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Westfalenpost: Starke Worte im Wohnzimmer
des Sultans / Kommentar von Martin Korte zu
Merkels Türkei-Besuch
https://ptext.de/n/1179774
02.02.2017 - 21:26 - Kategorie: Politik - (ots)
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Respekt! Kanzlerin Merkel hat bei ihrem Besuch in der Türkei in
deutlichen Worten die Einhaltung von Gewaltenteilung und
Meinungsfreiheit angemahnt - ohne dabei die Regeln der Diplomatie
zu verletzen. "Opposition gehört zur Demokratie dazu", das ist aus
ihrem Mund nur scheinbar ein belangloser Satz. An Erdogan
gerichtet, wird daraus ein starker Appell. Der Sultan duldet
schließlich keine Widerworte, schon gar nicht in seinem eigenen
Wohnzimmer.
Natürlich dürfen wir jetzt nicht erwarten, dass der türkische
Staatschef auf seinem politischen Kurs eine 180-Grad-Kehrtwende
hinlegt. Er wird den gescheiterten Putschversuch weiterhin nutzen,
um seine Macht so auszubauen, dass sie ihm am Ende niemand
mehr nehmen kann. In seinem Bild von einem Präsidialsystem
gehört Opposition eben nicht dazu.
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Sollte der Westen deshalb den Kontakt abbrechen? Nein! Den
Gesprächsfaden zur Türkei nicht abreißen zu lassen, ist angesichts
einer extrem turbulenten Weltlage richtig und wichtig. Nur wer mit
Erdogan kommuniziert, kann ihm auch sagen, was er von seiner
Politik hält. Der Kampf gegen den Terrorismus erzwingt ohnehin
eine intensive internationale Kooperation, die ohne Gespräche nicht
funktionieren kann.
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass die Demokratien dieser
Welt in den Beziehungen zur Türkei Druck vom Kessel lassen
sollten. Den Größenwahn eines Donald Trump kann sich Erdogan
nicht erlauben: Die Türkei ist vom Westen wirtschaftlich abhängig und von den sechs Milliarden Euro aus Deutschland für die
Flüchtlinge. Eine reine Ost-Orientierung kann das Land nicht aus
dem ökonomischen Dilemma befreien. Erdogan mag das nicht zu
spüren bekommen, die Bevölkerung in der Türkei schon.
Quelle: http://www.presseportal.de/pm/5896
6/3551150
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