gehirn&geist gehirn-und-geist.de Partner • beruf • Familie was die Persönlichkeit prägt werkzeuggebrauch Wie das Gehirn den Hammer schwingt (S. 64) Literatur Was Märchen so reizvoll macht (S. 18) PsychotheraPie Seelische Leiden von Migranten (S. 56) geist und gene Welche Rolle spielt unser Erbgut? (S. 70) Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de D 57525 gehirn&geist Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung Nr. 7-8/2012 € 7,90 / 15,40 sFr. BIOLOGIE Spektrum-Spezial Grüne Reihe 3/2012 SPE Z I A L ALZHEIMER · M E D I Z I N · KU LTU R € 8,90 (D) · € 9,70 (A) · € 10,– (L) · sFr. 17,40 24524 Alzheimer 4 192452 408902 02 SPEZIAL BIOLOGIE · MEDIZIN · KULTUR 3/12 SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT SPEZIAL BIOLOGIE · MEDIZIN · KULTUR 2/ 12: Die größten Rätsel der Philosophie Sonderhefte aus dem Lesershop www.spektrum.de Unsere Gesellschaft wird immer älter – und damit rücken neben den demografischen Auswirkungen auch häufiger die gesundheitlichen Folgen dieses Prozesses in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Eine Krankheit, die dabei ganz besonders im Vordergrund steht, ist die Alzheimerdemenz, bei der die Erkrankten einen Großteil ihres Erinnerungsvermögens verlieren. Das Spektrum-Spezial »Alzheimer« fasst den momentanen Wissensstand zu dieser heimtückischen Krankheit zusammen und geht der Frage nach, ob und welche Mittel es zur Prophylaxe gibt. Aus dem Inhalt: > Fortschritte bei der Früherkennung von Alzheimer > Entwicklung von Medikamenten > Risikofaktoren der Alzheimerforschung > Lassen sich verlorene Erinnerungen zurückholen? Das Spezial Biologie-Medizin-Kultur 3/2012 »Alzheimer« erscheint am 20. 07. 2012 und kostet € 8,90. Sie können das Heft schon jetzt vorbestellen: www.gehirn-und-geist.de/alz Gehirn&Geist-Dossier 2/2012 DIE WELT DER SINNE Manchmal können unsere Sinne schon lästig werden – oder, wie bei akuter Lärmbelästigung, sogar unsere geistige Fähigkeit einschränken. Doch alles, was wir wissen, verdanken wir ihren faszinierenden Leistungen: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten erschaffen unser Bild der Welt. Wie aber verarbeiten wir die Fülle der auf uns einströmenden Reize? Und auf welche Weise kooperieren die verschiedenen Sinne miteinander? Das G&G-Dossier versammelt die wichtigsten G&G-Artikel zu den Rätseln der Wahrnehmung. Aus dem Inhalt: > Auge hört mit: Wie unser Hirn die Reize aller Sinnesorgane zu einem sinnvollen Ganzen verschmilzt > Sinfonie in Rot: Wieso manche Synästhetikern Klänge als bunte Muster erscheinen und andere Berührungen »schmecken« Das neue Dossier »Die Welt der Sinne« kostet € 8,90. Alle Hefte der Reihe können auch unter www.gehirn-und-geist.de/dossierabo bezogen werden. Gehirn&Geist-Basiswissen 5 DIE VERMESSUNG DER SEELE Psychologie und Hirnforschung sind Wissenschaften mit kurzer Geschichte, aber langer Vergangenheit. In diesem Sonderheit, dem fünften Teil unserer Serie Basiswissen, präsentieren wir die besten G&G-Beiträge über Pionierleistungen aus fünf Jahrhunderten: Begleiten Sie Künstler, Gelehrte und Forscher bei ihren Erkundungen des menschlichen Geistes. Themen der Ausgabe sind unter anderem: > Innenansichten des Seelenorgans > »Das Gehirn ist ein Irrweg« > Einblicke in die Dynamik des Denkens > Hirnforschung und Psychologie – eine schwierige Beziehung Das neue Basiswissen »Die Vermessung der Seele« kostet € 8,90. Alle Hefte der Reihe können auch unter www.gehirn-und-geist.de/basiswissen bezogen werden. Weitere