H - Universität Koblenz · Landau

Organische Chemie I
http://www.uni-koblenz-landau.de/koblenz/fb3/ifin/chemie/ag_organische-chemie
Prof. Dr. Wolfgang Imhof (E-mail: [email protected])
Institut für Integrierte Naturwissenschaften, Abteilung Chemie
Organisatorisches
Vorlesung:
2 SWS, Mo 8.15 – 9.45 Uhr (M201)
Übung:
2 SWS, Mo 10.15 – 11.45 (M201)
(Lehramt Chemie & Angewandte Naturwiss.)
1. Klausur:
Mo, den 13.2.2017, 8.15 – 9.45 Uhr (Biogeo)
Mo, den 13.2.2017, 10.15 – 11.45 Uhr
(Lehramt Chemie & Angewandte Naturwiss.)
2. Klausur:
Mo, den 10.4.2017, 9.00-10.30 Uhr (M201)
Sprechstunde:
nach Vereinbarung per Email oder wenn
die Bürotür offensteht (M 318)
Literatur
ISBN: 978-3527318278; € 37,90
ISBN: 978-3642451430; € 64,99
Literatur
ISBN: 978-3868941029; € 89,95
ISBN: 978-3527322923; € 69,00
Themengebiete
Was ist Organische Chemie?
Alkane, Alkene, Alkine
Halogenalkane
Alkohole, Ether
Diene
Aromaten
Einführung
Organische Chemie = Chemie des Kohlenstoffs
Im Periodensystem der Elemente sind ~115 Elemente aufgeführt, für
organische Verbindungen benötigt man ~6. Denoch sind ~10 Millionen
organische Verbindungen bekannt.
C, H, N, O, (P, S)
Häufigkeit der Elemente
Element
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
O
Si
Al
Fe
Ca
Na
K
Mg
H
Cl
P
C
N
Erdkruste
49,5
25,7
7,5
4,7
3,4
2,6
2,4
1,9
0,9
0,19
0,12
0,08
0,03
99%
Biosphäre
65,0
0,002
0,001
0,01
2,01
0,11
0,27
0,036
10,0
0,16
1,16
18,0
3,0
1-4: 96%
1-9: 99,7%
1.
5.
9.
7.
3.
8.
6.
2.
4.
Ziel der Vorlesung
Ableitung charakteristischer Reaktivität aus der molekularen Struktur einer
Verbindung
Verständnis des Ablaufs chemischer Reaktionen (Reaktionsmechanismen)
Chemische Reaktionen = Brechen und Knüpfen von chemischen
Bindungen
Chemische Bindungen = Elektronen
Chemische Reaktionen = Umordnung von Elektronen
Kenntnisse der elektronischen Struktur von Bindungen notwendig
(Quantenzahlen, Orbitale)
Quantenzahlen
Hauptquantenzahl n
beschreibt Abstand der Elektronen vom Kern
n = 1, 2, 3......
alte Bezeichnung: K-, L-, M-, N-.......Schale
Nebenquantenzahl l
Unterniveaus innerhalb einer Schale
l = 0 bis l = n-1
K-Schale enthält s-Elektronen
L-Schale enthält s- und p-Elektronen
M-Schale enthält s-, p- und d-Elektronen
Magnetquantenzahl m
weitere Aufspaltung der Unterniveaus
m = ganze Zahlen von -l bis +l
für s-Orbitale existiert ein Energieniveau
für p-Orbitale existieren drei Energieniveaus
für d-Orbitale existieren fünf Energieniveaus
Spinquantenzahl
beschreibt Drehrichtung des Elektrons um seine Achse
Werte sind +½ und -½
Räumliche Gestalt der Orbitale
Bindungstypen
Bindungen werden durch Wechselwirkung der Valenzelektronen der beteiligten
Atome gebildet
Stellung der Bindungspartner im PSE (s. Elektronegativität) bestimmt Bindungstyp
Ionenbindung
DEN  2
Atombindung (kovalente Bindung)
0 < DEN < 2; EN > 2
Metallbindung
DEN  0; EN < 1.5
koordinative Bindung
Komplexe der
Übergangsmetalle
Atombindung (kovalente Bindung)
Ausbildung gemeinsamer Elektronenpaare zwischen Atomen
H
H
H
H
H H
H
Cl
H Cl
O
N
H
H
H
C
H
H
H N H
H
H
H
O
H
H
H C
H
H
H
gerichtet
sp3-Hybridisierung, z.B.Methan
Problem: Valenzelektronenkonfiguration d. Kohlenstoffs: 2s2 2p2
In Methan CH4 sind aber alle Bindungen gleich
Lösung:
Grundzustand
Atomorbitale
Hybridorbitale
angeregter Zustand
Bindungswinkel
109.5°
sp3-Hybridisierung
sp2-Hybridisierung, Doppelbindungen,
z.B. Ethen
Grundzustand
Bindungswinkel 120°
angeregter Zustand
sp2-Hybridisierung
sp-Hybridisierung, Dreifachbindungen,
z.B. Ethin
Grundzustand
angeregter Zustand
Bindungswinkel 180°
sp-Hybridisierung
Bindungslängen und Bindungsenergien
154 pm
135 pm
121 pm
Bindungstyp
Beispiel
Bindungsenergie
in kJ mol-1
Atombindung
HH
CH
CC
C=C
 450
 400
 350
 600
polare Atombindung
OH
 450
Ionenbindung
NaCl-Gitter
 750
koordinative Bindung
Na+ (aq.)
