Allgemeiner Überblick Indien – im speziellen die Region Tamil Nadu Indien ist ein Staat in Südasien, der den größten Teil des indischen Subkontinents umfasst. Indien ist eine Bundesrepublik, die von 29 Bundesstaaten gebildet wird und außerdem sieben bundesunmittelbare Gebiete umfasst. Der Himalaya bildet die natürliche Nordgrenze Indiens, im Süden umschließt der Indische Ozean das Staatsgebiet. Indien grenzt an Pakistan, das chinesische Autonome Gebiet Tibet, Nepal, Bhutan, Myanmar (Birma) und Bangladesch. Weitere Nachbarstaaten im Indischen Ozean sind Sri Lanka und die Malediven. Indien ist ein multiethnischer Staat und mit über 1,2 Milliarden Einwohnern (2013) nach der Volksrepublik China das bevölkerungsreichste Land der Erde. Indien gilt, gemessen an der Einwohnerzahl, als größte Demokratie der Welt. Hinsichtlich der Landesfläche gehört es zu den zehn größten Ländern. 1 Tamil Nadu Tamil Nadu ist ein Bundesstaat Indiens. Er liegt im südlichsten Teil des Subkontinents und hat rund 72 Millionen Einwohner (Volkszählung 2011) auf einer Fläche von 130.058 Quadratkilometern. Damit ist er gemessen an der Einwohnerzahl der siebtgrößte, der Fläche nach der zehntgrößte Bundesstaat Indiens. Die Hauptstadt Tamil Nadus ist Chennai (Madras). Die Hauptsprache Tamil Nadus ist das Tamil, nach dessen Sprachgrenzen der Bundesstaat 1956 gebildet wurde. Zunächst trug der Bundesstaat den Namen Madras, erst 1969 erhielt er seinen heutigen Namen Tamil Nadu, der als „tamilisches Land“ oder als „Land der tamilischen Sprache“ übersetzt werden kann. Tamil Nadu besitzt ein reiches eigenständiges Kulturerbe, das sich in der über 2000 Jahre zurückreichenden Literaturgeschichte des Tamil und der Architektur der großen Tempelanlagen des Bundesstaates äußert. Geografie Lage und Ausdehnung Tamil Nadu ist der südlichste Bundesstaat Indiens. Er nimmt den südlichen Zipfel der indischen Halbinsel ohne den Küstenstreifen im Westen ein. Mit einer Fläche von 130.058 Quadratkilometern ist Tamil Nadu Indiens zehntgrößter Bundesstaat und etwa so groß wie Griechenland. Nachbarbundesstaaten sind Kerala im Westen, Karnataka im Nordwesten und Andhra Pradesh im Norden. An der Ostküste schließt Tamil Nadu die beiden zum Unionsterritoriums Puducherry gehörigen Enklaven Puducherry (Pondicherry) und Karaikal ein. Im Osten und Süden grenzt der Bundesstaat an den Indischen Ozean, beziehungsweise dessen Nebenmeere, den Golf von Bengalen im Osten und den Golf von Mannar im Südosten. Die Palkstraße trennt Tamil Nadu vom südöstlich gelegenen Inselstaat Sri Lanka. Die Küste ist 1076 Kilometer lang. Tamil Nadus südlichster Punkt, das Kap Komorin, ist zugleich der südlichste Punkt des indischen Festlandes. Landschaftsgliederung Tamil Nadu lässt sich grob in zwei Naturräume einteilen. Im Westen und Nordwesten bestimmen Bergund Hügelländer das Landschaftsbild. Entlang der Westgrenze mit Kerala erheben sich die Kardamomberge, ein südlicher Ausläufer der Westghats. Sie fallen besonders im äußersten Süden schroff ab. Ein weiterer Ausläufer, die Palani-Berge, ragt in die östlich vorgelagerte Tiefebene hinein. Auch die durch das Palghat-Tal und das Coimbatore-Plateau abgetrennten Nilgiriberge im äußersten Nordwesten sind eine Nebenkette der Westghats. Der höchste Gipfel der zerklüfteten Nilgiriberge, der 2636 Meter hohe Doddabetta, ist zugleich die höchste Erhebung Tamil Nadus. Im Norden gehen die Nilgiriberge in die Javadi- und die höheren, bis auf 1500 Meter reichenden Shevaroy-Berge, beide Nebenketten der Ostghats, über. Östlich des Berglandes erstreckt sich eine breite Ebene, die von mehreren Strömen durchflossen wird. Im Süden teilen die Palani-Berge das Tiefland in die Ebene von Madurai und die in West-Ost-Richtung verlaufende Kaveriebene im mittleren Teil Tamil Nadus. Der Küstenstreifen nördlich des Mündungsdeltas des Kaveri heißt Koromandelküste. Das Hinterland der Koromandelküste wird durch die Ebene von Arcot geprägt. Gewässer Die Küstenebene Tamil Nadus wird von den Strömen Palar, Ponnaiyar, Kaveri, Valgai und Tamirabarani durchflossen, die allesamt in den niederschlagsreichen Ost- oder Westghats entspringen und daher 2 ganzjährig Wasser führen. Daneben gibt es eine Vielzahl kleinerer, zum Teil aber nur periodischer Flüsse. Tamil Nadu ist arm an natürlichen größeren Seen. Zu Energiegewinnungs- und Bewässerungszwecken sind an wasserreichen Flüssen allerdings mehrere große Stauseen angelegt worden. In vielen Trockengebieten bestehen so genannte tanks, künstlich angelegte Wassersammelbecken, die als Trinkwasservorräte oder für den Bewässerungsfeldbau genutzt werden. Insgesamt gibt es knapp 39.000 solcher tanks in Tamil Nadu. Klima Das Klima Tamil Nadus ist tropisch. Die Temperatur schwankt im