In diesem Heft Titel Medien USA Der Verdacht – was verbindet Karrieren Der Schauspieler Matthias 20 Schweighöfer ist omnipräsent – und voller Ängste ARD SPIEGEL-Gespräch mit dem Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, über die Kritik an der Rundfunkabgabe 72 75 Deutschland Ausland Leitartikel Die Angst vor weiteren Flücht- Türkei baut eigene Polizeieinheit in Nordsyrien auf / Korruptionsaffäre könnte Matteo Renzis Kampf um die Macht stören Niederlande Eine Nation rückt nach rechts Kommentar Zum Realitätsverlust des konservativen französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon Indien Wie Premier Narendra Modi die Armen auf seine Seite zieht Syrien Die grausame Herrschaft der Regimemilizen lingen steht einem würdigen Umgang der Bundesregierung mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan im Weg 6 Meinung Kolumne: Im Zweifel links / So gesehen: Donald Trump hält seine Versprechen 8 Gewerkschaftsbund fordert höheres Rentenniveau / Müller sucht neuen BER-Chef / AKW Gundremmingen bei Störfall nicht beherrschbar 24 Migration Das Dilemma der deutschen Abschiebepolitik 28 Staatsoberhaupt SPIEGEL-Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck über seine Amtszeit und Donald Trump 32 Außenpolitik Der Streit mit Türkei-Präsident 36 Erdoğan geht in die nächste Runde Parteien In der Union wächst die Kritik an CDU-Generalsekretär Peter Tauber 40 Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl setzt im Wahlkampf auf Angriff 41 Zeitgeschichte Wie eine Gruppe junger Leipziger 1989 der Stasi trotzte 42 Subkulturen Der deutsche Trump-Fan, eine seltene Spezies 44 Psychiatrie In einem Münchner Institut lagerten unentdeckt Gehirnteile von EuthanasieOpfern – und einem Serienmörder 46 Verkehr Eltern bringen ihre Kinder gern mit dem Auto zur Schule – und gefährden damit andere 50 Gesellschaft Früher war alles schlechter: Unternehmensgründungen durch Migranten / Gehen Sie bei Rot über die Ampel, Herr Sohn? 52 Eine Meldung und ihre Geschichte Ein hessischer Bürgermeisterkandidat steht vor Gericht 53 Skandale Daniel Dassel war der Mann, der die Sexpartys für die HamburgMannheimer Versicherung organisierte – nun möchte er seine Ehre zurück 54 Homestory Gestatten, Mohamad 59 Wirtschaft Deutsche Justiz ermittelt gegen ThyssenKrupp wegen Israel-Deal / Vermieter ignorieren Mietpreisbremse / China führt bei E-Mobilität Unternehmer Warum hat die Familie Schlecker nach der Pleite ihrer Drogeriekette noch so viel Geld? Steuern Luxemburg verteidigt seine Privilegien für Großkonzerne Korruption Österreichs Klage gegen Airbus ist für den Konzern brandgefährlich Analyse Was Deutschland mit den Haushaltsüberschüssen machen sollte Autoindustrie Der Opel-Standort Eisenach wird zum Testfall für die Pläne des Kaufinteressenten PSA 60 78 80 83 84 86 Wissenschaft Das mörderische Verhalten deutscher Autofahrer im Unfallstau / Je lauter die Stadt, desto kaputter das Gehör / Einwurf: Wäre Kiffen erlaubt, würden Teenies weniger kiffen Neurowissenschaft Total Recall – Forscher können falsche Erinnerungen ins Hirn beamen Technikgeschichte Ein Physiker ließ die Welt glauben, ein Vulkanausbruch habe zur Erfindung des Fahrrads geführt – jetzt ist er wohl widerlegt Luftfahrt Drohnentaxis in Dubai, E-Copter in Deutschland, Senkrechtstarter in Kalifornien – das fliegende Auto wird Wirklichkeit 68 