11/06 Vorlage Fotos Was Wirtsch - Brand Eins

Im Wärmestau
Kühle Ästhetik: die neue Kältemaschine im Gebäude der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe in Dortmund
Der Großteil der Wohngebäude in Deutschland ist alt und verschleudert Energie.
Die Sanierung wird mit Milliarden Euro gefördert. Die Hausbesitzer könnten reichlich Heizkosten sparen.
Warum geht es dann trotzdem nicht voran?
Text: Stefan Scheytt
Foto: Christian Diehl
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WAS WIRTSCHAFT TREIBT
Cool und einzeln steuerbar: Die Lamellen an den Fenstern schützen vor greller Sonne und lassen doch Helligkeit hinein
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Fährt der Architekt Thomas
Schmidt durch das Ruhrgebiet,
sieht er überall verpasste Chancen. Er zeigt dann auf die Bürogebäude der Telekom und von
RWE, erzählt von den vielen
Immobilien großer Unternehmen
von Eon bis Evonik und sagt: „Da
wäre unheimlich viel zu sanieren.“
Schmidt stellt sein Auto in Dortmund auf den Parkplatz der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und betritt
das neue Foyer – ein großzügig
dimensioniertes Dreieck aus Glas,
an dessen Schenkeln zwei Büroquader in die Höhe ragen. Das
Gebäude der KVWL aus den Das Gebäude der KVWL verbraucht jetzt ein Drittel weniger Energie
siebziger Jahren ist eines von
Schmidts aktuellen Vorzeigeprojekten für energetische Sanierung: Dank moderner Technik drück- bäude. 15 Millionen sind Ein- und Zweifamilienhäuser. Rund drei
ten die Ärztevertreter mit Schmidts Hilfe ihre jährlichen Energie- Viertel aller Wohngebäude wurden vor 1978 gebaut. Gut die Hälfkosten um mehr als ein Drittel pro Mitarbeiter. Heute arbeiten te der Ein- und Zweifamilienhäuser stammt sogar aus der Zeit
rund 600 Angestellte in den Büros, fast 200 mehr als vor dem vor 1968, als es häufig nur Material minderer Qualität gab. Würden sie wärmegedämmt, bekämen sie neue Fenster und moderUmbau.
Schmidts Kollegin Mechthilde Braun-Pulinna geht es genau- ne Haustechnik, könnten ihre Eigentümer und Mieter Milliarden
so. Sie fährt durch die schwäbische Kleinstadt Trossingen, sieht Euro sparen und gleichzeitig dem heimischen Baugewerbe eine
die Fassaden der Gebäude links und rechts der Straße und denkt jahrelange Sonderkonjunktur bescheren. „Etwa die Hälfte des
laut nach: „Hier stehen Häuser, die die Energie nur so raushauen. Gebäudebestands muss in den nächsten 20 Jahren sowieso saniert
Es wäre interessant, hier mal mit der Wärmebildkamera entlang- werden“, sagt Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen
zufahren.“ Die Fassaden sehen auf den ersten Blick proper und Energie-Agentur (Dena) in Berlin. „Wenn wir dieses Zeitfenster
neu aus, „aber“, sagt die Architektin, „es sind eben oft nur Pinsel- nicht für die energetische Sanierung nutzen, sind die Klimaziele
sanierungen. Dabei hätten viele Eigentümer das Geld, ihre Häu- der Bundesregierung nicht zu erreichen.“
In ihrem Energiekonzept bezeichnet die Regierungskoalition
ser auch energetisch zu modernisieren.“
die Energiesanierung des Gebäudebestands als „zentralen SchlüsEin Prozent der Häuser wird zurzeit pro Jahr
sel“ für den Klimaschutz, denn immerhin entfallen auf Wohnund Gewerbeimmobilien rund 40 Prozent des gesamten deutsaniert – das ist zu wenig für die Energiewende
schen Energieverbrauchs, und ihnen werden etwa 20 Prozent der
Für Braun-Pulinna geht’s weiter in die Nachbarstadt Spaichingen klimaschädlichen Emissionen zugeschrieben. Bis 2050, so der
zu Werner Link, einem ihrer Kunden. Der Schwimmmeister sitzt Plan, sollen deshalb Altbauten ihren Primärenergiebedarf um
am Esstisch seines 1955 erbauten Einfamilienhauses mit 140 Qua- 80 Prozent reduzieren und den CO2-Ausstoß entsprechend sendratmetern Wohnfläche. Die Tür zum Treppenhaus steht weit ken. „Dafür müsste die jährliche Sanierungsrate von derzeit wenioffen, im Haus ist es „bollenwarm“, wie man hier sagt, obwohl ger als ein Prozent auf 2,5 Prozent des Gebäudebestands erhöht
draußen Minusgrade herrschen. Als Schwabe und kleiner Ange- werden“, sagt der Dena-Chef Kohler. Diese Lücke zwischen Soll
stellter im öffentlichen Dienst dreht Link den Cent gern zweimal und Haben kleidet Bundesumweltminister Norbert Röttgen gern
um, trotzdem hat er neben viel Eigenarbeit rund 90 000 Euro in in das Bild vom „schlafenden Riesen der Energieeffizienz“; Kritidie Modernisierung seines Hauses investiert.
