Was uns bewegt

Was uns bewegt
Nach Intensiv (Phase A) gibt es nur Frühreha (Phase B)!
Phase F = „aktivierende Behandlungspflege!“
Armin Nentwig,
Bundesvorsitzender, Landrat a. D.
Bereits 1999 führten wir, unterstützt
durch die Deutsche Vereinigung für
Rehabilitation (DVfR), mit der Bun­
des­arbeitsgemeinschaft für Reha­bili­
ta­tion (BAR) und der Bundes­arbeits­
arbeitsgemeinschaft der Phase F,
eine umfassende Tagung durch.
Dabei ging es um das Entstehen der
„aktivieren­den Behandlungspflege für
Menschen mit schweren und schwers­
ten Schädelhirnverletzungen.“ Damit
sollte in der sog. „Phase F“ ein weiterer Baustein in der neurologischen
Rehabilitationskette entstehen.
Drehscheibe, Motor
und Triebfeder
Unser junger Verband war voll „Taten­
drang“, Drehscheibe, Motor und Trieb­
feder zugleich. Die gelun­gene und allseits überzeugende Mitglieder­mischung
aus Betroffenen und engagierten
Fachkräften aus Medizin, Therapie,
Pflege und Sozialpolitik brachte den
Durchbruch und vollen Erfolg, überzeugte in allen Ministerien des Bundes
und der Länder sowie europaweit.
Phase F – keine Endstation
Zusammen mit Karl Hermann Haack, dem
damaligen Beauftragten der Bundes­
regierung für Behinderte, Dr. Martin
Willkomm, Vorsitzender der BAG Phase
F, Martin Schmollinger von der DVfR,
Hubert Hüppe, MdB, Michael Kreuzer,
Verband der Bayerischen Bezirke sowie
die Vertreter der BAR, ZNS und des
BdH erarbeiteten wir gemeinsam die
Grundlagen für die „Phase F“, einen
weiteren Baustein der neurologischen
Rehabilitation.
WACHKOMA und danach · 2|2013
Nie von A nach F
Besonders die BAR, gemeinsame
Repräsentanz aller Kranken­ver­siche­
rungen und Kostenträger war sich mit
uns einig, dass es grundsätzlich nach
Akut- und Intensivphase (Phase A) nur
in die Phase B (Frühreha) gehen könne.
Keinesfalls dürfen die Schwerstkranken
mit dem Krankheitsbild „Apallisches
Durchgangssyndrom“ aus Akut und
Intensiv gleich in Phase F (aktivierende Behandlungspflege) verlegt werden. Die gesamte Konferenz war sich
einig, dass jeder Patient die Chance
der Rehabilitation bekommen müsse,
da man über den Verlauf grundsätzlich
nichts aussagen könne.
Jeder muss die Chance
bekommen!
Um so unverständlicher ist es, dass
trotz der zwischenzeitlichen Akzeptanz
und der Erfolge der Neurorehabilitation
immer wieder (und sogar zunehmend)
Patienten aus Akut und Intensiv direkt in
die Pflege verlegt werden. Vielfach werden die Angehörigen von unwissenden
Medizinern in einfachen Krankenhäusern
schlichtweg überfahren, nicht informiert
und vor vollendete Tatsachen gestellt.
Betreuung sofort beantragen
Unser Verband rät allen Betroffenen
sich sofort die Betreuung über ihren
Patienten zu sichern (vormals Vormund­
schaft genannt). Damit sind Sie automatisch der bestimmende Part und Sie
stehen auch in der Verantwortung, die
Chance der Frührehabilitation für ihren
Patienten nachhaltig einzufordern.
Unser Verband versendet deshalb auch
die Listen der Phase B und empfiehlt
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mit den Phase B-Einrichtungen sofort
Kontakt aufzunehmen. Diese wiederum
sprechen mit Ihren Kollegen des überweisenden Krankenhauses .
