steht die Predigt, uebrigens mit einer Abbildung

Predigt am Aschermittwoch (18. Februar 2015) in St. Salvator, Gera.
Die Gnade Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen.
1. Du musst dein Leben ändern
Liebe Gemeinde,
„Du musst dein Leben ändern.
Gründlicher Zähne putzen.
Nachtgebet Facebook vorziehen.
Möhren essen.
Mehr schlafen.
Lesen, was fesselt.
Nase in die Luft halten.
Dämonen die Tür weisen.
Außer Atem sein, jedenfalls öfter.
Der Langeweile standhalten.
Ideen finden.
Dich finden lassen.
Bettwäsche öfter wechseln.
Alkohol belanglos finden.
Klug sein.
Gesicht eincremen nicht vergessen.
Manchmal zurücktreten.
Dramen mit Skepsis begegnen.
Was ausprobieren.
Dich nicht entmutigen.
Kräutertee versuchen.“
...
Unter dem Titel „Auf Anfang“
notiert Susanne Niemeyer diese Worte in ihrem Blog „Engelimbiss“.1
Vorsätze für die Fastenzeit.
Wie will ich mein Leben ändern?
Wie könnte es besser werden?
Ich finde diese Sätze zart und poetisch und wild sympathisch,
aber mich beschleicht doch jedes Mal die Frage,
wenn ich solche oder vergleichbare Texte lese:
„Ist das eigentlich der Sinn des Fastens?“
Sein Leben verbessern?
Gewiss, es gibt das Heilfasten,
wir wissen, Fasten entschlackt den Köper.
Wir wissen, dass die Konzentration auf das Wesentliche
dem Körper und der Seele gut tut.
Aber fasten wir, damit es uns besser geht?
Fasten wir für eigene Zwecke?
1
Dank an Birgit Mattausch für’s finden: http://www.freudenwort.de/engelimbiss.
Oder ist das Fasten in der Passionszeit
nicht ein religiöses Fasten,
das man für Gott hält?
Oder doch zur Vorbereitung auf ein religiöses Fest: Ostern?
...
2. Bergpredigt-Fenster
Wir haben hier in der Salvatorkirche ein Fenster mit einem seltenen Motiv:
Jesus bei der Bergpredigt.
Es ist dem Oster- und Weihnachtsfenster gleichgestellt,
also von großer Bedeutung für den Kirchenraum.
Vielleicht ist ja die Bergpredigt überhaupt ein Fenster,
durch das wir auf die Welt sehen können oder vielleicht sogar in eine andere Welt!
Schauen Sie doch mal darauf,
während ich Ihnen unseren Predigttext vorlese.
Es könnte sein, dass Jesus, so entspannt wie der da sitzt,
gerade die eindringlichen Worte spricht,
die unser Predigttext für den heutigen Tag sind
Wenn ihr fastet,
macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler.
Sie geben sich ein trübseliges Aussehen,
damit die Leute merken, dass sie fasten.
Amen, das sage ich euch:
Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.
Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest,
und wasche dein Gesicht,
damit die Leute nicht merken, dass du fastest,
sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht;
und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.
Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde,
wo Motte und Wurm sie zerstören
und wo Diebe einbrechen und sie stehlen,
sondern sammelt euch Schätze im Himmel,
wo weder Motte noch Wurm sie zerstören
und keine Diebe einbrechen und sie stehlen.
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
[Mt 6, 16-21]
3. Für Gott fasten oder für wen?
Fasten wir für Gott?
Der erste Abschnitt unseres Textes legt das nahe.
Die Menschen sollen es nicht merken, dass wir fasten.
Und nur Gott allein, der ins Verborgene sieht,
soll bemerken, dass wir fasten.
Es ist so wie beim Beten,
das man laut Bergpredigt im stillen Kämmerlein tun sollte.
Die anderen sollen es nicht sehen.
Warum?
Weil es damals scheinbar ein Zeichen von Rechtschaffenheit
und sozusagen: braver Bürgerlichkeit war,
wenn man sich an der religiösen Vorschriften hielt.
Man muss sich das vorstellen so wie heute die politische Korrektheit.
Wer mit grauem Gesicht herumlief
und offensichtlich unter dem Nahrungsverzicht litt,
der war ein besonders Korrekter, vorbildlich,
- aber auch geradezu angeberisch, wie Jesus meinte.
Für ihn waren die Fastenübungen unaufgebbar Teil einer religiösen Einstellung.
Sie gehörten zur Spiritualität
Zur Art, wie jemand vor Gott leben will
und nicht ins Renommiergehabe.
Insofern ist das „Gesicht eincremen nicht vergessen“
unserer Pfarrerin aus Nürtingen vorbildlich.
Salbe dein Haar und wasche dein Gesicht,
damit die Leute nicht merken, dass du fastest,
...
