Was bringt eine JKI-Anerkennung am Pflanzenschutzgerät?

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Pflanze
BAUERNBLATT l 4. Oktober 2014 ■
Schutz für Anwender und Umwelt im Fokus
Was bringt eine JKI-Anerkennung am Pflanzenschutzgerät?
Auf so manchen Pflanzenschutzgeräten, die in Deutschland verkauft
werden, klebt bei Auslieferung das
Prüfsiegel (siehe Abbildung 1) des
Julius-Kühn-Instituts (JKI). Damit
wird bescheinigt, dass dieser Gerätetyp eine Prüfung zur JKI-Anerkennung erfolgreich durchlaufen
hat. Aber was genau verbirgt sich
hinter einer JKI-Anerkennung, und
welchen Nutzen hat diese für den
Praktiker? Dieser Artikel soll die gesetzlichen Hintergründe sowie den
praktischen Nutzen dieser und weiterer Prüfungen von Pflanzenschutzgeräten und Bauteilen für
den Anwender aufzeigen.
vom Gesetzgeber nicht mehr vorgesehen. Vielmehr wird vom Gesetzgeber bei einem Pflanzenschutzgerät
mit CE-Zeichen nach §16 (2) PflSchG
„vermutet, dass die Voraussetzungen
nach Absatz 1 erfüllt sind“.
Die Erfahrungen aus dem Erklärungsverfahren zeigen jedoch, dass
ohne neutrale Überprüfung die Anforderungen nicht immer eingehalten werden. Diese aktuelle Situation
birgt für den Praktiker das RisikoPflanzenschutzgeräte einzusetzen,
die eben nicht die Anforderungen
nach §16 (1) PflSchG erfüllen. Damit
besteht die Gefahr, dass die Anwendung des Gerätes beispielsweise im
Rahmen der Pflichtkontrolle untersagt werden kann. Um den Anwender in dieser Situation nicht im Regen
stehen zu lassen, bietet das JKI verschiedene freiwillige Prüfungen an,
mit denen sich Hersteller die Erfüllung
der gesetzlichen Voraussetzungen
weiterhin unabhängig bescheinigen
lassen können.
§16 Absatz 1 PflSchG
Verantwortlich für die JKI-Aner- Bei Pflanzenschutzgeräten mit JKI-Prüfsiegel kann der Praktiker davon ausgekennung ist das Institut für Anwen- hen, dass alle arbeitssicherheitsrelevanten Anforderungen erfüllt sind und diedungstechnik im Pflanzenschutz, eine se von unabhängiger Stelle geprüft und bestätigt wurden. Sie sind im parktiPrüf- und Forschungseinrichtung des schen Einsatz auf „Herz und Nieren“ geprüft und von Berufskollegen für geFoto: Thomas Storm
JKI mit Sitz in Braunschweig. Das In- eignet befunden.
stitut hat den Auftrag, den hohen
eingereicht. Das JKI konnte anhand
Standard der Pflanzenschutztechnik
Gesetzlicher
dieser Dokumente Mängel wie zum
in Deutschland durch technische PrüHintergrund
Beispiel zu geringes Nennvolumen, zu
fungen zu sichern und, wo möglich,
unter Berücksichtigung von PraxisbeNach §16 (1) des Pflanzenschutzge- kleinen Spülwasserbehälter, zu gerinDas JKIdingungen durch Forschung weiter- setzes (PflSchG) darf die Anwendung ge Pumpenleistung et cetera erkenAnerkennungsverfahren
zuentwickeln. Erklärtes Ziel ist es, An- von Pflanzenschutzmitteln nur mithil- nen und vor dem Inverkehrbringen
wender und Umwelt vor den von fe von solchen Pflanzenschutzgerä- beseitigen lassen. Mit der NeuregeDie umfangreichste der angebotePflanzenschutzmitteln
ten erfolgen, die bei lung des PflSchG im Jahr 2012 haben nen Prüfungen ist die JKI-Anerkenausgehenden Risiken Abbildung 1:
ihrer bestimmungsge- sich die Modalitäten zum Inverkehr- nung (siehe Abbildung 2), die aus fünf
zu schützen. Die am In- Prüfsiegel der
mäßen und sachge- bringen von Pflanzenschutzgeräten Bausteinen besteht. Am Institut für
