Manuskript downloaden

SÜDWESTRUNDFUNK
Anstalt des öffentlichen Rechts
Radio  Fernsehen  Internet
PRESSE Information
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Julia Klöckner (CDU), stellvertretende Bundesvorsitzende
und Landeschefin Rheinland-Pfalz, gab heute, 07.03.17,
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„Wie umgehen mit Erdogan und seinen Wahlkämpfern?“
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph.
Mit freundlichen Grüßen
Zentrale Information
Chefredaktion Nachrichten und Distribution
Zentrale Information
SWR Tagesgespräch
Postadresse 76522 Baden-Baden
Hausadresse Hans-Bredow-Straße
76530 Baden-Baden
Telefon
Telefax
07221/929-23981
07221/929-22050
Internet
www.swr2.de
Datum:
07.03.2017
Klöckner fordert härteres Vorgehen gegen Erdogan
Baden-Baden: Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Julia Klöckner hält nichts
davon, Wahlkampfauftritte türkischer Politiker generell zu verbieten. Im SWR-Tagesgespräch
nannte Klöckner aber Rote Linien: Wenn Erdogan in Deutschland Werbung für die Todesstrafe
mache oder wenn er seinen Nazi-Vergleich auf deutschem Boden wiederholen sollte, dann
müsse ihm der politische Auftritt untersagt werden. Grundsätzlich könne der türkische Präsident
kommen, aber willkommen sei er nicht, betont Klöckner. Die Landeschefin der CDU in
Rheinland-Pfalz ist auch dafür, dass Außenminister Gabriel den türkischen Botschafter auf
Grund des Nazi-Vergleichs einberufen muss. Andersherum sei auch Erdogan nicht zimperlich,
den deutschen Botschafter in Ankara einzubestellen. Grundsätzlich habe Deutschland aber ein
Rechtssystem, das es einzuhalten gelte. Wenn die Bundesrepublik den Eindruck erwecke, sie
würde sich nicht an die eigenen Gesetze halten, dann tue sie Erdogan einen Gefallen. In diese
Falle dürfen wir nicht tappen, so Klöckner im SWR.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Rudolph: In Präsidium und Vorstand ihrer Partei, da haben Sie gestern, wie es heißt,
heftig diskutiert und sich dann entschieden, die umstrittenen Werbeveranstaltungen für
Erdogans Präsidialsystem nicht grundsätzlich zu verbieten. War das eine knappe
Entscheidung?
Klöckner: Also weder wurde heftigst diskutiert, noch wurde abgestimmt, sondern wir haben uns
ausgetauscht, wie wir die Nervosität, die ja Herr Erdogan hat, beurteilen. Er hat ja nachweislich
anscheinend Sorge, dass sein Referendum in der Türkei nicht durchgeht und deshalb will er bei
seinen Landsleuten hier in Deutschland Werbung machen. Ich rate uns dazu, die Rechtslage ist
wie sie ist, dass wir unsere eigenen Gesetze einhalten und Herr Erdogan nicht den Gefallen
tun, den er ja gerne hätte, nämlich uns als Feindbild zu nutzen, damit er sein Referendum noch
durchbekommt.
Rudolph: Das bedeutet, Sie wären dann grundsätzlich im Zuge der Meinungsfreiheit
schon dafür, dass Erdogans Minister oder auch er selber hier Werbung machen können
für ein System, dass ja nun mit demokratischen Kriterien nicht so viel zu tun hat?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Klöckner: Wir müssen unterscheiden, für was er wirbt, das ist das Thema Referendum. Wenn
Herr Erdogan bei uns Werbung für die Todesstrafe macht und auf unserem Boden den NaziVergleich wiederholt, dann sollten wir ganz klar ihn den politischen Auftritt untersagen.
Grundsätzlich, laut unserer Verfassung, kann er kommen, aber willkommen ist er hier nicht und
das muss man deutlich machen. Übrigens bin ich auch der Meinung, dass der Außenminister
den türkischen Botschafter einberufen muss, aufgrund des Nazi-Vergleichs. Denn umgekehrt ist
Herr Erdogan ja nicht zimperlich unseren Botschafter einzuberufen. Ich sage ganz deutlich, wir
haben hier ein Rechtssystem, was wir einhalten sollten, denn den Gefallen Herr Erdogan zu
tun, seine Behauptungen, Deutschland würde sich nicht an Gesetze halten, in diese Falle
sollten wir nicht reintappen.
