Was ist das Problem - Rettet die Ems

Vorläufiger Planungsstopp für Fahrrinnenvertiefung im Ems-Dollart
Die Emsmündung
Wo Flüsse ins Meer strömen und sich Süß- und Salzwasser mischen, liegen ganz besondere Lebensräume – die Ästuare.
Geprägt von Ebbe und Flut, besitzt die Mündung der Ems genau wie die Ästuare von Weser, Westerschelde und
anderer Flüsse eine eigene diesem speziellen Lebensraum angepasste Tier- und Pflanzenwelt. Das Ems-Ästuar erstreckt
sich von Borkum und Rottum bis ins küstenferne Emsland. Bis zum Wehr bei Herbrum ist die Ems dem Wechsel der
Gezeiten ausgesetzt.
Was ist das Problem?
Noch vor dreißig Jahren war das Ems-Ästuar ein relativ naturnahes Ökosystem: Fische wanderten zum Laichen in
großer Zahl aus dem Meer flussaufwärts. Nachwuchs gedieh reichlich in den flachen, geschützten Uferzonen. Heute
sind diese Kinderstuben weitgehend verwaist oder zerstört. Die Ursache dafür liegt in der vielfältigen Vertiefung,
Verbreiterung und Begradigung der Wasserstraßen im Ästuar. Fortwährend sind Baggerschiffe im Einsatz, um diese
unnatürliche Fahrwassertiefe zu erhalten. Durch den Ausbau der Fahrwege ist eine Art „Wasser-Autobahn“ entstanden
über die bei Flut das Wasser aus der Nordsee ungebremst in das Ästuar und in die Ems eindringen kann. Jede Flut spült
große Mengen Schlick in die Ems, das Wasser ist trübe und schlammig, genau wie der Gewässergrund. Aufgrund der
mächtigen Schlickschicht ersticken selbst Kleinstlebewesen, Würmer, Muscheln und Krebse. Die Trübung drosselt die
Sauerstoffproduktion im Wasser. Im Sommer können hier keine Fische leben. Die Unterems wird dann über weite
Strecken zu einem nahezu leblosen Gewässer - die Ems hat „Atemnot“!
Planungen zur Verbesserung des ökologischen Zustands
Dass der ökologische Zustand des Ems-Ästuars schlecht ist, ist inzwischen allgemein anerkannt. Die verantwortlichen
Regierungsinstanzen suchen, unter anderem im Rahmen des grenzübergreifenden Bewirtschaftungsplans zur
Umsetzung von Natura 2000, nach Maßnahmen um den ökologischen Zustand zu verbessern. Diese Suche hat ergeben,
dass eine Verbesserung des heutigen Zustands nicht mit einfachen Maßnahmen zu erreichen ist. Ein vielfältiges Paket
an Maßnahmen ist erforderlich um den bereits bestehenden schlechten Zustand zu verbessern, ob unter diesen
Voraussetzungen überhaupt ein ökologisch vertretbarer Zustand erreicht werden kann, steht noch nicht fest. Parallel
dazu prüft das Land Niedersachsen in Zusammenarbeit mit Landkreisen, Wirtschaft und Umweltverbänden
Möglichkeiten zur Lösung des Schlick- und Sauerstoffproblems in der Unterems. Die Ergebnisse sollen Ende 2013
vorliegen.
Planungen zur weiteren Verschlechterung
Während nach Maßnahmen zur Verbesserung gesucht wird arbeiten dieselben Regierungsinstanzen an Planungen und
Vorhaben um die Fahrwege im Ems-Ästuar weiter auszubauen. So ist das Verfahren der Fahrwegvertiefung zum Hafen
von Emden im Februar 2013 angelaufen und es steht ein Verfahren der Fahrwegvertiefung zum Eemshaven aus. Bei
allen Vertiefungen führen die verantwortlichen Instanzen an, dass die negativen Auswirkungen auf das Ästuar zu
vernachlässigen seien. Der derzeit schlechte Zustand des Ästuars scheint als Berechtigung für weitere negative
Eingriffe genutzt zu werden. Nach dem Motto „Schlimmer kann es nicht werden.“ Dies sehen wir anders!
Darum fordern wir einen sofortigen Stopp für weitere Eingriffe in das Ems-Ästuar!
In der Erkenntnis, dass:
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sich das Ems-Ästuar schon jahrelang in einem desaströsen Zustand befindet,
jede weitere Vertiefung, Erweiterung und Begradigung uns einen weiteren Schritt von der Verbesserung des
Systems entfernt,
die Vergangenheit bewiesen hat, dass wir das System und seine Funktionsweise nur unzureichend begreifen
sodass wir signifikante negative Auswirkungen weiterer Fahrwegerweiterungen nicht ausschließen könnten,
neben einer weiteren Verschlechterung des ökologischen Zustands auch Küsten- und Hochwasserschutz
gefährdet sind,
rufen wir die die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, die Reichsregierung der Niederlande, die
Landesregierung Niedersachsen und die Provinzregierung Groningen dazu auf alle weiteren Ausbaumaßnahmen der
Fahrwege im Ems-Ästuar vorläufig zu stoppen.
Dieses stand-still Prinzip muss mindestens solange gelten bis eine konkrete kurz, mittel und langfristige
Maßnahmenplanung vorliegt, um den heutigen schlechten ökologischen Zustand des Ems-Ästuars signifikant zu
verbessern.
27.06.2013