Sonderhefte rund um die Themen Psychologie und Neurologie finden Sie unter WISSENSCHAF T AUS ERSTER HAND E-Mail: [email protected] Tel.: 06221 9126-743 gehirn-und-geist.de/themen Fax: 06221 9126-751 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH Slevogtstraße 3–5 | 69126 Heidelberg Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de editorial Carsten Könneker Chefredakteur [email protected] Wie Wir Werden, Was Wir sind »Das passt doch überhaupt nicht zu dir«, stutzte mein Klassenkamerad von einst. »Rennradfahren, so stundenlang allein mit dir selbst?« Jetzt war ich wiederum verblüfft. Warum er sich so über meine schon langjährige Leidenschaft wundere, wollte ich wissen. Die Antwort ging mir noch einige Tage nach. Ich sei doch eher ein geselliger, offener Typ. Mit Freunden kicken, wie damals, das würde viel besser zu mir passen – aber radeln? Beinahe 20 Jahre hatten wir uns nicht getroffen. Und kein Zweifel: Was mein Gegenüber sagte, traf zu. Niemals wäre mir zu Schulzeiten in den Sinn gekommen, mich einsam auf den Landstraßen auszutoben. Heute bin ich davon überzeugt, genau dieser Sport passt zu mir. Woher die Veränderung? Eine mögliche Erklärung kam mir bei der Lektüre unseres Titelthemas. Darin fragen wir, wie sich die Persönlichkeit eines Menschen im Lauf des Lebens wandelt. Lange herrschte unter Psychologen die Ansicht, dass Veränderungen im Temperament aus uns selbst heraus erwachsen – vielleicht weil bestimmte Gene in jungen Jahren, andere hingegen in späteren Lebensphasen aktiver sind. Die aktuelle Forschung widerspricht jedoch einer solchen »intrinsischen Reifung« auf biologischer Basis. Vielmehr entscheiden unsere Erfahrungen in Familie, Beruf und Partnerschaft ein gutes Stück darüber mit, wie sich der Charakter entwickelt. Das berichtet die Psychologin Jule Specht von der Universität Leipzig ab S. 36. In einer großen eigenen Studie stellte sie unter anderem fest, dass die meisten Menschen in den Jahren zwischen 20 und 40 gewissenhafter werden – ein Effekt, der sich im Rentenalter wieder umkehrt. Ein weiterer Befund: Extravertierte tun sich leichter, einen Partner zu finden; doch sind sie erst einmal unter der Haube, nimmt diese Persönlichkeitseigenschaft tendenziell ab. Specht macht zudem deutlich, dass sich ein stabiles Charaktermerkmal wie Extraversion je nach Alter und Lebensumständen unterschiedlich äußern kann. Und hier meine ich, etwas über mich selbst gelernt zu haben: Weil ich ein eher offener, kommunikativer Mensch bin, habe ich einen entsprechenden Beruf gewählt. Als Journalist treffe ich viele Menschen, bin ständig in Gesprächen und im E-Mail-Austausch. Mit der Folge, dass es am Ende des Tages aber meist auch reicht mit der Gruppendynamik. Jetzt noch Fußball spielen und hinterher gemeinsam etwas trinken? Dann doch lieber aufs Rad steigen und sich den Wind um die Nase wehen lassen … Vielleicht lernen Sie auch etwas über sich selbst durch unser Titelthema! Herzlich Ihr Autoren in diesem Heft Jan Kizilhan kam als Kind aus der türkei nach deutschland. Heute erforscht der Professor für transkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie an der universität freiburg, was Psychologen bei der Behand lung von Patienten aus anderen Kulturkreisen beachten sollten (s. 56). Cristina Massen ist Privat dozentin am Leibnizinstitut für Arbeitsforschung in dortmund. Ab s. 64 erklärt sie, warum es uns leichter fällt, mit einer Harke zu kehren als mit einem ruder boot zu wenden. die Psychiater Carsten