Phase B ist
Krankenhausbehandlung
Um die Chance der Frühreha auch wirksam werden zu lassen, muss diese
mindestens zwei Monate, besser länger, andauern. Das Wort „austherapiert“, darf es nicht geben, weil bei
der Neurorehabilitation es immer, wenn
auch in kleinen Schritten, aufwärts
geht.
Definition der Phase F
Unter Phase F der neurologischen
Rehabilitation wird die Behandlungsund Rehabilitationsphase verstanden,
die dauerhaft, unterstützend, betreuend und aktivierende Leistungen bietet.
Phase F, keine „Sackgasse“
Ausdrücklich wird in der erarbeiteten
Publikation auch durch die Kostenträger
betont, dass eine Rückkehr in andere
Phasen (insbesondere B und C) möglich
ist und die Phase F keine Sackgasse
darstellt. Bei einer Befundbesserung
sei der Rückweg in vorgeschaltete
Bereiche (nach medizinischer ärztlicher Stellungnahme) jederzeit offen.
Dies zeigt auch klar das Schaubild der
Rehaphasen.
Pioniere der Neurorehabilitation
Alle Teilnehmer und Referenten an dieser
Fachtagung im November 1999 waren
Pioniere der Neurorehabilitation. So
dankt Armin Nentwig und unser Verband
noch heute allen Teilnehmern. Über
Was uns bewegt
200 Mediziner, Therapeuten, Pflegefachkräfte
und am Thema Interessierte ließen nicht nur die
Erklärung zur Ethik der Versorgung von Menschen
im Wachkoma und danach entstehen, sondern
trugen durch ihr Fachwissen, ihre Erfahrung und
das Erkennen einer absoluten Versorgungslücke
für betroffene Patienten zum Gelingen dieser
Fachtagung bei. Nicht umsonst übernahm diese
Fachtagung unseren Titel „Wachkoma und
danach“.
Rad nicht mehr zurückdrehen
Gemeinsam müssen wir alle darauf achten,
das Rad des Erfolges der Neurorehabilitation
nicht mehr zurückdrehen zu lassen. Es darf kein
Überspringen der Phase B geben und jeder
Betroffene muss die Chance der Frührehabilitation
bekommen.
2004 Empfehlungen der BAR
Unter dem damaligen Geschäftsführer B.
Steinke gab die BAR, in enger Abstimmung
mit unserem Selbsthilfeverband in einer
Broschüre die Empfehlungen zur stationären
Langzeitpflege von Behandlung von Menschen
mit schweren und schwersten Schädigungen des
Nervensystems in der Phase F heraus. Somit
legten sich die Spitzenverbände der gesetzlichen
Kranken- und Pflegekassen, der Unfall- und
Rentenversicherungsträger, der sozialen Hilfe und
des medizinischen Dienstes eindeutig fest und
verpflichteten alle angeschlossenen Institutionen
dazu.
Es gilt die Phaseneinteilung
Grundlage der Empfehlungen der BAR ist eindeutig die „Phaseneinteilung“ in der neurologischen
Rehabilitation.
Umso mehr sollten wir als der damalige
Verhandlungspartner auf die Einhaltung dieser
vereinbarten Regelungen bestehen. Keinesfalls
darf die Phase B (Frührehabilitation) übersprungen werden, vielmehr muss jedem betroffenen Patienten die Chance der Frührehabilitation
geboten werden. Bitte achten wir gemeinsam alle
darauf, dass die erreichten Ziele nicht „aufgeweicht“ und „verwässert“ werden.
„Wenn wir nicht – wer dann?“
Empfehlungen
ISSN 0933-8462
Wachkoma
und danach
Wir freuen uns auf Sie,
herzliche Grüße
ISBN 3-9801748-4-0
Ihr Armin Nentwig, Landrat a.D.
Bundesvorsitzender
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt/Main
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WACHKOMA und danach · 2|2013