Mittelstand Rhein Ruhr: Mittelstand-Rhein-Ruhr.de

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2012, Mittelstandswissen Services GmbH, 58239 Schwerte
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Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
das persönliche Verkaufsgespräch ist für die meisten Unternehmen immer noch das
Herzstück im Vertrieb. Nur wenige Firmen können darauf verzichten wie die OnlineStars e-Bay und Amazon. Verkaufen von Angesicht zu Angesicht (Face to Face) ist
in vielen mittelständischen Unternehmen sogar Chefsache. Inhaber und Geschäftsführer kleiner Unternehmen müssen bei wichtigen Kunden immer wieder selber in
den Ring steigen. Mit ihrer Verkaufsstärke steht und fällt der Unternehmenserfolg.
In größeren Unternehmen wird der Verkauf an angestellte Verkaufsprofis delegiert.
Doch hier gibt es große Qualitätsunterschiede. Starverkäufer sind rar und zu Recht
auch sehr teuer. Immer wieder kommt es vor, dass wenige Spitzenkräfte die breite
Masse mit durchziehen müssen. Dabei ist der persönliche Verkauf nicht so schwierig, wenn Sie über wichtige Grundvoraussetzungen verfügen: Kommunikationsfähigkeit, Kontaktfreudigkeit, Selbstdisziplin, Hartnäckigkeit und positives Denken. Diese
persönlichen Fähigkeiten können Sie mit Hilfe eines Buches nur begrenzt erlernen
und verbessern. Was Sie jedoch professionalisieren können, sind Methodik und Systematik.
Wie jede andere Tätigkeit ist persönlicher Verkauf ein Geschäftsprozess, der sich im
Tagesgeschäft in zeitlich- und sachlogische Schritte unterteilt. Zu jedem Teilprozess
wird in der Literatur eine Fülle von Unterstützungstechniken angeboten. Hunderte
von Verkaufstrainern und Gurus bieten ihre Rezepte an. Vieles davon ist jedoch alter
Wein in neuen Schläuchen. Nur weniges ist – wenn man den Schleier der Worthülsen und Banalitäten wegzieht - originell und gut. Wir wollen Ihnen daher mit diesem
Buch helfen, die Spreu besser vom Weizen zu trennen.
Dieses Buch bietet Ihnen entlang des typischen Verkaufsprozesses einen roten Faden und eine Sammlung der praxistauglichsten Ansätze in Kompaktform.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und viel Erfolg bei der Anwendung der
vorgestellten Ratschläge.
Dr. Michael A. Peschke
Herausgeber
[email protected]
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Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Gesprächsanlässe................................................................................................9
1.1.
Cross Selling................................................................................................9
1.2.
Kundenrückgewinnung...............................................................................12
1.3.
Neukundengewinnung................................................................................15
2. Gesprächsvorbereitung......................................................................................19
2.1.
Kundensegmentierung...............................................................................19
2.2.
Kundenwertanalyse....................................................................................22
2.3.
Kundentypologie.........................................................................................25
2.4.
Branchenanalyse....................................................................................... 28
2.5.
Besuchsplanung.........................................................................................32
2.6.
Terminvereinbarung...................................................................................35
2.7.
Verhandlungsziele......................................................................................37
3. Gesprächsführung (SINUS-Methode)................................................................40
3.1.
Small Talk……………………...………………………………………………..40
3.2.
Interview des Kunden…………………………………………………………..43
3.3.
Nutzendarstellung......................................................................................46
3.4.
Unterstützungstechniken............................................................................51
3.5.
3.4.1.
Aktives Zuhören..........................................................................51
3.4.2.
Präsentation...............................................................................53
3.4.3.
Stimmeinsatz............................................................................ .63
3.4.4.
Non-verbale Kommunikation......................................................66
3.4.5.
Gesprächstaktik..........................................................................69
3.4.6.
Fragetechnik...............................................................................72
3.4.7.
Verhandlung...............................................................................75
3.4.8.
Einwandbehandlung...................................................................81
3.4.9.
Preisgespräche.......................................................................... 85
3.4.10.
Schwierige Kunden.....................................................................91
Schluss – Closing.......................................................................................94
4. Gesprächsnachbereitung.................................................................................100
4.1.
Protokollierung.........................................................................................104
4.2.
Telefonisches Nachfassen.......................................................................108
4.3.
Beziehungsmanagement..........................................................................112
4.4.
Networking...............................................................................................115
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Einführung: Verkäufertypen
Immer noch wird in vielen Unternehmen der Begriff „Verkäufer“ fast wie ein Schimpfwort gehandelt. Dies ist vor allem in solchen Firmen der Fall, die erst im Laufe der
letzten Jahre, etwa im Zuge der Privatisierung der Märkte, angefangen haben, ihre
Kunden selbst zu akquirieren. Aber auch etwa im klassischen Einzelhandel umschreibt man sich lieber als „Kundenberater“ oder „Service-Manager“. Die Gründe
dafür liegen nicht nur in den negativen Assoziationen, die noch heute mit dem Begriff
Verkäufer verbunden werden, sondern vor allem darin, dass man sich bisher vergleichsweise wenig mit einer systematischen Organisation dieser Tätigkeit auseinandergesetzt hat.
Was ist ein Verkäufer?
Immer noch haftet dem Begriff des Verkäufers der Ruf des Zufälligen, Tagesformabhängigen an. Gleichzeitig liegt in dieser Professionalisierungslücke natürlich eine
ungeheure Chance, weil eine tiefere Einsicht in den Prozess des Verkaufens die unternehmensinterne Identifikation der Verkaufsabteilung fördern und so die Absatzmöglichkeit
letztlich
steigern
kann.
Ein
Blick
auf
die
wichtigsten
Verkäufermentalitäten ist in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. Man unterscheidet im Allgemeinen zwischen sog. Passiv-Verkäufern, Kundenfreunden, Drückern,
Taktierern und Beratern, die alle spezifische Verhaltensmuster aufweisen und dementsprechend unterschiedliche Handlungsmuster einfordern. Zu wissen, zu welchem
Typus Sie als Vertriebsmitarbeiter selbst gehören, kann die Gesamtqualität Ihrer
Leistung enorm erhöhen.
Zur Relevanz der Typisierung
Ein konkretes Verkaufsgespräch wird von vielen Variablen bestimmt: Einerseits geht
es natürlich um das Produkt, andererseits um die Branche. Der Verkauf von Versicherungen verlangt generell ein seriöses, der von Surfbrettern ein jugendliches Auftreten. Ein guter Verkäufer wird sich zudem auf die Mentalität seines Kunden einstellen. Ungeachtet dieser Faktoren verfügt aber auch der Verkäufer selbst über eine
bestimmte Mentalität, einen ganz persönlichen Stil bzw. eine eigene Handschrift. So
gibt es auch unter den seriösen Makler-Typen eher sachliche und eher lockere Charaktere. Die Kunst besteht darin herauszufinden, welchem Typus Sie entsprechen,
um eine der wenigen Variablen, die Sie als Verkäufer überhaupt beeinflussen können, ein wenig berechenbarer zu machen.
