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Nohten machen klüger
Zeugnisse sind für fiele
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Schüler Grund zur Panik. Und das llernen
ernen verbessern
Zensuren keines Falls. Seite 23
Fotos: 123rf
Sonnabend/Sonntag,
31. Januar/
1. Februar
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20152015
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70. Jahrgang/Nr.
Bundesausgabe
www.neues-deutschland.de
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Rechts oder sehr rechts
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ÜüHerausforderung
Richtungsstreit vor dem AfD-Parteitag / Pegida-Abspaltung will wieder auflaufen
UzUz
Boko Haram
Martin Ling über den dünnen
Beschluss der Afrikanischen Union
So bitter es klingt: Von Sitzblockaden wird sich die Terrormiliz
Boko Haram nicht beeindrucken
lassen. Deshalb plant die Afrikanische Union (AU) nun, mit einer
regionalen Eingreiftruppe von
7500 Soldaten die nigerianische
Armee zu unterstützen. So ernst
man die auf dem AU-Gipfel geäußerte Besorgnis über die von
Boko Haram verübten Verbrechen
nehmen muss, so wenig durchdacht scheint dieser Schritt, selbst
wenn er umgesetzt wird – die
UNO soll erst noch von der Finanzierung überzeugt werden.
Die AU-Truppen sollen von
Soldaten aus Tschad, Kamerun,
Niger und Benin gestellt werden.
Exakt die Staatsoberhäupter dieser Länder plus Nigerias Goodluck Jonathan hatten im Mai
2014 gemeinsam Boko Haram
den Kampf angesagt und einen
Anti-Terrormaßnahmen-Plan
festgelegt. Passiert ist so gut wie
nichts. Trotz des gemeinsamen
Feindbildes hält gegenseitiges
Misstrauen die Länder davon ab
zusammenzuarbeiten. Daran hat
sich nichts geändert und darüber
wurde beim AU-Gipfel geflissentlich geschwiegen.
Was auch immer bei der AU
beschlossen wird: Ohne ein Konzept bei der nigerianischen Regierung, wie über militärische
Maßnahmen hinaus der rückständige Norden befriedet wird,
wird die Region auf Jahre eine
Zone der Unsicherheit bleiben.
Die Neuwahlen in Nigeria Mitte
Februar sind weit wichtiger als
dieser AU-Gipfel. Die potenzielle
Lösung liegt in Abuja. Und sie
liegt in einem Mix aus Repression
und Reintegration.
LINKS
UNUTNETNE LNINKS
Das ist Dialektik. Früher war das
Fernsehen für die Spannung zuständig und die Politik für die
Biederkeit. Heute ist es umgekehrt. Die Beflimmerung wird
immer seichter und im Bundestag
spielen sich die tollsten Krimis ab.
Da hat verbaler Schlagabtausch
längst seine Verdinglichung erfahren, wie wir seit Ermittlungen
gegen den CDU-Politiker Patrick
Sensburg wissen, der mit seiner
Freundin offenbar nicht nur
Worte wechselte. Oder nehmen
wir den Edathy-Untersuchungsausschuss, der von Sitzung zu
Sitzung spannender und irgendwann enthüllen wird, wer wem
wann in der SPD Internas juristischer Untersuchungen steckte.
Dabei steht die Aussage des einen
Ex-Innenpolitik-Stars (heute verdächtig, sich kinderpornografisches Material besorgt zu haben)
gegen die Aussage des anderen
innenpolitischen Darstellers, der
mit Chrystal Meth hantierte. Der
Clou am Echtzeitthriller ist jedoch
wie im Fernsehen: Der wahre
Bösewicht ist ein anderer und
wird erst am Ende enttarnt. oer
ISSN 0323-3375
SSN 0323-3375
ÜüTroika sorgt für
UzUz
Krach Athens mit
der Eurogruppe
Neue Regierung will nicht mehr mit
Kontrolleuren zusammenarbeiten
AfD-Sprecher Bernd Lucke
Foto:
dpa/Andreas
Foto:
xxxx/xxxx Arnold
Berlin. Seit vergangenem
Herbst, so meldete
XXXXXXXXXXXX.
Seite XXX
am Freitag die Agentur Mediatenor, haben die
Rechtspartei AfD und ihr Frontmann Bernd Lucke »das gute Medien-Image der ersten Monate des Jahres 2014 wieder verloren«. Welches gute Image? Bei der sogenannten Alternative für Deutschland konnten von Beginn an
keine Zweifel daran bestehen, was sich dort unter dem Dach der Euro-Skepsis sammelte: Entsolidarisierung, Rassismus, Wohlstandschauvinismus und Ungleichheitsideologien.