ker reden vom „energetischen Sanierungsstau“.
Das Einfamilienhaus im Schwäbischen und das Bürogebäude
Dieser Befund ist umso erstaunlicher, als durch das CO2in Dortmund – sie sind Leuchttürme in einem Land voller Ener- Gebäudesanierungsprogramm des Bundes zwischen 2006 und
gieverschwender. Es gibt in Deutschland 18 Millionen Wohnge- 2010 bereits 7,1 Milliarden Euro Fördermittel in Form zinsgüns34
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tiger Kredite und Investitionszuschüsse der bundeseigenen KfW
Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau) an die Hauseigentümer geflossen sind. In diesem Jahr hält der Bund weitere
936 Millionen Euro Subventionen bereit. Und für den geplanten
Ausstieg aus der Kernenergie will die Bundesregierung im Rahmen eines Sechs-Punkte-Plans das Gebäudesanierungsprogramm
schrittweise auf zwei Milliarden Euro aufstocken. Der Plan soll
Anfang Juni verabschiedet werden. Zählt man die vielen Förderprogramme der Bundesländer und Kommunen hinzu, kommt
man auf enorme Subventionsbeträge – die den Sanierungsstau
aber ganz offensichtlich auch nicht auflösen konnten.
Zum Teil erklärt sich das Phänomen mit Problemen zwischen
den Hausbanken der Kunden und der KfW: Privatpersonen müssen solche Kredite bei einer Hausbank beantragen, einen direkten
Weg zur Förderbank gibt es nicht, aber viele Hausbanken verweigern bei kleineren Fördersummen die Weitergabe der Kreditanträge an die KfW. Der Grund dafür: Sie verdienen zu wenig,
weil die Bearbeitung aufwendig ist. Die Hamburger Sparkasse
etwa akzeptiert die KfW-Kreditanträge ihrer Kunden erst ab
einer Summe von 15 000 Euro. Viele Eigenheimbesitzer unterschreiten diese Grenze – und ihre Anträge dringen nicht zur
Förderbank durch.
Das allein erklärt den Stau nicht. Braucht es noch mehr Subventionen? Zum Beispiel fünf Milliarden Euro jährlich, wie der
Dena-Chef Kohler und die Wohnungswirtschaft einhellig fordern?
Der Staat gibt Geld und fördert oft die Falschen
– und die Richtigen sanieren nicht
Folgt man Claus Michelsen, geht es weniger um die Höhe der
Subventionen als darum, sie sinnvoller zu verteilen. Michelsen ist
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) und hat sich durch die Gebäudebestände
der verschiedenen Jahrzehnte geackert. Er stellte zum Beispiel
fest, dass Gebäude im Stil der Gründerzeit aus den Jahren 1900
bis 1918 den sogenannten Energiekennwert durch eine Sanierung
im Schnitt um rund zehn Prozent reduzieren, während Gebäude
der späten fünfziger und sechziger Jahre fast den dreifachen Einspareffekt erreichen.