Einstellungsspektren des Verkäufers
Um mit der Segmentierung von Verkäufermentalitäten nicht allzu holzschnittartig zu
verfahren, ist ihr zunächst eine Grundunterscheidung voranzustellen, die sich – ungeachtet der Branche, des Produkts und des Kunden – auf alle Verkäufer anwenden
lässt: Experten unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen Verkäufern, bei
denen die Zufriedenheit Ihres Kunden im Zentrum der Bemühungen steht, und sol-
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chen, die unbedingt zum Abschluss kommen wollen. Die Übergänge zwischen diesen beiden Prototypen sind natürlich fließend, ebenso wie bei den im Folgenden aufgeführten fünf Verkäufertypen, die sich in dieses Spektrum einpassen lassen.
Verkäufermentalitäten
Der Passiv-Unfreundliche
Die gute Nachricht: Passiv-Verkäufer sind in Branchen richtig besetzt, in denen der
Kunde genau weiß, was er will, etwa an Tankstellen oder an Kinokassen. Die
schlechte Nachricht: Sonst macht dieser Verkäufer-Typus eigentlich alles falsch, was
man nur falsch machen kann. Er betrachtet seinen Kunden gewissermaßen als persönlichen Angriff, als Störenfried, der seine geheiligte Ordnung angreift. Dementsprechend herrscht er seine Kunden eher an als sie zu beraten. Aus dem klassischen Einzelhandel kennt man Sätze wie „Die Fliesen? – Irgendwo dort drüben
rechts.“ oder „In Ihrer Größe führen wir nichts!“. Dabei ist sich der Passiv-Verkäufer
keinerlei Schuld bewusst. Es geht ihm nämlich weder um das Wohl des Kunden noch
um den Umsatz seines Arbeitgebers. Vorgesetzte und Kollegen solcher
Verkäufertypen sollten herauszufinden versuchen, ob hinter diesem Verhalten eine
persönliche Krise steckt oder ob vielleicht Störungen der Arbeitsmotivation oder
Mobbing Erklärungen liefern. Wenn kein Anlass auszumachen ist, helfen meist nur
drastische Schritte.
Der Kundenfreund
Dieser Verkäufertypus vermittelt einen ganz gegenteiligen Eindruck als der PassivVerkäufer. Ihm geht es darum, seine Kunden uneingeschränkt zufrieden zu stellen.
Allerdings verliert er dabei manchmal den Umsatz seines Arbeitgebers aus den Augen. Hier ist eine konsequente Besinnung auf die Absatzzahlen erforderlich, zumal
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die Kunden selbst mit Ihren entgegenkommenden Verkäufern meist rundherum zufrieden sind. Insgesamt lässt sich die Gattung der Kundenfreunde in drei weitere Typen klassifizieren:
Der Prasser glaubt, seine Kunden mit besonders großzügigen Geschenken überschütten zu müssen – meist allerdings mit der einzigen Konsequenz, die Spesenvorgaben zu sprengen. Der Kunde hingegen zeigt sich nur selten erkenntlich und
bucht oder kauft tatsächlich das unterbreitete Angebot.
Der Ängstliche hat eigentlich nie Verkäufer werden wollen und bietet seinen Kunden aufgrund seiner Hilflosigkeit eine hervorragende Angriffsfläche für Rabattnachfragen und Sonderkonditionen. Meist helfen bei diesem Typus weder Ermahnungen noch großzügige Provisionen. Er ist einfach nicht für den Verkauf geschaffen.
Der Seelsorger findet in dem Bestreben, Ihren Kunden die bestmögliche Betreuung angedeihen zu lassen, kein Ende und verplaudert sich bei jeder Gelegenheit.
Zwar fühlt sich sein Kunde u. U. therapiert, allerdings lässt der Umsatz des Verkäufers, sein Zeitmanagement und damit verbunden auch die Möglichkeit, einem
anderen Kunden wiederum etwas zu verkaufen, mehr als zu wünschen übrig.
Falls Sie sich selbst ehrlicherweise diesem Typus zurechnen, sollten Sie nach
Wegen aus der Plauderfalle suchen.
Der Drücker
„Umsatz um jeden Preis!“ So könnte man die Devise des Drückertypus beschreiben.
Er spielt virtuos auf der Klaviatur der Einschüchterung und arbeitet mit gezielten
Lockvogelangeboten (etwa bei Anlagemöglichkeiten), mehr oder minder aggressivem Sozialdruck (z. B. bei Kaffeefahrten), emotionaler Einflusseinnahme (etwa beim
Vertrieb von angeblichen Produkten aus Behindertenwerkstätten) und anderen raffinierten Techniken. Unter Mitarbeitern seriöser Firmen ist er höchst selten bis gar
nicht zu finden.
Der Taktierer
Dieser Verkäufertyp hat sowohl die Interessen des Kunden als auch die des Unternehmens im Auge. Er ist ein Glücksfall für jede Firma, weil er gerne verkauft, handelt
und sogar feilscht, ohne für einen schnellen Geschäftserfolg langfristig profitable,
gute Kundenbeziehungen aufs Spiel zu setzen.
Der Berater
Aufgrund seiner ausgeprägten Dienstleistungsmentalität wird der Berater niemals
versuchen, seinen Kunden zu übervorteilen. Eher verzichtet er auf seine eigene Provision als seinen Kunden zu enttäuschen. Gleichzeitig behält er, soweit es ihm überhaupt möglich ist, auch die Interessen seines Unternehmens im Auge. Darin gleicht
er dem Taktierer. Im Gegensatz zu diesem aber ist sein Typus vor allem bei bera-
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tungsintensiven Produkten wünschenswert. Dazu gehören z. B. Energieleistungen,
Technik, IT-Produkte, Autos, Versicherungen usw. Auch beispielsweise im Textileinzelhandel sagt er seinem Kunden nicht nur, welche Qualität das Produkt aufweist,
sondern auch, ob es ihm steht. So profitiert der Kunde nicht nur vom Fachwissen
seines Kundenberaters, sondern auch von seiner persönlichen Einschätzung. Gerade zwischen diesem Verkäufertypus, der aufgrund seiner Erfahrung oftmals schon zu
den älteren Semestern zählt, und seinen Kunden entfaltet sich oft ein besonderes
Vertrauensverhältnis, das Ihrem Unternehmen langfristig gute Umsätze einbringt.
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1. Gesprächsanlässe
1.1 Cross-Selling: Mehr Umsatz durch Verbundverkäufe
Unterwäsche vom Kaffeeröster, Zigaretten von der Tankstelle, Plastikuhren von der
Fast-Food-Kette und Versicherungsverträge von der Hausbank – Cross-Selling Strategien sind mittlerweile weit verbreitet. Der Trick dabei ist ebenso einfach wie profitabel: Es geht darum, mit gleichbleibenden Kundenzahlen mehr Umsatz zu erzielen.