 400
van der Waals-Bindung
N2 / N2
< 10
Wasserstoffbrücken
H2O / H2O
ROH / ROH
 40
 20
hydrophobe Wechselwirkung
CH2 / CH2
< 10
Alkane: Homologe Reihe
Gesättigte Kohlenwasserstoffe, alle Kohlenstoffatome sind sp3-hybridisiert
Acyclische Alkane: Homologe Reihe:
Cyclische Alkane: Homologe Reihe:
CnH2n+2
CnH2n
Alkane: Konstitutionsisomere
Ab n=4 existieren mehrere Möglichkeiten, die C- und H-Atome
acyclischer Alkane in einer Valenzstrichformel zusammenzusetzen
z.B. C4H10
z.B. C5H12
Alkylgruppen
Stammalkan
Ethan
Butan
Alkylgruppe
Typ
Name
primär
Ethylchlorid
(Chlorethan)
sekundär
sec-Butylalkohol
(Butan-2-ol)
Ethyl
sec.-Butyl
(1-Methylpropyl)
tertiär
iso-Butan
(2-Methylpropan)
Beispiel
tert.-Butyl
(1,1-Dimethylethyl)
tert. Butylbromid
(2-Brom-2methyl-propan)
Alkane: Physikalische Eigenschaften
n
Name
Formel
Sdp [°C]
Smp [°C]
1
Methan
CH4
-161,7
-182,5
2
Ethan
CH3CH3
-88,6
-183,3
3
Propan
CH3CH2CH3
-42,1
-187,7
4
Butan
CH3(CH2)2CH3
-0,5
-138,3
5
Pentan
CH3(CH2)3CH3
36,1
-129,8
6
Hexan
CH3(CH2)4CH3
68,7
-95,3
7
Heptan
CH3(CH2)5CH3
98,4
-90,6
8
Octan
CH3(CH2)6CH3
125,7
-56,8
9
Nonan
CH3(CH2)7CH3
150,8
-53,5
10
Decan
CH3(CH2)8CH3
174,0
-29,7
11
Undecan
CH3(CH2)9CH3
195,8
-25,6
12
Dodecan
CH3(CH2)10CH3
216,3
-9,6
13
Tridecan
CH3(CH2)11CH3
235,4
-5,5
14
Tetradecan
CH3(CH2)12CH3
253,7
5,9
15
Pentadecan
CH3(CH2)13CH3
270,6
10,0
16
Hexadecan
CH3(CH2)14CH3
287,0
18,2
17
Heptadecan
CH3(CH2)15CH3
301,8
22,0
Alkane: Reaktivität
Alkane sind unpolar
keine Additionsreaktionen möglich
homolytischer Bindungsbruch als erster
Reaktionsschritt
Hyperkonjugation
Delokalisation eines bindenden Elektronenpaares (C-H) in Nachbarschaft zum
einfach besetzten p-Orbital des radikalischen C-Atoms
Stablität:
Ethyl < iso-Propyl < tert. Butyl
Pyrolyse von Alkanen
sehr unselektive Reaktion, T > 800°C
typische Folgereaktionen sind:
Rekombination von Radikalen, daher von C2H6 bis C10H22 alles dabei
H-Abspaltung
Chlorierung von Methan als Beispiel
einer Radikalkettenreaktion
Startreaktion
Kettenfortpflanzung
Bildung des Methylradikals
Produktbildung
Kettenabbruch
Energiediagramm der Bildung
von CH3Cl
Praktische Anwendung der radikalischen
Halogenierung von Alkanen
Fluorierung:
selten wegen korrosiver Eigenschaften und extremer Reaktivität von
Fluor, ungünstige Eigenschaften von Fluorwasserstoff
Chlorierung:
häufig angewandt in der Technik, da ökonomisch günstig
(Chlorgewinnung aus NaCl)
Bromierung:
häufig angewandt im Labor, da selektivere Reaktionen und geringere
Reaktivität, einfachere Handhabbarkeit, da Brom bei
Raumtemperatur flüssig ist
Alternativen:
Sulfurylchlorid
(Sdp. 69°C)
N-Chlor-succinimid
(Smp. 148°C)
(jeweils unter Zusatz eines Radikalstarters)
Exkurs: Fluorchlorkohlenwasserstoffe
und die Ozonschicht der Erde
1. Homolytische Spaltung von O2 durch
elektrische Entladung oder Bestrahlung
oder
photochemische Zersetzung von NO2
O
O
O
O
O
O
2. Reaktion der Sauerstoff-Radikale mit O2Molekülen
natürliche photochemische Zersetzung =
Rückreaktion der O3-Bildung
anthropogen:
Isomerie
Definition: identische Summenformel, aber unterschiedlicher räumlicher Aufbau
Konstitutionsisomere: unterschiedliche Abfolge von Atomen
n-Butan
iso-Butan
Dimethylamin
Ethylamin
Konfigurationsisomere: Abfolge von Atomen identisch, aber unterschiedliche
räumliche Anordnung
Fumarsäure
Maleinsäure
cis-/trans-Isomerie
S-Milchsäure
R-Milchsäure
optische Isomerie
Isomerie
Konformationsisomere: diesselbe Abfolge von Atomen, aber unterschiedliche
räumliche Anordnungen, die aber durch Rotation um
eine s-Bindung ineinander überführt werden können
Isomerie bei Cycloalkanen
Konstitutionsisomere: C7H13Br
(Brommethyl)cyclohexan
1-Brom-1-methylcyclohexan
(1S,2R)-1-Brom-2methylcyclohexan
Konfigurationsisomere:
cis-1,2-Dimethylcyclopropan
trans-1,2-Dimethylcyclopropan
Cyclopropan
wie in acyclischen Alkanen alle C-Atome sp3-hybridisiert,
aus kleineren Bindungswinkeln folgt sog. Ringspannung
TrimethylenDiradikal
Cyclopropan
Cyclobutan
In einem (hypothetischen) planaren Vierring wären die C-C-C Winkel = 90°, in
einem (realen) abgeknickten Molekül wird dieser Winkel zwar nicht vergrößert,
dafür aber die Abstände zwischen den H-Atomen aber maximiert.
Cyclopentan
In einem (hypothetischen) planaren Fünfring wären die C-C-C Winkel = 108°, also
nahezu ideal für sp3-hybridisierte C-Atome. In einem (realen) abgeknickten
Molekül werden wieder die Abstände zwischen den H-Atomen maximiert.
envelope
half-chair
envelope
Cyclopentan ist ein fast spannungsfreies Molekül, daher erfolgt keine thermische
Ringöffnung oder Hydrierung zu n-Pentan.
Cyclohexan
In einem (hypothetischen) planaren
Sechsring wären die C-C-C Winkel =
120°, in einem (realen) abgeknickten
Molekül werden fast ideale Tetraederwinkel realisiert.
Axiale und äquatoriale Substituenten
Beim Umklappen werden aus axialen Wasserstoffatomen äquatoriale und
umgekehrt.
