Was fasziniert Sie an der Schlagermusik? Seetaler Pioniergeist

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Donnerstag, 18. April 2013 | Nr. 16
Seetaler Pioniergeist
Ratatouille
Hochdorf: Judith Bachmann ist die Mutter des Muki- und Groki-Turnens
Vor 42 Jahren bot Judith Bachmann in Hochdorf das erste Mutter-Kind-Turnen der Schweiz an. Es
war der Anfang einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte.
Der Garten und ich
Eine Zeitungsmeldung ist schuld,
dass seit über 40 Jahren Zehntausende
– oder sind es Hunderttausende? – Kinder im Vorschulalter in Sportbekleidung in Turnhallen klettern, hüpfen,
neue Spiel-Gspändli kennenlernen und
ihre Mütter in sportlicher Atmosphäre
ein Kränzli ohne Kaffee abhalten. Die
«waschechte Hofdererin» Judith Bachmann stiess 1971 auf einen Artikel, der
über Mutter-Kind-Turnen in Deutschland berichtete. Sie, damals schon Präsidentin der Frauenriege Audacia, fand
das «eine interessante Sache» und sagte sich: «Das ist doch keine Sache, das
können wir übernehmen.»
Mit einer Freundin als Giswil fuhr sie
kurzerhand über die Grenze, besuchte
einen Kurs und bot bald darauf das erste Muki-Turnen der Schweiz an, natürlich in Hochdorf. Unsere nördlichen
Nachbarn, englischen Vokabeln selten
abgeneigt, nennen die generationsübergreifende Leibesertüchtigung heute übrigens vorzugsweise «Fit for Kids».
Erstmals öffentlich vorgeführt wurde
das Mutter-Kind-Turnen an einem
Turnfest 1968 in Berlin.
Enorme Begeisterung
Judith Bachmann, damals selber
Mutter einer Tochter im Vorschulalter,
war zwar immer überzeugt, dass sie das
Da dachte ich: Das
übernehmen wir, ist doch keine
Sache.
Judith Bachmann, Vorturnerin, Hochdorf
Konzept so übernehmen, anwenden
und freudige Anhängerinnen finden
würde. Doch dass das Muki-Turnen so
viele Mütter und Kinder entzückt, hätte auch sie sich nicht vorgestellt: «Die
Begeisterung war enorm. Es hat sofort
eingeschlagen». Waren es anfänglich
noch eine Handvoll Mütter mit ihren
Kindern, die eine Turnstunde besuchten, mussten wegen der grossen Nachfrage bald drei Kurse angeboten werden. Dies, so Bachmann, obwohl man
nie Werbung gemacht habe. «Bekannt
wurde das Muki-Turnen ausschliesslich über Mund-zu-Mund-Propaganda.»
Und natürlich sprach sich diese unkomplizierte Art der Körperertüchtigung auch über die Gemeindegrenzen
hinaus herum. Judith Bachmann wurde
nach den ersten Turnanlässen in Hochdorf von Nachbargemeinden ange-
I
Judith Bachmann mit ihrem Enkel Lionel (5, rechts), Fiana (6) und dem vierjährigen David.
fragt, ob sie kommen und einen Kurs
geben könne. Man habe so viel Gutes
über dieses Muki-Turnen gehört.
Die Angefragte tat wie gewünscht
und war zehn Jahre lang bis 1981 in
vielen Kantonen unterwegs als MukiBotschafterin. «Das habe ich immer
sehr gerne gemacht», erinnert sich Judith Bachmann, es sei sehr viel zurückgekommen: «Leuchtende Kinderaugen,
begeistertes Rumgehüpfe, ausgelassene
Mädchen und Buben; das ist doch etwas Herrliches.» Und ein klein wenig
hat auch die Gründerin leuchtende Augen, wenn sie in einem Walliser Dorf
ein Muki-Turnen-Angebot sieht: «Das
macht mich schon ein wenig stolz»,
sagt sie.
