36 Pflanze BAUERNBLATT l 4. Oktober 2014 ■ Schutz für Anwender und Umwelt im Fokus Was bringt eine JKI-Anerkennung am Pflanzenschutzgerät? Auf so manchen Pflanzenschutzgeräten, die in Deutschland verkauft werden, klebt bei Auslieferung das Prüfsiegel (siehe Abbildung 1) des Julius-Kühn-Instituts (JKI). Damit wird bescheinigt, dass dieser Gerätetyp eine Prüfung zur JKI-Anerkennung erfolgreich durchlaufen hat. Aber was genau verbirgt sich hinter einer JKI-Anerkennung, und welchen Nutzen hat diese für den Praktiker? Dieser Artikel soll die gesetzlichen Hintergründe sowie den praktischen Nutzen dieser und weiterer Prüfungen von Pflanzenschutzgeräten und Bauteilen für den Anwender aufzeigen. vom Gesetzgeber nicht mehr vorgesehen. Vielmehr wird vom Gesetzgeber bei einem Pflanzenschutzgerät mit CE-Zeichen nach §16 (2) PflSchG „vermutet, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind“. Die Erfahrungen aus dem Erklärungsverfahren zeigen jedoch, dass ohne neutrale Überprüfung die Anforderungen nicht immer eingehalten werden. Diese aktuelle Situation birgt für den Praktiker das RisikoPflanzenschutzgeräte einzusetzen, die eben nicht die Anforderungen nach §16 (1) PflSchG erfüllen. Damit besteht die Gefahr, dass die Anwendung des Gerätes beispielsweise im Rahmen der Pflichtkontrolle untersagt werden kann. Um den Anwender in dieser Situation nicht im Regen stehen zu lassen, bietet das JKI verschiedene freiwillige Prüfungen an, mit denen sich Hersteller die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen weiterhin unabhängig bescheinigen lassen können. §16 Absatz 1 PflSchG Verantwortlich für die JKI-Aner- Bei Pflanzenschutzgeräten mit JKI-Prüfsiegel kann der Praktiker davon ausgekennung ist das Institut für Anwen- hen, dass alle arbeitssicherheitsrelevanten Anforderungen erfüllt sind und diedungstechnik im Pflanzenschutz, eine se von unabhängiger Stelle geprüft und bestätigt wurden. Sie sind im parktiPrüf- und Forschungseinrichtung des schen Einsatz auf „Herz und Nieren“ geprüft und von Berufskollegen für geFoto: Thomas Storm JKI mit Sitz in Braunschweig. Das In- eignet befunden. stitut hat den Auftrag, den hohen eingereicht. Das JKI konnte anhand Standard der Pflanzenschutztechnik Gesetzlicher dieser Dokumente Mängel wie zum in Deutschland durch technische PrüHintergrund Beispiel zu geringes Nennvolumen, zu fungen zu sichern und, wo möglich, unter Berücksichtigung von PraxisbeNach §16 (1) des Pflanzenschutzge- kleinen Spülwasserbehälter, zu gerinDas JKIdingungen durch Forschung weiter- setzes (PflSchG) darf die Anwendung ge Pumpenleistung et cetera erkenAnerkennungsverfahren zuentwickeln. Erklärtes Ziel ist es, An- von Pflanzenschutzmitteln nur mithil- nen und vor dem Inverkehrbringen wender und Umwelt vor den von fe von solchen Pflanzenschutzgerä- beseitigen lassen. Mit der NeuregeDie umfangreichste der angebotePflanzenschutzmitteln ten erfolgen, die bei lung des PflSchG im Jahr 2012 haben nen Prüfungen ist die JKI-Anerkenausgehenden Risiken Abbildung 1: ihrer bestimmungsge- sich die Modalitäten zum Inverkehr- nung (siehe Abbildung 2), die aus fünf zu schützen. Die am In- Prüfsiegel der mäßen und sachge- bringen von Pflanzenschutzgeräten Bausteinen besteht. Am Institut für stitut durchgeführten JKI-Anerkennung rechten Verwendung grundlegend verändert. Der Nach- Anwendungstechnik werden zu prütechnischen Bewerkeine schädliche Aus- weis, dass ein Pflanzenschutzgerät die fende Geräte oder Geräteteile dafür Anforderungen einer Dokumentenprüfung, einer tungen