Bei substituierten Cyclohexan-Derivaten sind die beiden Sesselformen nicht
energiegleich.
Energieunterschiede zwischen beiden
Sesselformen
X
X
Substituent
Name
H
DG0 [kJ/mol]
0
CH3
methyl
7,12
CH3CH2
ethyl
7,33
(CH3)2CH
iso-propyl
9,21
(CH3)3C
tert-butyl
~21
COOH
carboxyl
5,90
COOCH3
carboxymethyl
5,40
OCH3
methoxy
3,14
NH2
amino
5,86
F
fluoro
1,05
Cl
chloro
2,18
Br
bromo
2,30
Bicyclische Alkane
kondensiert (bzw. anelliert): Brückenkopfatome sind direkt
miteinander gebunden, z.B. Decalin
Konformation:
trans-Decalin
(trans-Bicyclo[4.4.0]decan)
cis-Decalin
(cis-Bicyclo[4.4.0]decan)
überbrückt: Brückenkopfatome sind nicht direkt miteinander
gebunden, z.B. Norbornan
Bicyclo[2.2.1]heptan
Exkurs: Carbocyclische Naturstoffe
Terpene (oftmals Geruchsstoffe in Pflanzen, Hölzern, Ölen):
Isopren (C5)
Monoterpene (C10)
Menthol (C10)
(Pfefferminzöl)
Sesquiterpene (C15)
Campher (C10)
(Campherbaum)
oft mit vielen zusätzlichen Funktionalitäten,
z.B. Taxol (C20-Grundkörper), aus
Pazifischer Eibe
b-Cadinen (C15)
(Wacholder)
Diterpene (C20)
Exkurs: Carbocyclische Naturstoffe
Steroide (tetracyclische Naturstoffe mit physiologischer Wirkung):
alle Ringe sind transverknüpft !
Epiandrosteron
gemeinsame Vorstufe: Squalen (C30)
Cholesterin
Cholsäure
Cortison
Exkurs: Carbocyclische Naturstoffe
Steroide als Sexulahormone:
Androgene: männliche Sexualhormone, z.B. Testosteron
Östrogene: weibliche Sexualhormone, z.B. Östradiol
Progestine: Schwangerschaftshormone, z.B. Progesteron,
ermöglicht Einnistung eines befruchteten Eis
im Uterus, bei hohem Progesteronspiegel
keine weitere Eireifung, aktivere Derivate
sind das Prinzip der Antibabypille
Halogenalkane
Die C-Hal Bindung wird zwischen einem sp3-Hybridorbital am C und einem p-Orbital
am Halogenatom gebildet.
Halogenmethan
Bindungslänge
[pm]
Bindungsstärke
[kJ/mol]
CH3F
138,5
461
CH3Cl
174,8
356
CH3Br
192,9
297
CH3I
213,9
239
Durch die unterschiedlichen Elektronegativitäten sind C-Hal Bindungen polar.
Daher sieden Halogenalkane höher als die entsprechenden
Kohlenwasserstoffe.
Die Polarität erhöht außerdem die Reaktivität des Moleküls,
da das C-Atom durch Nukleophile angreifbar wird oder die
C-Hal Bindung gebrochen werden kann.
Nucleophile Substitution
Das Nucleophil weist ein freies Elektronenpaar auf. Es kann sich um ein Anion oder
ein neutrale Moleküle handeln.
Beispiele für Nucleophile:
Anionen: OH─, OR─, SR─, I─, CN─, N3─
Neutrale Moleküle: NR3, PR3
Reaktionsmechanismus der nucleophilen
Substitution?
Experimenteller Befund: Reaktionsgeschwindigkeit hängt von beiden Reaktanden ab.
Vorderseitenangriff
oder
Rückseitenangriff
Überprüfung an chiralen Substraten
Mechanismus der SN2-Reaktion
SN2-Reaktion: Einfluß der Abgangsgruppe
Basenstärke: je geringer die Basenstärke der Abgangsgruppe (d.h. je stärker die
davon abgeleitete Brönsted-Säure), desto besser ihr Austrittsvermögen
I─ > Br─ > Cl─ > F─ > OH─
Daher gibt es weitere gute Abgangsgruppen, die auf starken Säuren beruhen:
Methylsulfat
Methylsulfonat
(Mesylat)
Trifluormethylsulfonat
(Triflat)
4-Methylphenylsulfonat
(Tosylat)
z.B. zur Substitution ausgehend von Alkoholen trotz der schlechten
Abgangsgruppe Hydroxid
SN2-Reaktion: Einfluß des
Nucleophils
Erwartung: je basischer das Nucleophil, desto reaktiver sollte es sein.
Gang in einer Periode des PSE:
NH2─ > OH─ > NH3 > F─ > H2O
Bei gleichem Atom als nucleophilem Zentrum ist ein Anion nucleophiler als ein
neutrales Molekül.
Gang in einer Hauptgruppe des PSE:
I─ > Br─ > Cl─ > F─ bzw. RS─ > RO─
Warum umgekehrte Reihenfolge?
Bei geladenen Nucleophilen
beeinträchtigen Solvenseffekte
deren Fähigkeit, in chemischen
Reaktionen nucleophil zu
reagieren.
SN2-Reaktion: Einfluß des
Nucleophils
Für die Reaktivität eines Nucleophils ist seine Polarisierbarkeit entscheidender als
seine Basizität.
Je weiter unten in einer Hauptgruppe, desto größer und diffuser sind die Orbitale.
Daher sind sie durch das positiv polarisierte C-Atom auch leichter polarisierbar.
Daraus folgt eine bessere Überlappung im Übergangszustand und damit eine
beschleunigte Reaktion.
PH3 > NH3 bzw. H2Se > H2S > H2O
SN2-Reaktion: Einfluß der räumlichen
Situation an den Reaktanden
am Nucleophil:
am Elektrophil:
in beiden Fällen
R = CH3 > C2H5 > CH(CH3)2 >> C(CH3)3
SN1-Reaktionen: Solvolyse
Solvolyse: Reaktion mit Solvensmolekülen (hoher Überschuß im Vergleich zum
Substrat), Spezialfall Solvens = H2O heißt Hydrolyse.