Jahresverlauf nur geringfügig und liegt im Jahresdurchschnitt um 29 Grad Celsius im Tiefland, wo das Thermometer selten unter 20 Grad fällt, in den heißesten Monaten der Trockenzeit aber auf über 40 Grad klettern kann. In den Höhenlagen erreichen die Temperaturen 13 bis 24 Grad im Sommer und 3 bis 20 Grad im Winter. Die Niederschlagsverhältnisse werden maßgeblich vom Monsun beeinflusst. Im Gegensatz zum größten Teil Indiens ist die Hauptniederschlagszeit in Tamil Nadu der Wintermonsun zwischen September und Dezember. Auch während des Sommermonsuns von Juli bis September kommt es zu Regenfällen, doch bleibt die Niederschlagsmenge geringer, weil Tamil Nadu durch die Westghats vor den südwestlichen Winden abgeschirmt wird. Im Bergland sowie im äußersten Süden kommt es auch während dieser Zeit zu ergiebigen Regenfällen. Während der Trockenzeit zwischen Januar und Juni regnet es kaum. Für die Ebenen sind jährliche Regenmengen von 900 bis 1200 mm normal. Die niedrigsten Jahresniederschlagsmengen werden mit 700 bis 850 mm in der im Regenschatten der Westghats gelegenen Tiefebene von Madurai sowie um Coimbatore verzeichnet. Allgemein ist das Klima Tamil Nadus trockener als das des westlichen Nachbarbundesstaates Kerala, da die Westghats, wo bis zu 4000 mm Jahresniederschlag fallen, als Wetterscheide wirken. Die Luftfeuchtigkeit ist jedoch ganzjährig hoch. Vegetation Rund 18 Prozent der Fläche Tamil Nadus sind bewaldet. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte in den Tiefländern finden sich größere, zusammenhängende Waldgebiete jedoch fast nur noch im Bergland. In den Lagen über 1500 Meter der Nilgiri-, Palani- und Kardamomberge erstrecken sich immergrüne tropische Regenlaubwälder mit der für solche Wälder typischen Stufengliederung. Die oberste Stufe kennzeichnen hohe, schlanke Bäume, die teils mehr als 40 Meter hoch aufragen. Darunter gedeihen niedrigere Bäume, am Boden schließlich Sträucher und krautige Pflanzen. In den niedrigeren Lagen herrschen Mischlandschaften aus Grasland und – je nach Niederschlagsmenge – immergrünem oder laubabwerfendem Feuchtwald vor. Für die Übergänge in die Tiefebenen sind laubabwerfende Trockenwälder kennzeichnend. Im Tiefland dominieren savannenartige Grasländer, die größtenteils in Acker- und Kulturland umgewandelt wurden. Reste der ursprünglichen Trockenwaldvegetation finden sich nur vereinzelt an Flussläufen und in unebenem Gelände. Immergrüne Trockenwälder waren einst die kennzeichnende Vegetationsform für einen schmalen Streifen entlang der Koromandelküste. Heute sind sie bis auf verstreute Haine, die weniger als ein Prozent der ursprünglichen Waldfläche ausmachen, zerstört oder zumindest stark degradiert. In den Lagunen im Mündungsdelta des Kaveri, am Golf von Mannar sowie zwischen Ennur und Pulicat nördlich von Chennai gibt es noch Mangroven, die jedoch durch Eingriffe des Menschen immer weiter zurückgedrängt und in ihrer Artenvielfalt eingeschränkt werden. Tierwelt Tamil Nadu verfügt über eine reiche Tierwelt, die allerdings durch die starke Zersiedelung und die damit verbundene Zerstörung natürlicher Lebensräume bedroht ist. Die teils noch dicht bewaldeten 3 Bergregionen im Westen und Norden sind Rückzugsgebiete für Asiatische Elefanten und Großkatzen wie Königstiger und Leoparden. Andere Säugetiere umfassen unter anderem Hirsche (z. B. Sambar, Axishirsch, Muntjak), Gaure, Wildschweine, Streifenhyänen, Goldschakale, Rothunde, Lippenbären, Schuppentiere, Languren, Hutaffen sowie zahlreiche Nagetier- und Fledermausarten. Insgesamt kommen mehr als 100 verschiedene Säugetierarten in Tamil Nadu vor. Mit rund 280 erfassten Spezies weitaus artenreicher sind Vögel, darunter Drongos, Bülbüls, Tauben, Pirole, Pfauen. An der Küste und in Feuchtgebieten findet man unzählige Wasservögel, beispielsweise Flamingos. Verbreitet sind auch Kriechtiere mit über 140 Arten, unter denen Schlangen und kleinere Echsen vorherrschen. Zwei Krokodilarten kommen vor: das Süßwasser bewohnende Sumpfkrokodil sowie das seltenere, an der Küste beheimatete Leistenkrokodil. Auch die Küstengewässer Tamil Nadus weisen eine große Vielfalt an Meeresbewohnern auf. Die Korallenriffe im Golf von Mannar zählen zu den artenreichsten unterseeischen Lebensräumen im Indischen Ozean. Zum Schutz dieser einzigartigen, durch kommerziellen Fischfang, Verschmutzung, Aquakulturen und Perlentaucher jedoch bedrohten Meereslandschaft wurde 1980 der Gulf of Mannar Marine National Park als erster Unterwassernationalpark Indiens eingerichtet. Städte Die mit Abstand größte Stadt Tamil Nadus ist die Hauptstadt Chennai (Madras). An der Küste im äußersten Nordosten des Bundesstaates gelegen, hat Chennai 4,7 Millionen Einwohner in der eigentlichen Stadt und 8,7 