Nigeria: 8000 Terroristen von Boko Haram ergeben sich freiwillig Abuja – 8000 Terroristen von Boko Haram haben sich in den letzten zwei Tagen der nigerianische Armee freiwillig ergeben. Wie die Armee am Mittwoch mitteilte, befinden sich die Terroristen derzeit in einem Lager in der Stadt Gombe. Vor sechs ihre Jahren begann die Terrorgruppe „Boko Haram“ bewaffneten Anschläge gegen die nigerianische Regierung. Dabei sind bisher 15.000 Menschen getötet und 1,5 Mio. weitere verletzt worden. Boko-Haram-Führer Shekau hatte dem IS zuvor öffentlichkeitswirksam Treue geschworen. Danach hatte eine IS-nahe Internetseite verkündet: Shekau wurde entmachtet. Gab es einen Putsch des IS bei Boko Haram? . Ein Machtkampf um die Terror-Herrschaft? . Er hatte es eilig, sich zurückzumelden: Diesmal nicht in einer seiner martialischen Videobotschaften, sondern nur mit einer Stimmaufnahme, die im Internet auftauchte. Experten halten sie für echt. Sie stammt von Abubakar Shekau, bislang der Chef von Boko Haram – vielleicht mittlerweile Ex-Chef. Er sei „betrogen“ worden, klagt Shekau – und er klingt im Vergleich zu früheren Auftritten kleinlaut. Ja, er habe dem „Islamischen Staat“ und dessen Anführer Abu Bakr al Bagdadi 2015 die Treue geschworen. Aber die Leute sollten wissen, dass der angebliche Neue, Abu Musab alBarnawi, ein Ungläubiger sei, der ihn stürzen wolle. Er gebe nicht auf, so Shekau, und halte an seiner Auslegung des Islam fest. Und er bleibe der wahre Anführer von Boko Haram, der sogenannten „Vereinigung für die Verbreitung der Lehren des Propheten und des Dschihad“. . IS hat offenbar Putsch bei Boko Haram angezettelt . Die Tatsache, dass Shekau sich offenbar zur Schadensbegrenzung gezwungen sieht, verrät, dass es heftig rumort bei Boko Haram. Und es könnte bedeuten, dass der IS seinen Einfluss in Westafrika ausdehnt. Offenbar hat der IS, das derzeit mächtigste Terrornetz der Welt, bei Boko Haram einen Putsch angezettelt. Immerhin wurde die Nachricht, der „Islamische Staat“ habe Shekau abgesetzt und al-Barnawi zum neuen Terrorboss bei Boko Haram ausgerufen, gezielt in den Medien des IS veröffentlicht. Das ist mehr als ein PR-GAU für Shekau. Denn trotz aller internen Spannungen galt er bislang als unangefochtener Anführer der Miliz. . Streit um willkürliches Töten von Frauen? . Damit scheint es jetzt vorbei, sagt Kabiru Adamu, politischer Analyst in Nigerias Hauptstadt Abuja: „Wir erleben nun eine Spaltung auf der Grundlage der Ideologie. Ein Teil von Boko Haram befürwortet das willkürliche und wahllose Töten von Frauen, Kindern, darunter viele Christen, Juden, aber eben auch einer Menge Muslime. Der andere Teil von Boko Haram will das nicht länger hinnehmen – und erklärt, dass der Mord an Muslimen mit dem Islam nicht vereinbar sei. Dieser Konflikt dürfte zur Spaltung geführt haben.“ Bisher war der mutmaßliche Nachfolger al-Barnawi für die Pressearbeit bei Boko Haram verantwortlich. Nun scheint al-Barnawi ganz oben angekommen. Der IS hat ihn als neuen „Wali“, als Gouverneur der westafrikanischen „Provinz des Islamischen Staates“ vorgestellt. „Die Tatsache, dass der ‚Islamische Staat‘ einen neuen Anführer der Gruppe Boko Haram benannt hat, zeigt, dass der IS die Brutalität und Willkür von Abubakar Shekau ablehnt“, vermutet Politikbeobachter Adamu. „Das muss aber noch lange nicht bedeuten, dass der neue Chef seine Strategie großartig ändert.