stitut durchgeführten JKI-Anerkennung
rechten Verwendung grundlegend verändert. Der Nach- Anwendungstechnik werden zu prütechnischen Bewerkeine schädliche Aus- weis, dass ein Pflanzenschutzgerät die fende Geräte oder Geräteteile dafür
Anforderungen einer Dokumentenprüfung, einer
tungen an Pflanzenwirkungen
auf grundsätzlichen
schutzgeräten, SägeMensch, Tier, Grund- nach §16 (1) PflSchG erfüllt, wird nun- Sichtprüfung sowie diversen Prüfräten und Beizstellen
wasser und Natur- mehr vom Hersteller selbst erklärt standmessungen unterzogen. Die Anstellen dabei einen
haushalt haben, die und durch ein CE-Zeichen kenntlich forderungen bei den Prüfstandmeswichtigen Baustein zur
nach dem Stand der gemacht. Eine darüber hinausgehen- sungen gehen bei dieser Prüfung
Risikominimierung
Technik vermeidbar de unabhängige Überprüfung ist über die Anforderungen der bereits
dar. Zweck der Gerätesind. Die in diesem Geprüfungen ist es, der
setzestext sehr allge- Abbildung 2: Prüfungsangebot des Julius-Kühn-Instituts
Landwirtschaft geeigmein formulierten AnDokumentennete und sichere Geräforderungen an PflanDokumentenprüfung
prüfung:
te zur Verfügung zu stellen, die gege- zenschutzgeräte werden in der
benenfalls darüber hinaus auch ihre EN/ISO Norm 16119 konkretisiert. DaSichtprüfung
Technikcheck:
+
Dokumentenprüfung
abdriftmindernden
Eigenschaften nach müssen Pflanzenschutzgeräte
nachgewiesen haben. Auf Antrag bestimmte Kriterien bezüglich QuerPrüfstandmessung
ENTAM:
kann auch das Einsparpotenzial von verteilung, Restmengen, Reinigung,
Sichtprüfung
Pflanzenschutzmitteln geprüft wer- Rührwerk, Pumpenleistung, BehälterDokumentenprüfung
den. Nachweis für diese positiven Ei- kapazität, Gestängestabilität et cetegenschaften ist eine Eintragung in die ra nach expliziten Vorgaben erfüllen.
Arbeitssicherheitsprüfung
Anerkennung:
„Beschreibende Liste“ der geprüften
Die Überprüfung dieser AnfordePraxiseinsatzprüfung
Geräte. Das „Verzeichnis Verlustmin- rungen wurde bis Ende 2012 für jedes
Prüfstandmessung + zusätzliche Anforderungen
dernder Geräte“, als Teil dieser be- Neugerät, das auf dem deutschen
Sichtprüfung
schreibenden Liste, ist für die Praxis Markt verkauft werden sollte, durch
Dokumentenprüfung
von hoher Bedeutung, da die Anwen- das JKI im Rahmen des Erklärungsverdungsbestimmungen
zahlreicher fahrens durchgeführt. Hierbei hat der Verlustminderung/
Prüfung auf Pflanzenschutzmitteleinsparung
PflanzenschutzVerzeichnis
Pflanzenschutzmittel darauf Bezug Hersteller die Einhaltung der bis da- mitteleinsparung:
„Verlustmindernde
Prüfung der Abdriftminderung
Geräte“
nehmen. Die genauen Zusammen- hin geltenden Anforderungen für
50 / 75 / 90 / 95 %
JKI-Anerkennung
hänge werden im Folgenden erläu- Neugeräte erklärt und neben der Getert.
brauchsanleitung weitere Unterlagen
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■ BAUERNBLATT l 4. Oktober 2014
genannten Norm EN/ISO 16119 hinaus. Fordert diese zum Beispiel bei der
Querverteilung einen Variationskoeffizienten (VK) von maximal 7 % bei
einer Druck- und Höhenstufe, so muss
bei der JKI-Anerkennung der VK im
gesamten Arbeitsbereich einer Düse
eingehalten werden. Dies ist nur ein
Beispiel, weitere zusätzliche Anforderungen zum Beispiel zur Reinigung,
zum Rührwerk, zum Behälter, zum
Gestänge et cetera sind in der im Internet
(www.jki.bund.de/geraete.