Millionen in der Agglomeration. Damit ist Chennai die sechstgrößte Stadt Indiens und Zentrum des viertgrößten Ballungsraums des Landes. Außer Chennai überschreiten noch die Industriestadt Coimbatore im Westen Tamil Nadus und das im Süden gelegene Madurai, das auf eine reiche über zweitausendjährige Geschichte zurückblicken kann, die Eine-Million-Einwohner-Marke. Weitere wichtige Städte sind Tiruchirappalli (Trichy) im Zentrum des Bundesstaates und Salem im nördlichen Binnenland. Bevölkerung Demografie Laut der indischen Volkszählung 2011 beträgt die Einwohnerzahl Tamil Nadus 72.138.958. Damit ist Tamil Nadu gemessen an der Einwohnerzahl Indiens sechstgrößter Bundesstaat. Die Bevölkerungsdichte liegt mit 555 Einwohnern pro Quadratkilometer über dem gesamtindischen Durchschnitt (382 Einwohner pro Quadratkilometer). 48,5 Prozent der Einwohner leben in Städten. Damit weist der Staat eine der höchsten Verstädterungsraten Indiens auf. Die Bevölkerung Tamil Nadus wächst etwas langsamer als in anderen Landesteilen Indiens. Von 2001 bis 2011 verzeichnete Tamil Nadu ein Bevölkerungswachstum von 15,6 Prozent, während der Landesdurchschnitt 17,6 Prozent beträgt. Die Bevölkerung wird vorwiegend von Tamilen gebildet. Vor allem im Großraum Chennai leben viele Zuwanderer aus anderen indischen Bundesstaaten. Etwa ein Prozent der Bevölkerung gehört den Adivasi an, der indigenen Stammesbevölkerung, die vor allem im Norden Tamil Nadus und in den Nilgiribergen lebt. Sprachen Die Hauptsprache Tamil Nadus und alleinige Amtssprache des Bundesstaates ist das von rund 90 Prozent der Bevölkerung gesprochene Tamil, nach dessen Sprachgrenzen der Bundesstaat 1956 gebildet wurde. Das Tamil gehört zur dravidischen Sprachfamilie und kann auf eine mindestens 2000jährige Literaturgeschichte zurückblicken. Die größte der Minderheitensprachen ist das Telugu, 4 dessen Sprecher knapp 6 % der Gesamtbevölkerung Tamil Nadus ausmachen. Es wird an vielen Orten von alteingesessenen telugusprachigen Gemeinschaften, daneben von Teilen der Bevölkerung in der Grenzregion zum Nachbarbundesstaat Andhra Pradesh gesprochen. Auch in den Grenzgebieten zu Karnataka und Kerala sind teilweise Kannada und Malayalam, die Sprachen der jeweiligen Bundesstaaten, verbreitet. Ein Teil der muslimischen Minderheit vor allem im Norden Tamil Nadus spricht Urdu, die meisten Muslime sind aber tamilsprachig. Von der Stammesbevölkerung in den Bergregionen des Nordwestens und Nordens werden verschiedene kleinere Minderheitensprachen gesprochen. Englisch hat, wie auch in anderen Regionen Indiens, einen besonderen Status als Bildungs- und Wirtschaftssprache. Religionen Hindus stellen mit 88,1 Prozent (Volkszählung 2001) die deutliche Mehrheit der Bevölkerung. Der hinduistische Bevölkerungsanteil in Tamil Nadu liegt damit über dem Landesdurchschnitt (80,5 Prozent). Der Shivaismus ist die am weitesten verbreitete hinduistische Glaubensströmung. Der Hinduismus in Tamil Nadu weist einige regionale Charakteristika auf, so gehört der Gott Murugan (Skanda), der in Nordindien praktisch keine Rolle spielt, unter den Tamilen zu den populärsten Gottheiten. Auf die verschiedenen christlichen Konfessionen entfallen 6,1 Prozent. In absoluten Zahlen beherbergt Tamil Nadu mit 3,8 Millionen Christen nach Kerala die zweitgrößte christliche Population aller indischen Bundesstaaten. Das Christentum soll bereits von Apostel Thomas, der angeblich um 70 n. Chr. auf dem St. Thomas Mount bei Chennai starb, nach Südindien gebracht worden sein. Die größte christliche Konfession in Tamil Nadu ist die römisch-katholische Kirche, gefolgt von der anglikanischen Church of South India. Einen besonders hohen Bevölkerungsanteil stellen die Christen im südlichsten Distrikt Kanyakumari. Mit der Marienbasilika von Velankanni befindet sich der wichtigste christliche Wallfahrtsort Indiens in Tamil Nadu. Der Islam fand in Tamil Nadu nie eine so große Verbreitung wie in weiten Teilen Nordindiens. Heute sind 5,6 Prozent der Einwohner des Bundesstaates Muslime, zum größten Teil Sunniten. Der Islam wurde schon im 9. Jahrhundert durch arabische Händler ins Land gebracht und entwickelte daher eine Ausprägung, die sich teilweise deutlich vom nordindischen Islam unterscheidet. Eines der wichtigsten Zentren islamischer Gelehrsamkeit in Tamil Nadu ist der Ort Kilakkarai ungefähr 15 Kilometer südlich von Ramanathapuram. Hier bestehen zwei islamische Hochschulen. Soziales und Bildung Im Vergleich zu anderen Regionen Indiens ist Tamil Nadu verhältnismäßig wohlhabend. Krasse Armut ist daher nicht ganz so häufig anzutreffen wie etwa in Nordindien. Das Pro-Kopf-Einkommen lag 2006/07 bei 32.733 Rupien und damit etwas über dem Landesdurchschnitt von 29.642 Rupien. 