Aufwand und Nutzen
Als Cross-Selling bezeichnet man unternehmerische Aktivitäten, die über die ursprünglichen Kernleistungen hinaus potenziellen Kunden Zusatzprodukte oder Zusatzdienstleistungen anbieten. Kurz: Es geht darum, Ihren Kunden Angebote
schmackhaft zu machen, die sie von Ihrem Unternehmen eigentlich nicht erwarten
würden. Damit das „Über-Kreuz-Verkaufen“ (so Cross-Selling wörtlich) so gut funktioniert wie in den genannten Beispielen, ist ein erhöhtes Maß an unternehmerischer
Sorgfalt erforderlich – von der strategischen Ausgangsplanung über die Anpassung
der unternehmensinternen Informationspolitik bis hin zur Schulung der Vertriebsmitarbeiter. Gelingt dieses Unterfangen, sind die Vorteile enorm: Unternehmen gewinnen neue Absatzmöglichkeiten, ohne die kostspielige Neukundenakquisition auf sich
nehmen zu müssen. Kunden wiederum können günstig und oft auch stressfreier einkaufen, weil ein erheblicher Teil des Beschaffungsaufwandes wegfällt. Um erfolgreich Cross-Selling zu betreiben, muss ein Unternehmen in der Lage sein, bei seinen
Kunden ein Interesse für Produkte zu wecken, die sie im Sortiment zunächst nicht
erwarten würden. Der Lohn der Mühe sind besonders loyale Kunden, weil sie idealerweise gleich dreifach zufrieden sind: mit dem Kernprodukt des Unternehmens, mit
den Ergänzungsprodukten im Rahmen des Cross-Selling und mit der Innovationsfreudigkeit des Unternehmens.
Arten der Angebotsausdehnung
Cross-Selling funktioniert nur, wenn Sie in der Lage sind, das Interesse Ihrer Kunden
über den Kernbereich Ihrer Angebotspalette hinaus zu erweitern. Hier bieten sich im
Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Sie können z. B. von Ihrem guten Ruf profitieren,
indem Sie nah verwandte Produkte oder Dienstleistungen anbieten – viele Banken
offerieren ihren Kunden beispielsweise Versicherungsleistungen. Oder Sie überraschen Ihre Kunden mit bisher sortimentsfremden Produkten.
Vorteile auf Seiten des Unternehmens
Der Hauptvorteil des Cross-Selling besteht darin, Wachstum zu erzielen. Normalerweise kosten solche Maßnahmen unverhältnismäßig viel Geld. Für die Neukundenakquisition beispielsweise in der Energiebranche geben die großen Stromversorger
für Privatkunden bis zu 500 Euro, für Industriekunden sogar bis zu 20.000 Euro aus.
Und auch die Neukundengewinnung durch den Zukauf fremder Unternehmen kostet
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häufig mehr, als sie einbringt. Erfolgreiches Cross-Selling besteht aber nicht darin,
die Anzahl der Kunden zu erhöhen, sondern darin, die Produktpalette zu verbreitern
und so bei gleichbleibender Kundenzahl mehr Umsatz pro Kunden zu erzielen. Die
dafür aufzuwendenden Mittel liegen, wie jüngst eine europaweite Studie belegte, bei
rund 20 Prozent der Kosten für eine Neukundengewinnung. Ein weiterer Vorteil:
Durch Cross-Selling gewonnene Kunden sind häufig besonders loyal. Schließlich
haben sie schon mit dem Kernprodukt des Unternehmens gute Erfahrungen gesammelt. Diese Kundenzufriedenheit wirkt sich unmittelbar auf die Umsatzquoten aus,
bei erfolgreichen Cross-Sellern liegt die Umsatzrendite branchenübergreifend zwischen ein bis drei Prozent höher als bei den Wettbewerbern, die sich allein auf ihr
Kerngeschäft konzentrieren. Und: Je breiter die Produktbasis eines Unternehmens
ausfällt, desto eher ist es gegen saisonale oder regionale Konjunkturschwankungen
immun.
Vorteile auf Seiten des Kunden
Auch für Ihren Kunden ergeben sich aus dem Cross-Selling Vorteile: Erstens verringert sich für ihn der Beschaffungsaufwand, zweitens steigert sich der Lustgewinn,
gerade wenn die angebotenen Cross-Selling-Produkte die Kernprodukte so ergänzen, dass ganze Einkaufswelten entstehen. Ein Beispiel dafür liefert das Möbelhaus
IKEA, das durch seine Angebote im Lebensmittel- und Buchbereich gewissermaßen
die skandinavische Lebensart verkauft, wenn es – wohlgemerkt: hinter den eigentlichen Kassen – Lachs, schwedischen Glühwein oder Astrid Lindgren-Bücher anbietet.
Und drittens ergeben sich gerade bei Cross-Selling Artikeln oft Preisnachlässe. Kurz:
Ihr Kunde kann bequemer und gleichzeitig günstiger einkaufen.
Vorgehensweise für ein erfolgreiches Cross-Selling
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Faktoren für Ihr erfolgreiches Cross-Selling-Projekt
Legen Sie Ihre Strategie fest: Zunächst sollten Sie Ihre Zielgruppen analysieren,
um Produktgruppen so zusammenstellen zu können, dass Synergieeffekte entstehen. Ein Versorger kann sein Produktsortiment beispielsweise um Wartungsdienste ergänzen. Aber auch reine Produktkombinationen sind möglich: Weinhändler verkaufen entsprechende Gläser, Frisöre Kosmetikartikel, Versorger andere Versorgungsleistungen usw.
Koordinieren Sie die internen Strukturen und Prozesse: Überzeugen Sie Vertriebsmitarbeiter, die die „neuen“ Produkte vielleicht zunächst argwöhnisch beäugen. Überdenken Sie Ihre Vertriebsprozesse und räumen Sie notfalls auf. Denn
der Versuch, Cross-Selling einzuführen, liefert immer auch eine Statusabfrage Ihrer gegenwärtigen Vertriebsleistung.
Bringen Sie Ihre Informationssysteme auf den neuesten Stand: Nur wenn Sie Ihre
Kunden kennen, können Sie Ihnen etwas verkaufen. Dies gilt umso mehr für
Cross-Selling Aktivitäten. Durch eine gute Kommunikationspolitik innerhalb Ihrer
Firma können Sie sicherstellen, dass alle Mitarbeiter darüber Bescheid wissen,
welcher Kunde sich für welche Produktgruppen interessiert.
Überzeugen Sie Ihre Mitarbeiter: Gerade den Vertriebsmitarbeitern und Controllern verlangt das neue Konzept viel ab. Schulen Sie also die Kompetenz bei der
Beschaffung von Kundeninformationen, sorgen Sie für fundierte Produktkenntnisse. Und: Honorieren Sie die Cross-Selling Erfolge Ihrer Mitarbeiter gesondert!
Verankern Sie das Cross-Selling in Ihrer Unternehmenskultur: Dies gilt sowohl für
Unternehmen, die erstmals neue Produktgruppen offerieren, als auch für Unternehmen, die durch Akquisitionen Cross-Selling Potenziale erschließen wollen.