Spitzer (oben) und Hans Jörgen Grabe erklären ab s. 50, warum seelische Kindheitstraumata im erwachsenenalter oft körperliche Beschwerden wie diabetes und HerzKreis lauferkrankungen nach sich ziehen. www.gehirn-und-geist.de Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de 3 inhalt literatUr Umgang mit Behinderten 8 Geistesblitze erbfaktorfürdieHirnentwicklunG Kopien eines Gens förderten die Evolution unseres Denkorgans. Howdoyoutu? Bilinguale übersetzen beim Lesen unbewusst in die Muttersprache. MoraliscHeVollMacHt Der Anblick von Bioprodukten macht egoistisch. Geizist…uncool! Können wir einen Preis selbst bestimmen, kaufen wir oft lieber – nichts. tieriscHeleseratte Paviane können Wörter erkennen. insGesicHtGescHrieben Wie Vertrauen erweckend Menschen sind, lesen wir aus ihrer Mimik. träGetrotzdopaMinscHub Antriebsschwache haben zu viel Dopamin – am falschen Ort im Gehirn. VierauGenseHenMeHr? Zweierteams tappen leichter in Denkfallen als ein Einzelner. GenetiscHerkollateralscHaden Kindheitstraumata stutzen die Schutzkappen der Chromosomen. 32 geiSt Und gene 70 18 KindheitStraUmata 50 psychoLogIE TITELThEma hinter den Schlagzeilen 36dasflexibleicH 14 GeballteerHolunG? Die wesentlichen Persönlichkeitszüge des Menschen sind wandlungsfähiger, als Forscher lange Zeit für möglich hielten. Doch wie prägen die eigene Berufswahl oder andere grundlegende Lebensentscheidungen unsere Art zu denken und zu fühlen? Urlaube erscheinen nötig, um den Arbeitstrott hinter sich zu lassen und die Batterien wieder aufzuladen. Doch wie erholt man sich am besten? Spezial: literatUr Und pSyche 18 wundersaMewelt Von den antiken Mythen bis zur modernen Sciencefiction: Fantastische Geschichten begleiten den Menschen seit jeher. Berliner Forscher erkunden nun, was sie im Gehirn bewirken. 24lesenMacHt…eMpatHiscH Wer gern in einem guten Buch schmökert, lernt daraus offenbar fürs Leben: Laut Studien fallen Romanleser oft durch eine erhöhte Sozialkompetenz auf. interview 46»unsereerfaHrunGensind entscHeidend« Der Charakter eines Menschen kann sich durch eine längere Partnerschaft oder die Geburt eines Kindes merklich verändern. Die Psychologen Jaap Denissen und Roos Hutteman erklären, wie es dazu kommt und welche Lebensumbrüche die Persönlichkeit am stärksten prägen. 30diesaatdeszweifels Unser Denkstil beeinflusst, welche Haltung wir in Glaubensfragen einnehmen. 32 eMpatHiestattMitleid Wie begegnet man Behinderten auf Augenhöhe? Der französische Kinoerfolg »Ziemlich beste Freunde« macht es vor. 4 G&G 7-8_2012 Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de TITELThEma Flexible persönlichkeit 36 Wie Lebensentscheidungen den Charakter prägen 46 Interview zum Einfluss von Partnern und Elternschaft mEdIzIn hIrnforschung rubrIkEn 50wenndiekindHeitkrankMacHt 64duGeHörstzuMir Körperliche Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme können die Folgen einer schweren Kindheit sein. Denn laut den Medizinern Hans Jörgen Grabe und Carsten Spitzer erhöhen Missbrauch und Vernachlässigung die Gefahr, dass das Stresssystem des Organismus aus dem Lot gerät. Unser Gehirn nimmt Werkzeuge wie verlängerte Gliedmaßen wahr, so dass wir sicher mit ihnen hantieren können. Bei komplizierten Geräten scheint das allerdings nicht mehr zu funktionieren, wie Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung in Dortmund herausfanden. 