Saatguthandelstag am 11./12. Juni 2015 „Ansätze zur Verringerung von Staub- und Wirkstoffemissionen in der Getreidebeizung“ Dr. Udo Heimbach Ansätze zur Verringerung von Staub- und Wirkstoffemissionen in der Getreidebeizung bei der Aussaat U. Heimbach1, A. Mertens4, Tanja Schütte1, J.Hansen², J-W. Hoopman³, M. Köhler5, M. Stähler6 1 JKI, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Braunschweig ² KWS Lochow GmbH, Bergen 3 Hoopman equipment & engineering b.v., Aalten 4 Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V., Bonn 5 Willy Niklas GmbH Apparatebau, Mönchengladbach 6 JKI, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin 1 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de www.jki.bund.de Ausgangspunkt: Bienensterben Frühjahr 2008 • Ursachenforschung und Ergebnisse: − Nachweis des Beizmittelwirkstoffes Clothianidin an toten Bienen − Entstehung von Beizmittelstaub (Abrieb) wg. schlechter Haftung des Beizmittels + mechanischer Belastung von gebeiztem Saatgut − Verdriftung des Beizmittelstaubes durch bestimmte pneumatische Sämaschinen und Anlagerung des Staubes auf Blütenpflanzen • Maßnahmen der Behörden: − 2008: Ruhen der Zulassung für insektizide Beizmittel in Mais und Raps − 2008: (Eil)VO gegen die Aussaat von insektizid gebeiztem Maissaatgut mit bestimmten pneumatischen Sägeräten + Grenzwert für Abrieb − 2010: EU RiLi 2010/21 = Neonics und Fipronil nur noch in professionellen Anlagen, die über den besten Stand der Technik verfügen umgesetzt in D durch BVL-Anwendungsbestimmung − 2013: EU-Verbot von Neonics und Fipronil in weiten Bereichen − 2013/14: EFSA Guidance Doc. „Bees“ und EU Guidance doc. „Seed Treatment“ 2 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Imidaclopridrückstände bei Gerstenaussaat 2008, mechanische und pneumatische Sämaschine; Behandlung Manta plus Inteco 80 pneumatisch mechanisch mg imidacloprid /ha 70 60 50 40 30 20 10 Abstand in m 0 0 3 5 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 10 15 6/2015 20 www.jki.bund.de Wichtige Faktoren für Staubdrift beim Säen Der Staubaustrag in Nachbarflächen wird beeinflußt durch Aussaatstärke /ha x Staubabrieb x % Wirkstoffgehalt im Staub (und durch z.B. Staubgrößenverteilung, Sämaschinentyp, Drillbreite in Windrichtung, Bodenfeuchte, Wind) In Beizanlagen vor allem Staubabrieb und Wirkstoffgehalte beeinflußbar (Projekt) Abriebwerte sind Grundlage für Riskobewertung bei der Beizmittelzulassung Auch bei Sämaschinen sind Verbesserungen möglich 4 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Antwort von Wirtschaft und Wissenschaft • Pilotprojekt BDP, BVL, JKI als Basis für Beizstellenzertifizierung: − Entwicklung einer Checkliste für den optimalen Beizprozess − Festlegung Referenzwert für Staubabrieb mittels Heubach-Test (zukünftig „Heubach-AI“?) − Ergebnis: Optimierung Beizergebnis – Minimierung Staubabrieb • Überführung der Ergebnisse in die Praxis mit „SeedGuard“: 5 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland www.jki.bund.de 6/2015 Testverfahren zur Bestimmung von Feinstaub bei Saatgut mit Hilfe des Heubach Dustmeters (s.a. www.jki.bund.de/heubach.html) Abriebtrommel gutes Saatgut schlechtes Saatgut Abriebtrommel Filtereinheit 6 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Heubachwerte (g / ha) von Getreidesaatgut mehrerer Beizanlagen 2008 - 2011 jeweils für maximale