Seite 24 | Letzte Seite Winterthurer Zeitung | Mittwoch, 9. Januar 2013 Zwei Trommeln wollen nach Portugal Was ich noch zu sagen hätte ... WINTERTHUR: Trommelbauer Rolf Bachmann hat einen Traum Nur noch läppisch! «Schamanismus ist der Respekt gegenüber der Natur, der Schöpfung und dem Leben, dem Lebendigem und den natürlichen Kreisläufen und natürlich die Kommunikation zu all diesen Phänomenen», sagt Rolf Bachmann. Dieser Respekt leitet ihn auch beim Bau seiner Trommeln. Zwei besonders grosse und wertvolle Trommeln sollen nun einem Gemeinschaftsprojekt in Portugal gespendet werden. kra. – Seit rund 20 Jahren baut Rolf Bachmann Trommeln − rund 1500 Stück sind es bis jetzt geworden. Meist sind des Handtrommeln mit Durchmessern von 40 bis 70 cm. Gelegentlich sind es aber auch grössere, sogenannte «Donnertrommeln». Inzwischen ist sein Ruf als Trommelbauer (bzw. der Klang seiner Trommeln) so legendär, dass Menschen aus ganz Europa in sein Atelier kommen, um sich eine Trommel auszusuchen. Ein Teil der Philosophie von Rolf Bachmann ist es, keine Trommeln auf Vorbestellung zu bauen. Er bekommt die Felle von einem befreundeten Fellhändler in der Ostschweiz, der aus seinen Eingängen die besten Stücke für ihn aussortiert. Nach seinem Gefühl und seiner Erfahrung entscheidet Rolf Bachmann dann, welches Holz zu einem einzelnen Fell passt und wie gross die Trommel aus einem bestimmten Fell idealerweise sein kann. Seine KundInnen können dann aus einer Reihe bis ins letzte Detail fertiger Trommeln diejenige auswählen, deren Klang sie ganz besonders berührt. Bachmann verwendet Felle von Hirschen, Rehen, Steinböcken, Gämsen und Ziegen. Für die Holzringe, über die die Felle gespannt werden, kommen Buche, Ahorn, Esche, Eiche, Ulme, Nussbaum und Kastanie zur Verarbeitung. Er lässt diese Ringe von einem Wagner nach seinen Anweisungen herstellen. «Der Hauptunterschied zwischen konventionellen Konzerttrommeln und Schamanentrommeln besteht in der Behandlung der Trommelfelle», erklärt er. Während für Konzerttrommeln nur die Mittelschicht der Haut (Pergamentschicht) verwendet wird, belässt er die Felle weitestgehend im Naturzustand. Die Unterhaut bleibt dran, ebenso das Fell, das nicht entfernt, sondern nur kurz geschoren wird. «Die Trommeln bekommen damit einen Klang, Bild: kra. Trommelbauer Rolf Bachmann in seinem Atelier in Winterthur-Hegi. der SpielerInnen und ZuhörerInnen ganz archaisch mit den Kräften der Natur verbindet», erklärt Bachmann. Sehr oft werden seine Trommeln denn auch von KlangtherapeutInnen eingesetzt. Zwei ganz besonders wertvolle Stücke Vor einiger Zeit kam Bachmann in den Besitz von zwei sehr grossen und besonders schönen Hirschfellen. «Das eine stammt von einer Hirschkuh, das andere von einem Hirschstier. Beide waren 22 Jahre alt, das ist für Hirsche ein biblisches Alter, das in der freien Wildbahn kaum je erreicht wird.» Die beiden Tiere hatten in einem Park gelebt. Für Rolf Bachmann war sofort klar: «Damit muss etwas ganz besonderes geschehen.» Er baute zwei riesige Trommeln, die eine mit einem Durchmesser von 140, die andere von 155 Zentimetern sowie die zugehörigen Gestelle. Dies ermöglicht, dass auf beiden Trommeln je 13 TrommlerInnen gleichzeitig spielen können. «Die Trommeln sind sehr geeignet, um in einer Gruppe ‹Vielfalt in der Einheit› hörbar zu machen und das harmonische Zusammenwirken der Gruppe ganz praktisch zu erleben», erklärt er. Zu diesem beiden ganz besonderen Trommeln hat er aber auch eine spezielle Vision: Sie sollen an einem Ort «leben» und ihre Wirkung entfalten, an dem «das Weibliche und das Männliche bewusst gelebt wird und der Friede zwischen den Geschlechtern und die Liebe im Fokus einer