2001 wurde für Tamil Nadu ein Human Development Index von 0,657 gegenüber einem Wert von 0,571 für ganz Indien ermittelt. Auch Gesundheitsindikatoren wie die Lebenserwartung von 64,6 Jahren (Männer: 63,7 Jahre, Frauen: 65,7 Jahre) gegenüber 61,7 Jahren im Landesdurchschnitt (Männer: 60,8 Jahre, Frauen: 62,5 Jahre; Stand jeweils 1999) und die Säuglingssterblichkeit von 41 auf 1000 Lebendgeburten gegenüber 60 im Landesdurchschnitt (Stand jeweils 2003) weisen auf Tamil Nadus relative Bessergestelltheit innerhalb Indiens hin. Dennoch bestehen auch in Tamil Nadu weiterhin gravierende soziale Probleme und Ungleichheiten. So sind die außerhalb des Kastensystems stehenden Dalit, die in Tamil Nadu einen überproportional hohen Bevölkerungsanteil von etwa einem Fünftel haben, nach wie vor gesellschaftlicher Ausgrenzung und wirtschaftlicher Benachteiligung ausgesetzt. Viele von ihnen müssen sich ihren Lebensunterhalt als Tagelöhner in der Landwirtschaft verdienen. Kinderarbeit ist noch immer ein weitverbreitetes Problem; auffällig ist dabei der hohe Anteil von Mädchen – ein Indiz für das geringere Ansehen von Mädchen und 5 Frauen in der Gesellschaft. Fast die Hälfte aller Kinder ist unterernährt. Hohe Arbeitslosigkeit stellt vor allem in den Städten eine große Herausforderung dar. Bildung Tamil Nadu weist im Vergleich zu anderen Teilen Indiens gute Bildungsindikatoren auf. Die Alphabetisierungsrate liegt mit 80,3 Prozent (Männer: 86,8 Prozent, Frauen: 73,9 Prozent) deutlich über dem gesamtindischen Durchschnitt von 74,0 Prozent (Männer: 82,1 Prozent, Frauen: 65,5 Prozent; Stand: jeweils Volkszählung 2011). Es besteht Schulpflicht ab einem Alter von 6 Jahren. Tatsächlich werden 98,3 Prozent aller Kinder Tamil Nadus eingeschult, wobei sich die Einschulungsraten von Jungen und Mädchen kaum unterscheiden. Im Gegensatz dazu besuchen nur 42,8 Prozent aller Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren eine höhere Schule. Insgesamt verfügt der Staat über knapp 50.000 Grund- und weiterführende Schulen, in denen Tamil als erste Unterrichtssprache dient. An Hochschulen wird dagegen ein großer Teil der Lehrveranstaltungen in englischer Sprache durchgeführt. In Tamil Nadu gibt es 21 Universitäten. Darüber hinaus existieren hunderte von privaten und staatlichen Colleges für Fach-, Berufs- und Allgemeinbildung. Das Indian Institute of Technology (IIT) in der Hauptstadt Chennai ist eine von nur sieben Einrichtungen dieser Art in Indien. Es zählt zu den Elitehochschulen im Bereich Technologie und Ingenieurwesen. Geschichte Frühgeschichte Die Gegend des heutigen Tamil Nadu wurde vermutlich vor rund 300.000 Jahren erstmals besiedelt. Archäologische Funde bestätigen, dass schon um 1200 v. Chr. eine hoch entwickelte Gesellschaft existierte. Die brahmanische Kultur Nordindiens breitete sich schon in vorchristlicher Zeit auch in den Süden des Subkontinents und damit ins heutige Tamil Nadu aus. Dessen frühgeschichtliche Entwicklung konzentrierte sich vor allem auf die Küstenebene. Enge Handelsbeziehungen mit dem Römischen Reich bestanden bereits zur Zeit des Kaisers Augustus, wie zahlreiche Münzfunde sowie die Existenz einer römischen Handelsniederlassung in Arikamedu südlich von Puducherry beweisen. Mit zunehmendem Niedergangs Roms im 3. und 4. nachchristlichen Jahrhundert nahm Südostasien dessen Bedeutung als Handelspartner ein. Von der tamilischen Koromandelküste aus wurden im Mittelalter große Teile Südostasiens kolonialisiert. Pallava (6. bis 9. Jahrhundert) Am Ende des 6. Jahrhunderts besiegten die aus Andhra kommenden Pallava, vermutlich frühere Vasallen der Shatavahana, die Kalabhra und stiegen zur beherrschenden Macht in Tamil Nadu auf. Zu ihrer Hauptstadt machten sie Kanchipuram. Unter den Pallava war in Tamil Nadu erstmals ein starkes Regionalreich entstanden, das auch herausragende Beiträge zur kulturellen Entwicklung leistete. Die Pallava-Hauptstadt Kanchipuram wurde zu einem der bedeutendsten kulturellen Zentren Südindiens. Obwohl die Pallava dem Hinduismus anhingen, trat es auch als wichtige buddhistische Lehrstätte in Erscheinung. Die Universität von Kanchipuram wurde zur wichtigen Wirkungsstätte großer Tamil- und Sanskritgelehrter und zahlreicher bildender Künstler. Aus der Pallava-Epoche stammen auch die Felsentempel von Mamallapuram, Vorreiter der hinduistischen Tempelarchitektur Südindiens, aber auch Südostasiens. Chola und Pandya (9. bis 14. Jahrhundert) Nachfolger der Pallava wurden die Chola, die bis Mitte des 9. Jahrhunderts als Vasallen gedient hatten. Um 850 erlangten sie ihre Unabhängigkeit zurück und machten Thanjavur im Kaveridelta zur Hauptstadt. Nach dem Untergang des zentralindischen Rashtrakuta-Reiches schwangen sich die Chola 6 im 