Substrat
krel
CH3Br
1
CH3CH2Br
1
(CH3)2CHBr
12
(CH3)3CBr
1,2 · 106
Experimenteller Befund: Reaktionsgeschwindigkeit hängt nur vom
Elektrophil ab. Das Nucleophil ist
daher am geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes nicht beteiligt.
Reaktionsmechanismus der
SN1-Reaktion
Schritt 1: Dissoziation zum Carbeniumion (geschwindigkeitsbestimmend)
Schritt 2: Nucleophiler Angriff durch Wasser
Schritt 3: Deprotonierung
Stereochemische Konsequenzen
der SN1-Reaktion
Welche Faktoren beeinflussen
eine SN1-Reaktion?
Lösungsmittel: polar-protische Lösungsmittel stabilisieren das Carbenium-Ion
Abgangsgruppe: je leichter die Abspaltung, desto schneller wird der geschwindigkeitsbestimmende Schritt
─OSO2R > ─I > ─Br > ─OH2+ > ─Cl
Nucleophil: kein Einfluß auf die Reaktionsgeschwindigkeit, da am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt nicht beteiligt
bei zwei konkurrierenden Nucleophilen Einfluß auf Selektivität
Welche Faktoren beeinflussen
eine SN1-Reaktion?
Stabilität des Carbeniumions:
RCH2+ < R2CH+ < R3C+
Die Stabilisierung erfolgt über Hyperkonjugation (vgl. Radikale)
Wann SN1, wann SN2?
R
SN1
SN2
CH3
nie
häufig, schnell mit guten
Abgangsgruppen und starken
Nucleophilen
primär
nie
häufig, relativ schnell, langsam für
verzweigte Reste R
sekundär
langsam, nur in polar-protischen
Lösungsmitteln und mit guten
Abgangsgruppen
langsam, nur mit guten
Abgangsgruppen in polar
aprotischen Lösungsmitteln
tertiär
häufig, schnell
extrem langsam
Konkurrenz zur Substitution:
Elimierungsreaktionen
Wenn die Bildung eines Carbeniumions der geschwindigkeitsbestimmende Schritt
ist, kann es im zweiten Reaktionsschritt statt zur Addition des Nucleophils (SN1) zur
Abspaltung eines Protons (E1) kommen.
Mechanismus der E1-Reaktion
Lösungsmittel muss ausreichend basisch zur Aufnahme des Protons sein
Die E2-Reaktion
Abspaltung der Abgangsgruppe und Übertragung des Protons auf die Base
verlaufen synchron, nur mit sehr starken Basen in hoher Konzentration
Zusammenfassung der Reaktivität
von Halogenalkanen
primäre RX
immer SN2, außer in Gegenwart sehr starker,
sterisch gehinderter Basen (z.B. tBuO─, LDA─)
sekundäre RX
alle Mechanismen möglich je nach
Lösungsmittel, Abgangsgruppe, Base
tertiäre RX
im neutralen Medium SN1, als Nebenreaktion E1,
im stark basischen Medium E2
Alkohole und Ether
Wasser
(pKs = 15,7)
Alkohol
─OH = Hydroxygruppe
(pKs = 15-18)
RCH2OH primärer A.
R2CHOH sekundärer A.
R3COH tertiärer A.
Ether
─OR = Alkoxygruppe
bzw. Phenoxygruppe
Alkohole – physikalische Eigenschaften
Alkohole können Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden. Daher sind die Schmelzund Siedepunkte höher als bei den Alkanen und Halogenalkanen. Die OH-Gruppe
bewirkt außerdem eine Löslichkeit in Wasser bis der organische (unpolare) Rest zu
groß wird.
Formel
Name
Smp [°C]
Sdp [°C]
Löslichkeit in
H2O
CH4
Methan
-182,5
-161,7
3,5 ml/100 ml
CH3Cl
Chlormethan
-97,7
-24,2
0,74 g/100 ml
CH3OH
Methanol
-97,8
65,0
unbegrenzt
C2H6
Ethan
-183,3
-88,6
4,7 ml/100 ml
C2H5Cl
Chlorethan
-136,4
12,3
0,48 g/100 ml
C2H5OH
Ethanol
-114,7
78,5
unbegrenzt
C3H8
Propan
-187,7
-42,1
6,5 ml/100 ml
C3H7Cl
2-Chlorpropan
-117,2
35,7
0,31 g/100 ml
C3H7OH
2-Propanol
-89,5
82,4
unbegrenzt
Herstellung von Alkoholen - technisch
Fermentation von Zuckern bzw. Destillation von Weinüberproduktion
Hydratation von Ethen
aus Synthesegas
Herstellung von Alkoholen - Labor
Nucleophile Substitution (Problem: Konkurrenz durch E2-Reaktion)
Reduktion von Carbonylverbindungen
Herstellung von Alkoholen - Labor
Verwendung metallorganischer Reagenzien
z.B.
Reaktionen von Alkoholen mit starken
Basen und Säuren
Reaktion mit starken Basen: Deprotonierung der Hydroxylgruppe
Reaktivität CH3 > primär > sekundär > tertiär
Reaktion mit starken Säuren: Protonierung der OH-Gruppe, dann Abspaltung von
Wasser zu Carbeniumion (SN1 oder E1)
Umlagerung bei sekundären
Carbeniumionen
Hydridverschiebung!!
Reaktion von Alkoholen mit Säuren Esterbildung
Carbonsäureester
analog mit „anorganischen“ Säuren
Chromsäureester
Phosphorsäureester
Schwefelsäureester
Sulfonsäureester
Ether
Nomenklatur: Name des Alkans der längsten Kette, Name der Alkoxygruppe
vorangestellt
Die meisten Ether sind relativ reaktionsträge, daher verbreitete Verwendung als
Lösungsmittel
Physikalische Eigenschaften von Ethern
Ether können keine Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden. Daher sind die
Siedepunkte deutlich niedriger als bei den entsprechenden Alkoholen gleicher CZahl.
