren ist sie
die
IEC: Die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) erarbeitet und verabschiedet auf
weltweiter Ebene Normen und Standards der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik.
CENELEC: Das Europäische Komitee für Elektrotechnische Normung (CENELEC) ist
zuständig für die Harmonisierung der elektrotechnischen Normen im Rahmen der Europäischen
Union und des gesamten europäischen Wirtschaftsraumes.
ETSI: Das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) erstellt Europäische
Normen und Spezifikationen auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnik und in angrenzenden
Bereichen der Informations- und Rundfunktechnik.
IARU: International Amateur Radio Union (IARU) Dies ist die internationale Vereinigung von
Amateurfunk-verbänden.
Wie entsteht eine Norm?
Globalisierung, weltweiter Wettbewerb, effizienter Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie
die Verpflichtung zu sicheren Produkten und Systemen, in diesem Spannungsfeld steht die
Normungsarbeit.
Jeder kann einen Antrag auf Normung stellen. Erarbeitet wird die Norm durch die
interessierten Kreise. Damit sind z. B. Hersteller, Verbraucher, der Handel, die Wissenschaft,
der Staat und die Prüfinstitute gemeint. Diese entsenden ihre Experten in die 3.100
Arbeitsausschüsse des DIN, die in den 75 Normenausschüssen nach Fachgebieten
organisiert sind. Die hauptamtlichen Mitarbeiter des DIN koordinieren die Prozessabläufe
und verantworten das Projektmanagement.
Normen entstehen im Konsens, das heißt, die Experten verständigen sich über die Inhalte
mit dem Ziel, eine gemeinsame Auffassung zu erreichen. Sie berücksichtigen dabei den
Stand der Technik, die Wirtschaftlichkeit und die internationale Harmonisierung. Wenn ein
Normungsprojekt einen stabilen Beratungsstand erreicht hat, wird das Ergebnis als
Norm-Entwurf öffentlich zur Diskussion gestellt. Erst nach Beratung der Stellungnahmen
kann eine Norm verabschiedet und veröffentlicht werden.
Um das Normenwerk aktuell zu halten, werden die DIN-Normen spätestens alle fünf Jahre
überprüft und ggf. dem Stand der Technik angepasst.
Getragen vom Gedanken der "demokratischen Legitimation" des Normungsprozesses sind in
der Satzung des DIN und der Norm DIN 820 (Normungsarbeit, Grundsätze) folgende
Verfahrensschritte vorgesehen:
•
Normungsanträge: Jedermann kann das Einleiten von Normungsvorhaben
beantragen. Die zuständigen Organe des DIN haben jeden Antrag zu prüfen.
•
Öffentliche Informationen: Der Öffentlichkeit muss die Möglichkeit gegeben werden,
sich über die Normungsarbeit des DIN zu orientieren. Z. B. wird jedes neue
Normungsvorhaben öffentlich bekannt gemacht mit dem Ziel einer breiten
Beteiligung.
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•
Teilnahme aller interessierten Kreise: Alle interessierten Kreise haben die
Möglichkeit, an der Normungsarbeit teilzunehmen. Niemand wird grundsätzlich
ausgeschlossen.
•
Öffentliche Einspruchnahme und Anhörung: Auch Interessierte, die nicht persönlich
an Normungsvorhaben teilgenommen haben, können Einsprüche einreichen. Sie sind
persönlich einzuladen und anzuhören.
•
Konsens: Konsens bedeutet nicht notwendigerweise Einstimmigkeit, sondern
"allgemeine Zustimmung, die durch das Fehlen aufrechterhaltenen Widerspruchs
gekennzeichnet ist."
•
Schlichtungs- und Schiedsverfahren: Die Schlichtungs- und Schiedsverfahren sollen
sicherstellen, dass auch abweichende Meinungen im Normungsverfahren sachlich
und systematisch gehört, bearbeitet und bewertet werden.
Die europäische Normung
Die Globalisierung der Wirtschaft spiegelt sich auch in der Normungsarbeit wider. Über 80 %
aller aktuellen Normungsaktivitäten finden heutzutage auf europäischer und internationaler
Ebene statt. Für eine Beteiligung an diesen Normungsaktivitäten gilt das nationale
Delegationsprinzip (Ausnahme: ETSI), das ein Engagement in den nationalen
Normenausschüssen erfordert.
Ziel der europäischen Normung ist die Harmonisierung der nationalen Normen in den
Mitgliedsländern durch einheitliche Einführung Internationaler Normen oder Erarbeitung
Europäischer Normen, wenn dies durch europäische Erfordernisse gerechtfertigt ist. Die
europäische Normung schafft so die Voraussetzung zur Verwirklichung des europäischen
Binnenmarktes.