11. Jahrhundert zur mächtigsten Dynastie Südindiens auf. Besonders hervorzuheben sind die Könige Rajaraja I. (reg. 985 bis 1014) und Rajendra I. (reg. 1014 bis 1044, als Mitregent schon ab 1012), welche nicht nur als Eroberer, sondern auch als Förderer der Künste und Wissenschaften großen Ruhm erlangten. Außerdem etablierte er das Chola-Reich als Seemacht und drang über den Golf von Bengalen bis ins südostasiatische Srivijaya-Reich (Sumatra, Malaya, Java) vor. Kein anderes südindisches Herrscherhaus vor oder nach den Chola vermochte seine Macht auf ein derart weitläufiges Gebiet auszudehnen. Die Zeit der Chola-Könige Rajaraja I. und Rajendra I. gilt daher als Hochzeit Südindiens und somit auch Tamil Nadus. Muslimische Herrschaft, Vijayanagar und Kleinstaaten (14. bis 18. Jahrhundert) 1311 überfielen muslimische Truppen aus dem nordindischen Sultanat von Delhi unter dem Kommando des Generals Malik Kafur die Pandya-Hauptstadt Madurai, eroberten und plünderten sie. Erstmals stand Tamil Nadu unter muslimischer Herrschaft. Das 1334 aus einer Provinz des Delhi-Sultanats hervorgegangene Sultanat von Madurai, der südlichste muslimische Staat auf indischem Boden, war jedoch nur kurzlebig. Schon 1370 fiel der Sultan im Kampf gegen das hinduistische Vijayanagar-Reich. Das Kernland Vijayanagars lag im Süden des heutigen Karnataka. Nach dem Sieg über den MaduraiSultan umfasste es fast ganz Südindien einschließlich Tamil Nadu. Schon nach wenigen Jahren musste er sich jedoch wieder zurückziehen. Schwache Herrscher leiteten im 15. Jahrhundert den Niedergang Vijayanagars ein. Als sich seine Erzfeinde, die aus dem Bahmanidenreich hervorgegangenen DekkanSultanate, zusammenschlossen und Vijayanagar 1565 in der Schlacht von Talikota vernichtend schlugen, zerfiel das Reich innerhalb kürzester Zeit in mehrere Einzelreiche. Nach dem Zerfall Vijayanagars füllten die Militärstatthalter seiner Distrikte, die sogenannten Nayaks, das entstandene Machtvakuum in Tamil Nadu, und machten sich selbstständig. Die mächtigsten von ihnen waren die Nayaks von Madurai und Thanjavur. Trotz ihrer relativen politischen und militärischen Bedeutungslosigkeit erlebten diese Reiche ein Aufblühen der spätdravidischen Kunst. Im 17. Jahrhundert begannen Kriegszüge verschiedener indischer Großreiche gegen die Kleinstaaten Tamil Nadus. Vordringen der Europäer und Kolonialherrschaft (17. Jahrhundert bis 1947) Als erste europäische Großmacht versuchte Portugal im frühen 16. Jahrhundert an der Koromandelküste Fuß zu fassen, allerdings ohne Erfolg. Den Portugiesen folgten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Niederländer, Engländer und Dänen sowie in den 1660er Jahren die Franzosen. Die europäischen Handelsmächte strebten zunächst nicht nach Landgewinn, sondern nach möglichst hohen Profiten aus dem Tuchhandel. Zu diesem Zwecke erwarben sie Küstenstützpunkte und errichteten Manufakturen. Um 1700 bestanden mehrere niederländische Handelsstützpunkte an der Küste Tamil Nadus. Die Engländer hatten sich in Madras, die Franzosen in Pondicherry und die Dänen in Tranquebar niedergelassen. Zur bedeutsamsten europäischen Großmacht an der Koromandelküste stiegen im 18. Jahrhundert die Briten auf. Als ihr größter Konkurrent erwiesen sich die Franzosen, die in den Karnatischen Kriegen mit den Briten um die Vorherrschaft in Südindien rangen und 1746 sogar für drei Jahre Madras eingenommen hatten. 1760 wurden die Franzosen aber in der Schlacht von Wandiwash vernichtend geschlagen und mussten ihre Ambitionen in Indien aufgeben. Die hoch verschuldete Niederländische Ostindien-Kompanie schied nach dem vierten niederländisch-englischen Krieg von 1780 bis 1784 als Widersacher der Briten in Indien aus. Madras wurde neben Kalkutta und Bombay zu einem Hauptausgangspunkt der britischen Kolonialisierung Indiens. Die Stadt war Verwaltungszentrum der Präsidentschaft Madras, einer von drei Präsidentschaften der Britischen Ostindien-Kompanie. Die Briten dehnten ihren Einfluss ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf weite Teile Tamil Nadus aus. 7 Parallel zur im ausgehenden 19. Jahrhundert erwachten gesamtindischen Unabhängigkeitsbewegung unter Führung des Indischen Nationalkongresses entstand in den tamilsprachigen Teilen von Madras die sogenannte Dravidische Bewegung, die sich gegen die angebliche Vormachtstellung der Brahmanen richtete und eine eigenständige Identität der Tamilen als „Draviden“ im Gegensatz zu den „Ariern“ Nordindiens postulierte. E. V. Ramasami (Periyar) gründete 1925 die Selbstachtungsbewegung (Self-Respect Movement), die er 1944 mit der anti-brahmanischen Justice Party zur Organisation Dravidar Kazhagam (Bund der Draviden; DK) vereinigte. Die DK vertrat eine radikale Agenda und