an Pflanzenwirkungen auf grundsätzlichen schutzgeräten, SägeMensch, Tier, Grund- nach §16 (1) PflSchG erfüllt, wird nun- Sichtprüfung sowie diversen Prüfräten und Beizstellen wasser und Natur- mehr vom Hersteller selbst erklärt standmessungen unterzogen. Die Anstellen dabei einen haushalt haben, die und durch ein CE-Zeichen kenntlich forderungen bei den Prüfstandmeswichtigen Baustein zur nach dem Stand der gemacht. Eine darüber hinausgehen- sungen gehen bei dieser Prüfung Risikominimierung Technik vermeidbar de unabhängige Überprüfung ist über die Anforderungen der bereits dar. Zweck der Gerätesind. Die in diesem Geprüfungen ist es, der setzestext sehr allge- Abbildung 2: Prüfungsangebot des Julius-Kühn-Instituts Landwirtschaft geeigmein formulierten AnDokumentennete und sichere Geräforderungen an PflanDokumentenprüfung prüfung: te zur Verfügung zu stellen, die gege- zenschutzgeräte werden in der benenfalls darüber hinaus auch ihre EN/ISO Norm 16119 konkretisiert. DaSichtprüfung Technikcheck: + Dokumentenprüfung abdriftmindernden Eigenschaften nach müssen Pflanzenschutzgeräte nachgewiesen haben. Auf Antrag bestimmte Kriterien bezüglich QuerPrüfstandmessung ENTAM: kann auch das Einsparpotenzial von verteilung, Restmengen, Reinigung, Sichtprüfung Pflanzenschutzmitteln geprüft wer- Rührwerk, Pumpenleistung, BehälterDokumentenprüfung den. Nachweis für diese positiven Ei- kapazität, Gestängestabilität et cetegenschaften ist eine Eintragung in die ra nach expliziten Vorgaben erfüllen. Arbeitssicherheitsprüfung Anerkennung: „Beschreibende Liste“ der geprüften Die Überprüfung dieser AnfordePraxiseinsatzprüfung Geräte. Das „Verzeichnis Verlustmin- rungen wurde bis Ende 2012 für jedes Prüfstandmessung + zusätzliche Anforderungen dernder Geräte“, als Teil dieser be- Neugerät, das auf dem deutschen Sichtprüfung schreibenden Liste, ist für die Praxis Markt verkauft werden sollte, durch Dokumentenprüfung von hoher Bedeutung, da die Anwen- das JKI im Rahmen des Erklärungsverdungsbestimmungen zahlreicher fahrens durchgeführt. Hierbei hat der Verlustminderung/ Prüfung auf Pflanzenschutzmitteleinsparung PflanzenschutzVerzeichnis Pflanzenschutzmittel darauf Bezug Hersteller die Einhaltung der bis da- mitteleinsparung: „Verlustmindernde Prüfung der Abdriftminderung Geräte“ nehmen. Die genauen Zusammen- hin geltenden Anforderungen für 50 / 75 / 90 / 95 % JKI-Anerkennung hänge werden im Folgenden erläu- Neugeräte erklärt und neben der Getert. brauchsanleitung weitere Unterlagen 37 ■ BAUERNBLATT l 4. Oktober 2014 genannten Norm EN/ISO 16119 hinaus. Fordert diese zum Beispiel bei der Querverteilung einen Variationskoeffizienten (VK) von maximal 7 % bei einer Druck- und Höhenstufe, so muss bei der JKI-Anerkennung der VK im gesamten Arbeitsbereich einer Düse eingehalten werden. Dies ist nur ein Beispiel, weitere zusätzliche Anforderungen zum Beispiel zur Reinigung, zum Rührwerk, zum Behälter, zum Gestänge et cetera sind in der im Internet (www.jki.bund.de/geraete. html) zugänglichen JKI-Richtlinie 2-1.0 niedergeschrieben. Als vierter Baustein findet darüber hinaus, begleitet von den Pflanzenschutzdienststellen der Länder, ein Praxiseinsatz des Gerätes über eine Saison auf einem landwirtschaftlichen Betrieb statt. Dieser wird nach standardisierten Vorgaben protokolliert und fließt in die Bewertung mit ein. Um die JKIAnerkennung perfekt zu machen, muss der Hersteller zusätzlich nachweisen, dass sein Gerät den Anforderungen der Arbeitssicherheit entspricht. Dieser fünfte Baustein