69 70 Er ist noch zwei Wochen Bundespräsident, dann übergibt Gauck an Frank-Walter Steinmeier. Im SPIEGELGespräch zieht Gauck Bilanz und spricht über die Aufgaben Deutschlands im Zeitalter des Populismus. Seite 32 94 98 Emily Witt 100 104 106 Sie reiste für ein Buchprojekt in die Zukunft des Sex. In San Francisco traf die US-Autorin eine Gruppe Polyamoristen – Anhänger der freien Liebe. Aus dem alten Männertraum ist ein feministisches Projekt geworden. Seite 106 111 112 118 Sport Dirk Nowitzki, die deutsche Legende / Magische Momente: Rallyefahrer Walter Röhrl über seine Höllenfahrt in Portugal Doping Wie der Sportausrüster Nike die Manipulationen von Spitzenläufern deckt 119 Bestseller Impressum, Leserservice Nachrufe Personalien Briefe Hohlspiegel / Rückspiegel 117 124 125 126 128 130 120 Matthias Schweighöfer 62 67 Joachim Gauck 92 Kultur Raubkunst-Zwist um Kandinsky / Kabarettist Hader im Kino / Kolumne: Besser weiß ich es nicht Zeitgeist Polyamorie – ein feministisches Projekt für freie Liebe Literatur Dave Eggers’ neuer Roman „Bis an die Grenze“ Europa Kermanis Reise, Teil VII: von der Krim nach Tschetschenien Filmkritik „Moonlight“ – preisgekrönt mit dem Oscar DOMINIK BUTZMANN / LAIF 12 LANDON SPEERS Donald Trump und Wladimir Putin? Russland SPIEGEL-Gespräch mit Außenpolitiker Konstantin Kossatschow über Erwartungen an die Präsidentschaft Trumps und den Vorwurf, Moskau mische sich in fremde Wahlkämpfe ein Wegweiser für Informanten: www.spiegel.de/investigativ Er ist einer der größten deutschen Kinostars. Wer ihn begleitet, erlebt einen rastlosen Mann, der von einer internationalen Karriere träumt – und versucht, die Ängste zu besiegen, die ihn seit seiner Kindheit begleiten. Seite 72 DER SPIEGEL 10 / 2017 5 Das deutsche Nachrichten-Magazin Leitartikel Ende der Unterwürfigkeit Angela Merkel muss sich von den Fesseln des Flüchtlingsdeals mit der Türkei befreien. 6 DER SPIEGEL 10 / 2017 auch mit unvornehmer Zurückhaltung gegenüber seinem demokratie- und menschenverachtenden Kurs. Vor allem Merkel, deren Chancen auf eine Wiederwahl im Herbst ein Anstieg der Flüchtlingszahlen wohl zerstören würde, legt Erdoğan gegenüber ein bisweilen unterwürfiges Verhalten an den Tag. Als Jan Böhmermann es wagte, als Teil einer satirischen Performance eine „Schmähkritik“ an Erdoğan vorzutragen, ließ Merkel beflissen kommentieren, diese sei „bewusst verletzend“ gewesen. Vorauseilender Gehorsam kommt selten würdig daher. Dass Erdoğans Armee kurdische Dörfer zerstört, dass nicht nur viele Journalisten, sondern unzählige Bürgermeister ins Gefängnis geworfen wurden – wird von der Bundesregierung dagegen selten bis nie kommentiert. Stattdessen erwies Merkel dem Präsidenten gleich zweimal vor wichtigen Wahlgängen die Ehre und machte sich dabei, bewusst oder nicht, zu dessen Helferin. Selbst im Fall Yücel wirkt Merkels Regierung seltsam. Es war kein Zufall, dass der türkische Botschafter in Berlin am Tag der Haftanordnung nur zu einem „Gespräch gebeten“ wurde. Wollen Regierungen eine deutliche Botschaft des Missfallens senden, bestellen sie Botschafter ein. So wie es die türkische Regierung mit dem deutschen Botschafter prompt am Donnerstag tat, als die Stadt Gaggenau eine Propagandaveranstaltung mit dem türkischen Justizminister absagte. Die BunKanzlerin Merkel in Ankara desregierung traut sich dies nicht einmal, wenn