56scHMerzHaftekonflikte Serie »die groSSen g&g-themen« teil 6 Menschen mit Migrationshintergrund sind in der neuen Heimat häufig besonderen Belastungen ausgesetzt. Da sich seelisches Leiden bei ihnen zudem meist anders äußerst als bei Einheimischen, stehen Psychotherapeuten bei ihrer Behandlung vor großen Herausforderungen. Erbgut oder Umwelt – was prägt die Psyche des Menschen mehr? Die Psychogenetik versucht, diese Frage zu beantworten. Im sechsten Teil unserer G&G-Jubiläumsserie stellen wir die wichtigsten Ergebnisse dieses spannenden Forschungsgebiets vor. 3 Editorial 6 Leserbriefe 78 Bücher und mehr, u. a. mit Christophe André (Hg.): Die Geheimnisse der Therapeuten / Bas Kast: Ich weiß nicht, was ich wollen soll / Martin Lindstrom: Brandwashed / Manfred Cierpka (Hg.): Frühe Kindheit 0–3 Jahre 82 Kopfnuss 83 Impressum 86 Auf Sendung 87 Termine 70Gene,GeistundGeHirn 89 Hirschhausens Hirnschmalz Was denkt Ihr Handy? 90 Vorschau Titelmotiv: Daniela Leitner Das sind unsere Coverthemen gehirn&geiSt – das Magazin für Psychologie und Hirnforschung aus dem Verlag Spektrum der Wissenschaft www.gehirn-und-geist.de Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de 5 leserbriefe mit frdl. Gen. von JürGen GeorG Ansteckende AlzheimerkrAnkheit? Konrad Beyreuther, einer der führenden Demenzspezialisten, stellte im G&G-Interview die neuesten Erkenntnisse der Alzheimerforschung vor (»›Alzheimer wird uns immer begleiten‹«, Heft 5/2012, S. 66). Florian Keil, Berlin: Im Interview sagte Konrad Beyreuther: »Es ist schon beun ruhigend, dass die Pflege von Alzheimer patienten das eigene Risiko um das Sechsfache erhöht.« Als angehender Er gotherapeut ist mir das Herz in die Hose gerutscht, als ich etwas von »anstecken dem Alzheimer« las. Beyreuther bezieht sich wohl auf eine USStudie, bei der sich herausstellte, dass der häuslich pflegende Lebensgefährte ein sechsfach erhöhtes Risiko für Alzheimerdemenz hatte. Dies scheint aber nicht auf einer Übertragung mysteriöser Alzheimererreger zu beru hen, sondern auf gemeinsam durchlit tenen Infektionskrankheiten und einem erhöhten Cortisolspiegel der oftmals überforderten allein pflegenden Partner. Belege für eine direkte Ansteckungsge fahr gibt es also keine. Antwort unseres Interviewpartners Konrad Beyreuther: Dass Ehepartner von Menschen mit Demenz selbst ein erhöhtes Demenzrisiko haben, be legte die CacheCountyStudie (J. Am. Ge riatr. Soc. 58, S. 895 – 900, 2010). Gründe dafür dürften sein: Depression, Über forderung, Angst und soziale Isolation (J. Am. Geriatr. Soc. 59, S. 900 – 908, 2011). Für Pflegepersonal gibt es keine entspre chenden Untersuchungen. Ob eine »Ansteckungsgefahr« über haupt im Bereich des Möglichen liegen könnte, werden bald entsprechende Ex perimente mit Mausmodellen für die Ab Amyloidpathologie der Alzheimerkrank heit zeigen. Auf Tagungen berichteten Forscher bereits, dass sich diese Störung mit Bluttransfusion bei Mäusen induzie ren lässt, die erhöhte Mengen des Amy loidpeptids Ab produzieren. Ob das im Tiermodell auch mit Speichel, Urin oder anderen Körperausscheidungen möglich ist, wurde noch nicht untersucht. Ich halte es aber für sehr unwahr scheinlich, dass Menschen unter 50 Jah Der »AlzheimerAktivist« richArD tAylor vor etwa zehn Jahren wurde bei dem amerikanischen Psychologen richard taylor Demenz diagnostiziert. seitdem setzt er sich für die rechte der Patienten ein. ren sich überhaupt mit der Amyloid pathologie »anstecken« können. Dazu müssten erhöhte Mengen des Amyloid peptids Ab – wie bei den veränderten Mäusen – bereits im Gehirn vorhanden sein. Auf Grund publizierter Daten dürf te das in diesem Alter für die Normalbe völkerung kaum der Fall sein. Auch wenn die von Ihnen angesprochene »Anste ckungsgefahr« noch so gering sein mag, ist es beruhigend zu wissen, dass Mitar beiter in Pflegeheimen – aus Gründen der Hygiene – Handschuhe beim Waschen und Ankleiden von Alzheimerpatienten tragen. leben mit demenz Der amerikanische Psychologe Richard Taylor ist selbst an Demenz erkrankt. Seine Lebenserfahrungen schilderte er im G&GInterview (»›Opa, da ist wieder dein Alzheimer!