Gemeinschaft steht». Bei der Suche nach einem solchen Ort ist er auf Tamera (Portugal) gestossen. Dort leben etwa 180 Erwach- sene (einschliesslich StudentInnen) und 20 Kinder in einer Gemeinschaft. Es gibt keine religiösen oder ideologischen Verpflichtungen, aber es gibt eine gemeinsame Richtung, die den spirituellen Charakter von Tamera prägt. Diese umfasst den Wunsch, eine neue Erde aufzubauen, die Liebe zu grossen Gedanken, den Respekt vor dem Leben und die Solidarität mit allen Wesen sowie die Freundschaft zu Tieren. Rolf Bachmann ist überzeugt, dass diese Gemeinschaft die neue Heimat seiner beiden grössten «Donnertrommeln» werden soll. Unterstützung gesucht Natürlich ist die Verwirklichung des Traumes mit Kosten verbunden − Kosten, die Rolf Bachmann alleine nicht zu tragen vermag. Die Gemeinschaft von Tamera ihrerseits ist neben den namhaften Leistungen der Gemeinschaftsmitglieder auf Spendengelder angewiesen, um ihr anspruchsvolles Forschungsprogramm zu finanzieren (siehe dazu www.tamera.org) und verwendet diese Gelder strikte und ausnahmslos zu dem Zweck, für den sie gespendet worden sind. «Das ist auch richtig so», findet Bachmann und hat sich nun aufgemacht, selber finanzielle Mittel zu suchen, um seine Vision zu verwirklichen. Auf www.schamanentrommeln.ch kann man unter dem Button «Aktuell» spenden. Insgesamt werden einige Tausend Franken benötigt, aber es sind selbstverständlich auch kleine Beiträge sehr herzlich willkommen. Die SpenderInnen werden auf der Homepage erwähnt. www.schamanentrommeln.ch www.tamera.org Dass die Menschen sich freuen, wenn ein neues Jahr beginnt, ist verständlich, dass man sich gegenseitig «es guets Nöis» wünscht, ist ein schöner Brauch. Weniger gut abfinden kann ich mich mit den neuen Sitten (oder exakter Unsitten), die sich zum Jahreswechsel eingeschlichen haben. Horchte man noch vor nicht allzu vielen Jahren andächtig dem Mitternachts-Glockenschlag und dem Einläuten des neuen Jahres vom Kirchturm her, wähnt man sich heutzutage eher in einem Artilleriegefecht, wenn sich das alte und das neue Jahr berühren. Bei Vielem kann man sagen, es soll es jeder so machen, wie er es für gut befindet. Beim Jahreswechsel ist diese Freiheit nicht zu haben − sie wird erschlagen von Feuerwerksgekrache. Dass die persönliche Freiheit (beispielsweise zum Abbrennen von Feuerwerk) dort endet,wo die Freiheit des Anderen beginnt (jenes, der den Jahreswechsel andächtig begehen möchte), geht den Ausübern des modernen «Geldvernichtungsbrauchs» am A... vorbei. Es ist manchmal schon ziemlich gro- tesk, wie unbewusst und sogar im Widerspruch zur eigenen Einsicht sich Menschen benehmen können. Da wird das Ganze Jahr über von Nachhaltigkeit, von Rücksicht auf die Umwelt, von Mitmenschlichkeit und anderen hehren Verhaltensweisen geschwafelt. Um dann zum Jahreswechsel das zu veranstalten, was man als das Gegenteil von Nachhaltigkeit bezeichnen könnte: Ein Gag, der in Sekundenbruchteilen verpufft, tonnenweise Abfall produziert, tausende von Hunden und Katzen erschrickt und ausser ein paar ziemlich unreflektierten «Ahs» und «Ohs» nichts zustande bringt. Wenn es dabei nur darum ginge, einfach seiner Freude Ausdruck zu geben, könnte man sich damit ja noch abfinden. Doch das Ganze hat unübersehbare Züge von «Wettrüsten» angenommen. Lauter, heller, länger und teurer als das des Nachbarn muss das eigene Feuerwerk sein. Und das ist dann wirklich nur noch läppisch. Oder sind wir schon so weit, dass man sagen muss «menschlich»? Fredy Kradolfer Die Minder-Initiative hält nicht, was sie verspricht. Sie verbietet überrissene Löhne und Boni nicht. www.genau-hinschauen.ch
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