was kommt - TNS Infratest

RESEARCH
Wissen,
was kommt
D
ie Informations- und Kommunikationstechnologien sind einem beständigen und immer
schnelleren Wandel unterworfen. Sie
verändern dabei nicht nur sich selbst,
sondern haben auch einen zunehmenden Einfluss auf Gesellschaft und Wirtschaft. Mittlerweile tragen sie zu einem
Großteil der Wertschöpfung auch in
anderen Branchen bei. Gleichzeitig ändern sich im Zuge der Digitalisierung
zusehends auch die Medien, ihre Inhalte, ihr Aussehen sowie die damit
einhergehenden Rezeptionsgewohnheiten.
Vodafone, Focus, VDE, SAP, Alcatel-Lucent Stiftung, IBM und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eine internationale DelphiStudie durchgeführt.
Delphi-Studien versuchen, vielschichtige Entwicklungen in der Zukunft abzuschätzen. Gerade im Themenfeld der IKT und Medien erscheint
dies als besondere Herausforderung,
Wie werden Informationsund Kommunikationstechnologien (IKT) und Medien
sich selbst und unsere Welt
bis 2030 verändern? Eine
Delphi-Studie will darüber
Aufschluss geben. Welche
Hürden dabei überwunden
werden mussten, erklären
Robert A. Wieland, Malthe
Wolf und Stefanie Sagl.
sind sie doch der Grund dafür, dass
Prog nosen immer komplexer werden.
Da heute kaum noch ein einzelner Experte in der Lage ist, mehrere sich beeinflussende Expertisenfelder zu überblicken, werden bei einer Delphi-Befragung mehrere Fachleute mit spezialisiertem Wissen um ihre Einschätzungen
mit Blick auf Zukunftsszenarien gebeten. Diese Szenarien bilden die Grundlage des Ansatzes, da sie relevante Zukunftsthemen und -felder transportieren und greifbar machen.
Zuverlässiger Konsens gesucht
Die eigentliche Befragung läuft in einem
mehrstufigen Prozess. Die Grundidee
der Delphi-Methode besteht dabei darin,
einen zuverlässigen Konsens – also ein
Gesamtergebnis – aus verschiedenen
Expertenmeinungen zu erhalten. Dies
wird durch aufeinander aufbauende Befragungswellen erreicht. Im Zentrum
steht der Konsenseffekt: Jedem einzelnen Experten werden jeweils die kumulierten Ergebnisse „aller Befragten“ der
vorangegangenen Befragungswelle
als Entscheidungsgrundlage vorgelegt. Ziel ist, über die Wellen
einen Konsens in der ExpertenMit Delphi-Studien
gruppe zu erlangen. Jedem
Experten ist freigestellt, ob er
in die Zukunft blicken
bei seiner erneuten Einschätzung eines SachverUm diesen Wandel und seine Auswirkungen auf die
haltes diese Ergebnisse mit
Zukunft des IKT- und Mein seine Überlegungen eindien-Standorts Deutschfließen lässt oder seine Meiland im internationalen
nung weiterhin unabhängig
Vergleich abschätzen zu
davon abgibt.
können, hat TNS Infratest
Das Delphi zur Studie
im Auftrag von Münchner
„Zukunft und ZukunftsfäKreis, EICT, Deutsche Telehigkeit der IKT und Mekom, TNS Infratest sowie Abb. 1 – Zukunftsradar Medienkonvergenz-Print: Neue Technologien und „alte“ Rezeptionsgewohn- dien“ wurde in zwei Wellen
unterstützt von Siemens, heiten (Quelle: MÜNCHNER KREIS e.V., EICT GmbH, Deutsche Telekom AG, TNS Infratest GmbH)
im April und Mai sowie Ju-
32
esearch &
esults
7 · 2009
Foto: © Kawa – Fotolia.com
Delphi-Studie
beleuchtet
Zukunft der IKT
RESEARCH
ni und Juli 2009 internetbasiert durchgeführt. An der ersten Welle nahmen
551 Experten teil, an der zweiten noch
439, dies entspricht einem Rücklauf
von knapp 70 Prozent in Welle 1 und
80 Prozent in Welle 2.
Über 300 Zukunftsthesen
In einer Vorphase zur Studie wurde
mittels Desk-Research sowie einer Vorbefragung von Experten die Situation
der IKT und Medien abgebildet und bis
2012 abgeschätzt. Aus diesen Ergebnissen wurden Thesen und Szenarien generiert, die die Entwicklung und Implikationen heute bereits vorhandener
Technologien in die Zukunft projizieren.
Zusätzlich wurden von den Projektpartnern und von ihnen benannten IKT- und
Medienexperten weitere Thesen zu zukünftigen Trends und Innovationen eingereicht. Insgesamt ist so ein Pool von
über 300 Zukunftsthesen entstanden. In
Workshops mit dem projektbegleitenden Expertenteam wurden zentrale Thesen aus diesem Pool identifiziert, diskutiert, formuliert sowie zu einem Thesenkatalog zusammengestellt.