Doch die Anforderungen der Energieeinsparverordnung
(EnEV), kritisiert Michelsen, gälten für alle Gebäude pauschal;
auch bei der Höhe der Fördermittel werde nicht nach Alter und
Baustil einer Immobilie unterschieden, obwohl sie maßgeblich
den Sanierungsaufwand und die Energieausbeute bestimmten.
Ebenso wenig spiele die Lage des Gebäudes eine Rolle – ob also
der Eigentümer die Chance habe, die Sanierungskosten durch
höhere Kaltmieten wieder hereinzuholen, oder ob dies, wie etwa
auf dem Land, nahezu ausgeschlossen sei.
„Eine so unspezifische Förderung bei gleichzeitig pauschalen
Einsparanforderungen durch die EnEV führt bei bestimmten 3
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Eine Lüftungsanlage im Gebäude der KVWL
Gebäuden dazu, dass Investitionen sogar verhindert werden, weil
sich die energetische Sanierung wirtschaftlich nicht lohnt“, sagt
Michelsen. „Viele warten deshalb so lange ab, bis sie das Allerletzte aus dem Gebäude herausgequetscht haben, und überlegen
sich dann, ob sie noch mal investieren. Die Ziele der Förderpolitik, nämlich die schnelle Sanierung großer Altbestände, werden
damit konterkariert.“
Ähnliche Kritik äußert eine vom Bundesforschungsministerium unterstützte Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung in Berlin (IÖW). Die Förderpolitik durch Darlehen und Zuschüsse der KfW-Bank sei „unzureichend“ und
„unspezifisch“ und habe nur eine „geringe Kosteneffizienz“. Bei
Bestandssanierungen würden nur etwa ein Drittel der wirtschaftlich rentablen Energieeinsparpotenziale verwirklicht.
Zum Beispiel deshalb, weil unnötig Mittel in die Spitzensanierung relativ junger Gebäude fließen. Gleichzeitig bleibt die
„Durchsanierung“ der vielen alten Häuser, die energetische Katastrophen sind und deren Umbau deshalb eine große Wirkung
erzielen könnte, aus Geldmangel oft ganz aus.
So erhält etwa der wohlhabende Hamburger Zahnarzt bis zu
13 000 Euro Zuschuss dafür, dass er sein Stadthaus energetisch
optimiert, obwohl es ohnehin bereits alle Energiestandards erfüllt. Darüber hinaus darf er dann auch noch die Miete erhöhen.
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Gleichzeitig unterlässt der Eigentümer eines Hauses aus den fünfziger Jahren im Hinterland von Schleswig-Holstein die dringend
gebotene Sanierung, weil ihm 20 000 Euro fehlen.
Tendenziell, so das IÖW, würden von den billigen Darlehen
und Zuschüssen die ohnehin „überzeugten Energiesparer“ profitieren, während die Sanierungsfaulen und Kapitalschwachen zu
oft außen vor blieben.
„Viele Eigentümer verpassen jetzt den Zeitpunkt für eine
vergleichsweise kostengünstige energetische Sanierung für viele
Jahre oder Jahrzehnte“, beklagt Julika Weiß, Energieexpertin am
IÖW. „Wenn weiterhin im selben Tempo wie in den vergangenen Jahren saniert wird, wären erst im Jahr 2080 alle Fassaden
mit einer Dämmung versehen.“
Auch die erst im Jahr 2009 erneut verschärfte Energieeinsparverordnung gilt als relativ stumpfe Waffe. Das IÖW etwa
stellt ein „beträchtliches Vollzugsdefizit“ fest: Theoretisch können
die Baubehörden den Eigentümern und Handwerkern Nachweise
für die ordnungsgemäße energetische Sanierung abverlangen,
sie tun es in der Praxis aber nicht einmal stichprobenweise. „Die
Behörden haben Personalmangel und wollen den Eigentümern –
anders als bei Neubauten – nicht auf die Füße treten“, sagt Julika
Weiß. „Bei den Recherchen für unsere Studie haben wir nie gehört, dass jemals irgendwo ein Ordnungsgeld verhängt worden
wäre.“
Der Wissenschaftler Claus Michelsen hält die Energieeinsparverordnung ohnehin für wenig zielführend. „Die Sanierung von
Millionen Gebäuden lässt sich nicht über das Ordnungsrecht steuern. Das ist nicht so einfach wie bei Kühlschränken, für die man