Saatdichte in kg/ha berechnet 2008 2011 No. Ø Kultur kg/ha No. Ø Gerste 180 21 3,0 30 2,63 21 1,87 55 1,33 Weizen 250 45 7,7 40 3,43 91 2,25 105 1,06 Triticale 170 - - 28 4,05 2 0,92 - - Roggen 150 23 6,3 23 0,68 14 1,04 - - Kontrollfilter 7 Heubach in g/ha 2009 2010 No. Ø No. Ø Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland Wenig Staubabrieb Viel Staubabrieb 6/2015 www.jki.bund.de Projekt: Entwicklung innovativer Beiztechniken für Getreidebeizanlagen Ziel: Verbesserungen und langfristige Optimierung von Beiztechnik und Beizprozess im Getreide zur Vermeidung von Staubemissionen bei Saatgut für einen nachhaltigen, umweltsicheren Pflanzenbau Methode: Chargenbeizer Niklas W.N. 5 / 50sps, Contibeizer Niklas W.N. 8 Getreideproben gut vorgereinigt und qualitativ hochwertig, jede Beizvariante mit mindestens 500 kg Saatgut, automatische Probenahme Trockner (Fa. Hoopman): Saatgutdurchfluss 5t/h, max. Luftdurchfluss 3500 m³/(h) Abriebtest: Heubach Dustmeter, min. 2 Wdhl. à 100 g Rückstandsanalytik: LC-MS/MS von min. 2 Wdhl. je Probe Dauer: 01.10.2011 bis 31.03.2015 Finanzierung: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Partner: Bundesverband Deutscher e.V. 8Pflanzenzüchter Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Skizze des Versuchsaufbaus für das Beizprojekt Vorreinigung/ Aspiration Getreideprobe Aspiration Probe nahme ChargenBeizer ContiBeizer Absackung Trockner 9 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland www.jki.bund.de 6/2015 Heubachwerte 2 verschiedener Beizgeräte 4 Getreidearten, mehrere Fungizide mit und ohne Kleber, 2012/2013 Heubachwerte g / ha 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 ohne Kleber Chargenbeizer Contibeizer n=3 n=3 Weizen 2012 n=3 n=3 Weizen 2013 n=4 n=4 n=2 n=2 n=3 n=3 Roggen Gerste Hafer Heubachwerte g / ha 1,5 Chargenbeizer Contibeizer mit Kleber 1,0 0,5 n = 5 n = 10 n=5 n=5 Weizen 2012 Weizen 2013 n=6 n=6 n=4n=4 Roggen Gerste n=3 n=3 0,0 10 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 Hafer www.jki.bund.de Einfluss des Trockners auf Heubachwerte von Roggenproben 2012 (verschiedene Fungizide und Kleber) Trockner an (n = 2) 5,0 Trockner aus (n = 1) 30 % 4,5 Heubachwerte g / ha 4,0 3,5 37 % 34 % 3,0 55 % 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 11 38 % 30 % 39 % 12 % 43 % 35 % - 27 % 23 % - 77 % Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 - 229 % www.jki.bund.de Heubachwerte von Hafer, Weizen, Roggen und Gerste (n = 24) mit und ohne Klebern direkt nach Beizung und 3 / 12 Monaten Lager 12 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Heubachwerte Weizen-Lagerproben über 12 Monate mit und ohne unterschiedlich effektiven Klebern ( n = 2) 5,0 0 Monate 3 Monate 6 Monate 9 Monate 12 Monate 4,5 Heubachwerte in g / ha 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 13 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland www.jki.bund.de 6/2015 Heubachwerte Roggenprobe mit 4 Kornfeuchten, 2 Fungizide mit und ohne Kleber bzw. Mikronährstoff 4,0 15,5 % 3,5 14,5 % 13.0 % Heubachwerte g / ha 3,0 11,8 % 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 ohne Kleber (n = 3) mit Kleber (n = 4) ohne Kleber (n = 3) mit Kleber (n = 4) + mobil 14 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Heubachwerte Roggenprobe bei 5 und 12°C, verschiedene Fungizide mit /ohne Kleber bzw. Mikronährstoff 