Denn nur ein sich einheitlich präsentierendes, kundenorientiertes Unternehmen
kann seine Kunden treu an das Unternehmen binden, gerade weil sie – zumindest in Bezug auf die Produkte – fremd gehen.
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1.2 Kundenrückgewinnung: Investieren, bevor es endgültig zu spät ist
Kunden sind so verschieden wie ihre Bedürfnisse: manche sind treu, manche
sprunghaft, manche wollen intensiv betreut werden, manche boykottieren jede noch
so gut eingefädelte Aktion. Ein Trend allerdings ist über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg zu beobachten: Die Marken- und Unternehmenstreue von
Kunden nimmt stetig ab, während gleichzeitig die Bereitschaft proportional zunimmt,
neue Produkte zu testen. Deshalb sollten Sie nicht tatenlos zusehen, wenn Kunden
abwandern, sondern versuchen, sie aktiv zurückzugewinnen.
Stiefmütterliche Behandlung
Prinzipiell ist es nicht einzusehen, warum auf die Neukundengewinnung viel mehr
Konzentration verwendet wird als auf die Kundenrückgewinnung. Schließlich waren
die Kunden ja einst von Ihrer Leistung überzeugt. Auch empirische Studien belegen
diesen Befund. Danach halten viele Experten es für kostengünstiger, abgewanderte
Kunden zurückzugewinnen als neue zu akquirieren. Neben der Neukundenakquisition und der Kundenbindung sollte deshalb die Kundenrückgewinnung die dritte feste
Säule in Ihrem Kundenmanagement werden. Bisher beherzigt dies neuesten Umfragen zufolge nur rund die Hälfte der Unternehmen mit professionellem und systematischem Kundenmanagement. Dabei vermelden die Erfolgsquoten durchaus positive
Signale: Viele Erfolge stehen vergleichsweise geringen Kosten gegenüber. Ein
Grund also, sich einmal genauer mit der Rückgewinnung ehemaliger Kunden zu befassen.
Handlungsbedarf?
Kundenrückgewinnungsmodelle unterscheiden sich grundsätzlich von Marketingmaßnahmen, die nur darauf ausgerichtet sind, laufende Verträge zu verlängern. Im
Gegensatz dazu läuft die Kundenrückgewinnung darauf hinaus, Maßnahmen einzuleiten, die tatsächlich schon verloren gegangene Kunden zurückbringen sollen.
Folgende Liste kann Ihnen dabei helfen, Ihren Handlungsbedarf zu analysieren und
erste Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen:
Wissen Sie, wie viele Kunden abwandern und unterscheiden Sie zwischen dem
passiven Auslaufen und der aktiven Kündigung von Verträgen?
Erheben und sammeln Sie die Gründe, die zur Abwanderung geführt haben?
Versuchen Sie, abwanderungsgefährdete Kunden auf Basis dieser Erhebungen
zu halten?
Überlegen Sie, wie Kontakte zu abgewanderten Kunden wiederzubeleben sind?
Sind Sie informiert, ob und in welcher Weise Ihre Mitbewerber über Kundenrückgewinnungsprogramme verfügen?
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Schon ein einfaches Fünf-Punkte-Programm kann Ihnen dabei helfen, abgewanderte
Kunden zurückzugewinnen.
Inhalt eines Kundenrückgewinnungsplans
Die Analyse
Zunächst gilt es, die abgewanderten Kunden zu identifizieren, deren Motive zu klassifizieren und ihren potenziellen Wert zu bestimmen. Spätestens bei der Wertbestimmung wird den meisten Vertriebsmitarbeitern der Sinn und Zweck einer Kundenrückgewinnungskampagne vollends deutlich. Außerdem ist es wichtig, den Aussichtsreichtum Ihres Unterfangens für jeden einzelnen Kunden frühzeitig zu bestimmen, damit Sie ermessen können, ob sich ein Kundenrückgewinnungsprogramm im
konkreten Fall auch auszahlt.
Die Verbesserung
Bevor Sie einen Kunden zurückgewinnen können, müssen Sie natürlich zunächst
diejenigen Mängel ausmerzen, die ihn zur Abwanderung veranlasst haben. Denn
sofern sich das Leistungspaket Ihres Unternehmens nicht verbessert hat, hat der abgewanderte Kunde keinerlei Grund, es noch einmal mit Ihnen zu versuchen. So bietet die Kundenrückgewinnung einen Anlass, einmal nach tieferen Missständen
grundsätzlicher, preislicher oder kommunikativer Art zu forschen.
Die Rückholung
Um abgewanderte Kunden, mit denen eine weitere Zusammenarbeit sinnvoll erscheint, wieder zu gewinnen, ist beispielsweise an spezielle Anreizsysteme wie Rabatte zu denken. Ausmaß und Art des Anreizes richten sich natürlich nach der Attraktivität des Kunden. Angesichts einer meist immens teureren Neukundenakquisition
lohnt es aber durchaus, hier ein Auge zuzudrücken und vergleichsweise großzügig
zu investieren. Außerdem sollten Sie daran denken, die Kunden über Ihre Rückge-
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winnungskampagne ausreichend zu informieren. So bleibt Ihr Unternehmen, selbst
wenn es nicht klappt, als besonders kunden- und serviceorientiert in Erinnerung.
Dies verhindert negative Mundpropaganda, die unter Umständen verheerend sein
kann.
Die Nachbetreuung
Das Ziel dieses Schritts der Kundenrückgewinnung besteht darin, dem wiedergewonnenen Kunden den Eindruck eines extrem serviceorientierten Unternehmens zu
vermitteln, damit er sich nicht erneut mit Wechselgedanken trägt. Speziell entwickelte
Kundenbindungssysteme wie z. B. Kundenforen oder -beiräte verhindern überdies,
dass der Kunde dass Gefühl hat, mit seinen Beanstandungen allein gelassen zu
werden.
Das Controlling
In der letzten Phase ist eine Beurteilung darüber notwendig, ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Ein wichtiger Kontrollpunkt kann beispielsweise die „Rückfallquote“
bereits wiedergewonnen geglaubter Kunden sein. Allerdings stehen hier nicht nur die
finanziellen Aspekte im Vordergrund, sondern auch die Frage des noch auszuschöpfenden Potenzials. Außerdem sollte bei dieser Kosten-Nutzen-Rechung bedacht
werden, dass die Kundenrückgewinnung es Ihrem Unternehmen ermöglicht hat, sich
generell zu verbessern, weil vermehrt darauf geachtet wurde, wie das Unternehmen
von seinen Kunden wahrgenommen wird.