Die Beliebtheit des Turnens mit Kindern ist ungebrochen gross. Auch in
Hochdorf. Gemäss Petra Walthert, die
die Hauptleitung des Elki- und KituTurnens in Hochdorf innehat, turnen
heute über 60 Kinder mit ihren Eltern.
Das Phänomen
Für Judith Bachmann, die auch viele
Jahre im Vorstand der Sport Union
Schweiz war, ist das Muki-Turnen viel
mehr als nur sportliche Betätigung. Die
soziale Komponente sei fast noch wichtiger. «Viele Mütter kamen damals selten aus dem Haus. Beim Turnen fanden
sie und ihre Kinder Gleichgesinnte.»
Der grosse Erfolg des Muki-Turnens
zog bald auch «ungebetene» Gäste an
– die Grosseltern der Kinder. «Man
konnte mit ihnen aber nicht die gleichen Übungen machen. Die Kinder waren oft zu ungestüm für die älteren Semester.» Kurzerhand war bei Pionierin
Bachmann eine neue Idee geboren. Das
Grosseltern-Kind-Turnen wurde erstmals 2001 angeboten und breitete sich
ebenfalls in der ganzen Schweiz aus.
Bei diesem Angebot gebe es allerdings
einen grossen Unterschied zum MukiTurnen. Die Enkel würden hier oft ihren Grosseltern die Übungen vorzeigen, weiss die Witwe von Toni
Bachmann, dem ehemaligen Geschäftsführer der Gebrüder Bachmann
AG. Heute unter dem Namen 4B ein
ähnlich bekannter Begriff wie «MukiTurnen»
Ein «Phänomen» sei das doch, findet
Judith Bachmann. «Alles ändert sich so
rasant um uns. Doch das Muki-Turnen
ist noch gleich wie vor 40 Jahren.» Alles? Nein, nicht ganz: Etwas habe sich
n der Werbung eines Baumarktgiganten heisst es: «Mach’ es zu
deinem Projekt». Nein, den Garten
habe ich nicht wegen des Slogans
übernommen, aber jetzt, da ich ihn
habe, ist er tatsächlich zu meinem
Projekt geworden. Aber eins ist
sicher: Ich möchte mich nicht im
Garten abrackern. Natürlich macht
er Arbeit, die durchaus Spass macht,
aber die soll sich in Grenzen halten.
Ich will den Garten schliesslich geniessen können. Deshalb gibt es einen reinen Ziergarten, denn ich liebe Blumen. Okay, ein paar Tomaten,
ein Rosmarin- und ein Salbeistrauch
– das muss sein. Aber es soll auch
Zeit dafür sein, einfach mal nur in
Ruhe dazusitzen und über die bunten Blumen zu staunen und sich
an der Natur zu erfreuen. Andererseits, nach einem intensiven Tag auf
der Redaktion kann es tatsächlich
entspannend sein, mit einem irrsinnig schweren Spaten – gibt es eigentlich auch Gartengeräte aus
Aluminium oder Titan? – in der
Erde herumzugraben und Blumen
und Sträucher zu pflanzen. Aber
welche?!
jof
D
a sitze ich nun, zwei Tage
nachdem ich den Garten – samt
Laube – übernommen habe. Vor
mir stapeln sich diverse Gartenmagazine, die ich am Kiosk gekauft
habe, von den diversen Büchern gar
nicht erst zu reden. Denn ehrlich
gesagt, eigentlich habe ich keine
Ahnung. Im Garten soll das ganze
Jahr über etwas blühen, auch im
Winter. Aber wann blüht was? Und
wenn ich das dann herausgefunden
habe, welche Farben kombiniere
ich? Welche Blütenformen? Wie
hoch wird welche Blume, welcher
Strauch? Und vor allem: Wann
pflanze ich ein oder vergrabe Zwiebeln und Knollen? Und muss ich
die Dinger nach dem Verblühen
der Blumen wieder ausgraben? Oder
überleben die im Winter in der
Erde? Fragen über Fragen, und
langsam kommt so etwas wie Panik in mir auf. Kann ich das? Bin
ich dem überhaupt gewachsen? Ja,
das bin ich. Ich mache es zu meinem Projekt – sozusagen. Ich habe
vor der Gartenlaube Primeln gepflanzt. manuela mezzetta
Die Leute sind vorsichtiger
geworden. Einige Übungen
könnte man heute nicht mehr
machen. Judith Bachmann, Vorturnerin, Hochdorf
schon verändert: «Die Leute sind vorsichtiger geworden. Einige Übungen
könnte man heute nicht mehr machen.»