Nach vielen Skandalen, einigen Wahlerfolgen und lang anhaltenden internen Querelen
trifft sich die AfD an diesem Wochenende in
Hamburg zum Bundesparteitag. Dort soll unter anderem eine neue Satzung verabschiedet
werden – ein Kompromiss sieht vor, dass die
Partei ab April statt drei nur noch zwei Vorsitzende hat, ab Dezember dann nur noch einen.
Vor Beginn des Delegiertentreffens machte
ein Richtungsstreit zwischen rechtsnationalen
und
bürgerlich-neoliberalen
Mitgliedern
Schlagzeilen. Während Parteichef Lucke eine
allzu offensichtliche Umarmung der in Spaltung begriffenen rechten Pegida-Bewegung
vermied, suchen einige Ost-Verbände schon
länger ganz unverblümt den Kontakt und sehen sich als »natürliche Verbündete«.
Nach Einschätzung des Präsidenten der
Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, wird der Zerfall der Pegida-Bewegung der AfD möglicherweise Zulauf bringen. Einer Umfrage für das ZDF zufolge stufen
49 Prozent der Bevölkerung die Partei als »sehr
rechts« oder »rechts« ein.
Derweil ruft der zurückgetretene Teil der
Pegida-Drahtzieher für den 9. Februar in Dresden zu einer eigenen Kundgebung auf. Man
wolle sich »nicht totspazieren« und »die bürgerliche Mitte erreichen«. Am Freitagabend
wollte in Leipzig erneut das rechte LegidaBündnis aufmarschieren. nd Seiten 4 und 20
Urteile im Srebrenica-Prozess: lebenslänglich
Üü
Sondertribunal in Den Haag beendete Berufungsverfahren für Massenmord im Bosnien-Krieg
UzUz
Mit der Bestätigung bisheriger
Urteile ging in Den Haag der bisher größte Prozess um den Massenmord in Srebrenica zu Ende.
Den Haag. Zwei ranghohe ehemalige serbische Offiziere sind des
Völkermordes im bosnischen Srebrenica endgültig schuldig gesprochen und zu lebenslanger
Haft verurteilt worden. Der Internationale Strafgerichtshof für
das ehemalige Jugoslawien bestätigte damit am Freitag im niederländischen Den Haag im Berufungsverfahren bereits 2010 in
erster Instanz gefällte Urteile gegen den 57-jährigen Vujadin Popovic und den 75 Jahre alten Ljubisa Beara.
Zum ersten Mal sprach das Gericht damit zwei ehemalige Kommandeure direkt für den Massenmord an rund 8000 muslimischen Männern und Jungen im
Juli 1995 schuldig. Drei weitere
ehemalige Offiziere im damaligen
bosnisch-serbischen Generalstab
unter General Ratko Mladic wurden zu Gefängnisstrafen von 13,
18 und 35 Jahren für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen
die Menschlichkeit verurteilt. Damit ging der bisher umfangreichste Prozess zu Srebrenica
nach neun Jahren zu Ende. Noch
unklar ist, in welchem Land die
Männer ihre Strafe verbüßen
müssen. Zu Prozessbeginn hatten
sie auf unschuldig plädiert.
Serbischen Einheiten unter General Mladic war während des
Bosnien-Kriegs im Juli 1995 die
damalige UN-Schutzzone im Osten des Landes von Blauhelmsoldaten aus den Niederlanden
kampflos überlassen worden. Innerhalb von acht Tagen wurden
bosnische Muslime, die in die Enklave geflohen waren, ermordet.
Das Europaparlament erklärte
2009 den 11. Juli zum Gedenktag
für die Opfer – auch um die Staaten daran zu erinnern, dass sie das
Massaker nicht verhindert hatten.
Im Vorjahr machte ein Zivilge-
richt in Den Haag den niederländischen Staat für die Deportation
von rund 300 Opfern mitverantwortlich. Einer Klage der Angehörigen der Opfer, der »Mütter
In 425 Verhand»ZZZZZZZZZ«
lungstagen wurden
QQQQQQQ
fast 3000 Beweisstücke geprüft
und 329 Zeugen
angehört.
von Srebrenica«, wurde zum Teil
stattgegeben.
Insgesamt starben im Bosnienkrieg zwischen 1992 und 1995 etwa 100 000 Menschen, rund 2,2
Millionen wurden vertrieben. Von
der serbischen Seite wurde wiederholt versucht, geltend zu machen, dass jahrelang serbische
Dörfer aus der UN-Schutzzone
Srebrenica heraus angegriffen und
deren Bewohner systematisch getötet worden seien.
Der Srebrenica-Prozess war
2006 zunächst gegen sieben Angeklagte eröffnet worden. Einer
der Männer starb, ein weiterer
verzichtete auf eine Berufung. In
425 Verhandlungstagen wurden
fast 3000 Beweisstücke geprüft
und 329 Zeugen angehört.