“ Al-Barnawi werde weniger Muslime und Frauen töten lassen. Aber am Ziel eines „Gottesstaates“ in Nigeria werde sich nichts ändern. . Geheimdienste sahen Zusammenarbeit als Propaganda . Bislang war die Zusammenarbeit von Boko Haram mit dem IS als Propaganda betrachtet worden – auch von westlichen Geheimdiensten. Möglicherweise ist der Einfluss des IS aber doch so stark, dass er Boko Haram eben nicht nur Geld, Waffen, Munition, Logistik und Expertise für professionelle Internet-Videos zur Verfügung stellt, sondern auch die Strategie bestimmt. Auf jeden Fall aber hat der IS den Machtkampf innerhalb von Boko Haram beschleunigt und verschärft. Die nigerianische Armee sieht das zunächst positiv und wertet die Zersplitterung als Folge der jüngsten militärischen Erfolge im Kampf gegen die Terrorgruppe. . „Das Militär hat einen guten Job gemacht“ . So sieht das auch Politikbeobachter Kabiru Adamu. Doch er warnt zugleich: „Natürlich ist Boko Haram geschwächt. Ende 2014, Anfang 2015 hatten sie im Norden Nigerias ein riesiges Gebiet erobert, aber mittlerweile haben sie in keinem Bundesstaat mehr die uneingeschränkte Kontrolle. Das Militär hat also einen guten Job gemacht. Aber es wäre gefährlich, diese Situation falsch einzuschätzen. Die ursprüngliche Strategie der Terrorgruppe mag nicht mehr funktionieren, aber die Ideologie bleibt gefährlich. Und noch sehe ich nicht, welche Lösungen Nigeria hat, um die Verbreitung der Ideologie zu verhindern.“ . Mehrere Terrorgruppen sind im Norden und Westen Afrikas aktiv und versuchen, ihren Einflussbereich auszuweiten. Sie sind jedoch in den einzelnen Ländern unterschiedlich stark aktiv. . Terror verstärkt auch im christlichen Süden Nigerias? . Viele Szenarien sind möglich – beruhigend ist keines. Da sind die Aussagen des angeblichen neuen Boko-Haram-Chefs al-Barnawi, vor allem christliche Anschlagsziele ins Visier zu nehmen. Das könnte bedeuten, dass seine – die wahrscheinlich dominante – Fraktion den Terror in den christlich geprägten Süden Nigerias ausdehnt. Im Norden werden bereits internationale Hilfsorganisationen angegriffen. Nach dem Beschuss eines Unicef-Konvois musste das UN-Kinderhilfswerk seine Arbeit vorerst einstellen. Den Helfern, die sich um die Millionen von TerrorFlüchtlingen kümmern, wirft al-Barnawi vor, Nigeria zu missionieren. Die Fraktion um den entmachteten Abubakar Shekau könnte sich dem Terror-Konkurrenten Al Kaida im Islamischen Maghreb zuwenden. Damit wäre das Chaos perfekt – nicht nur, was die Facetten des Terrors in Nigeria betrifft, sagt Yan St-Pierre, Analyst der Berliner Politikberatung Mosecon. Im Kampf mit dem afrikanischen Al-KaidaAbleger werde es nun „eine Stufe höher gehen“, so St-Pierre. Es werden einen Kampf um Einfluss und um das Territorium gehen. „Denn es geht um einen großen Markt für Waffen und Drogen.“ Es sei eine Situation, in der Westafrikaner die Rechnung für die Schwäche ihrer Regierungen bezahlen würden. Der IS könnte also versuchen, seinen Einfluss von Libyen aus weiter nach Westafrika auszudehnen. Der Wettbewerb um die Terror- Vorherrschaft im Sahel wäre eröffnet. Wenn er nicht schon längst auf Hochtouren läuft. . 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