ein Energielabel einführt, und dann kaufen die Leute danach.“ Eigentlich glaubt Michelsen an die Wirkung finanzieller Anreize,
allerdings müssten diese viel differenzierter sein und das Alter, den
Baustil und vielleicht sogar die Lage berücksichtigen. „Immobilien
sind ein unglaublich komplexes Thema. Vielleicht wäre es doch
sinnvoller, für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz zuerst
andere Hebel zu bewegen wie einen effektiven CO2-Handel für
die Industrie oder den Verkehr.“
Ein Zufall, der 31 Millionen Euro kostet –
gut angelegtes Geld
Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe wurde man
weder aus Sorge ums Klima aktiv, noch weil Subventionen
winkten. Der Druck kam aus einer ganz anderen Richtung: Vor
einigen Jahren hatte der technische Leiter, Klaus Heinert, zufällig
entdeckt, dass ein Versorgungsschacht nicht, wie in den Bauplänen ausgewiesen, aus dicken Steinen gemauert war, sondern
nur aus einer doppelten Rigips-Beplankung bestand. „Das entsprach der Feuerschutzklasse 0, es war eine Katastrophe“, erinnert
sich Heinert. „Hätte es in den unteren Geschossen gebrannt,
hätte sich das Feuer durch den Schacht schnell auf alle Eta- 3
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gen
ausgebreitet.“
Bei der Untersuchung stellte sich außerdem heraus, dass im
Schacht eine Menge Asbest und PCB verarbeitet worden war.
Eine Kernsanierung des 30 Jahre alten Gebäudes war unumgänglich. Im Jahr 2010, dem ersten vollen Jahr nach der Sanierung, die 31 Millionen Euro gekostet hatte, verbrauchten 600
Mitarbeiter weniger Gas, Öl, Strom und Wasser als zuvor 430 Angestellte. Die Kosten pro Mitarbeiter fielen bei Öl und Gas um
39 Prozent, beim Strom um 36 Prozent, die Wasserrechnung pro
Kopf sogar um 58 Prozent.
Alle wollen wissen: Wann lohnt sich das?
Aber das ist die völlig falsche Frage
Sanierungsarbeiten dieser Größenordnung werden in der Regel
von großen Planungsbüros betreut. Für den kleinen Einfamilienhausbesitzer übernehmen diese Rolle oft Energieberater, die es zu
Tausenden als gewerbliche Anbieter, in den Energieagenturen von
Ländern und Kommunen, bei den Verbraucherzentralen, Ministerien und Handwerkskammern gibt. Dennoch, beklagt Stephan
Kohler von der Dena, sei für den normalen Hausbesitzer der
Markt für entsprechende Dienstleistungen noch viel zu intransparent. Handwerker und Hersteller müssten noch mehr und bessere Angebote machen, damit potenzielle Häuslesanierer im
Dschungel der vielen Technikoptionen und Gewerke die Lust
nicht wieder verlören.
Werner Link hatte sich über Jahre hinweg auf einschlägigen
Messen selbst über die Möglichkeiten einer Sanierung informiert.
„Man bekommt sehr widersprüchliche Auskünfte. Jeder will vor
allem seine Technik, sein Produkt verkaufen. Es war ein Höllenprozess“, sagt Link, der jetzt aus dem Stegreif lange Ausführungen
halten kann über Rotationslüfter, Pellet-Heizungen und Geothermie. Angefangen hatte es, als er vor einigen Jahren eine kleine Erbschaft machte und ihm bewusst wurde, wie wenig Zinsen
er dafür erhalten würde. Link wusste, dass das Dach und die Fassade seines fast 60 Jahre alten Hauses ohnehin bald saniert werden müssten. Also beschäftigte er sich immer eingehender mit
dem Thema.
Dabei hat er gelernt, dass es von vielen Faktoren abhängt, ob
sich die Investition in die energieeffiziente Komplettsanierung
eines Altbaus auszahlt. Davon abgesehen, dass nicht jeder Eigenheimbesitzer das Kapital dafür besitzt, gibt es etliche Unwägbarkeiten: Die Zinsen variieren, die Förderpolitik mäandert; die vom
Architekten oder Energieberater errechneten Energieeinsparungen
müssen auch wirklich eintreten, die Handwerker sauber arbeiten,
die neue Haustechnik muss halten, was die Hersteller versprechen.
