Abenteuer Diagnose vom 10.02.2015

Abenteuer Diagnose vom 10.02.2015
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Abenteuer Diagnose: Schwierige Geburt (Sheehan Syndrom)
Die Geburt ihres zweiten Kindes verläuft schwierig. Erika S. verliert viel Blut, Ehemann Jan S.
ist hin und her gerissen zwischen der Freude über die Geburt seines Sohnes und der Angst um
seine Frau. Doch die Ärzte können die Blutung stoppen und das neugeborene und gesunde
Kind lässt die dramatischen Stunden der Geburt schnell vergessen. Doch als Erika S. ihren
Sohn das erste Mal stillen möchte, kommt keine Milch. Die Ärzte sind ratlos, schicken die
junge Familie aber nach Hause. In den folgenden Jahren wachsen beide Kinder gut heran und
die junge Familie schaut optimistisch in die Zukunft. Obwohl alles gut zu sein scheint, wirkt
Erika S. mit der Zeit zunehmend überfordert. Ständig ist sie erschöpft und muss sich von
ihrem Mann helfen lassen. An manchen Tagen zieht sie sich komplett zurück, wirkt müde und
abgekämpft. An besonders stressigen Tagen bekommt Erika S. keinen Bissen herunter und
muss sich übergeben. Appetitlosigkeit und Magenprobleme führen schließlich dazu, dass sie
dramatisch an Gewicht verliert. Ärzte, Familie und Freunde vermuten zunächst eine
psychische Erkrankung hinter den Symptomen. Schließlich wiegt Erika S. nur noch 40 Kilo und
der Hausarzt ist sehr beunruhigt. Eine wirkliche Ursache für die Gewichtsabnahme und die
Erschöpfung lässt sich allerdings nicht finden. Kein Arzt kann der Familie wirklich helfen.
Durch die Erschöpfung ist Erika S. anfällig für Krankheiten und muss wiederholt wegen eines
Magen-Darm-Infektes in eine Klinik eingewiesen werden. 2010 erwischt es sie besonders
schlimm. Ihr körperlicher Zustand ist lebensbedrohlich. Sie kann nicht mehr richtig gehen und
sprechen, wirkt apathisch. Die Ärzte im Elbe Klinikum Buxtehude sind alarmiert; obwohl Erika
S. gegen den Noro-Virus behandelt wird, scheint es ihr nicht besser zu gehen. Ehemann Jan S.
wird auf das Schlimmste vorbereitet. Doch dann geschieht etwas Unvorhergesehenes: in
ihrem verwirrten Zustand fällt Erika S. eines Nachts aus dem Krankenhausbett und verletzt
sich am Kopf. Sie kommt daraufhin ins MRT, denn die Ärzte wollen innere Kopfverletzungen
ausschließen. Beim Scannen des Gehirns machen sie dann eine unglaubliche Entdeckung. Die
Hypophyse oder Hirnanhangsdrüse ist bei Erika S. nicht mehr vorhanden und durch Flüssigkeit
ersetzt worden. Bei gesunden Menschen reguliert die Hypophyse die Hormonbildung. Signale
werden an weitere Organe ausgesandt, die Hormone bilden - wie Schilddrüsenhormone oder
das Stresshormon Kortisol. Doch bei Erika S. gibt es diese Schaltzentrale nicht mehr. Die
sogenannte „Sella“, in der die Hypophyse normalerweise liegt, ist leer. Für die Ärzte im Elbe
Klinikum ist schnell klar: Erika S. leidet an einer Addisonkrise. Addisonkrise bedeutet, dass die
Stresshormone der Nebennierenrinde nicht adäquat gebildet werden können, insbesondere
das Kortisol.
Erika S. bekommt daraufhin das fehlende Schilddrüsenhormon und tatsächlich kehrt sie
langsam ins Leben zurück. Doch warum ist die Hypophyse verschwunden und was hat den
Zusammenbruch der Hormonproduktion ausgelöst? Erika S. wird an die Endokrinologie der
Uniklinik Hamburg-Eppendorf überwiesen. Dr. Petra Algenstaedt hört sich die Geschichte der
jungen Frau an und erfährt von der schwierigen Geburt. Bei einer Geburt steht die Hypophyse
unter Dauerstress: Die Hormonproduktion läuft auf Hochtouren. Starker Blutverlust kann dann
zum Kollaps der Drüse führen, und damit zum Ausfall von Hormonen. Erika S. leidet unter dem
Sheehan-Syndrom, einer sehr seltenen Erkrankung. Erstes Anzeichen für diese Erkrankung ist
beispielsweise, dass junge Mütter nach der Geburt nicht stillen können, da das Hormon
Prolaktin, das für die Milchproduktion sorgt, nicht gebildet werden kann. Das SheehanSyndrom ist so selten, dass Dr. Petra Algenstaedt sogar ihren Medizinstudenten in der
Universität Hamburg von diesem Fall erzählt. Erika S. wird jetzt mit einer Hormontherapie
behandelt. Schon nach vier Wochen geht es ihr besser, sie nimmt an Gewicht zu und die
Lebensgeister sind zurückgekehrt. Endlich kann die Familie ein normales Leben führen.
Interviewpartner im Beitrag:
Abenteuer Diagnose vom 10.02.2015
Priv.-Doz. Dr. Petra Algenstaedt, Endokrinologin
Ärztliche Leitung des Bereichs Endokrinologie/Diabetologie
Ambulanzzentrum des UKE GmbH – Medizinisches Versorgungszentrum
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Internet: www.uke.de/kliniken/ambulanzzentrum
und
Medicum Eppendorf (Privatpraxis)
Jungfrauenthal 49, 20149 Hamburg
Internet: www.medicum-eppendorf.de
Dr. Udo Wierschem, Chefarzt
Klinik für Innere Medizin
Elbe Kliniken Stade-Buxtehude
Am Krankenhaus 1, 21614 Buxtehude
Internet: www.elbekliniken.de/de/buxtehude-klinik-fuer-innere-medizin
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