Der Königsweg: Prophylaxe
Mit der Kundenzufriedenheit ist es wie mit der Gesundheit: die einfachste, kostengünstigste und schonendste Möglichkeit besteht in der Vorbeugung. Um gegen die
Abwanderung von Kunden vorzugehen, sollten Sie keine Mühen scheuen. Setzen
Sie also alles daran, damit Ihre Kunden erst gar nicht abwandern. Selbst Call-Center
zu engagieren, um die Zufriedenheit Ihrer Kunden abzufragen, ist günstiger als neue
Kunden zu gewinnen. Auch Kunden, deren Verträge turnusgerecht auslaufen, sollten
nicht mit ihrer Entscheidung über eine mögliche Verlängerung allein gelassen werden. Nutzen Sie also Ihr Marketingrepertoire, um diese Kunden zu binden, bevor sie
auf die Idee kommen, zu gehen.
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1.3 Neukundengewinnung: Vom Frustbringer zur Königsdisziplin
Immer wieder hört man, dass es kostengünstiger und damit letztlich auch viel lukrativer sei, sich um die bestehenden Kunden zu kümmern als neue zu akquirieren.
Wenn allerdings alle Unternehmen so dächten, könnte kein Unternehmen mehr
wachsen. Deshalb bleibt die Neukundengewinnung ein unerlässliches Instrument,
um unternehmerische Erfolge zu erzielen.
Anspruch und Wirklichkeit
Die meisten Führungskräfte im Vertrieb halten die systematische Neukundengewinnung für immens wichtig. Gleichzeitig sind aber nur sehr wenige mit den in diesem
Bereich erzielten Erfolgen zufrieden. Diese große Diskrepanz zwischen Relevanz
und Zufriedenheit macht den Handlungsbedarf besonders deutlich. Trotzdem, so
scheint es, handeln viele Vertriebler in dieser Sache methodisch wenig fundiert und
verlassen sich lieber auf ihre Stammkunden und ihr Bauchgefühl. Das ist zwar finanziell nachvollziehbar, unternehmerisch aber unter Umständen verhängnisvoll. Was
viele Führungskräfte davon abhält, sich näher mit der Neukundengewinnung zu beschäftigen, ist der vermeintlich hohe finanzielle und personelle Aufwand, der sich
damit verbindet. Außerdem ist in keinem anderen Vertriebsbereich das Frustrationspotenzial so hoch wie bei der Gewinnung von Kunden, zu denen noch kein Kontakt
besteht (Kaltakquise). Um aus dieser scheinbar wenig aussichtsreichen Ausgangsposition doch noch eine Erfolgsgeschichte zu machen, sind zehn Erfolgsprinzipien
bei der Neukundengewinnung zu beachten:
Checkliste für eine erfolgreiche Neukundengewinnung
Die Ziele
Oft fallen die Ergebnisse bei der Akquisition deshalb vergleichsweise schlecht aus,
weil keine genauen Ziele formuliert wurden. Um dies zu vermeiden, sollten Sie konkrete Zielvorgaben formulieren, die sich gleichzeitig als Handlungsanweisungen lesen lassen, z. B. „Bis zum Ende des Jahres: 20 neue Kunden gewinnen. Bis zum
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Monatsende: Auswahl abschließen. Bis zur Jahresmitte: Erstkontakt herstellen“. So
erkennt jeder Vertriebsmitarbeiter nicht nur, was er langfristig erreichen soll, sondern
auch, was kurzfristig zu tun ist. Außerdem lassen sich an eine solche Vorgehensweise nahtlos Motivierungsmaßnahmen anschließen.
Die Umsetzungsstrategie
Je nach Branche und anzubietendem Produkt sollten Sie sich für eine der beiden
folgenden Strategien entscheiden: Die Push-Strategie drängt auf einen sofortigen
Abschluss. Sie ist immer dann naheliegend, wenn der Neukunde schon von dem
Produkt gehört hat oder wenn es gegenüber den Konkurrenzprodukten deutlich besser ist, so dass eine sofortige Zusage logisch erscheint. Die Pull-Strategie richtet sich
darauf, beim Kunden präsent zu sein, so dass er, wenn er Bedarf für das angebotenen Produkt hat, auf den Vertriebsmitarbeiter zurückkommt. Deshalb kommt es hier
vor allem darauf an, sich als kompetenter Partner darzustellen, Kontakt zu halten und
immer wieder das Image zu pflegen. Eine der Herausforderung besteht unter anderem darin, möglichst viele sinnvolle Anlässe für einen erneuten Kontakt zu kreieren.
Die Prozessstruktur
Viele Vertriebsmitarbeiter verlassen sich allein auf ihre Intuition und ihre Menschenkenntnis. Das ist zwar sachlich naheliegend, jedoch kein Grund, es an Systematik
mangeln zu lassen. Wenn Sie die Struktur des Akquisitionsprozesses (die Reihenfolge und Häufigkeit der Maßnahmen) genau planen, können Sie einerseits aussagekräftige Ergebnisse erhalten und z. B. ermitteln, wie viele Kontakte ein bestimmter
Mitarbeiter braucht, um einen Neukunden zu akquirieren. Andererseits können Sie
entsprechend gegensteuern, etwa wenn Sie gesehen haben, dass noch nicht ausreichende Maßnahmen angesetzt wurden, um schon einen Abschluss anstreben zu
können.
Die Organisation
Natürlich sollten Sie auch die zum Produkt und zu Ihrer Vertriebsstrategie passende
Organisationsform auswählen. Spezielle Vertriebseinheiten, die geleast werden können, eignen sich immer dann, wenn es sich um Einmalgeschäfte mit entsprechend
hoher Nutzungsdauer handelt. Bei häufig wiederkehrenden Kaufentscheidungen
empfiehlt es sich – gewissermaßen als prophylaktische Kundenbindung – selbst den
Vertrieb zu übernehmen, um von der entstandenen Beziehung auch profitieren zu
können.
Die Kapazitäten
Gerade die Neukundengewinnung verschlingt enorme Kapazitäten, über deren Sicherstellung man sich im Voraus Gedanken machen sollte. Hilfreich kann es sein,
andere Abteilungen in die Akquisition einzubeziehen, um den Vertrieb nicht zu überlasten. Auch die Kundenbindung sollte eventuell zurückgefahren werden, frei nach
dem Motto: Man braucht mehr Kämpfer für den Angriff als für die Verteidigung. Au-
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ßerdem bindet man Kunden schließlich nicht durch Besuchshäufigkeiten, sondern
durch die bei Besuchen offerierten Angebote.
Die Präferenzstrategie
Entscheiden Sie sich vor Beginn der Neukundengewinnungskampagne, mit welchen
Angeboten Sie Ihre künftigen Kunden locken wollen: mit einem günstigen Preis, dem
Lieferservice, der Kontakthäufigkeit durch den Außendienstmitarbeiter, der Produktionsleistung oder dem Serviceangebot. Wenngleich Ihr Unternehmen in allen Bereichen gute Resultate erzielen sollte, ist es sinnvoll, sich auf ein oder zwei Aspekte
festzulegen, auf die der Kunde primär hingewiesen wird, um den potenziellen Neukunden nicht zu überfordern. Auch Werbung ist ja vor allem dann Erfolg versprechend, wenn sie sich auf wenige Aspekte der Produktauslobung beschränkt.