Ganz entscheidend für die Wirtschaftlichkeit sind die Entwicklung
der Energiepreise und, wenn das Haus vermietet oder verkauft
werden soll, der lokale Immobilienmarkt.
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„Jeder fragt: Wann lohnt sich das? Aber das ist die völlig falsche Frage“, poltert der Konstanzer Architekt Roland Baumgärtner, der sich schon seit Jahrzehnten mit dem energieeffizienten
Bauen beschäftigt. „Den Leuten wird oft vorgegaukelt, diese oder
jene Maßnahme amortisiere sich innerhalb weniger Jahre durch
Energieeinsparungen. Aber das ist eine Milchmädchenrechnung.
Plötzlich versuchen Eigentümer, Wohnen nach betriebswirtschaftlichen Prämissen zu beurteilen wie ein Manager, für den
sich der Kauf einer neuen Maschine oder der Anbau an die
Fabrik nach sieben, acht Jahren rentieren muss.“
Wer heute ein Einfamilienhaus komplett energetisch saniere,
müsse sehr viel Geld in die Hand nehmen. „Unter 100 000 Euro
kommt kaum einer weg“, sagt Baumgärtner. Aber manchmal,
sagt er, meinten Hausbesitzer, sie könnten nach der Sanierung viel
Geld durch geringere Heizkosten in absehbarer Zeit wieder hereinholen. Natürlich erfahre ein saniertes Haus eine Wertsteigerung, „aber die ist manipulierbar und zeigt sich nicht auf dem Konto“. Wohnen sei wenig betriebswirtschaftlich und amortisiere sich
auch nicht innerhalb weniger Jahre, so wenig wie der Neubau
eines Hauses: „Da weiß jeder, dass er erst mal 25 Jahre lang abbezahlt, mindestens so viel, wie er zuvor Miete zahlt. Und danach
spart er Miete.“
Werner Link jedenfalls macht vier Jahre nach dem Abschluss
der Sanierungsarbeiten noch immer einen überzeugten Eindruck.
Er hat zwar 90 000 Euro ausgegeben, viel mehr als geplant, aber
erstens bekam er dafür von der KfW-Bank ein extrem günstiges
Darlehen in Höhe von 70 000 Euro sowie einen Tilgungszuschuss
von 10 000 Euro obendrauf; und außerdem, so sagt er, mache
es ihm Freude, die Investition jetzt Stück für Stück wieder reinzuholen. Etwa mithilfe der Kompressionswärmepumpe, die
Erdwärme in Heizenergie verwandelt. Der Strom dafür und das
Holz im Kachelofen kosten jetzt rund 800 Euro im Jahr; dagegen verursachte der Ölkessel, obwohl erst Baujahr 1995, Kosten
von etwa 4000 Euro jährlich für Öl, Schornsteinfeger und
Kundendienst.
Link blättert durch das Energiegutachten, das ihm seine
Architektin damals erstellte, und entdeckt eine Tabelle, die die
Isolierung der Kellerdecke und die neue Heizungsanlage als wirtschaftlichste Maßnahme ausweist. Nach Berechnungen der Dena
amortisieren sich solche relativ einfachen Maßnahmen oft schon
nach zehn Jahren, ebenso wie der Einbau moderner Brennwertkessel.
Aber Werner Link weiß inzwischen auch, wie wenig derlei
Rechnungen letztlich über das neue Wohnerlebnis im alten Haus
aussagen. Sicher, das Haus hat heute einen 70 Prozent niedrigeren Primärenergiebedarf und produziert jährlich sechs Tonnen
weniger Kohlendioxid. Für Link noch wichtiger ist jedoch: „Seit
der Sanierung bin ich nicht mehr erkältet, was früher oft der Fall
war. Im ganzen Haus ist Wärme und gute Luft. Außerdem haben
wir ein zusätzliches Zimmer im Dachgeschoss ausgebaut und den
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