Insgesamt erhob das Tribunal
gegen 20 Personen Anklage wegen der Verbrechen von Srebrenica, darunter gegen Ex-Serbenführer Radovan Karadzic und den
damaligen General Mladic. Deren
Prozesse sind noch nicht abgeschlossen.
Das internationale Tribunal
war gestützt auf die UNO-Charta
1993 in Den Haag als Ad-hocStrafgerichtshof geschaffen worden. Anklagen gegen Kriegsparteien der NATO, die gegen Jugoslawien im März 1999 ohne UNMandat militärisch vorgingen,
wurden dort nicht verhandelt.
Agenturen/nd
Athen. Zwischen der neuen griechischen Regierung und der Eurogruppe ist es zu einem
Eklat gekommen. Griechenland werde künftig nicht mehr mit den Geldgeber-Kontrolleuren der Troika zusammenarbeiten, sagte
Finanzminister Gianis Varoufakis am Freitag
nach einem Treffen mit Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem in Athen.
»Unser Land weigert sich, mit der Troika
zu kooperieren«, sagte Varoufakis. Das auferlegte Sparprogramm sei nicht in die Tat
umsetzbar. Das griechische Volk habe es bei
den Wahlen vergangenen Sonntag abgelehnt. Dijsselbloem forderte die Griechen dagegen auf, ihre Versprechungen einzuhalten.
Eine internationale Konferenz über einen
Schuldenschnitt, wie die neue Regierung sie
fordert, lehnte Dijsselbloem ab. »Es gibt bereits eine solche Konferenz und die heißt Eurogruppe«, sagte Dijsselbloem. Die Kontrollen der Troika von der EU-Kommission, dem
Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank werden von vielen
Griechen als Bevormundung abgelehnt.
Derweil ist die Bundesregierung laut einem »Spiegel«-Bericht bereit, Griechenland
auch unter der neuen Regierung von Alexis
Tsipras ein weiteres Hilfsprogramm aus dem
Euro-Rettungsschirm zu gewähren. Das neue
Rettungspaket benötige ein Volumen von bis
zu 20 Milliarden Euro, schreibt das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Regierungskreise. Vor einigen Wochen gingen Experten noch von einem Bedarf von rund 10
Milliarden Euro aus. Inzwischen seien Steuereinnahmen rückläufig, Privatisierungen
blieben aus. Voraussetzung sei jedoch, dass
Tsipras Auflagen durch die Troika akzeptiere, hieß es. Agenturen/nd
Seiten 3 und 6
ÜüAfrikanische Union
UzUz
sagt Terrormiliz
den Kampf an
7500 afrikanische Soldaten sollen
Nigeria gegen Boko Haram helfen
Addis Abeba. Der Kampf gegen den blutigen
Terror der nigerianischen Islamistengruppe
Boko Haram und weitere Maßnahmen gegen
die verheerende Ebola-Epidemie in Westafrika stehen im Mittelpunkt des 24. Gipfeltreffens der Afrikanischen Union. »Die Brutalität
von Boko Haram gegenüber unseren Leuten
ist eine Bedrohung für unser aller Sicherheit
und Entwicklung«, sagte AU-Chefin Nkosazana Dlamini-Zuma am Freitag bei der Eröffnung des zweitägigen Treffens in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.
Sie rief die 54 Mitgliedstaaten zu einer »gemeinsamen, wirksamen und entschiedenen
Antwort« auf diese Bedrohung auf. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erinnerte auch an
die über 200 Schülerinnen, die im vergangenen April im nordnigerianischen Chibok von
Boko Haram entführt worden waren. »Wir
werden diese Mädchen nie vergessen, und ich
werde nie aufhören, ihre sofortige, bedingungslose Freilassung zu fordern.« Bisher fehlt
von den Geiseln jede Spur. Am Donnerstagabend hatte die AU nach einem Treffen des
Friedens- und Sicherheitsrates bekanntgegeben, eine 7500 Mann starke regionale Eingreiftruppe gegen Boko Haram unterstützen
zu wollen. Die Islamisten hatten zuletzt auch
immer häufiger Ziele in Kamerun angegriffen. Das Nachbarland Tschad hat bereits eine
militärische Operation gestartet, um ein weiteres Vorrücken der Extremisten zu verhindern. Auch Benin will Soldaten entsenden.
Ebola ist ein weiteres Top-Thema des Gipfels. Jeder Teilnehmer wurde beim Eintritt in
das Gebäude zunächst auf Fieber überprüft,
um ein Zeichen gegen das Virus zu setzen.
dpa/nd