Die Steuerungsinstrumente
Ihre gut durchgeplante Neukundenakquisition muss natürlich auch in Ihren unternehmensinternen Steuerungsinstrumenten einen entsprechenden Nachhall finden.
Erfassen Sie deshalb genau alle Akquisitions-Aktivitäten, um Erfolgsquoten ermitteln
und entsprechende Entlohnungssysteme installieren zu können. Auch Ihre Fortbildungsveranstaltungen sollten sich mit dem Thema Neukundengewinnung intensiv
beschäftigen.
Die Umsetzungsinstrumente
Bei der Umsetzung haben Sie im Wesentlichen die Auswahl zwischen angemeldeten
Besuchen und so genannten Kaltbesuchen (ohne Anmeldung), Internet, Telemarketing (Call-Center), Couponanzeigen und Veranstaltungen bzw. Messen. Um erfolgreich zu sein, sollten Sie die Umsetzungsinstrumente selbstverständlich nach Ihrem
Produkt oder Ihrer Dienstleistung und Ihrer anvisierten Verkaufsstrategie richten.
Die Qualifizierung
Gerade bei der Neukundengewinnung kann Ihr Vertriebsmitarbeiter mit unerwarteten
Fragen konfrontiert werden. Außerdem erfordert die Gewinnung eines Neukunden
weit mehr Überzeugungstechnik und Detailwissen als die Verlängerung bereits bestehender Verträge. Entsprechend gut müssen also die Vertriebsmitarbeiter ausgebildet und informiert sein. Hier helfen primär gezielte Qualifizierungsprogramme.
Die Motivation
Die Qualität von Verkäuferleistungen steht und fällt mit der Motivation. Wenn Sie also
wollen, dass Ihre Mitarbeiter den Kunden überzeugen, müssen Sie zunächst Ihre
Außendienstmitarbeiter mitreißen. Ziehen Sie alle Register, verteilen Sie Anreize,
machen Sie Mut. Nicht nur die Gewinnung eines Neukunden sollte gefeiert werden,
sondern auch das Erreichen wichtiger Schritte im Akquisitionsprozess. So halten Ihre
Mitarbeiter erfahrungsgemäß besser durch.
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Vom Neukunden zum Stammkunden ...
... führt ein weiter Weg. Trotzdem führt an der Neukundengewinnung kein Weg vorbei. Denken Sie im Hinblick auf eine langlebige Geschäftsbeziehung deshalb daran,
dass neue Kunden meist besonders sensibel sind. Hier hilft es z. B. anzufragen, wie
reibungslos die erste Lieferung vonstatten ging, ob es etwas zu beanstanden gab
usw. Das macht einen guten Eindruck und vertieft die noch neue Beziehung.
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2. Gesprächsvorbereitung
2.1 Kundensegmentierung: So spüren Sie die profitablen Kunden auf
Treue Kunden sind nicht automatisch auch gute Kunden. Der Zusammenhang zwischen Loyalität und Gewinn ist viel komplizierter als gemeinhin angenommen. Mit
einer neuartigen Portfoliotechnik ist es vergleichsweise einfach, profitable Kunden
herauszufiltern.
Mit Vorurteilen aufräumen
Um nicht unnötige Kosten für nutzlose Kundenbindungsprogramme aufzuwenden, ist
es wichtig, nicht nur die Treue eines Kunden zu beurteilen, sondern auch seine Profitabilität zu bedenken.
Dazu muss zunächst mit den folgenden drei Vorurteilen aufgeräumt werden:
Treue Kunden sind angeblich preiswert, weil sie keine Akquisitionskosten verursachen. Allerdings belasten auch wenig profitable Kunden den Etat Ihres Kundenbindungsmanagements, so dass sich dieser vermeintliche Vorteil wieder aufhebt.
Treue Kunden reagieren angeblich unempfindlich auf Preiserhöhungen. Zwar
wechseln sie weniger schnell den Anbieter als Zufallskunden, andererseits erwarten sie häufig ganz selbstverständlich Rabatte von bis zu 10 Prozent. Denn treue
Kunden sind sich ihres Machtfaktors durchaus bewusst und üben entsprechend
Druck aus. Außerdem können sie das Angebot und seine Qualität häufig besonders gut einschätzen, was sie zu kritischen Käufern macht.
Treue Kunden werben angeblich für Ihr Unternehmen. Meist bleibt dies ein
Wunschtraum, weil viele Kunden Ihrem Unternehmen nur deshalb treu bleiben,
weil Sie besonders bequem, nicht aber, weil sie besonders zufrieden sind. Demzufolge machen viele keinerlei Mund-zu-Mund-Propaganda. Im Gegenteil: Zufriedene Kunden, die sich erstmalig in der Filiale wohl fühlen, erzählen ihren Freunden und Bekannten viel eher von der Neuigkeit, die sie entdeckt haben.
Kundenbindungsprogramme für wen?
So aufschlussreich diese Marktforschungsergebnisse auch sein mögen, sie bedeuten sicher nicht, dass sämtliche Kundenbindungsprogramme sofort einzufrieren sind.
Allerdings zeigen sie, dass die Methoden, nach denen bisher die Kundentreue bewertet wurde, offensichtlich nicht ausreichen. Deshalb gilt es, zunächst die wirklich
profitablen Kundenbeziehungen herauszufiltern und sie dann mit Bindungsprogrammen nach allen Regeln der Kunst zu stabilisieren. Dazu ist es in einem ersten Schritt
notwendig, die Profitabilität der Beziehung zum Ausgangspunkt der Überlegungen zu
machen – und nicht allein den durch sie generierten Umsatz. Daraufhin gilt es die
Wahrscheinlichkeit zu errechnen, wie oft bzw. in welchen Abständen der Kunde ein-
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kauft. Schließlich ist dieser Wert in Beziehung zu setzen mit den Kosten, die für eine
Betreuung aufzuwenden sind.
Ein Beispiel: Ein profitabler Kunde, der aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten
Monaten wieder kaufen wird, ist es wert, Besuch von einem Außendienstmitarbeiter
zu erhalten. Ein Kunde, der trotz guter Umsätze wenig profitabel ist, hat nicht so viel
Betreuung verdient. Es ist zwar wünschenswert, ihn als Kunden zu halten, aber nicht
zu rechtfertigen, größere Summen in ihn zu investieren.
Die gezielte Segmentierung
Je allgemeiner die Instrumente sind, um Kundentypen zu kategorisieren, desto weniger aussagekräftig sind sie. Andererseits ist niemandem damit gedient, Hunderte von
Portfolioanalysen zu erstellen, die den Überblick eher erschweren als erleichtern. Die
folgende Segmentierung bietet einen Mittelweg – sie ist einfach, bleibt aber aussagekräftig.
Loyalität und Profitabilität im Kundenportfolio
Fremde – wenig Loyalität, wenig Profit
Bei den Fremden handelt es sich um Zufallskunden, die wenig Profit bringen. Hier
liegt die Kunst darin, sie schnell zu identifizieren, damit Sie sie radikal und ohne Ausnahme von Ihren Kundenbindungsprogrammen ausschließen können. Weiter in die
Beziehung zu investieren, würde ein eindeutiges Minus-Geschäft bedeuten.