Experten spezifisch befragt
Ein Teil der insgesamt 144 Thesen und
Szenarien wurde allen Experten vorgelegt, bei der Mehrzahl der Thesen wurden jedoch jeweils nur die Befragten um
ihre Einschätzung gebeten, die für dieses Themenfeld eine Expertise angegeben hatten. Ausgehend von ihrem Lebensmittelpunkt wurden die Experten
Zusammensetzung der Delphi-Teilnehmer
Die Studie basiert auf den Einschätzungen verschiedener Expertengruppen. Das Expertenpanel setzt sich aus Vertretern
der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen, die aufgrund ihres Wissens und ihrer Erfahrung in bestimmten
Themengebieten zur Teilnahme an der Studie persönlich aus den Netzwerken der Projektpartner eingeladen wurden
und die gleichzeitig neben ihrer Fachkenntnis auch ihr Gespür für das „Denkbare“ und „Machbare“ einbringen können.
Um die Meinung der Experten zur Zukunft der IKT und Medien mit denen junger, IKT-affiner Menschen kontrastieren
zu können, wurden zusätzlich die Mitglieder der Gruppe DNAdigital (www.dnadigital.de) um ihre Meinungen gebeten.
Die Gruppe setzt sich aus IT-Entscheidern und Digital Natives zusammen (Abb. 2).
Abb. 2 Die nationale
regelmäßige/aktive Internetnutzung
erreicht das 95%-Niveau …
EU
Experten
(n=371)
(n=70)
(n=34)
(n=34)
2010-2014
10 %
17 %
18 %
18 %
8%
2015-2019
35 %
30 %
26 %
15 %
42 %
2020-2024
30 %
21 %
32 %
12 %
28 %
2025-2030
11 %
17 %
0%
15 %
8%
3%
6%
12 %
29 %
6%
10 %
9%
12 %
12 %
8%
Später als 2030
Wahrscheinlich nie
bei Thesen, bei denen der länderspezifische Hintergrund für die Untersuchung
von Bedeutung war, jeweils zu dem dort
angegebenen Land befragt. Die Experten wurden dementsprechend nachträglich in fünf Gruppen nach ihrem regionalen Schwerpunkt zusammengefasst.
Je dunkler das Blau, desto
wahrscheinlicher die These
• Die mobile Nutzung des Internets verändert die
Informationsgesellschaft und schafft neue, eigenständige Anwendungsfelder.
• Die dynamische Entwicklung der IKT-Basistechnologien hat umfassende Auswirkungen auf viele
Schlüsselindustrien der deutschen Wirtschaft und
auf die Mediennutzung.
Die Zukunft wird spannend
• Die zunehmende Digitalisierung geht mit einer weiteren Durchdringung aller Lebensbereiche mit Informations- und Kommunikationstechnologien einher
und verändert unsere Informationsgesellschaft umfassend und nachhaltig.
• Akzeptanz und Vertrauen der Menschen im Umgang
mit IKT sind die Grundlage der Entwicklung einer
modernen und offenen Informationsgesellschaft.
• Leistungsfähige Kommunikationsnetze sind Voraussetzung für eine wettbewerbsfähige Informationsgesellschaft.
Kostenfreier Download unter www.tns-infratest. com/
zukunftsstudie
Weitere int.
Experten
(n=36)
Quelle: MÜNCHNER KREIS e.V., EICT GmbH, Deutsche Telekom AG, TNS Infratest GmbH
Die Ergebnisse der Delphi-Studie sind in
37 Artikeln thematisch zusammengefasst. Jedem Artikel vorangestellt ist ein
„Zukunftsradar“. Es verschafft einen
schnellen Überblick über die Leistungen
der Studie. Zunächst einmal ist das die
Abschätzung, wann gewisse Szenarien
oder Thesen (in Deutschland) eintreffen.
Blautöne geben an, in welchem Zeitraum eine These nach Meinung der
Deutschland-Experten eintreffen wird.
Je dunkler das Blau, desto mehr Experten schätzen den jeweiligen Zeitraum
als realistisch ein. Je weiter außen sich
dieser blaue bis dunkelblaue Zeitraum
befindet, desto später wird die These
eintreffen. Zusätzlich zeigt der zweite
Ring von außen, ob die befragten
Deutschland-Experten das Eintreffen einer These oder Szenarios grundsätzlich
als unrealistisch einschätzen. Dies ist
mit der „Wahrscheinlich nie“-Kategorie
veranschaulicht (Abb. 1).
Die Kernbotschaften der
Delphistudie
USA
Experten
DNA
Digital
DE
Experten
…im Zeitraum:
Die aufwendig konzipierte Studie ist
aufgrund ihrer großen Themenbreite in
der Lage, zu vielfältigen Themenbereichen Prognosen zu erstellen und somit
Handlungsempfehlungen an Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft zur Gestaltung der Zukunft zu geben. Von Web 2.0
und digitaler Identität über Open Innovation und das Breitband der Zukunft
bis zur Zukunft der Medien und der Integration von IKT im Heim, in Autos
und bei der Energieversorgung.
■
Robert A. Wieland ist Geschäftsführer der TNS Infratest GmbH und als Sector Head für den Bereich
TNS Technology & Media
verantwortlich. Er hat langjährige
internationale Beratungs- und Projekterfahrung in der Marktforschung durch
seine Tätigkeiten in der IT-, Telekommunikations-, Medien- und Finanzbranche.
Dr. Malthe Wolf ist Senior
Consultant und Teamleiter
im Sektor InCom/Technology bei TNS Infratest in
München. Er verantwortet
dort unter anderem Projekte in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWi), dem Münchner Kreis sowie namhaften IKT- und Medienunternehmen.
Stefanie Sagl ist Consultant im Sektor InCom/
Technology bei TNS Infratest. Sie betreut nationale
und internationale Adhoc-Projekte im Bereich IT und Telekommunikation.
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