Wie du mir, so ich dir - Wissenschaftsladen Bonn

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n STANDPUNKT
Wie du mir, so ich dir
Die Alten sind entrüstet: Die junge „Generation Y“ kündigt
einfach anstatt sich ausbeuten zu lassen. Schaut man sich die
Berufswege an, versteht man auch wieso. | Benjamin O‘Daniel
I
n der letzten Zeit wird wieder eine Sau
durchs Karriere-Dorf gejagt. Motto:
„Die faule Generation Y“. Die ZEIT
titelt: „Wollen die auch arbeiten?“ Die
Süddeutsche unterstellt: „Pünktlich in
den Feierabend.“ Und die FAS setzt noch
einen drauf und beleidigt: „Generation
Weichei.“
Zur Klärung: Es geht um die Generation, die um das Jahr 2000 herum zu
den Teenagern gehörte und die heute
am Anfang ihres Berufslebens stehen.
Der Tenor in den Artikeln ist überall der
Gleiche: Die jungen Leute von heute
wollen sich selbst verwirklichen und ihre
Freunde treffen. „Hart arbeiten? Och nö,
keinen Bock.“
Die Chefs, allesamt zwischen 50 und
65 Jahre alt, werden in den Zeitungen
rauf und runter zitiert. Sie entrüsten sich:
Dekadentes Jungvolk. Denen geht‘s wohl
zu gut. Und dann auch noch das: Die Generation Y setzt ihre Laissez-Faire-Haltung
tatsächlich durch! Wenn es ihnen nicht
mehr passt, kündigen sie einfach.
Die Sache ist nur: Die Argumentation
der Generation Y-Beschimpfer greift zu
kurz. Sie sollten einmal die Berufseinstiege der Generation Y genauer betrachten.
Wenn man sich im Bekanntenkreis umhört, lässt sich der klassische Berufseinstig in der heutigen Zeit in fünf Phasen
unterteilen:
1. Nach dem Studium gar nix
2. unbezahltes Praktikum
3. schlechtbezahlte Honorarkraft
4. befristeter Vertrag als Junior-Kraft
5. unbefristeter Vertrag als Fachkraft
„Geschafft!“, sagen die meisten, wenn sie
endlich in Phase 5 angekommen sind.
arbeitsmarkt UMWELTSCHUTZ | NATURWISSENSCHAFTEN
Andere bleiben irgendwo zwischen Phase 2 und Phase 4 hängen, haben schon
mehrere Entlassungswellen mitgemacht
und drei bis vier Unternehmen kennengelernt. Das ist so ziemlich das Gegenteil
von lässig arbeiten.
Die Generation Y lernt gleich zu Beginn
ihrer Berufslaufbahn: Es gibt keine Sicherheit. Die Wirtschaft pfeift auf Verbindlichkeit. Kümmer‘ dich um dich selbst. „Die
Unternehmen haben den Treuepakt
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
aufgekündigt“, schreibt Simon Kerbusk,
Chefredakteur von ZEIT Campus, der zu
den wenigen gehört, die sich stark machen für die junge Generation. Ganz zu
schweigen von Finanzkrise, Eurokrise und
dem ganzen Drum und Dran, was auch
nicht zur Sicherheit beiträgt.
Wer in Phase 5 ankommt, gründet
in der Regel eine Familie, kauft sich ein
Haus und mäht am Wochenende den
Rasen. Eigentlich ist alles perfekt. Aber
irgendwie auch nicht. „Was ist mit den
ganzen Überstunden? Was bringt mir der
finanzielle Ausgleich, wenn ich dafür kein
Leben habe? Hat mein Chef gerade wirklich schräg geguckt, als ich gesagt habe,
dass ich in Elternzeit gehe?“
Früher oder später kommt die Frage
auf, ob es nicht mal Zeit ist für eine
berufliche Veränderung. Wie das geht,
weiß man ja. Auf Xing eine zweideutige
Formulierung einbauen, nach dem Motto
„Herausforderungen gesucht“. Bewerbungsunterlagen auffrischen. Sich mal
wieder mit alten Freunden treffen. Außerdem hat doch letztens ein Headhunter in
der Mittagspause angerufen.
1
„Wie du mir, so ich dir“ könnte man
sagen. Jetzt gibt es für die Unternehmen
eben keine Sicherheit mehr. Sie können
ihre Schäfchen nicht zusammenhalten,
selbst wenn sie sich bemühen. Die Fehler
sind an anderer Stelle passiert, nämlich
dort, wo sie die Fachkräfte von morgen
mies behandelt haben. So etwas brennt
sich ein im Bewusstsein eines jeden, der
gerade auf Jobsuche ist oder in einer unsicheren beruflichen Situation schwebt.
Die Rosskur der Generation Y zu
Beginn des Berufslebens ist vielleicht
langfristig gar nicht so schlecht. Sie stärkt
ihren Willen zur Unabhängigkeit. Denn
auch das wird der Generation unterstellt:
Sie sei selbstbewusst und optimistisch.
Wenn man es einmal geschafft hat und
angekommen ist, trifft das sicher zu.
Uns interessiert Ihre Meinung: Wie
denken Sie zur Generation Y? Faul oder
nicht faul? Schreiben Sie eine Mail an
[email protected]. Wir veröffentlichen Ihre Antworten auf unseren
Forum-Seiten.
BEWERBUNGSCAFÉ
Am 4. Juni 2013 findet unser nächstes
Bewerbungscafé in den Räumen des
Wissenschaftsladen Bonn statt. Dazu
sind alle Abonnenten/innen unserer
Informationsdienste und ihre Freunde
und Bekannten herzlich eingeladen.
Ort: Wissenschaftsladen Bonn,
Reuterstr. 157, 53113 Bonn,
Erdgeschoss; Eintritt: frei
Zeit: 4. Juni 2013, 18.00 - 21:00 Uhr
Anmeldung: erwünscht, aber nicht
erforderlich
Infos und Anmeldung:
[email protected]
hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V.,Reuterstr.157,53113 Bonn
[email protected], Tel. 0228/20161-15