‹«, Heft 5/2012, S. 76). Sabine Jansen, Berlin: Ich finde es sehr schön, dass Sie in Ihrem »Spezial Alzhei mer« einen Betroffenen zu Wort kom men lassen. Richard Taylor habe ich als Geschäftsführerin der Deutschen Alzhei mer Gesellschaft e. V. schon verschiedent lich auf Kongressen getroffen, und ich schätze sein Engagement sehr. Allerdings kann ich eine Bemerkung im Interview mit ihm nicht unwidersprochen stehen lassen: »Auch die Alzheimergesellschaf ten sagen: ›Geh und mach dein Testa ment! Bereite dich aufs Sterben vor!‹« Der erste Satz ist sicher insofern richtig, als die Alzheimergesellschaften dazu ra ten, rechtliche Dinge zu klären, solange man noch in der Lage ist, eigene Verfü gungen zu treffen. Die Alzheimergesell schaften setzen sich jedoch weltweit für ein gutes Leben mit Demenz ein! Das Motto des diesjährigen WeltAlzheimer tags lautet beispielsweise: »Demenz: zu sammen leben«. In Deutschland lassen wir seit 2006 auf unseren Kongressen und Tagungen Betroffene sprechen, um deutlich zu machen, dass ein lebens wertes Leben auch mit dieser Krankheit möglich ist. Wir setzen uns dafür ein, dass die Öffentlichkeit mehr über De menzen erfährt und es normaler wird, auch mit diesem Leiden weiter an sozia len Aktivitäten teilzunehmen. mythos freier Wille Mit sieben Mythen der Hirnforschung räumte der Psychologe und Philosoph Stephan Schleim auf (»Die 7 größten Neuromythen«, Heft 4/2012, S. 38). Michael H. Greve, Au/Zürich (Schweiz): Den Artikel von Stephan Schleim habe ich mit großem Interesse gelesen, deckt er doch darin anhand von klaren Beispie len, wie etwa im Fall des »Hirnjogging«, einiges an pseudowissenschaftlichem 6 G&G 7-8 _2012 Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de Unfug auf. In einem Punkt irrt er jedoch nach meiner Meinung. In seinem »Neu romythos 6« (»Neuroforscher haben be wiesen, dass der freie Wille eine Illusion ist«) schreibt er: »Gemäß neuerer philo sophischer Entwicklungen im 20. Jahr hundert folgen wieder mehr Fachleute einer so genannten kompatibilistischen Sicht: Nicht ob wir determiniert sind oder nicht, sondern was uns determi niert, ist essenziell.« Seit der Formulierung der Unbe stimmtheitsrelation durch Werner Hei senberg in den 1920er und 1930er Jahren gibt es in der Tat wachsende Zweifel an der absoluten Determiniertheit der Welt. So wie der Determinismus als Argument an Bedeutung verliert, wird aber die Kau salität als Ursache von Handlungen durch neue Erkenntnisse in der Genetik und der Psychologie des sozialen Zusam menspiels hingegen noch erhärtet. Alle unsere Handlungen werden durch Verer bung, Umwelteinflüsse und Erfahrungen geprägt, die unsere Ziele, Meinungen, ja selbst unser Weltbild bestimmen. Die Frage ist: Kann der Mensch bei gegebe nen Kenntnissen und Erfahrungen an ders entscheiden, als er dies ohnehin tut? Subjektiv meinen wir, eine Wahl zu ha ben – doch ist das nicht nur Illusion? Wir möchten, dass unser freier Wille eine Wahl ohne Regeln ist, die nicht durch ir gendwelche Gesetzmäßigkeiten