Ether
Name
Sdp [°C]
Alkohol
Sdp[°C]
CH3OCH3
Dimethylether
-23
Ethanol
78,5
CH3OCH2CH3
Ethylmethylether
10,8
Propanol
82,4
(CH3CH2)2O
Diethylether
34,5
Butanol
117,3
(CH3CH2CH2CH2)2O
Dibutylether
142
Octanol
194,5
Synthese von Ethern
Williamson-Ethersynthese: typische SN2-Reaktion zwischen einem Alkoholat und
einem organischen Halogenid bzw. einem Methylsulfonat
Butanol 60% (E)
DMSO 95%
DMSO >90%
Synthese von Ethern
Cyclische Ether durch intramolekulare SN2 von Bromo-Alkoholen: Hydroxid-Ionen
sind bessere Basen als Nucleophile, daher Bevorzugung der intramolekularen vor
der intermolekularen Reaktion.
analog:
Synthese von Ethern
Symmetrische Ether durch die Reaktion von Alkoholen mit starken Säuren
(korrespondierende Base darf nicht nucleophil sein)
Unsymmetrische Ether nur ausgehend von tert. Butanol wegen der besonderen
Stabilität des Carbeniumions
Etherspaltung
In Gegenwart von starken Säuren mit nucleophilen Anionen werden Ether in
Alkohole und z.B. Halogenalkane gespalten (Rückreaktion der WilliamsonEthersynthese).
Die Spaltung cyclischer Ether ergibt in zwei aufeinanderfolgenden Substitutionsreaktionen Dihalogenalkane.
Unsymmetrische Ether werden zunächst am sterisch weniger anspruchsvollen
Kohlenstoffatom angegriffen.
Ringöffnung von Epoxiden (Oxiranen)
zum Beispiel:
Epoxidharze:
Thiole und Thioether
Schwefel-Analoga der Alkohole und Ether
Eigenschaften:
Thiole bilden schwächere
Wasserstoffbrücken aus
als Alkohole
Thiole sind stärkere
Säuren als Alkohole
Thiole sind nucleophiler
als Alkohole, da sie besser
polarisierbar sind
Verbindung
Sdp [°C]
CH3OH
65,0
CH3SH
6,3
CH3CH2OH
78,5
CH3CH2SH
37,0
Thiole haben einen hohen
Dampfdruck, sehr „geruchsintensiv“
Thiole in der Natur
Stinktier:
Grapefruit:
wahrnehmbar bis 10-4 ppb, d.h. 1 mg in
10 Mio Liter Wasser
Pflanzen der Gattung Allinum (Knoblauch, Zwiebel, Lauch, Schnittlauch),
enzymatische Umsetzung zur Sulfensäure wird durch Druck, z.B. beim
Schneiden, ausgelöst, Disulfid hat antibakterielle Wirkung
Alkene: Homologe Reihe
Ungesättigte Kohlenwasserstoffe, mindestens eine Doppelbindung, sp2Hybridisierung der Kohlenstoffatome der Doppelbindung
Acyclische Alkene mit einer Doppelbindung: Homologe Reihe:
CnH2n
Cyclische Alkene mit einer Doppelbindung: Homologe Reihe:
CnH2n-2
Räumliche Isomerie bei Alkenen
cis/trans-Isomerie:
Z/E-Isomerie: sobald an mindestens ein C-Atom der Doppelbindung
kein Wasserstoffatom gebunden ist, Rangfolge der
Substitutionen wird nach den Cahn-Ingold-PrelogRegeln (CIP-Regeln) bestimmt
Z-1-Brom-1,2difluorethen
E-1-Chlor-3-ethyl-4-methyl3-hepten
„Stabilität“ von Doppelbindungen über
Hydrierungswärmen
Stabilität allgemein:
Physikalische Eigenschaften von
Alkenen
Siedepunkte: ähnlich wie Alkane gleicher C-Zahl
Schmelzpunkte: niedriger als Alkane gleicher C-Zahl, cis < trans
Alkan
Smp [°C]
Alken
Smp [°C]
Butan
-138
trans-2-Buten
-106
cis-2-Buten
-139
trans-2-Penten
-135
cis-2-Penten
-180
trans-2-Hexen
-133
cis-2-Hexen
-141
trans-3-Hexen
-115
cis-3-Hexen
-138
Pentan
Hexan
-130
-95
Synthese von Alkenen: Eliminierung
aus Halogenalkanen
nach Möglichkeit bildet sich das höher substituierte stabilere Alken (SaytzevRegel), wenn B eine sterisch wenig anspruchsvolle Base ist wie z.B. EtO─.
Mit sterisch gehinderten Basen (z.B. tert. Butyl-O ─) dreht sich das Verhältnis zu
27% zu 73% um (Hofmann-Regel), da die Base zu groß ist, um an das sterisch
weniger zugängliche Wasserstoffatom zu gelangen.
Synthese von Alkenen: Eliminierung
aus Alkoholen
Hier werden saure Bedingungen angewendet, daher normalerweise E1-Reaktion,
d.h. die Stabilität des Carbeniumions entscheidet über die Effektivität der Reaktion.
Probleme bei der Eliminierung aus
Alkoholen
Sekundäre Carbeniumionen neigen zu Umlagerungsreaktionen
Reaktivität von Alkenen: Addition an
die Doppelbindung
energieverbrauchende Reaktionsschritte:
Lösen der p-Bindung
Dissoziation A-B
energieliefernde Schritte:
Knüpfen der Bindung C-A
Knüpfen der Bindung C-B
insgesamt meist exotherme Reaktion, da mehr Energie geliefert wird als
Energie verbraucht wird
Katalytische Hydrierung
Die Reaktion verläuft auf der Oberfläche eines Katalysators (z.B. Platin auf
Aktivkohle), um die Spaltung der H-H Bindung zu erleichtern.
Addition von HX an Alkene
Wegen der hohen Elektronendichte ist die Doppelbindung nucleophil und kann
protoniert werden. Das entstehende Carbeniumion wird dann von X─ nucleophil
angegriffen. Aus der unterschiedlichen Stabilität der Carbeniumionen ergibt sich
die Regioselektivität der Reaktion (Markovnikov-Regel).
Beispiele für die Markovnikov-Regel:
Energiediagramm der Addition von
HCl an Propen
Hydratisierung von Alkenen
Addition von Wasser: Der Zusatz einer Säure ist nötig, da Wasser selbst eine zu
schwache Säure ist. Die Hydratisierung ist die Rückreaktion der Dehydratisierung, bei
hohen Temperaturen liegt das Gleichgewicht eher auf der Seite des Alkens.