der JKIAnerkennung wird in Zusammenarbeit mit den Experten der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau aus Kassel durchgeführt. Liegen alle Ergebnisse aus den fünf Teilbereichen vor, werden diese dem „Fachbeirat Geräte – Anerkennungsverfahren“ zur Einsicht vorgelegt. Dieses Expertengremium berät und diskutiert die Ergebnisse und gibt dem JKI eine Empfehlung darüber ab, ob eine Anerkennung ausgesprochen werden kann. Ist dies der Fall, wird der Prüfbericht veröffentlicht und kann unter www.jki.bund.de kostenlos eingesehen und heruntergeladen werden. Wurden bei der Prüfung allerdings Mängel festgestellt, erfolgt die Weiterprüfung erst dann, wenn der Hersteller die Mängel behoben hat. Eine JKI-Anerkennung hat eine Gültigkeit von fünf Jahren. Danach müssen die Geräte erneut zur Prüfung vorgestellt werden, um JKI-anerkannt zu bleiben. Der Nutzen für Praktiker Der Nutzen der JKI-Anerkennung für den Praktiker liegt darin, dass er beim Kauf eines JKI-anerkannten Gerätetyps davon ausgehen kann, dass dieses Gerät alle technischen und arbeitssicherheitsrelevanten Anforderungen erfüllt und dies von unabhängiger Stelle geprüft und bestätigt wurde. Darüber hinaus ist sichergestellt, dass das Gerät von einem Berufskollegen im praktischen Einsatz auf Herz und Nieren geprüft und für geeignet befunden wurde. Verzeichnis verlustmindernder Geräte Im Verzeichnis der verlustmindernden Geräte sind alle Pflanzenschutzgeräte (und -konfigurationen) aufgeführt, durch deren Einsatz im Rahmen einer vom Hersteller beauftragten Prüfung eine Abdriftreduzierung um mindestens 50 % gegenüber den offiziellen Abdrifteckwerten, die bei der Zulassung der Pflanzenschutzmittel für die Risikobewertung genutzt werden, festgestellt werden konnte. Allerdings kann eine Eintragung in das „Verzeichnis Verlustmindernde Geräte“ nur erfolgen, wenn zuvor eine JKI-Anerkennung für das Gerät oder Geräteteil (zum Beispiel Düsen oder Gestänge) ausgesprochen und damit die grundsätzliche Eignung nachgewiesen wurde. Das Verzeichnis der verlustmindernder Geräte wird vom Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz seit 1993 geführt. Bis 1999 konnten dort nur Geräte eingetragen werden, die eine Abdriftreduzierung um mindestens 90 % gegenüber den Abdrifteckwerten nachgewiesen hatten. Eintragungen im Ackerbau wurden erst ab dem Jahr 2000 möglich, als die Abdriftklassen 50 % und 75 % eingeführt wurden. Die Erstellung des Verzeichnisses verlustmindernder Geräte ermöglicht eine differenziertere Festlegung von Anwendungsbestimmungen im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln. Nur durch diese Vorgehensweise konnte die Zulassungsfähigkeit einer Vielzahl von Wirkstoffen in der Vergangenheit aufrechterhalten werden. Auch aus diesem Grund hat die JKI-Annerkennung einen hohen Stellenwert für die landwirtschaftliche Praxis, die auf zuverlässig und – wo erforderlich – auch verlustmindernd arbeitende Pflanzenschutzgeräte angewiesen ist. Der technische Fortschritt im Pflanzenschutzbereich führt immer wieder zu neuen Prüfaufgaben. Das JKI reagiert hierauf mit der Entwicklung neuer Prüfmethoden, zum Beispiel zur automatischen Teilbreitenschaltung oder zur Gestängesteuerung und sieht sich daher gut gerüstet, die Landwirtschaft auch in Zukunft mit einem breiten Prüfungsangebot und mit JKI-anerkannten Geräten zu unterstützen. Dr. Jens Karl Wegener Julius-Kühn-Institut Tel.: 05 31-2 99-36 50 [email protected] Hans-Jürgen Osteroth Julius-Kühn-Institut
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