Besondere Bedeutung haben europäische Normen zur Ausfüllung europäischer Richtlinien,
die im Rahmen von Normungsaufträgen (Mandate) der Kommission erstellt werden. Aus
diesem Grund sollen an dieser Stelle die Zuständigkeiten und der Ablauf der europäischen
Normungsarbeit besonders dargestellt werden.
Europäische Normungsorganisationen
Die Normungsarbeit wird auf europäischer Ebene im Rahmen der EG-Informationsrichtlinie
vom Europäischen Komitee für Normung (European Committee for Standardization), CEN,
dem Europäischen Komitee für Elektrotechnische Normung (European Committee for
Electrotechnical Standardization), CENELEC, und vom Europäischen Institut für
Telekommunikationsnormen (European Telecommunication Standards Institute), ETSI,
wahrgenommen.
Bei den europäischen Normungsorganisationen handelt es sich um privatrechtliche,
europäische Vereinigungen von nationalen Normungsorganisationen nach belgischem (CEN,
CENELEC) bzw. französischem Recht (ETSI). Mitglieder bei CEN und CENELEC sind die 32
nationalen Normungsorganisationen der EU und der EFTA; bei ETSI sind Unternehmen,
Institute und Dienstleister aus ganz Europa direkt Mitglied.
Die Organe von CEN/CENELEC wie Generalversammlung, politische und technische
Lenkungsgremien und Technische Komitees stehen den Mitgliedern offen; dorthin werden
nationale Delegationen mit abgestimmten Standpunkten entsandt. Vertreter europäischer
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Organisationen, die für ihr jeweiliges Fachgebiet repräsentativ sind, können als Beobachter
teilnehmen. Neben den Vollmitgliedern gibt es angegliederte Normungsinstitute ("Affiliates")
sowie assoziierte Organisationen.
Das 1988 gegründete ETSI ist aus der Normungstätigkeit der Europäischen Konferenz der
Post- und Fernmeldeverwaltungen hervorgegangen. Es arbeitet in den technischen Gremien
nicht mit nationalen Delegationen, sondern mit interessierten Unternehmen, Organisationen
und Verwaltungen als Mitglieder.
Mitarbeit in europäischen und internationalen Normungsgremien
Wenn ein Normenausschuss (NA) des DIN sich für eine aktive Mitarbeit an einem
europäischen und/oder internationalen Normungsvorhaben entschieden hat, wird die
fachliche Betreuung einem Arbeitsausschuss ("Spiegelausschuss") zugewiesen. Dieser hat
eine deutsche Meinungsbildung durchzuführen und sie im europäischen und/oder
internationalen Gremium zu vertreten. Dies kann durch schriftliche Kommentare, Entsendung
von Delegationen und/oder Benennung von Experten geschehen.
Entsendung von Delegationen und Experten
Im Falle der Entsendung von Delegationen und/oder Benennung von Experten wird der
Spiegelausschuss Fachleute, vorzugsweise aus seinen eigenen Reihen, auswählen, die
aufgrund ihres Fachwissens und ihrer sonstigen Fähigkeiten (z. B. Sprachen,
Verhandlungsgeschick) in der Lage sind, die vom Spiegelausschuss festgelegten Ziele
angemessen zu vertreten.
Bild 2: Entsendung von Delegierten und Experten in europäische und internationale
Gremien
Nationale Delegation
Die nationale Delegation zu einer internationalen oder europäischen Sitzung eines
Technischen Komitees (TC) oder Unterkomitees (SC) wird vom zuständigen NA offiziell
angemeldet. Dabei wird auch angegeben, wer als Sprecher (Delegationsleiter) fungiert. Die
Delegation hat den durch den Spiegelausschuss im Konsens erarbeiteten nationalen
Standpunkt im Rahmen des Möglichen zu vertreten. Sie muss nach der TC- oder SC-Sitzung
dem Spiegelausschuss berichten und die Ergebnisse und ihr Zustandekommen erläutern.
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Entsendung von Experten in europäische und internationale Gremien
Experten werden in persönlicher Eigenschaft für die europäischen und internationalen
Arbeitsgruppen (WG) benannt und nehmen bis zum Abschluss der Arbeiten oder bis zum
offiziellen Widerruf der Benennung an der WG-Arbeit teil. Sie werden aufgrund der
europäischen und internationalen Regeln nicht als offizielle Repräsentanten ihres Landes,
sondern als persönliche Fachleute mit entsprechend weitem Verhandlungsspielraum in
Fachfragen angesehen.