einer ihrer Bürger der Freiheit beraubt wird, nur weil er seiner Arbeit nachging, die auch eine Arbeit für die Freiheit ist. Um wieder souverän und im Einklang mit den eigenen Werten handeln zu können, sollte Merkel sich endlich von ihrer Angst befreien. Sie muss den Flüchtlingsdeal ja nicht gleich selbst kündigen. Aber sie sollte ihr Handeln nicht länger von der Sorge leiten lassen, er könne von Erdoğan beendet werden. Es ist Zeit, Alternativen zu schaffen: mit dem Einsatz für eine europäische Flüchtlingspolitik, die die Sicherung ihrer Grenzen nicht an die Türkei outsourct, sondern selbst übernimmt. Schlüsselstaaten wie Griechenland und Italien müssen endlich jene Unterstützung in Form von Geld, Fachkräften und Infrastruktur erhalten, die sie brauchen, um Migranten gleich an der Außengrenze der EU zu registrieren, ihre Fälle zu prüfen und sie gegebenenfalls wieder abzuschieben. Es ist höchste Zeit, sich aus Erdoğans Fesseln zu befreien. Markus Feldenkirchen ADEM ALTAN / AFP / GETTY IMAGES D er türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan möchte bald eine große Rede in Deutschland halten. Er will für eine Verfassungsänderung in der Türkei werben, mit der er den entscheidenden Schritt vom autokratischen Willkürstaat zur Diktatur machen würde. Es ist perfide: Der türkische Präsident will unsere Versammlungs- und Meinungsfreiheit nutzen, um für deren endgültige Abschaffung in seinem Reich zu werben. Müssen wir uns das bieten lassen? Es gibt kraftvolle Stimmen, die Auftritte von Erdoğan und seinen Ministermarionetten verbieten wollen. Einzelne Kommunen sagen geplante Veranstaltungen bereits ab, formal aus Sicherheitsgründen. Wer aber Reden verhindern will, deren Inhalt ihm nicht passen, handelt nicht souverän, er verfällt demselben intoleranten Reflex wie der türkische Despot selbst. Dessen gelenkte Justiz hat gerade Haft gegen den „Welt“Korrespondenten Deniz Yücel verhängt, weil der Inhalt seiner Texte dem Regime nicht passte. Mehr als 150 türkische Journalisten wurden schon vorher von Erdoğans Unterdrückungsapparat zum Schweigen gebracht. Deutsche Politiker sollten sich zudem hüten, wie beleidigte Leberwürste zu handeln. Einreiseverbote oder Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei, die ebenfalls gefordert werden, wären Trotzreaktionen, die vielleicht ein Rachebedürfnis befriedigen, aber niemandem helfen. Auch wenn es schwerfällt: Der Dialog mit Erdoğan und seinem Regime bleibt wichtig, nicht zuletzt, um Regimeopfern wie Deniz Yücel helfen zu können. Dieser Dialog aber muss souverän, unabhängig und im Einklang mit den eigenen Überzeugungen geführt werden. Leider agieren Kanzlerin Merkel und ihre Regierung im Umgang mit Erdoğan alles andere als souverän, sondern auf traurige Art gehemmt. Das liegt daran, dass Merkels Türkeipolitik in erster Linie angstgetrieben ist. Es lähmt die Angst, dass Erdoğan den Flüchtlingsdeal aufkündigen könnte, was dieser tatsächlich immer wieder androht. Das Ziel dieses Deals ist nicht allzu komplex: Die Türkei, auf deren Gebiet sich knapp drei Millionen Flüchtlinge aufhalten, soll eine weitere Migrationswelle in Richtung Deutschland verhindern. Diesen Türsteherjob lässt Erdogan sich gut bezahlen. Nicht nur mit Milliarden für die Versorgung der Flüchtlinge im eigenen Land. Sondern
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