Schmetterlinge – wenig Loyalität, viel Profit
Schmetterlinge sind sehr profitable Kunden, die allerdings recht flatterhaft und deshalb eher zu den Kurzzeitkunden zu zählen sind. Hier besteht die Kunst darin, während der kurzen Zeit, in der Ihr Unternehmen die Aufmerksamkeit solcher Kunden
erringt, so viel wie möglich aus diesen Kunden herauszuholen. Behandeln Sie sie
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aber nicht wie treue Kunden, sondern frieren Sie Ihre Investitionen in die Kundenbeziehung rechtzeitig ein. Der Kunde will nämlich gar keine stabile Beziehung, sondern
ein kurzfristig lukratives Geschäft. In der Praxis bedeutet dies: Eröffnen Sie profitable
„Jetzt-oder-Nie“-Angebote, gerne auch im Paket mit anderen Produkten (CrossSelling). Während eine solche Taktik Ihre treuen Kunden verunsichern würde, liegen
Sie bei den Schmetterlingen damit genau richtig. Auch den persönlichen Kontakt
zum Kunden sollten Sie zunächst forsch angehen. Haken Sie ruhig einige Male nach.
Wenn der Kunde nicht reagiert, sollten Sie Ihre Bemühungen sofort einstellen – dann
ist der Schmetterling offensichtlich weiter geflogen.
Treue Freunde – viel Loyalität, viel Profit
Zu dieser Gruppe zählen Kunden, die grundsätzlich loyal sind, aber maßvoll gepflegt
werden wollen. Überschütten Sie sie also nicht mit Werbebriefen, sondern belohnen
Sie sie lieber für Ihre Treue durch Sonderaktionen, seltene und entsprechend großzügige Preisvorteile oder Exklusivservices. Tun Sie einfach das, was Sie auch im
privaten Bereich mit guten Freunden täten: Versuchen Sie, so weit es im Rahmen
von Branche und Produkt möglich ist, eine wirkliche, persönliche Beziehung zu diesem Kundentypus aufzubauen, aber nerven Sie ihn nicht durch zu viel Nähe. Halten
Sie regelmäßigen Kontakt und zeigen Sie sich großzügig. Dann wird diese Kundenbeziehung haltbar und immer wieder sehr profitabel sein.
Kletten – viel Loyalität, wenig Profit
Als Kletten bezeichnet man wenig profitable, aber extrem treue Kunden, die man los
werden oder in einen anderen Typus verwandeln sollte. Dazu müssen Sie prüfen, ob
die Kaufkraft dieser Kunden insgesamt zu gering ist oder, ob sie lediglich bei Ihnen
wenig Geld ausgeben. Trifft Letzteres zu, könnten Sie versuchen, ihnen andere Artikel anzubieten oder interessante Produktpakete zu schnüren. Ansonsten sollten Sie
einfach versuchen, möglichst wenig in die Kletten zu investieren, auch wenn es nicht
einfach ist, unprofitable Kletten rigoros abzustoßen. Hier gilt es die Balance zu finden
zwischen ökonomischen und sozialen Interessen.
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2.2 Kundenwertanalyse: Neue Wege der Kundensegmentierung
Die Kundenwertanalyse berücksichtigt sowohl die aktuelle Profitabilität eines Kunden
als auch sein langfristiges Potenzial. Sie bewahrt Sie davor, Ihre Vertriebs- und Marketingaktivitäten zu einseitig auf einzelne Kundengruppen zu konzentrieren und andere dabei zu vernachlässigen.
Schwanken zwischen den Extremen
„Studenten sind die einkommensstarken Akademiker von morgen.“ Mit diesem Kalkül
ködern beispielsweise Finanzdienstleister diese potenzialstarke Zielgruppe mit Dumping-Angeboten, um langfristig von dem vermeintlich schnell wachsenden Vermögen
profitieren zu können. Nicht immer geht diese Rechnung auf. Das zukünftige Potenzial eines Kunden zum alleinigen Maßstab aller Verkaufsförderungsmaßnahmen zu
machen, ist zu einseitig und gefährdet die Unternehmensprofitabilität. Weit verbreitet,
aber genauso falsch ist es, Vertriebs- und Marketingaktivitäten nur auf große Kunden
zu konzentrieren, die den meisten Umsatz einbringen. Denn Wert eines Kunden bemisst sich sowohl an seinem zukünftigen Potenzial als auch an den Erträgen, die er
Ihnen schon heute einbringt. Die Kundenwertanalyse ist ein Instrument, mit dem Sie
diese beiden Faktoren berücksichtigen können.
Der Kundenwert als Basis der Kundensegmentierung
Die Kundenwertanalyse ermittelt den Kundenwert anhand der zwei Dimensionen
Profitabilität und Potenzial, wobei sich die erste Größe auf den gegenwärtigen und
die zweite auf den zukünftigen Kundenwert bezieht. Sie erhalten eine anschauliche
und systematische Darstellung der unterschiedlichen Kundensegmente, die zeigt, mit
welchen Kunden sich kurzfristig Erträge erzielen lassen und welche langfristig rentabel werden können. Auf dieser Grundlage lassen sich passend zum jeweiligen Kundensegment Vertriebsziele und Marketingstrategien ableiten.
Messen Sie die kurzfristige Profitabilität!
Die kurzfristige Profitabilität können Sie mithilfe des Kunden-Deckungsbeitrags messen. Dieser stellt die mit einem Kunden erwirtschafteten Erträge den von ihm verursachten Kosten (z. B. Personalkosten) gegenüber. Überwiegen die Erlöse, ist der
Deckungsbeitrag positiv – mit diesem Kunden erzielen Sie Gewinn. Sind die Aufwände größer als die Erträge, verursacht der Kunde zurzeit Verluste. Diese Berechnungen sollten regelmäßig wiederholt werden, da sich das Verhältnis von Kosten und
Erlösen jederzeit ändern kann.
Ermitteln Sie das langfristige Kundenpotenzial!
Der Kunden-Deckungsbeitrag liefert auch die Berechnungsgrundlage für die langfristig mit einem Kunden zu erzielenden Erlöse. Ob mit einem Kunden, der jetzt vielleicht
noch nicht profitabel ist, zukünftig ein positiver Deckungsbeitrag erzielt werden kann,
lässt sich anhand des Wertes der zukünftigen Geschäftsbeziehung, des sog. Cus-
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tomer Lifetime Value (CLV), ermitteln. Fassen Sie hierzu Kunden, die sich in vergleichbaren Lebensphasen befinden, zu Gruppen zusammen. Sie können als Kriterien z. B. das Einkommen oder die derzeitige Profitabilität der Kunden heranziehen.