Aber: Viele Alkene lagern säurekatalysiert um, d.h. bei der Hydratisierung entsteht
nicht unbedingt der erwartete Alkohol.
Addition von Halogenen an Alkene
Die Reaktion verläuft als anti-Addition (im Gegensatz zur Hydrierung!), d.h. die
beiden Halogenatome befinden sich auf entgegengesetzten Seiten des
Produktmoleküls.
Mechanismus der Halogenierung von
Alkenen
Die p-Elektronendichte
der Doppelbindung
polarisiert das Brommolekül.
Es bildet sich ein
cyclisches BromoniumIon.
Durch den Angriff des
Bromids von der
Rückseite entsteht ein
vicinales Dihalogenid.
Stärkere Nucleophile als
Halogenid können das
Bromoniumion
abfangen.
Synthese von anti-MarkovnikovProdukten - Hydroborierung
Im Normalfall reagiert das Proton mit dem niedriger substituierten Kohlenstoffatom
der Doppelbindung und das Nucleophil mit dem höher substituierten (MarkovnikovRegel). Mit umgekehrter Regioselektivität verläuft die Reaktion mit einem Reagenz,
in dem Wasserstoff der negativ polarisierte Partner ist.
Die Oxidation der Trialkylborane ergibt Alkohole, die relativ zum Ausgangs-Alken
eine anti-Markovnikov-Konstitution aufweisen.
Dimerisierung und Oligomerisierung
von Alkenen
kationische Polymerisation: sauer katalysiert über Carbeniumionen
anionische Polymerisation
radikalische Polymerisation
durch Übergangsmetalle katalysierte Polymerisation
Anionische Polymerisation
Beispiel: 2-Cyano-acrylsäuremethylester (Sekundenkleber)
Radikalische Polymerisation von Ethen
zu Polyethylen
Kettenabbruch durch Kombination zweier Radikale
Verzweigung in der Kette möglich durch Reaktion mit OR
Molare Massen bis 106 g/mol
Wichtige Polymere ausgehend von
Alkenen
Monomer
Struktur
Polymer
Anwendungen
Ethen
Polyethylen
Tragetaschen, Behälter
Chlorethen
Polyvinylchlorid
Rohre, sonst.
Kunststoffe
Tetrafluorethen
Teflon
Beschichtungen z.B.
Bratpfannen
Ethenylbenzen
Polystyrol
geschäumte Verpackungsmaterialien
Propennitril
Polyacrylnitril
(Orlon)
Kunstfasern
2-Methyl-acrylsäuremethylester
Plexiglas
schlagfeste Verschalungen, Behälter
2-Methylpropen
Elastol
Bekämpfung von
Ölverschmutzungen
Alkine: Homologe Reihe
Ungesättigte Kohlenwasserstoffe, mindestens eine Dreifachbindung,
sp-Hybridisierung der Kohlenstoffatome der Dreifachbindung, Bindungs
winkel 180°
Acyclische Alkine mit einer Dreifachbindung: Homologe Reihe:
Cyclische Alkine mit einer Dreifachbindung: Homologe Reihe:
CnH2n-2
CnH2n-4
widerspricht eigentlich dem idealen Winkel von 180°, daher sind die Ringe
gespannt und nur größere Ringe sind stabil
„Stabilität“ von Dreifachbindungen
über Hydrierungswärmen
Die Dreifachbindung ist reaktiver als die Doppelbindung, eine Reaktion liefert mehr Energie
Interne Alkine sind stabiler als terminale Alkine.
Physikalische Eigenschaften der Alkine
Wegen der Linearität der Moleküle sind sie relativ unpolar, daher sehr niedrige
Siedepunkte
Alkin
Formel
Sdp [°C]
Ethin
C2H2
-87°C (Subl.)
Propin
C3H4
-23,2
1-Butin
C4H6
-8,1
2-Butin
C4H6
27,0
Dreifachbindung hat hohen Energieinhalt, daher sind Alkine sehr reaktiv,
niedrige Alkine reagieren unter Umständen explosiv
Wegen des höheren s-Anteils sind terminale Alkine vergleichsweise sauer
Synthese von Alkinen
Aus Dihalogenalkanen durch Eliminierung in Gegenwart starker Basen
Daher sind Alkine aus Alkenen durch zunächst eine Addition von Br2 und
anschließende Eliminierung von 2 HBr darstellbar.
Synthese von Alkinen aus
Alkinylanionen
Technische Synthese von Acetylen
Hydrierung bzw. Reduktion von
Alkinen
Elektrophile Addition von Halogenen
und Halogenwasserstoffen an Alkine
Die Reaktionen verlaufen ein- oder zweimal
Elektrophile Addition von Wasser
an Alkine
Bei terminalen Alkinen folgt die Hydratisierung der Markovnikov-Regel. Es entstehen
Enole, die zu den stabileren Carbonylverbindungen (Ketone) umlagern.
Terminale Alkine:
Symmetrische interne Alkine:
Unsymmetrische interne Alkine:
Hydroborierung an Alkine
s. Alkene: Durch den negativ polarisierten Wasserstoff des Borans erfolgt die
Addition an terminale Alkine als anti-Markovnikov-Addition. Aus dem
entsprechenden Enol entsteht ein Aldehyd. Alle anderen Alkine ergeben Ketone.
Technische Verwendung von Acetylen
Darstellung von
Methanol und
Monomeren für die
Kunststoffindustrie
Technische Verwendung von Acetylen
Darstellung von THF
Delokalisierte p-Systeme
1. Beobachtung: Chlorpropen geht sehr leicht SN1-Reaktionen ein, obwohl primäre
Carbeniumionen ansonsten instabil sind
besondere Stabilität des Allyl-Kations ?