Rudolph: Aber so freigiebig wie Herr Erdogan eben auch mit solchen Beschimpfungen
ist, lässt er nicht den Schluss zu, dass ihn das beeindrucken würde, auch wenn wir
beispielsweise seinen Botschafter einbestellen.
Klöckner: Ja, mir ist relativ egal, was Herr Erdogan beeindruckt. Wir haben unsere Gesetze und
habe unsere Bestimmungen und naja wir geben ja auch ein Zeichen an diejenigen, die hier
leben, die Türken. Übrigens, wenn Herr Erdogan sagt, dass was Deutschland mache, würde
Nazi-Praktiken gleichkommen, dass hat ja auch bei vielen Türken zur Echauffierung geführt
oder Türkischstämmigen. Denn am Ende beschimpft Erdogan seine eigenen Landsleute, die
hier in Deutschland leben und deshalb nochmal, wir sagen ganz klar, wir müssen uns nicht
alles gefallen lassen und wenn jemand kommen kann aufgrund unserer Gesetzeslage, heißt
das nicht, dass er willkommen ist und ein Letztes: Wer zum Beispiel mit geschlossenem Visier
hier kämpft und eine Tanzveranstaltung ankündigt und dann 24 Stunden vorher sagt, ja es
würde plötzlich doch der Wirtschaftsminister kommen, der muss wissen, hier gelten Spielregeln
und deshalb wurde zurecht ihm diese Räumlichkeit verwehrt.
Rudolph: Aber was Sie da gerade ansprechen heißt ja, dass am Ende die Verantwortung
dann bei den Kommunen abgeladen wird, die dann wieder, wie jetzt im Fall in Hamburg
des türkischen Außenministers mit kreativen Absagegründen aushelfen muss. Das ist
doch auch ein wegducken.
Klöckner: Nein, das ist falsch. Diese Behauptung habe ich auch schon öfter jetzt gehört.
Schauen wir uns unseren Föderalismus an. Für das Thema der Veranstaltung, des
Veranstaltungsortes sind die Kommunen zuständig, sie wollen es auch sein und das ist auch
richtig, weil man vor Ort nur beurteilen kann, ob das Versammlungsstättengesetz oder die
Verordnung gilt oder nicht gilt. Denn wenn man vorher eine kulturelle Tanzveranstaltung von
Frauen ankündigt, dann ist nicht von mehreren tausend Besuchern auszugehen. Wenn aber
plötzlich ein Wirtschaftsminister sich ankündigt, dann haben wir eine völlig andere
Ausgangslage. Das Thema Brandschutz, die Frage der Sicherheit, die stellen sich dann vor Ort
und insofern ist es richtig und man kann auch davon ausgehen, dass die Kommunen
Rücksprache halten mit dem Innenministerium in dieser Frage.
Rudolph: Wenn wir jetzt aufs Ausland schauen, aufs benachbarte Österreich und die
Niederlage. Die sagen „nein“ zu solchen Wahlkampfauftritten. Warum können die sich
das denn leisten?
Klöckner: Jedes Land ist da natürlich frei wie es entscheidet. Ich schaue mir die türkische
Opposition an. Ich schaue mir Can Dündar zum Beispiel an, die uns sogar auffordern, lasst die
freie Meinungsäußerung zu, tut ihnen nicht den Gefallen das ihr eure Gesetze für Erdogan
ändert. Denn so können wir auch ganz klar Haltung dazu beziehen. Und das ist eine deutsche
Haltung, die uns übrigens ausmacht. Aber alles lassen wir uns auch nicht gefallen. Also jede
Eskalation, davon können Sie ausgehen, dass hat die Kanzlerin auch deutlich gemacht,
übrigens auch im Gespräch mit Herrn Yildirim, lassen wir uns natürlich nicht gefallen.
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Rudolph: Ja, Sie haben die Todesstrafe, Werbung für die Todesstrafe, als rote Linie ja
genannt. Aber nährt so eine Haltung nicht den Eindruck am Ende, Erdogan habe die
Bundesrepublik mit Flüchtlingsdeal und dem inhaftierten Journalisten Yücel in der
Hand?
Klöckner: Nein. Am Ende, wenn man sich diese Flüchtlingsabkommen anschaut, profitiert auch
die Türkei auch davon. Und wenn die Türkei meint, das Flüchtlingsabkommen aufkündigen zu
müssen, dann soll sie es tun.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)