HAMBURG Mittwoch, 10. Oktober 2001 15 ! Telefon: 34 72 28 01 Fax: 34 72 33 45 Scheibe ist noch Single Frau Köpf, was sind Diäten? HOLTHUSENBAD Die Kanzlergattin stellte ihr neues Kinderbuch in Sachen Politik vor. Matthias Rebaschus Jan-Christof Scheibe (38) tritt im St.-Pauli-Theater auf. FOTO: MICHAEL RAUHE Es war ein Zufall, der ihn auf die Kabarettbühne brachte. Eigentlich arbeitete der Hamburger Jan-Christof Scheibe als Musiker für die Münchner Kleinkünstlerin Sissi Perlinger, schrieb Songs und leitete ihre Band. Als der Perlinger bei einem Auftritt ein Haken am Kostüm riss und sie von der Bühne musste, entdeckte der 38-Jährige ein bislang verborgenes Talent. „Es war witzig, Sissi kam und kam nicht wieder aus der Garderobe, und ich unterhielt die Zuschauer, machte Witze, schnitt Grimassen. Die reagierten tatsächlich auf mich, sie lachten sich schlapp. Es war ein tolles Gefühl“, erinnert sich Scheibe. Seit diesem Vorfall vor sieben Jahren schreibt der Sohn eines Kantors aus Othmarschen eigene Kabarettprogramme. Sein Debüt, die Single-Show „Zu viel Sex ist gar nicht gesund“, machte ihn bekannt. Jetzt steht er wieder auf der Bühne. „Die Welt ist eine Scheibe“ nennt er sein Comedy-Programm. Das hat am 24. Oktober im St.-Pauli-Theater Premiere. „Ich nehme insbesondere die Panik der Mitte30-Jährigen auf die Schippe. Deren Angst vor der Midlifecrisis, die sich darin zeigt, das Gefühl zu haben, das Beste im Leben noch nicht erlebt zu haben.“ Autobiografische Züge? „So schlimm ist es nicht, ich bin eigentlich sehr zufrieden mit mir“, sagt der SingleMann, „solange ich meine Talente ausleben kann, geht es mir gut.“ Und damit ist er reich gesegnet: Nebenbei arrangiert Scheibe Musik für Dominique Horwitz und komponiert Filmmusiken. Sein Traum: „Irgendwann schreibe ich ein Musical − aber ein witziges.“ (kl) Das altehrwürdige Holthusenbad wurde gestern zu einem symbolträchtigen Ort. Denn hier, in einer öffentlichen Badeanstalt, müsste der Kanzler baden gehen, wenn er schwimmen will. So einfach lässt sich das Holthusenbad mit dem Buchtitel „Der Kanzler wohnt im Swimmingpool“ verbinden. Deshalb stellte gestern Kanzler-Ehefrau Doris SchröderKöpf ihr Buch, das sie zusammen mit Ingke Brodersen, der ehemaligen Chefin des Verlags Rowohlt Berlin, herausgegeben hat, im Holthusenbad vor. Hinter dem Titel verbirgt sich eine Geschichte ihrer zehnjährigen Tochter Klara. „Die Freunde von Klara, die uns zu Hause besuchten, waren immer enttäuscht, dass wir keinen Swimmingpool haben. Ein eigener Pool ist für Kinder offenbar ein Symbol für Macht und Reichtum, daher der Titel“, sagt die Frau des Kanzlers, deren Heim eine Dreizimmerwohnung ist. Das Buch erklärt die Grundbegriffe der Politik so, dass auch Kinder es verstehen. Mama, was sind Diäten, muss man da hungern? Was ist der Unterschied zwischen Bundeskanzler und Bundespräsident? Diese und andere Fragen beantworten 27 bekannte Journalisten, Moderatoren, Kabarettisten und Schriftsteller von Matthias Beltz über Thomas Gottschalk, Elke Heidenreich, Mainhardt Graf von Nayhauß bis zu Renée Zucker. Sie wollen eine Art „Gebrauchsanleitung zum besseren Verständnis von Politik“ bieten. Schröder-Köpf: „Vielen Erwachsenen fehlen die Worte, wenn sie Politik so erklären sollen, dass auch Jüngere sie verstehen.