Kann ein Erdogan-Auftritt verboten werden? Bereits 2008 und 2014 hatte Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Köln vor tausenden begeisterten Anhängern Wahlkampf gemacht. Schon damals gab es Kritik. Das ist auch jetzt wieder so, nach dem Auftritt des türkischen Ministerpräsident Yildirim in Oberhausen. Und die Frage liegt auf der Hand: Dürfen ausländische Regierungsvertreter hierzulande so einfach Wahlkampf machen, für eine Verfassungsreform, die demokratische Rechte einschränkt und für die Todesstrafe? Beim Auftritt von Yildirim in Oberhausen sah die NRW-Landesregierung keine rechtliche Möglichkeit, etwas gegen den Auftritt zu unternehmen, weil Yildirim als Privatmann da war und die Halle auch von einem privaten Unternehmen gemietet hatte. Ein Versammlungsverbot ist kaum machbar So ist in der Tat die Rechtslage. Die zuständige Versammlungsbehörde hätten nur dann etwas unternehmen können, wenn eine nicht beherrschbare Gefährdungslage gedroht hätte. Nur bei tatsächlichen Gefahren, die von Versammlungen ausgehen, greift das Versammlungsrecht. Schon im Vorfeld muss damit gerechnet werden, dass Ausschreitungen drohen, nur dann kann man Auflagen machen oder die Versammlung im Ernstfall sogar verbieten. Erdogan wird bei seinem geplanten Besuch vermutlich auf die gleiche Karte setzen wie sein Ministerpräsident. Er wird sagen: Ich bin nur als Privatmann hier. Er profitiert dann davon, dass eine Kundgebung seiner Anhänger von der Versammlungsfreiheit geschützt ist. So kann er ohne weiteres für ein „Ja“ beim anstehenden Verfassungsreferendum werben. Nur falls es dazu kommt, dass er zur Gewalt gegen Oppositionelle aufruft, könnte die Polizei einschreiten. Das wird er aber aus taktischen Gründen kaum machen. Keine Versammlungsfreiheit für Staatschefs Wenn Erdogan offiziell als Staatschef nach Deutschland kommt, ist das mit der Versammlungsfreiheit anders. Im Grundsatz gilt: Ausländische Regierungsmitglieder, die nach Deutschland kommen, und hier öffentlich über ihre Politik sprechen wollen, können sich dabei nicht auf Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit berufen. Deshalb durfte im letzten Jahr verboten werden, dass Staatspräsident Erdogan bei einer Kölner Demo per Video zugeschaltet wird. Das hatte das oberste Verwaltungsgericht in NRW so entschieden. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte das Verbot der Video-Schalte bestätigt. Eine Frage der Außenpolitik Um Erdogans Werbefeldzug für seine autoritäre Politik stoppen zu können, bleibt der Bundesregierung nur eine Möglichkeit. Sie müsste sagen: Wir nehmen es Erdogan nicht ab, dass er privat nach Deutschland kommt. Er redet als Staatschef über Politik, und das wollen wir nicht dulden. Die Bundesregierung müsste also offiziell erklären, dass sie durch eine Erdogan-Wahlkampfrede die staatliche Souveränität gefährdet sieht und die Einreise von Erdogan unterbinden. Das wäre aber eine schwerwiegende außenpolitische Maßnahme immerhin gegen einen NATO-Partner. Einen solchen Konflikt mit der Türkei wird die Bundesregierung wohl nicht riskieren. Der Flüchtlings-Deal und die Zusammenarbeit beim Thema Syrien stehen bei den deutsch-türkischen Beziehung derzeit im Vordergrund. Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion
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