forderte die Abschaffung des Kastensystems und der Hindu-Religion sowie die Gründung eines unabhängigen Staates Dravida Nadu für die „Draviden“ Südindiens. Entwicklungen seit 1947 Nach der Entlassung Britisch-Indiens in die Unabhängigkeit im Jahr 1947 wurde der Staat Madras zu einem Gliedstaat der Indischen Union. Er umfasste neben dem heutigen Tamil Nadu große Teile des heutigen Bundesstaats Andhra Pradesh sowie Teile von Karnataka und Kerala. Im Zuge des States Reorganisation Act wurden 1956 die indischen Bundesstaaten nach den Sprachgrenzen neu geordnet. Dem Bundesstaat Madras wurden dabei die tamilischsprachigen Gebiete zugeschlagen. Damit erhielt der Bundesstaat die Grenzen des heutigen Tamil Nadu, behielt aber zunächst den Namen Madras bei. Derweil hatte sich 1949 aus der DK eine neue Partei namens Dravida Munnetra Kazhagam (Bund für den Fortschritt der Draviden; DMK) unter der Führung von C. N. Annadurai formiert. Sie unterstützte anfangs ebenfalls die Sezessionsforderung, gab diese aber Anfang der 1960er Jahre auf und ersetzte sie durch die Forderung nach politischer und kultureller Autonomie der Bundesstaaten innerhalb der Indischen Union. Die DMK nahm 1957 erstmals an Wahlen in Madras teil und stieg bald zur wichtigsten Oppositionspartei auf. 1967 konnte sie unter der Führung Annadurais erstmals die Wahlen zum Regionalparlament für sich entscheiden. Die neue DMK-Regierung beschloss die Umbenennung von Madras in Tamil Nadu („Land der Tamilen“), die 1969 in Kraft trat. In den 1980er Jahren nutzten die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), die für die Unabhängigkeit der überwiegend von Tamilen bewohnten Teile Sri Lankas kämpfen, Tamil Nadu als Rückzugsort und Stützpunkt für ihre Aktivitäten in Sri Lanka. Die Regierung billigte dieses Vorgehen aus Rücksichtnahme auf die Sympathien der Bevölkerung Tamil Nadus für die unterdrückten Tamilen Sri Lankas zunächst. Mehrere von LTTE-Separatisten verübte Attentate auf indischem Boden zerstörten jedoch das Vertrauen der indischen Tamilen in die LTTE. Am 21. Mai 1991 wurde der ehemalige indische Premierminister Rajiv Gandhi während einer Wahlkampfveranstaltung in Sriperumbudur nahe Kanchipuram von einer der LTTE zugerechneten Selbstmordattentäterin ermordet. Heute wird die LTTE von der indischen Regierung als terroristische Vereinigung eingestuft. Politik Politisches System Bis 1986 bestand das Parlament Tamil Nadus aus zwei Kammern. Seitdem ist die auf fünf Jahre gewählte Tamil Nadu Legislative Assembly das einzige gesetzgebende Organ. Von den 234 Abgeordnetensitzen sind 42 Sitze benachteiligten Kasten und 3 Sitze der Stammesbevölkerung (Adivasi) vorbehalten. Zusätzlich kann der Gouverneur des Staates einen Vertreter der englischsprachigen Minderheit ernennen, wenn er der Meinung ist, dass diese nicht ausreichend im Parlament repräsentiert ist. Der Chief Minister, der Regierungschef Tamil Nadus, wird von den Abgeordneten gewählt. An der Spitze des Bundesstaats steht jedoch der vom indischen Präsidenten ernannte Gouverneur (Governor). Die Minister werden auf Empfehlung des Chief Ministers ebenfalls vom Gouverneur in ihr Amt eingeführt. Höchster Gerichtshof Tamil Nadus ist der Madras High Court, in dessen Zuständigkeitsbereich auch das Unionsterritorium Puducherry fällt. Den Vorsitz führt der Chief Justice. 8 Parteien Die Politik Tamil Nadus wird von den beiden tamilisch-nationalistischen Regionalparteien Dravida Munnetra Kazhagam (DMK) und All India Anna Dravida Munnetra Kazhagam (AIADMK) geprägt. Diese beiden Parteien wechseln sich seit 1967 an der Macht ab. Ihre Wurzeln liegen in der Organisation Dravidar Kazhagam (DK), von der sich die DMK 1949 abspaltete. 1972 entstand wiederum die AIADMK nach innerparteilichen Auseinandersetzungen durch Abspaltung von der DMK und etablierte sich in der Folge als deren stärkster Konkurrent. Die ursprünglich von der DK vertretenen Forderungen nach einem separaten Dravidenstaat und radikaler Sozialreform haben DMK und AIADMK weitgehend gegen die Beschwörung der Größe der tamilischen Kultur und Sprache und die Forderung nach politischer und kultureller Autonomie der Bundesstaaten eingetauscht. Neben den beiden großen Parteien existieren weitere Regionalparteien: Die ebenfalls tamilischnationalistisch orientierten Desiya Murpokku Dravida Kazhagam (DMDK) und Marumalarchi Dravida Munnetra Kazhagam (MDMK), die kastenbasierten Parteien Pattali Makkal Katchi (PMK), Viduthalai Chiruthaigal Katchi (VCK), Puthiya Tamilagam (PT) sowie die muslimische Manithaneya Makkal Katchi (MNMK). Überregionale Parteien spielen in Tamil Nadu nur eine untergeordnete Rolle: Der Indische Nationalkongress und die beiden kommunistischen Parteien Communist Party of India (CPI) und Communist Party of India (Marxist) (CPI(M)) sind weit von der Mehrheitsfähigkeit entfernt, die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) ist im Parlament des Bundesstaates gar nicht vertreten. Wegen des herrschenden Mehrheitswahlrechts schließen sich die Parteien vor Wahlen zu Allianzen zusammen, die sich die Wahlkreise untereinander aufteilen. Die letzte Wahl zur Tamil Nadu Legislative Assembly 2011 gewann eine Parteienallianz unter Führung der AIADMK, auf die insgesamt 203 Sitze entfielen. Die AIADMK errang davon 150 Sitze und kann somit allein regieren. Die zuvor regierende DMK wurde deutlich abgestraft: Ihr Bündnis erlangte nur 31 Sitze, mit 23 Sitzen fiel die DMK sogar noch hinter die mit der AIADMK verbündete DMDK zurück. Obwohl die tamilischen Regionalparteien nur in Tamil Nadu und Puducherry zur Wahl antreten, können sie auf gesamtindischer Ebene bei der Regierungsbildung als Zünglein an der Waage eine wichtige Rolle spielen. Wirtschaft Tamil Nadu ist nach Maharashtra, Uttar Pradesh und Andhra Pradesh die fünftgrößte Volkswirtschaft der 28 Bundesstaaten Indiens und zudem einer der fortgeschrittensten Bundesstaaten des Landes, der von den 1991 eingeleiteten wirtschaftlichen Liberalisierungsmaßnahmen überdurchschnittlich profitiert hat. Seitdem haben sich zahlreiche ausländische Großunternehmen in Tamil Nadu angesiedelt. 2010 betrug das nominale Bruttoinlandsprodukt Tamil Nadus 4.640 Milliarden Indische Rupien (umgerechnet 98 Milliarden US-Dollar). Damit erbrachte Tamil Nadu über 7 Prozent der gesamten indischen Wirtschaftsleistung. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist mit 1.358 US-Dollar aber nur wenig höher als der indische Durchschnitt von 1.087 US-Dollar. Landwirtschaft Obwohl Tamil Nadu zu den am höchsten industrialisierten Bundesstaaten Indiens zählt, ist die Landwirtschaft nach wie vor der wichtigste Arbeitgeber. Rund 45 Prozent der Fläche werden landwirtschaftlich genutzt. Tamil Nadus Landwirtschaft ist eine der fortschrittlichsten Indiens. Die Ertragsraten liegen weit über dem indischen Durchschnitt. Seit der Einführung der „Grünen Revolution“ Mitte der 1960er Jahre, als dessen „Vater“ der aus Tamil Nadu stammende Agrarwissenschaftler M. S. Swaminathan gilt, wurden die Bewässerungsflächen beträchtlich ausgeweitet, sodass heute etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche künstlich bewässert wird. Dennoch ist der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt aufgrund wesentlich höherer Wachstumsraten in anderen Bereichen rückläufig. 2004 betrug er nur noch 14,2 Prozent. 9 Als Nahrungsmittel werden vor allem Reis, Erdnüsse, Mais, Sorghum, Fingerhirse, Perlhirse, Hülsenfrüchte sowie verschiedene Obstsorten wie Bananen und Mangos angebaut. Das mit Abstand wichtigste kommerzielle Anbauprodukt ist Zuckerrohr. Dagegen hat die Bedeutung von Baumwolle seit den 1980er Jahren stark abgenommen. In geringerem Maße werden außerdem Gewürze, Kaffee, Tabak und Tee angepflanzt. Bodenschätze und Bergbau 80 Prozent der bekannten indischen Braunkohlevorkommen befinden sich in Tamil Nadu, hauptsächlich im Umland der Stadt Neyveli im Distrikt Cuddalore. Im Süden und Südosten des Bundesstaates werden Mineralsande abgebaut, aus denen seltene Mineralien wie Titaneisen, Granat, Zirkon, Rutil und Monazit gewonnen werden. Im Nordosten gibt es Vorkommen von Magnesit. Zudem werden Granit, Kalkstein, Quarz und Quarzsande, Feldspat, Magneteisenstein, Bauxit und Graphit abgebaut. Vor der Küste des Distriktes Nagapattinam wird in geringen Mengen Erdöl gefördert. Industrie Tamil Nadu ist einer der höchstindustrialisierten Bundesstaaten Indiens. 2004 erwirtschaftete die Industrie 29,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der wichtigste Industriezweig ist nach wie vor die Textilindustrie, die für fast ein Drittel der gesamten indischen Baumwollgarnproduktion aufkommt. Die Lederindustrie hat sogar einen Anteil von 70 Prozent. Neben diesen traditionellen Branchen nehmen die Fahrzeugindustrie und deren Zuliefererbetriebe einen besonderen Stellenwert ein. Neben inländischen Automobilfirmen lassen auch Ford, Hyundai, BMW und Mitsubishi in Tamil Nadu produzieren. Andere wichtige Industriezweige sind die metallverarbeitende, chemische, Mineralöl-, pharmazeutische, elektrotechnische, Software-, Fahrrad-, Lebensmittel-, Zement- und pyrotechnische Industrie sowie der Maschinenbau. Avadi bei Chennai ist einer der wichtigsten Standorte der indischen Rüstungsproduktion, unter anderem auch der einzige Produktionsstandort für Arjun-Panzer in ganz Indien. Räumlich ballt sich die Industrieproduktion in drei Großräumen. Der mit Abstand wichtigste Industrieraum ist das Ballungsgebiet Chennai, wo nahezu