3,0 T > 12°C 2,5 T = 5° C Heubachwerte g / ha 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 ohne Kleber (n = 3) mit Kleber (n = 4) ohne Kleber (n = 3) mit Kleber (n = 4) + mobil 15 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland www.jki.bund.de 6/2015 Wirkstoffe im Staub, Weizen, Landor CT (M) Tebuconazol; Difenoconazol; Fludioxynil 5 g/l 20 g/l Weizen (200 ml /dt) 25 g/l y = 11.7x + 0.067 R² = 0.83 n=21 µg a.i./Filter 6 5 y = 11.4x + 0.11 R² = 0.87 n=21 4 3 2 y = 2.3x + 0.015 R² = 0.87 n=21 1 0 0,0 0,1 Difenoconazol 0,2 0,3 Fludioxonil 0,4 Tebuconazol 0,5 mg Staub/Filter 16 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Dosis je dt und Wirkstoffkonz. im Heubachstaub Weizen/Gerste, 5 Mittel, 9 Wirkstoffe Wirkstoffgehalte im Heubach-Staub (%) 10 8 y = 0,24x R² = 0,96 6 Mittel 1 Mittel 2 Mittel 3 Mittel 4 Mittel 5 4 2 Datenauswertung Heimbach (JKI), Kaiser/Pieper (UBA) 0 0 10 20 30 40 Wirkstoffdosierung je /100 kg 17 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland www.jki.bund.de 6/2015 Wirkstoffmenge [µg/Filter] im Staubabrieb und Staub [g/Filter] bei 8 gelagerten Getreideproben Wirkstoffmeng [µg/Filter; Filtergewicht [g] Winterroggen, Arena C, (25 g Fludioxinil + 5 g Tebuconazol /100kg) mit Kantor oder mobil 8 6 4 2 0 0 3 12 0 3 12 0 3 12 0 Arena C Arena C Arena C 3 12 0 Arena C 3 12 0 Arena C 3 12 0 Arena C + Kantor Monate Fludioxonil [ug/Filter] 18 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 Tebuconazol [ug/Filter] 3 12 0 Arena C + mobil 3 12 Arena C +Kantor + mobil [mg] www.jki.bund.de Einfluss des Klebers auf die Wirkstoffgehalte [%] im Staubabrieb Wirkstoffgehalt [%] im Staub Beispiel: Hafer gebeizt mit Zardex G 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 Zardex ohne Zardex ohne Cyproconazol mit 5 g/l im PSM 19 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland Zardex Kantor Zardex Kantor Imazalil mit 20 g/l im PSM 6/2015 www.jki.bund.de Zusammenfassung Abriebwerte bei Chargen- und Contibeizer ähnlich Verringerte Abriebwerte bei zusätzlicher Trocknung möglich Kleber verringern Abriebwerte bei allen Getreidearten, aber Unterschiede zwischen Klebern Erhöhte Klebermenge oft sinnvoll, aber techn. Probleme möglich Lagerung von behandeltem Saatgut führt bei einigen Klebern zu teils deutlich steigenden Abriebwerten Korntemperatur beeinflusste Abriebwerte, Kornfeuchtigkeit weniger Abriebwerte (Heubach) < 1 g /ha (oft sogar < 0,5 g /ha) sind in gut ausgerüsteter Anlage erreichbar Analytik der Wirkstoffgehalte im Staub wurde etabliert und validiert Bei gleicher Beizrezeptur gleiche Wirkstoffgehalte je Wirkstoff Zumischungen ergeben niedrigere Wirkstoffgehalte Höhere Wirkstoffdosierung je dt verursacht höhere Wirkstoffgehalte Beizanlagen müssen jeweils eigene Erfahrungen sammeln 20 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de Danksagung Dank an die Mitarbeiter für Installation Beizanlagen und Trockners (Niklas, Hoopman, KWS LOCHOW) Durchführung Beizungen (KWS LOCHOW) Abriebuntersuchungen (JKI, Braunschweig) Rückstandsanalytik (JKI, Berlin) Projektkoordination (GFP, BDP) Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. Förderung durch BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung 21 Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland 6/2015 www.jki.bund.de
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