einge engt wird. Wenn wir aber unsere Regeln aufgeben, wodurch sollen wir sie dann ersetzen? Vielleicht durch den Zufall von Quantenfluktuationen? Warum ist es für uns wichtig, einen freien Willen zu haben? Wenn wir durch Briefe an die Redaktion … sind willkommen! Schreiben Sie bitte mit Ihrer vollständigen Adresse an: Gehirn&Geist Petra Mers Postfach 10 48 40, 69038 Heidelberg E-Mail: [email protected] Fax: 06221 9126-779 Weitere Leserbriefe finden Sie unter: www.gehirn-und-geist.de/leserbriefe unsere Gefühle und Ansichten zu Ent scheidungen getrieben werden, ent spricht das nicht genau unserem Wunsch? Nehmen wir an, wir wüssten sehr genau über unsere Werte und An sichten Bescheid. Dann wäre es doch in unserem eigenen Interesse, wenn unsere Entscheidungen stets durch unsere Be dürfnisse bestimmt wären. Müssen wir das nicht sogar hoffen, weil unsere Ent scheidungen sonst bloße Akte der Will kür wären? Die Kausalität unseres Den kens ist also ebenso schwer anzuzweifeln, wie sie zu beweisen ist. Die Tatsache bleibt: Wir legen uns so fest, wie wir ent scheiden. Weibliche täter Inwieweit sich pädophile Neigungen per Magnetresonanztomografie nachweisen lassen, untersucht der Kieler Psychologe Jorge Ponseti (»Täterprofile im Hirnscan«, Heft 5/2012, S. 14). Michael Kühnapfel, Fellbach: Im Kasten »Warum gibt es Pädophilie?« heißt es, die Störung komme bei Frauen äußerst sel ten vor. Einen Anteil weiblicher Pädophi ler von 12 bis 20 Prozent, wie er in der Literatur genannt wird, würde ich nicht gerade als »äußerst selten« beschreiben – zumal die Dunkelziffer, bedingt durch solche Vorurteile, relativ hoch sein dürf te. So wichtig die Untersuchungen sind – nicht zuletzt auch wegen der differen zierten Betrachtungen von Pädophilie und Kindesmissbrauch –, so wünschens wert wäre es auch, diese auf Frauen aus zudehnen. Das sollte nicht durch die zur Zeit herrschenden politischsozialen Vor gaben (Männer als Täter, Frauen als Op fer) beschränkt werden. Leider ist Kindes missbrauch nach wie vor ein Bereich, der politischideologisch instrumentalisiert wird, was letztlich den Opfern schadet und das Verständnis von Pädophilie er schwert. der unmorAlische ekel Die Philosophin Manuela Lenzen möchte den Ekel aus ethischen Diskussionen verbannt sehen (»Von wegen ›gefühlte Moral!‹«, Heft 5/2012, S. 50). Anna Hilger, Düsseldorf: Beim letzten Absatz des Kommentars von Manuela Lenzen gerate ich ins Nachdenken: »Eine Emotion liefert keine tiefere Weisheit und auch keinen Leitfaden für unser Handeln.« Dass Emotionen keine tieferen Weisheiten liefern, unterschreibe ich. Aber was ist mit der Liebe oder Nächsten liebe als Leitfaden für unser soziales Mit einander? Werner Gauß, Freiburg: Ekel ist kein Ge fühl, schon gar kein Grundgefühl, ent steht aber meist aus vermeintlich Ge fühltem. Vermeintlich deshalb, weil die ses Gefühlte ein Produkt aus Moral, zivilisatorischer Erscheinungsform und Soziologie ist. Mit Fühlen im ursprüng lichen Sinn hat Ekel so viel zu tun wie ein Fisch mit Fahrradfahren. Ekel ist weder der Natur noch der Evolution gemäß, sondern eine rein menschliche Eigen schaft. Alle Tiere – und auch der Mensch gehört zum Tierreich – schützen sich ge gen Krankheiten; Tiere kennen jedoch weder Hass noch Ekel. Zuletzt erschienen: Nachbestellungen unter: www.gehirn-und-geist.de oder telefonisch: 06221 9126-743 6/2012 5/2012 4/2012 www.gehirn-und-geist.de Jetzt bestellen auf www.PresseKatalog.de 7
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