Der Spiegelausschuss sollte deshalb diese Fachleute sorgfältig auswählen und er muss sie
in die deutsche Meinungsbildung einbeziehen, damit sie die nationalen Ziele und geplanten
Vorgehensweisen und die möglichen Konsequenzen fachlicher Entscheidungen kennen. Ein
nicht funktionierendes Zusammenspiel zwischen den Experten und dem sie benennenden
Spiegelausschuss kann (und darüber müssen sich die Experten bewusst sein) zur späteren
Ablehnung der unter ihrer Mitwirkung erarbeiteten Entwürfe durch den NA bzw. das DIN
führen. Die durch den Spiegelausschuss benannten Experten sollten sich deshalb mit der
nationalen Meinung und der geplanten Vorgehensweise identifizieren können.
Werden Experten aus Deutschland für die Arbeitsgruppen durch das übergeordnete
Gremium und nicht durch den Spiegelausschuss benannt (z. B. aus den Reihen von
Associate Members oder Organisationen in Liaison), wird das DIN hierüber unterrichtet. Der
Spiegelausschuss sollte in solchen Fällen diese Experten, z. B. als Gäste, zu seinen
Sitzungen einladen und mit ihnen einen eingehenden Informationsaustausch pflegen. Diese
Experten werden zwar vorrangig die fachliche Meinung der sie benennenden - meist
europäischen oder internationalen - Organisationen oder Verbände vertreten, sie sollten aber
auch über den deutschen Standpunkt informiert sein, mit dem Ziel, sie an der nationalen
Meinungsbildung zu beteiligen. Dies soll auch dazu beitragen, das Risiko, dass ein Entwurf
später von den nationalen Mitgliedern (Länder) abgelehnt wird, zu minimieren.
Entstehung einer europäischen Norm
Die Initiierung einer Europäischen Norm erfolgt überwiegend durch eine nationale
Normungsorganisation oder, zur Konkretisierung von EU-Richtlinien, durch die Europäische
Kommission mittels eines Normungsmandates (siehe Bild 3).
Wenn das vorgeschlagene Projekt thematisch Zustimmung findet, ausreichend viele
nationale Normungsorganisationen zur Mitarbeit bereit sind und Mittel für die
Sekretariatsführung zur Verfügung stehen, wird im CEN oder bei CENELEC unter der
Federführung eines Technischen Komitees (TC) die Arbeit an eine bestehende
Arbeitsgruppe (WG) dieses TC vergeben bzw. eine neue Arbeitsgruppe von Experten
eingerichtet.
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Bild 3: Entstehung von europäischen Normen – Vorschlag und Entwurfsphase
Unter der Leitung eines Convenors wird in der WG die Norm erarbeitet. Das Sekretariat des
TC wird von jeweils einer der nationalen Normungsorganisationen übernommen. Die Arbeit
der WG und ihres Convenors wird ebenfalls von einer der nationalen
Normungs-organisationen unterstützt.
Ziel ist, dass eine EN innerhalb von 3 Jahren erarbeitet wird. Die Normungsorganisationen
legen deshalb Zeitvorgaben für die einzelnen Erarbeitungsschritte fest. Werden diese bei
bestimmten Schritten nicht eingehalten, kann eine Verlängerung beantragt werden.
Andernfalls wird das Normungsprojekt gestrichen.
Bild 4: Entstehung von europäischen Normen – Öffentliche Umfrage und Schlussentwurf
Hat sich die WG auf einen europäischen Norm-Entwurf (prEN) geeinigt, wird die öffentliche
Umfrage eingeleitet (siehe Bild 4). Die nationalen Normungsorganisationen haben dann fünf
Monate Zeit, eine nationale Stellungnahme abzugeben. In Deutschland wird dazu ein
DIN-EN-Entwurf in deutscher Sprache veröffentlicht, zu dem innerhalb einer Frist von etwa
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acht Wochen jedermann Stellung nehmen kann. Hilfreich ist es, konkrete
Formulierungsvorschläge möglichst zusätzlich auch in englischer Sprache einzureichen. Der
nationale Spiegelausschuss berät in einer Einspruchssitzung über die eingegangenen
Stellungnahmen. Die Einsprechenden erhalten dabei die Gelegenheit, ihre Position zu
erläutern. Anschließend gibt das Spiegelgremium die abgestimmte nationale Stellungnahme
ab. Bei mandatierten Norm-Entwürfen werden zusätzlich auf europäischer Ebene die
Empfehlungen der Consultants eingeholt, die überprüfen, ob die grundlegenden
Anforderungen der EU-Richtlinien erfüllt werden.
Auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen erstellt die WG den Schlussentwurf. Die
nationalen Normungsorganisationen entscheiden anschließend in einer gewichteten
Schlussabstimmung über die Annahme der EN (siehe Bild 5). Ein negatives Votum muss
begründet werden, allerdings können vorgebrachte technische Änderungswünsche zu
diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden. Technische Änderungen können nur im
Verlauf der Umfage zum Entwurf eingebracht werden.