2. Beobachtung: Auch die C-H Bindung in Propen lässt sich relativ leicht
homolytisch oder heterolytisch spalten
Mesomeriestabilisierung von
Allylsystemen
Allyl-Kation:
Allyl-Radikal:
Allyl-Anion:
Radikalreaktionen in Allylstellung
Selektivitätsproblem wegen Konkurrenz zur Addition an Doppelbindung
Selektivitätsproblem bei unsymmetrischen Allylradikalen (technisch wichtig ist die
Herstellung von Allylchlorid)
Oxidation in Allylstellung (s. Ranzigwerden von ungesättigten Fettsäuren)
SN-Reaktionen in Allylstellung
Auf Grund der Mesomerie können dieselben Produkte aus verschiedenen
Ausgangsstoffen entstehen, bei unsymmetrischen Allyl-Kationen evtl.
Selektivitätsprobleme
Konjugierte Doppelbindungen – Diene
Welche Verbindungen haben konjugierte und welche isolierte
Doppelbindungen?
Stabilisierung von konjugierten relativ zu
zwei isolierten Doppelbindungen
Als Anhaltspunkt können die Hydrierungswärmen benutzt werden:
Die Konjugation stabilisiert 1,3-Butadien um ~15 kJ/mol
Bindungsverhältnisse im 1,3-Butadien
Reaktivität von Butadienen gegenüber
Elektrophilen
Die Addition von Elektrophilen kann an nur einer Doppelbindung oder in 1,4-Position
erfolgen.
typischer Fall von thermodynamischer vs. Kinetischer Kontrolle
Butadien-Derivate in Cycloadditionen
(Diels-Alder-Reaktion)
Aus einem Dien (4 p-Elektronen) und einem Dienophil (2 p-Elektronen) wird in einer
[4+2]-Cycloadditon ein Cyclohexen-Derivat aufgebaut.
Idealerweise sollte es sich um ein elektronenreiches Dien und ein elektronenarmes
Dienophil handeln.
1950
Otto Diels
1876 - 1954
Kurt Alder
1902 - 1958
Diels-Alder-Reaktion – gängige Diene
und Dienophile
Dien
Name
Dienophil
Name
1,3-Butadien
Tetracyanoethylen
2,3-Dimethyl-1,3butadien
Maleinsäuredimethylester
trans,trans-2,4Hexadien
Fumarsäuredimethylester
Cyclopentadien
Maleinsäureanhydrid
Fulven
Acrolein
Cyclohexadien
Acrylsäuremethylester
1,2-Dimethylencyclohexan
Acetylendicarbonsäure
-dimethylester
Verlauf der Diels-Alder-Reaktion
Durch den konzertierten Verlauf, d.h. alle Bindungsänderungen verlaufen
gleichzeitig, ist die Diels-Alder-Reaktion außerdem stereospezifisch.
Diels-Alder-Reaktion: Beibehaltung der
Konfiguration des Diens
Methylgruppen
außen
Methylgruppen
cis-ständig
Methylgruppen
außen und innen
Methylgruppen
trans-ständig
Diels-Alder-Reaktion: Beibehaltung der
Konfiguration des Dienophils
Carboxylgruppen
cis-ständig
Carboxylgruppen
cis-ständig
Carboxylgruppen
trans-ständig
Carboxylgruppen
trans-ständig
Diels-Alder-Reaktion: Die endo-Regel
Sind in einer Diels-Alder-Reaktion das Dien oder das Dienophil cyclisch, entstehen
als Reaktionsprodukte Bicyclen. Über die Stereochemie entscheidet die
Orientierung der Ausgangsverbindungen relativ zueinander.
exo-Addition:
endo-Addition:
Stereospezifität der Diels-Alder-Reaktion:
Zusammenfassung
Stellung von a, i, endo, exo relativ zueinander in den Ausgangsstoffen bleibt
erhalten
Elektronenziehende Substituenten in cis-Dienophilen sind im Produkt immer
endo
a ist im Produkt immer cis zu endo
Polymerisation von Butadienen
Poly(vinylethen)
Poly(butadien)
Aromatische Verbindungen
Benzen wurde erstmals im 17. Jahrhundert dargestellt, jedoch erst 1834 durch
Mitscherlich als C6H6 identifiziert ("Benzin"), im selben Jahr durch Liebig
Umbenennung in "Benzol", heute nach IUPAC "Benzen"
Probleme machte lange Zeit
die Zuordnung der richtigen
Strukturformel aus 217
Möglichkeiten
Eilhard Mitscherlich
1794 - 1863
Claus
1867
Dewar
1867
Ladenburg
1869
von Baeyer
1888
Thiele
1899
Kekulé
1865
August Kekulé
1829 - 1896
Aromatizität
Im Gegensatz zu Alkenen und Alkinen reagiert Benzen mit Halogenen nicht in einer
Additions- sondern einer Substitutionsreaktion.
Ursache für dieses Verhalten ist ein energetisch begünstigter Zustand, in dem die 6
p-Elektronen über den gesamten Ring delokalisiert sind.
Kriterien der Aromatizität:
planarer cyclischer Molekülbau
alle Ringatome sp2-hybridisiert
ununterbrochenes System konjugierter Doppelbindungen mit insg. (4n+2) p-Elektronen
(Hückel-Regel)
Bindungsverhältnisse in Benzen
Energetische Betrachtung der
Aromatizität in Benzen
Eine energetische Betrachtung des Beitrages, den die Aromatizität zur Stabilität von
Benzen beiträgt, können wieder Hydrierungswärmen liefern.
Der aromatische
Zustand liefert
ca. 120 kJ/mol
zusätzliche
Stabilität.
Andere Beispiele für die Anwendung der
Hückel-Regel
Naphthalen
(10 p-e-)
Anthracen
(14 p-e-)
Phenantren
(14 p-e-)
Dihydropyren
(14 p-e-)
nicht aromatische cyclische Polyene:
Cyclobutadien
(4 p-e-)
Cyclooctatetraen
(8 p-e-)
Azulen
(10 p-e-)
Nomenklatur von Benzenderivaten
monosubstituiert: Name des Substituenten als Präfix, Suffix „benzen“
Fluorbenzen
Nitrobenzen
Ethylbenzen
disubstituiert mit zwei identischen Substituenten:
ortho-
metaDichlorbenzen
para-
Nomenklatur von Benzenderivaten
mehrfach substituiert mit identischen oder unterschiedlichen Substituenten:
1-Brom-3-chlorbenzen
1,2,4-Trinitrobenzen
1-Ethinyl-3-Ethenyl-5-Ethylbenzen
Beispiele für gebräuchliche Trivialnamen:
Toluen
o-Xylen
Styren
Phenol
Anisol
Benzaldehyd Benzoesäure
Anilin
Elektrophile aromatische Substitution
Im Gegensatz zu Alkenen führt die Addition eines Elektrophils nicht zur Polymerisation sondern unter Erhalt des aromatischen Systems zu Substitutionsprodukten.