“ Doris Schröder-Köpf war 16 Jahre lang Journalistin und hat bei „Bild“, „Express“ und „Focus“ gearbeitet. Mit Bundeskanzler Gerhard Schröder ist sie seit Oktober 1997 verheiratet. Tochter Klara spielt in ihrem Leben die wichtigste Rolle. Sie achtet darauf, dass Klara unbehelligt vom politischen Alltagsgeschäft aufwachsen kann. Doris Schröder-Köpf engagiert sich weiterhin für Kinder „denen es nicht so gut geht wie Klara“, sie ¦ ¦¦¦ NAMEN Besuch Der mexikanische Präsident Vicente Fox Quesada (Foto) kommt am Freitag nach Hamburg. Als Gast des IberoAmerika-Vereins hält er die Festrede zum diesjährigen Ibero-Amerika-Tag im Hotel Atlantic. Zuvor wird der frühere Coca-ColaManager von Bürgermeister Ortwin Runde empfangen − und sich in das Goldene Buch der Stadt eintragen. Runde hatte Fox bei seinem Mexiko-Besuch im vergangenen Jahr eingeladen. Auch Außenminister Joschka Fischer will am Freitag nach Hamburg kommen, um sich mit dem Präsidenten zu treffen. Fox bleibt bis Sonnabend. Die Vorausdelegation ist bereits gestern eingetroffen. (jmw) Neues Album „Sie sind aber nett!“, riefen spontan die Kinder von zwei sechsten Klassen des Gymnasiums Bramfeld aus, als Doris Schröder-Köpf im Holthusenbad versprach, ihnen ein Buch zu schenken. FOTOS: MICHAEL ZAPF ist Schirmherrin von Drogenhilfeprojekten und arbeitet im Kinderschutzbund. Das am 24. September erschienene Buch ist auf erschreckende Weise aktuell, denn viele Kinder fragen ihre Eltern nach Erklärungen über den Terror. In einem „Bild-am-Sonntag“-Gespräch antwortete Doris Schröder-Köpf auf die Frage „Wie helfen Sie Klara, die schrecklichen Bilder zu verarbeiten?“ „Das ist nicht einfach. Wir beide haben ja einen persönlichen Bezug zu New York. Klara ist in Manhatten geboren. Ich arbeitete damals als Journalistin, wir wohnten in der 11. Straße. Das World Trade Center war für uns Bestandteil des Besichtigungsprogrammes für die zahlreichen Gäste aus Deutschland. Dieser persönliche Bezug macht es für Klara besonders schlimm, wenn sie heute diese grauenhaften Bilder der Zerstörung sieht. Wir sprechen viel darüber, kuscheln auf dem Sofa, schauen unsere New-York-Fotos an. Das hilft.“ Viele Kinder in Deutschland hätten großes Mitgefühl mit den Opfern. „Je nach Alter gibt es jetzt bei den Kindern auch große Kriegsangst. Da müssen sich die Eltern viel Zeit für Gespräche nehmen und beruhigend auf die <> Nr. 236 WER DAS AUTOKENNZEICHEN 0-1 HAT Ulrich Wickert (l.), er moderierte, und „Zeit“-Mitherausgeber Michael Naumann. Heranwachsenden einwirken.