(Zu) Schneller Enkel
Die heute 75-Jährige ist auch im Alter noch sportlich und sportinteressiert. Beim Besuch bei ihr zuhause vergangene Woche liegt auf dem
Wohnzimmertisch die Tageszeitung,
aufgeschlagen ist der Sportteil. Ein
Fussballartikel. Wenn es die Gesundheit zulässt, geht die vierfache Grossmutter wöchentlich ins Seniorenturnen. «Ohne Kinder,» wie sie sagt, «da
sind wir unter uns.» Dass Groki-Turnen
nicht nur in Turnhallen stattfinden
muss, zeigte die rüstige Pensionärin
auf der Skipiste. Bis vor Kurzem ging
sie mit einem ihrer Enkel Ski fahren.
Doch dies habe nun ein Ende. «Er fährt
mir jetzt um die Ohren.» jonathan furrer
Was fasziniert Sie an der Schlagermusik?
Einige verachten sie, viele lieben sie:
Schlagermusik lässt kaum jemanden kalt. Am vergangenen Wochenende fand die dritte Gelfinger
Schlagernacht statt (Siehe Bericht
auf Seite 9). Der «Seetaler Bote»
hörte sich bei den Besuchern um
und erfuhr, wieso sie gekommen
waren.
Rosmarie Hitz (51), Hausfrau, Mutter,
Teilzeitangestellte, Oberentfelden.
Marcel Weibel (23), Maurer, Schongau.
Tony Aebischer (41), Pneukranführer,
Emmenbrücke.
Annelyse Fischer (51), Briefträgerin,
Gelfingen.
Mitsingen
Für Jung und Alt
Akku laden
Hits aus Jugendzeit
Vor einem Jahr waren wir auch in Gelfingen und da hat ein Kollege heimlich
die «Hilander» engagiert für meinen 50.
Geburtstag. Das war natürlich eine
Riesenüberraschung, super. Die Schlagermusik gefällt mir sehr, weil sie
volkstümlich und stimmungsvoll ist.
Es ist Musik zum Mitsingen und Mitschunkeln.
Die Party findet fast vor der Haustür
statt, das ist doch praktisch und wir
schätzen das. Mir gefällt so ein Fest,
weil Jung und Alt zusammen vergnügt
sind und man kennt noch andere Leute. Ich bin Fan von Schlagermusik, weil
man den Text versteht und mitsingen
kann. Es ist gute Stimmung hier und
ein geselliger Abend.
Mir gefallen die deutschen Texte und
die Melodien, Lieder zum Mitsingen
und Worte, die berühren. Es sind bekannte Ohrwürmer von urchig bis rockig, einfach sensationelle Musik zum
Tanzen. Es ist für mich Wellness fürs
Gemüt. Ich kann einen Abend lang geniessen und meinen Akku laden für
eine ganze Woche.
Mir gefällt die gute Stimmung an so einer Schlagernacht, ich schunkle und
singe gerne mit. Man kennt ja die deutschen Texte und die Melodien. Viele
Schlager waren schon Hits in unserer
Jugendzeit. Ich höre im Alltag gerne
Schlagermusik. Wir sind im Partnerlook hier, ich trage gerne ein Dirndl,
mein Ehemann ein Trachtenhemd.