Mechanistisch verläuft die Reaktion als Additions-/Eliminierungsreaktion.
Addition des Elektrophils:
Eliminierung von H+ und Rearomatisierung:
Energetischer Verlauf der elektrophilen
aromatischen Substitution
Wegen der hohen Aktivierungsenergie (Aufgabe des aromatischen Systems) sind starke
Elektrophile und/oder Katalysatoren nötig.
Die Gesamtreaktion ist
exotherm, wenn C-E eine
stärkere Bindung ist als C-H.
Halogenierung von Benzen
Der Zusatz einer Lewis-Säure als Katalysator ist notwendig, um eine ausreichende
Elektrophilie zu erreichen.
Fluorierung: explosiv
Chlorierung: Zusatz von FeCl3
Bromierung: Zusatz von FeBr3
Iodierung: endotherm, Zusatz von AgNO3
Nitrierung und Sulfonierung von Benzen
Durch Zusatz von Schwefelsäure als wasserentziehendes Mittel entstehen
ausreichend elektrophile Nitroniumionen.
Schwefelsäure ist ebenfalls nicht elektrophil genug, aber „rauchende“ Schwefelsäure
enthält ca. 8% Schwefeltrioxid.
Die Sulfonierung kann durch Entfernen von SO3 reversibel gestaltet werden.
Friedel-Crafts-Alkylierung
Als elektrophiles Reagenz werden Carbeniumionen verwendet. Geeignete Substrate
sind daher alle Stoffe, die Carbeniumionen bilden können (Alkohole, Alkene, Halogenalkane). Es wird meist eine Lewis-Säure als Initiator zugesetzt.
Beispiele für Alkohole und Alkene:
Friedel-Crafts-Acylierung
Als elektrophiles Reagenz fungiert das Acylium-Kation, das aus Carbonsäurehalogeniden durch Reaktion mit Lewis-Säuren entsteht.
Da AlCl3 auch an das Produkt bindet, muss es stöchiometrisch zugesetzt und am Ende
hydrolisiert werden.
Selektivität der Zweitsubstitution
Ein am Benzen vorhandener Substituent beeinflusst den Ort und die Geschwindigkeit
einer weiteren Substitution. Die Kenntnis dieser Effekte ist daher wichtig zur
Syntheseplanung regioselektiver Umsetzungen.
Beispiele für disubstituierte Aromaten in Schmerzmitteln:
Aspirin
(2-Acetylsalicylsäure)
Paracetamol
(N-(4-hydroxyphenyl)acetamid)
Ibuprofen
(2-[4-(2-Methylpropyl)phenyl]-propansäure)
Welche Effekte bewirken die Selektivität
der Zweitsubstitution?
Induktion: wird durch das Verhältnis der Elektronegativitäten der
Bindungspartner bestimmt, wirkt über das s-Bindungsgerüst, kurze
Reichweite
Mesomerie/Resonanz: wirkt über p-Bindungen, besonders effektiv in geladenen
Teilchen oder Substituenten mit Formalladungen, hohe Reichweite,
überkompensiert einen induktiven Effekt anderen Vorzeichens
Effekt
e—-Dichte im
Aromaten
Reaktivität
Ort der Zweitsubstitution
Beispiele
+I
erhöht
aktiviert
o/p
Alkyl
-I
verringert
deaktiviert
m
-CF3, -NR2, -OR,
(-X), -COR, -CN,
-NO2, -SO3H
+M
stark erhöht
stark aktiviert
o/p
-NR2, -OR, (-X)
-M
stark verringert
stark deaktiviert
m
-COR, -CN, -NO2,
-SO3H
+I-Effekt
ortho-Angriff:
meta-Angriff:
para-Angriff:
-I-Effekt
ortho-Angriff:
meta-Angriff:
para-Angriff:
+M-Effekt
ortho-Angriff:
meta-Angriff:
para-Angriff:
-M-Effekt
ortho-Angriff:
meta-Angriff:
para-Angriff:
Keine Regel ohne Ausnahme !
Halogene sind deaktivierend (da relativ elektronegativ), aber dennoch ortho/paradirigierend (da +M-Effekt)
Die Reihenfolge entscheidet !
beide Substituenten sind meta-dirigierend, aber einer zu stark deaktivierend
Chemie der Substituenten am
Benzenring
Eine Benzylgruppe bildet sehr leicht mesomeriestabilisierte Kationen, Radikale
und Anionen (vgl. Allylverbindungen)
Protonen in Benzylstellung sind daher mit
starken Basen abspaltbar (pKs ~ 41)
Benzylether können unter sanften
Bedingungen gespalten werden
(Schutzgruppe für OH-Gruppen)
Benzyl-Radikal
Reversible Umwandlungen von
funktionellen Gruppen
Phenole
Phenole weisen eine Hydroxylgruppe (-I-, +M-Effekt) am aromatischen Ring auf,
dadurch existieren mesomere Grenzformen mit positiv geladenem Sauerstoff. Phenol
("Carbolsäure") ist daher leicht acide (pKs ~ 10). Die korrespondierende Base
(Phenolat-Ion) ist ebenfalls mesomeriestabilisiert.
Zusätzliche Substituenten mit –M-Effekt erhöhen die Acidität weiter.
Phenolderivate
o-, m- und p-Kresol:
Dihydroxybenzene:
Brenzcatechin
Resorcin
Hydrochinon
Darstellung von Phenolen (und Anilinen)
durch nucleophile aromatische Substitution
Eine nucleophile aromatische Substitution kann durch den Angriff starker
Nucleophile (OH-, NH2-) an elektronenarmen Aromaten erfolgen.
Synthese von Phenolen aus DiazoniumSalzen
Reaktionen von Diazonium-Salzen