“ Unter den Gästen: Bruno Bruni, Johannes B. Kerner, Mareike Carrie`re, Stabi-Chef Prof. Dr. Horst Gronemeyer, Freimut Duve und Hans-Jürgen Börner (N 3). ! Doris Schröder-Köpf, Ingke Brodersen „Der Kanzler wohnt im Swimmingpool oder Wie Politik gemacht wird“, mit Illustrationen von Aljoscha Blau, 221 Seiten, 38,90 Mark. Seite 15 2 Bild-Kolumnist Mainhardt Graf Nayhauß schreibt über „Polizeiliches Kennzeichen 0-1, Unser Staatsoberhaupt“, hier ein Auszug: „Früher gab es Könige oder gar Kaiser, wir haben heutzutage einen Bundespräsidenten. Er ist der oberste Bürger, daher wird er auch Staatsoberhaupt genannt. Aber anders als der König trägt der Bundespräsident keine Krone, eher schon mal eine Elbseglermütze, wie der jetzige Bundespräsident, der Johannes Rau heißt. Den Präsidenten wählt eine über tausendköpfige Versammlung, genannt die Bundesversammlung. Nicht zu verwechseln mit dem Bundestag. In der Bundesversammlung sitzen vor allem Bundestags- und Landtagsabgeordnete, die von den politischen Schwarz E-Blau E-Rot Parteien bestimmt werden. Was macht eigentlich der Bundespräsident? Womit verdient er sein Geld? Er wacht darüber, dass bei uns alles Recht und Ordnung hat. Das Regieren ist allerdings nicht seine Sache. Dafür ist der Bundeskanzler zuständig. Aber: Den ernennt der Bundespräsident. Auch die Minister. Dabei berücksichtigt er die Vorschläge der im Parlament vertretenen Parteien. Der Bundespräsident entlässt auch den Kanzler (und die Minister). Er ist also ganz klar die Nummer 1, was man auch daran erkennen kann, dass sein Auto das polizeiliche Kennzeichen 0-1 führt, das Auto des Kanzlers hat 0-2. Ob jedoch die Steuern erhöht werden, gegen BSE etwas unternommen wird, Mädchen zur Bundeswehr dürfen E-gelb - das ist Sache des Kanzlers und des Parlaments. Wenn es nun der Kanzler ist, der das eigentliche Regieren besorgt, was bleibt dann noch dem Bundespräsidenten − abgesehen davon, dass er die Mitglieder der Bundesregierung ernennt und entlässt? Er kann durch gute Reden Einfluss auf das Geschehen nehmen, wie überhaupt in der Politik derjenige die Nase vorn hat, der nicht auf den Mund gefallen ist. Er kann die Parteivorsitzenden, die Minister, Abgeordneten zu sich rufen und ihnen sagen, was ihm stinkt. Der Bundeskanzler muss mindestens einmal im Monat zu ihm kommen und ihm Bericht erstatten.“ Übrigens: Johannes Rau hat auch eine Homepage: www.bundespraesident.de Uwe Ochsenknecht (45), Schauspieler („Männer“, „Das Boot“), ist am Freitag in der Stadt. Bei Radio Hamburg wird er um 14 Uhr live im Gläsernen Studio sein und sich mit den Moderatoren Jan Bastick und Birgit Hahn über sein neues Album „Singer“ unterhalten. (kl) Sendung Andreas Ellermann (36), NDR-Moderator, präsentiert am kommenden Sonntag zum zweiten Mal die NDR 90,3 Country Sonntakte. Im RolfLiebermann-Studio in der Oberstraße treten unter anderen auf: Katja Kaye, Hardi Hartmann, Jan Hayston und die Nashville Tops. Die Karten für 15 und 20 Mark gibt es unter Tel. 01801-78 79 80. Beginn ist um 11 Uhr. (kl) Rührung Rolf Becker (66), Schauspieler, war zutiefst gerührt. Sein Sohn Ben Becker (36, auch Schauspieler) kündigte bei seinem Konzert in der Großen Freiheit 36 ein Lied mit den Worten an: „Ich weiß, dass mein Daddy heute hier ist und zuhört. Das nächste Lied ist für dich!“ Der Vater − er stand in der letzten Reihe − war natürlich sehr stolz: „Spitze, der Junge, toll!“ (HA)
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