Gleichzeitig bringt uns der Satz
auf die interessante Frage:
„Darf man sich eigentlich nur waschen,
damit die anderen Leute nicht merken, dass man fastet?“
Oder gehört das Waschen zum Fasten wie der Nahrungsverzicht?
Hier möchte ich daran erinnern,
dass Jesus möchte, dass wir aus religiösen Gründen fasten,
also mit anderen Worten: Nicht für die Leute, sondern für uns selbst.
Das religiöse Fasten ist wie das Gesundheitsfasten
eine Übung, die dem eigenen Leben zu Gute kommen soll.
Wie das Heilfasten den Köper von Schlacken reinigt,
reinigt das religiöse Fasten die Seele von den Rückständen des Alltags
und den beruflichen und privaten Anstrengungen.
Was ist das Wesentliche in meinem Leben?
Was trägt mich?
Worauf kann ich verzichten?
Dies sind Fragen, die man beim Fasten körperlich beantwortet bekommt.
...
Sammelt euch Schätze im Himmel!
So geht der Text dann weiter.
Und das heißt offenbar, dass wenn man gut und richtig fastet,
Petrus im Himmel in seinem großen Buch
ein Sternchen hinter unseren Namen macht.
Oder sogar ein Bienchen.
So genau wissen wir das nicht.
Offenbar wird im Himmel alles aufgeschrieben, was wir als gute Taten tun.
Und hinterher wird abgerechnet.
Oder was heißt das
Sammelt euch Schätze im Himmel?
...
In unserem Predigttext können wir den Satz eigentlich auch verstehen,
ohne dass wir in den Himmel gucken müssen.
Denn eigentlich meint ja Jesu Ermahnung,
dass wir nicht fasten sollten,
um Leute neben uns zu demonstrieren, wie toll wir sind.
Und also sollen wir die Schätze nicht sammeln,
indem wir andere beeindrucken, also gesellschaftliches Kapital anhäufen,
sondern für uns selbst fasten.
Wer fastet, weil er sein Leben wesentlicher machen will, der beeindruckt Gott.
Obwohl ich nicht weiß, ob man das sagen kann: Gott beeindrucken.
Vielleicht ist Schätze Sammeln im Himmel doch besser ausgedrückt
...
4. 7 Wochen ohne Runtermachen
Und nun habe ich mir den Weg frei gemacht
zur Fastenaktion 7 Wochen ohne.
Ich beobachte seit Jahren die eigenartigen Dinge,
die uns diese wechselnden Aktionen als Fastentätigkeit nahebringen will.
Dieses Mal finde ich die Aktion aber richtig gut,
und sie passt auch toll zu Gera, finde ich.
Die Aktion heißt dieses Jahr:
„Sieben Wochen ohne Runtermachen“ und ich lese dazu:
„In der Fastenzeit 2015 möchten wir mit 7 Wochen Ohne
das Unverwechselbare entdecken und wertschätzen.
Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen lautet das Motto.
Wir laden Sie ein, aus vollem Herzen zu sagen:
Du bist schön! - zum Menschen an Ihrer Seite
wie auch dem eigenen Spiegelbild.
Und sieben Wochen lang soll gelten:
Ohne Runtermachen!
Halten Sie inne, wenn Sie am eigenen Körper mal wieder
Abweichungen von der Traumfigur feststellen,
wenn Sie Ihrem Nachwuchs die exotische Frisur verübeln
oder dem Nachbarn den Gesang unter der Dusche.“
...
Wenn Jesus sagt:
Wenn ihr fastet,
macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler!
Dann spielt er an eine Stelle aus dem Jesajabuch an,
in der es heißt:
Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe,
ein Tag, an dem man sich kasteit,
wenn ein Mensch seinen Kopf hängen lässt wie Schilf
und in Sack und Asche sich bettet?
Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag,
an dem der HERR Wohlgefallen hat?
Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe:
Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast,
lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast!
Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg!
Brich dem Hungrigen dein Brot,
und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!
Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn,
und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!
Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte,
und deine Heilung wird schnell voranschreiten,
und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen,
und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.
[Jes 58 5-8]
…
Ein Fasten, das Gott liebt,
ist also ein Fasten, indem man nicht nur darauf sieht,
was man isst, sondern auch was man tut.
Wesentlicher muss das Leben werden.
Und so denke ich, das ist ein Fasten, das der Herr liebt:
...
Sich den spöttischen Blick abgewöhnen.
Mehr die Chancen sehen als die Probleme.
Einen Außenseiter in die Whatsapp-Liste aufnehmen,
damit er erfährt, was in der Klasse läuft.
Jemandem zuwinken, den man eigentlich nicht mehr sehen kann.
Einer zuhören, die unerträglich vor sich hinquasselt,
solange bis sie aufhört zu reden.
Wir sind umgeben von Ebenbildern Gottes,
Sie können sie leuchten sehen!
Wenn Sie sie mit Liebe anblicken.
Amen.
Und der Friede Gottes,
der höher und weiter ist als unsere menschliche Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.