Was ist Indologie? Die Indologie behandelt in Forschung und Lehre die Geschichte und Kultur des indischen Subkontinents (heute: Indische Union, Pakistan, Bangla-Desh, Nepal, Bhutan, Sikkim, SriLanka). Es handelt sich um einen geographischen Raum, der als eine der schöpferischsten Kulturregionen der Erde gelten muss. Den verschiedenen Sprachen und Aspekten der indischen Kultur entsprechend ergeben sich sachlich und methodisch bedingte Spezialisierungen und Schwerpunkte. Diese müssen jeweils einer langen historischen Entwicklung Rechnung tragen. Indem die Indologie die Wurzeln heutiger Denk- und Verhaltensweisen in Traditionen sichtbar macht, die teilweise weit in die Vergangenheit zurückreichen, vermag sie auch wesentlich zum Verständnis der politischen und gesellschaftlichen Situation im unabhängigen Indien (seit 1947) und zur Beurteilung der heutigen Wandlungsprozesse beizutragen. Den wichtigsten Zugang zu den historischen und kulturellen Quellen Indiens bieten die Sprachen, welche die Grundlage des Studiums der Indologie bilden. Allein in Indien werden 18 bedeutende Literatursprachen gesprochen. Der enge Zusammenhang zwischen Sprach- und Denkstrukturen und der große Formenreichtum machen die wissenschaftliche Beschäftigung mit indischen Sprachen zu einem wichtigen Bestandteil indologischer Forschung. Folgende Spezialgebiete werden bei der indologischen Ausbildung in Tübingen schwerpunktmäßig berücksichtigt: 1. Religion und Philosophie Vedische Religion, Buddhismus, Jainismus, Hindu-Religionen, Volkskulte; die sechs philosophischen Systeme 2. Geschichte und Recht Politische Geschichte, Sozialgeschichte, Dharmasastra 3. Literatur und Kunst Anonyme Literatur (Epen, Puranas, Agamas und Tantras), Dramen, Kunstromane, Erzählungsliteratur, wissenschaftliche Traktate, Kommentarliteratur, religiöse und weltliche Lyrik, moderne Literatur; Kunstgeschichte und Ikonographie. Art der Fachvertretung in Tübingen Das Fach Indologie ist in Tübingen z. Zt. durch einen Ordinarius, eine wissenschaftliche Assistentin und einen Lektor vertreten. Bedingt durch die gegebene institutionelle Verbindung der Indologie mit der vergleichenden Religionswissenschaft und durch persönliche Spezialisierungen liegt der Schwerpunkt an dieser Universität auf den Gebieten der indischen Religionen, der indischen Philosophie, der Literatur, der Geschichte und der Kunst- und Kulturgeschichte. In der Feldforschung werden auch mündliche Traditionen berücksichtigt und religiöse Praktiken und Feste der Volkskulte dokumentiert. Wichtigste Literatursprache ist das Sanskrit. Pali und Prakrit sind für die heiligen Schriften des Buddhismus und Jainismus erforderlich. Von den neuindischen Sprachen wird besonderes Gewicht auf Hindi gelegt. Bengali und Tamil können durch Lehraufträge vermittelt werden. Studienabschnitte Das Studium gliedert sich in ein Grundstudium (Abschluss durch Zwischenprüfung) und ein Hauptstudium (Abschluss als M.A. durch Magisterprüfung im 9. Semester) ein. Ein Aufbaustudium (Abschluss als Dr. phil. durch Promotion) bringt nicht nur eine weitere, besonders betreute Spezialisierung mit sich, sondern auch Erfahrungen in der Lehre durch Übernahme von Tutorien und anderen Hilfestellungen für jüngere Studenten. Fächerkombination Die Indologie steht sachlich und methodisch in enger Verbindung mit einer großen Zahl anderer Disziplinen, denen sie Material und Informationen aus dem südasiatischen Raum vermittelt. Sie trägt damit zur Entwicklung und Erweiterung dieser Wissenschaften bei und empfängt ihrerseits Anregungen methodischer Art. Auf diese Weise steht sie im Austausch mit der Geschichte, der Vergleichenden Sprachwissenschaft, Linguistik und Literaturwissenschaft, mit der Philosophie, Religionswissenschaft und Soziologie, mit Kunstgeschichte und Archäologie, mit Rechtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft, sogar mit Naturwissenschaften wie Medizin, Geographie usw. In Tübingen kann die Indologie sowohl als Haupt als auch als Nebenfach studiert werden. Sprachkenntnisse Kenntnisse der englischen Sprache sind Voraussetzung oder müssen gegebenenfalls während des Studiums erworben werden. Das Latinum ist erwünscht, aber keine Studienvoraussetzung. Berufsbilder Aus der generellen bildungspolitischen Situation, in der außereuropäische Kulturen noch nicht voll in das schulische Allgemeinwissen integriert werden, ergibt sich, dass die indologische Ausbildung vor allem der Vorbereitung weniger Studenten auf eine wissenschaftliche Laufbahn dient, in der sie die Indologie in Lehre und Forschung vertreten können. Auch an den großen Bibliotheken und Museen werden Indologen für die entsprechenden Spezialabteilungen gebraucht. Darüber hinaus kann der Indologie aber kein spezifisches Berufsbild zugeordnet werden. Angesichts der methodisch und sachlich weit gefächerten Ausbildung lässt sich das Studium der Indologie jedoch mit einer Vielzahl anderer Fächer sinnvoll kombinieren und partizipiert von daher an den Berufsbildern etwa des Historikers, Kunsthistorikers, Religionswissenschaftlers, Theologen, Völkerkundlers, Medizinhistorikers und anderer akademischer Disziplinen. Durch die Vermittlung einer gründlichen Regionalkenntnis kann es außerdem als Grundlage für Tätigkeiten im Bereich des Journalismus, der Medien und der Diplomatie (Auswärtiger Dienst) dienen.
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