html) zugänglichen JKI-Richtlinie
2-1.0 niedergeschrieben. Als vierter
Baustein findet darüber hinaus, begleitet von den Pflanzenschutzdienststellen der Länder, ein Praxiseinsatz
des Gerätes über eine Saison auf einem landwirtschaftlichen Betrieb
statt. Dieser wird nach standardisierten Vorgaben protokolliert und fließt
in die Bewertung mit ein. Um die JKIAnerkennung perfekt zu machen,
muss der Hersteller zusätzlich nachweisen, dass sein Gerät den Anforderungen der Arbeitssicherheit entspricht. Dieser fünfte Baustein der JKIAnerkennung wird in Zusammenarbeit mit den Experten der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten
und Gartenbau aus Kassel durchgeführt. Liegen alle Ergebnisse aus den
fünf Teilbereichen vor, werden diese
dem „Fachbeirat Geräte – Anerkennungsverfahren“ zur Einsicht vorgelegt. Dieses Expertengremium berät
und diskutiert die Ergebnisse und gibt
dem JKI eine Empfehlung darüber ab,
ob eine Anerkennung ausgesprochen
werden kann. Ist dies der Fall, wird der
Prüfbericht veröffentlicht und kann
unter www.jki.bund.de kostenlos eingesehen und heruntergeladen werden. Wurden bei der Prüfung allerdings Mängel festgestellt, erfolgt die
Weiterprüfung erst dann, wenn der
Hersteller die Mängel behoben hat.
Eine JKI-Anerkennung hat eine Gültigkeit von fünf Jahren. Danach müssen die Geräte erneut zur Prüfung
vorgestellt werden, um JKI-anerkannt
zu bleiben.
Der Nutzen
für Praktiker
Der Nutzen der JKI-Anerkennung
für den Praktiker liegt darin, dass er
beim Kauf eines JKI-anerkannten Gerätetyps davon ausgehen kann, dass
dieses Gerät alle technischen und arbeitssicherheitsrelevanten Anforderungen erfüllt und dies von unabhängiger Stelle geprüft und bestätigt
wurde. Darüber hinaus ist sichergestellt, dass das Gerät von einem Berufskollegen im praktischen Einsatz
auf Herz und Nieren geprüft und für
geeignet befunden wurde.
Verzeichnis
verlustmindernder Geräte
Im Verzeichnis der verlustmindernden Geräte sind alle Pflanzenschutzgeräte (und -konfigurationen) aufgeführt, durch deren Einsatz im Rahmen einer vom Hersteller beauftragten Prüfung eine Abdriftreduzierung um mindestens 50 % gegenüber den offiziellen Abdrifteckwerten, die bei der Zulassung der Pflanzenschutzmittel für die Risikobewertung genutzt werden, festgestellt
werden konnte. Allerdings kann eine
Eintragung in das „Verzeichnis Verlustmindernde Geräte“ nur erfolgen,
wenn zuvor eine JKI-Anerkennung
für das Gerät oder Geräteteil (zum
Beispiel Düsen oder Gestänge) ausgesprochen und damit die grundsätzliche Eignung nachgewiesen
wurde. Das Verzeichnis der verlustmindernder Geräte wird vom Institut
für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz seit 1993 geführt. Bis 1999
konnten dort nur Geräte eingetragen werden, die eine Abdriftreduzierung um mindestens 90 % gegenüber den Abdrifteckwerten nachgewiesen hatten. Eintragungen im
Ackerbau wurden erst ab dem Jahr
2000 möglich, als die Abdriftklassen
50 % und 75 % eingeführt wurden.
Die Erstellung des Verzeichnisses verlustmindernder Geräte ermöglicht
eine differenziertere Festlegung von
Anwendungsbestimmungen im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln. Nur durch diese Vorgehensweise konnte die Zulassungsfähigkeit einer Vielzahl von Wirkstoffen in der Vergangenheit aufrechterhalten werden. Auch aus diesem Grund hat die JKI-Annerkennung einen hohen Stellenwert für
die landwirtschaftliche Praxis, die auf
zuverlässig und – wo erforderlich –
auch verlustmindernd arbeitende
Pflanzenschutzgeräte angewiesen
ist. Der technische Fortschritt im
Pflanzenschutzbereich führt immer
wieder zu neuen Prüfaufgaben. Das
JKI reagiert hierauf mit der Entwicklung neuer Prüfmethoden, zum Beispiel zur automatischen Teilbreitenschaltung oder zur Gestängesteuerung und sieht sich daher gut gerüstet, die Landwirtschaft auch in Zukunft mit einem breiten Prüfungsangebot und mit JKI-anerkannten Geräten zu unterstützen.
Dr. Jens Karl Wegener
Julius-Kühn-Institut
Tel.: 05 31-2 99-36 50
[email protected]
Hans-Jürgen Osteroth
Julius-Kühn-Institut