alle bedeutsamen Industriezweige vertreten sind. Im mittleren Tamil Nadu zieht sich eine Industrieachse vom Kaveridelta durch die Ebene des Flusses mit den Standorten Tiruchirappalli (Metallverarbeitung, Textilien, Zement) und Salem-Mettur (Stahl, Aluminium, Textilien, Zement, Kunststoffe, Chemikalien) bis ins westliche Hochland, wo mit Coimbatore und Tiruppur zwei bedeutende Textilzentren liegen. Die dritte große Industrieregion ist der Ballungsraum Madurai im Süden. Dienstleistungen und Fremdenverkehr Der Dienstleistungsbereich, mittlerweile der Hauptantriebsmotor der wirtschaftlichen Entwicklung, hatte 2004 einen Anteil von 56,2 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Besonders hohe Wachstumsraten verzeichnet die Informationstechnologie. Zudem gewinnen die Telekommunikations- und die Biotechnologiebranche an Bedeutung. Viele ausländische Firmen, vor allem aus dem englischsprachigen Raum, lagern Unternehmensteile wie Callcenter oder Buchhaltung nach Tamil Nadu aus. Auch der Fremdenverkehr hat sich seit den 1990er Jahren rasant entwickelt. 2011 besuchten 137 Millionen einheimische und 3,3 Millionen ausländische Besucher Tamil Nadu – ein Zuwachs von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Beliebte Reiseziele sind neben der Hauptstadt Chennai vor allem der Strandort Mamallapuram (Mahabalipuram) mit seinen Bauten aus der Pallava-Zeit sowie die alten Tempelstädte Madurai, Thanjavur, Kanchipuram, Chidambaram, Tiruvannamalai und Rameswaram die auch viele Pilger anziehen. Die drei „großen Tempel der Chola-Dynastie“ in Thanjavur, Gangaikonda Cholapuram und Darasuram gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO, ebenso der Tempelbezirk von Mamallapuram und die Nilgiri-Bergeisenbahn. Die in der britischen Kolonialzeit erschlossenen hill stations in den Westghats, wie Udagamandalam (Ooty) und Kodaikanal, werden dank der landschaftlich 10 reizvollen Umgebung sowie des angenehm kühlen Klimas als Urlaubsziele geschätzt. Naturliebhaber kommen in einem der fünf Nationalparks, unter denen der Mudumalai-Nationalpark aufgrund seiner Artenvielfalt besonders hervorragt, auf ihre Kosten. Immer beliebter vor allem bei ausländischen Gästen wird der Gesundheitstourismus, etwa in Form von Ayurveda-Kuren. Der Badetourismus ist dagegen trotz geeigneter Strände wenig ausgeprägt. Infrastruktur Der wichtigste Verkehrsweg in Tamil Nadu ist die Straße. Insgesamt umfasst das Straßennetz knapp 200.000 Kilometer, wovon drei Viertel asphaltiert sind (Stand 2007/08). Die National Highways machen mit einer Gesamtlänge von 4.500 Kilometern nur einen kleinen Teil des Straßennetzes aus, machen aber 40 % des Verkehrsauskommens aus. Weitere Ausbauten sind geplant, um des wachsenden Verkehrsaufkommens Herr zu werden: Die Anzahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge nimmt jedes Jahr über 10 % zu. Die staatliche Busgesellschaft Tamil Nadu State Transport Corporation und private Unternehmen bieten zahlreiche Busverbindungen zwischen den Städten des Bundesstaates an. Alle größeren Städte Tamil Nadus sind an das Schienennetz angeschlossen. Es untersteht der Regionalgesellschaft Southern Railway der indischen Staatsbahn. Die Gesamtlänge des Schnienennetzes in Tamul Nadu beträgt 3941 Kilometer (Stand 2007/08). Die Hauptlinien, die etwas über die Hälfte des Eisenbahnnetzes ausmachen, sind breitspurig ausgebaut, allerdings nur zum Teil elektrifiziert. Die restlichen Schienenwege sind meterspurig. Die Hauptstadt Chennai verfügt über eine Vorortbahn, eine U-Bahn ist im Bau. Chennai besitzt einen großen internationalen Flughafen, den Chennai International Airport. Nach Mumbai und Delhi ist er der drittwichtigste Flughafen Indiens. Daneben gibt es zwei kleinere internationale Flughäfen in Tiruchirappalli und Coimbatore sowie Inlandsflughäfen in Madurai, Salem, und Thoothukudi. Drei der zwölf Hauptseehäfen Indiens liegen in Tamil Nadu: Chennai, Thoothukudi und Ennur. Der Hafen von Chennai hatte 2007/08 eine Güterumschlagmenge von knapp 57 Millionen Tonnen. Damit sind Chennai und Thoothukudi neben Navi Mumbai in Maharashtra die wichtigsten Containerhäfen des Landes. Darüber hinaus existieren 15 kleinere Häfen in Tamil Nadu, die jedoch nur für die Küstenschifffahrt von Bedeutung sind. Als einer der wenigen indischen Bundesstaaten erzeugt Tamil Nadu einen Elektrizitätsüberschuss, den es an benachbarte Bundesstaaten weiterleitet. Strom wird vor allem aus Wärme- (Braunkohle, Erdgas), Wasser-, Kern- und Windenergie gewonnen. Bei letzterer nimmt Tamil Nadu eine Führungsposition innerhalb Indiens ein, da es für mehr als die Hälfte der indischen Windenergieerzeugung aufkommt. Quelle: de.wikipedia.org 11
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