Für die Annahme einer Norm sind mindestens 71 % der gewichteten Stimmen notwendig
(nur die an der Abstimmung beteiligten Länder werden berücksichtigt) sowie die einfache
Mehrheit der abstimmenden Länder.
Bei der gewichteten Abstimmung haben die Mitgliedsländer aufgrund ihrer Größe eine
unterschiedliche Stimmenanzahl (siehe Bild 5).
Bild 5: Entstehung von europäischen Normen – Stimmenwichtung bei der Formellen
Abstimmung (Stand: 01.01.2013)
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Bild 6: Entstehung von europäischen Normen – Ratifizierung und Veröffentlichung
Die Ratifizierung einer Norm (siehe Bild 6) erfolgt automatisch einen Monat nach einem
positiven Abschlussergebnis zur Schlussabstimmung.
Nach der Ratifizierung muss eine Europäische Norm als nationale Norm übernommen
werden. Entgegenstehende nationale Normen sind zurückzuziehen. Bei mandatierten
Normen beantragen die europäischen Normungsorganisationen bei der Europäischen
Kommission die Veröffentlichung der Fundstelle der EN im Amtsblatt der EU.
Spätestens nach fünf Jahren überprüfen die Normungsorganisationen, ob eine Revision
einer EN erforderlich ist. Dies erfolgt in der Regel durch eine Umfrage in den nationalen
Spiegelgremien.
Beispiele für die erfolgreiche Mitwirkung des DARC in der Normung
Plasma-TV-Geräte: Sensibilisierung des zuständigen Normungsgremiums durch massive
Forderung zur Wiedereinführung von Störstrahlungsgrenzwerten unter 30 MHz für
Plasma-TV-Geräte. Die IEC/PAS 62825 ed 1.0 Methods of measurement and limits for
radiated disturbances from plasma display panel TVs in the frequency range 150 kHz to 30
MHz (Öffentlich verfügbare Spezifikation) wurde kürzlich veröffentlich und enthält
Grenzwerte und Messverfahren für den für Funkamateure besonders sensiblen
Frequenzbereich.
LED Leuchtmittel: Schließung einer Interpretationslücke in der DIN EN 55015 Grenzwerte
und Messverfahren für Funkstörungen von elektrischen Beleuchtungseinrichtungen und
ähnlichen Elektrogeräten hinsichtlich der Anwendung von Grenzwerten auch in Bezug auf
230 Volt LED-Leuchtmittel. Erarbeitung von Grenzwerten auch für Niedervoltleuchtmittel und
Indukltionslampen, die u.a. auch in der Straßenbeleuchtung eingesetzt werden.
PLC: Durchsetzung einer höheren Notchtiefe in den Amateurfunkbändern,
Leistungsbe-grenzung und Abschaltezwang bei gestopptem Datenaustausch in den
PLC-Norm-Entwurf prEN 50561-1 Kommunikationsgeräte auf elektrischen
Niederspannungsnetzen – Funkstör-eigenschaften - Grenzwerte und Messverfahren - Teil
1: Geräte für die Verwendung im Heimbereich. Auch wenn dieser Norm-Entwurf nicht
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ausreicht, um jeden Funkdienst im Kurzwellenbereich empfangbar zu halten, so ist
allerdings festzustellen, dass für den Amateurfunkdienst ein größtmöglicher Schutz erreicht
werden konnte. Es wird der Status quo der letzten 13 Jahre erhalten.
Solare Wechselricher: Mitarbeit bei der Findung von Grenzwerten und Messverfahren, um
den Kurzwellenempfang auch in der Nähe von Solaranlagen weiterhin zu ermöglichen. Hier
werden insbesondere die Antenneneigenschaften von Soloargeneratoren untersucht, die
maßgeblich für die Abstrahlung der Störspannung verantwortlich sind.
Smart Grid: Beobachtung der Normungsvorhaben und politischen Aktivitäten der
Europäischen Kommission zu diesem Thema. Insbesondere wurden bereits einige
Vorschläge in die öffentlichen Anhörungsverfahren zur Frequenznutzung längs Leiter
eingebracht, immer mit dem Ziel, die Vernetzungsfrequenz auf maximal 148,5 kHz zu
beschräken.
Multimediageräte: Beim Transfer der EMV-IT-Normen EN 55022/EN 55014 mit den
TV-Normen EN 55013/EN 55020 in die umfassenden Multimedianormen EN 55032/EN
55032 (die zuerst genannten zwei Pakete werden im Jahr 2017 auslaufen) wird darauf
geachtet, dass das Schutzniveau für Funkdienste erhalten bleibt.
Bezugsquelle für veröffentlichte Normen + Norm-Entwürfe: Beuth Verlag GmbH, Berlin (www.beuth.de)
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