Dann berechnen Sie, wie wahrscheinlich es ist, dass der Kunde in eine andere Phase wechselt, in der er für Ihr Unternehmen profitabler wird. Ziehen Sie dazu als Vergleichsgröße heran, wie viele Kunden einer Stufe sich im letzten Jahr von einer Phase in eine andere bewegt haben. Multiplizieren Sie die so ermittelte Wahrscheinlichkeit mit dem durchschnittlichen Kunden-Deckungsbeitrag der jeweils in der gleichen
Phase befindlichen Kunden. Jetzt wissen Sie, wie hoch der Deckungsbeitrag jeder
einzelnen Kundenbeziehung in Zukunft sein kann.
Erstellen Sie ein Kundenportfolio!
Die errechneten Werte für Potenzial und Profitabilität lassen sich für jeden einzelnen
Kunden in einem Kundenportfolio darstellen. Die Einzelpositionen können Sie in vier
Kundensegmente bündeln. Danach unterscheiden Sie folgende Gruppen: die Standardkunden, die Ertragskunden, die Potenzialkunden und die ertrags- und potenzialstarken „Stars“. Je nachdem, wie stark die Dimensionen ausgeprägt sind, können Sie
nun Rückschlüsse auf die jeweils optimale Kundenstrategie ziehen. Das Kundenportfolio wird damit zur „Strategie-Matrix“.
Portfolio der Kundensegmente
Bei den Stars sollten Sie versuchen, das hohe Potenzial weiter auszuschöpfen. Auch
Kundenbindungsmaßnahmen sind nötig, um die Loyalität dieses anspruchsvollen
Klientels zu sichern. Gleichzeitig sollten Sie die Stars, die ja bereits beträchtlich zum
Unternehmensertrag beitragen, als Multiplikatoren nutzen, um neue Kunden zu werben.
Aus dem Kundenportfolio lassen sich zwar Strategien entwickeln, nicht aber konkrete
Marketingmaßnahmen ableiten. Erst weitere Analysen – Produktaffinitäten, Kunden-
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zufriedenheit, Abwanderungswahrscheinlichkeit – geben Ihnen Aufschluss über die
Umsetzung der Marketingstrategien. Das Kundenportpolio sollte in regelmäßigen
Abständen der aktuellen Entwicklung angepasst werden. So zeichnen sich auch Verlagerungen der Kundenschwerpunkten ab, auf die sie frühzeitig reagieren können.
Verankern Sie die Kundensegmente in allen Unternehmensbereichen!
Sorgen Sie nach der Einführung dieses Steuerungsinstruments dafür, dass nicht nur
die Führungsebene mithilfe dieser Methode strategische Entscheidungen trifft und
Kundenziele definiert, sondern dass die Systematik dieser vier Kundensegmente in
allen Unternehmensbereichen verankert wird. Untergliedern Sie beispielsweise die
Organisation Ihrer Kundenbetreuung entsprechend diesen vier Einheiten: Ein Beraterteam kümmert sich um die Standardkunden, ein weiteres Team um die Bedürfnisse Ihrer „Stars“, ein drittes Team betreut die Ertragskunden und ein viertes die Potenzialkunden. Sämtliche Filialen sollten diese Form der Kundensegmentierung
übernehmen. Dadurch sind Vergleiche zwischen den einzelnen Filialen und der Gebiete, die sie betreuen, möglich. Vertriebsmitarbeiter, die über eine ähnliche Kundenstruktur verfügen, sollten ihre Erfahrungen untereinander austauschen, voneinander
lernen und so ihr Kundenmanagement verbessern.
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2.3 Kundentypologie: Mit Psychologie leichter zum Erfolg
Von Typologien verspricht man sich, Menschen besser zu verstehen und ihre Bedürfnisse genauer einschätzen zu können. Da liegt es nahe, auch potenzielle Kunden in Typologien einzusortieren. Damit ein solches „Schubladen-Denken“ nicht in
Gefahr gerät, in Stereotypen zu verfallen, sind seriöse Einschätzungsmodelle gefordert, die es Ihnen ermöglichen, von Ihren eigenen positiven Erfahrungen im Umgang
mit bestimmten Charaktertypen zu profitieren bzw. einmal gemachte Fehler nicht zu
wiederholen.
Persönlichkeitsschichten
Wie Verkaufspsychologen längst wissen, weist jeder Mensch fünf in diesem Zusammenhang relevante Persönlichkeitsschichten auf, die sein Kaufverhalten bestimmen:
sein Denken
seine Erfahrungen
sein Verhalten
sein Unterbewusstsein
sein „Persönlichkeitskern“
Verkäufer haben die Aufgabe, alle diese Instanzen von der Qualität Ihres Produktes
oder Ihrer Dienstleistung zu überzeugen. Die Besonderheit besteht darin, dass der
Persönlichkeitskern, also die am tiefsten liegende Persönlichkeitsschicht Ihrer potenziellen Kunden, alle peripheren Bereiche mitbestimmt. Ein Beispiel: Ein eher extrovertierter Mensch verhält sich anders als ein introvertierter, macht andere Erfahrungen, verfügt über ein gänzlich anderes Unterbewusstsein und denkt anders. Insofern
setzt sich sein Grundtemperament über kurz oder lang in allen Lebensbereichen
durch. Folgerichtig hat man als Verkäufer dann viel gewonnen, wenn man ihn überhaupt erst einmal als extrovertierten Menschen typisiert hat.
Vier Grundmodelle
Damit die Kundentypisierungen nicht zu engmaschig sind und mehr verdecken als
enthüllen würden, empfiehlt es sich, zunächst lediglich vier Grundtypen voneinander
zu unterscheiden, die jeweils Gegensatzpaare darstellen: den Sachlichen bzw. den
Emotionalen auf der einen und den Zurückhaltenden bzw. den Dominanten auf der
anderen Seite.
Dem Spektrum dieser vier Typen lassen sich alle Charaktere zuordnen. Allerdings
werden Sie natürlich in der Wirklichkeit nie einem Idealtypus begegnen. Trotzdem ist
eine solche Gliederung sinnvoll, weil Sie Ihnen zumindest Hinweise auf wahrscheinliche Reaktionen Ihrer Kunden gibt.
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Der sachliche Typus reagiert beispielsweise kaum auf einen gut geführten Small-Talk
und lässt sich mit seinem Urteil über das angebotene Produkt Zeit, bis er alle Informationen hat, während sein Pendant, der Emotionale, kaum vom Small-Talk abzubringen ist und entweder sofort begeistert oder völlig ablehnend auf das offerierte
Angebot reagiert. Dem dominanten Typus im Verkaufsgespräch das Heft aus der
Hand nehmen zu wollen, wäre ein fataler Fehler, während der Zurückhaltende – das
genaue Gegenteil – von Ihnen durch das Gespräch geführt werden möchte. Zu wissen, um welchen Kundentyp es sich handelt, bedeutet zwar nicht automatisch, den
Kunden auch überzeugen zu können, trotzdem ist es von Vorteil zu wissen, wann
man im Verkaufsgespräch auf Granit beißt und wann sich ein erneuter Anlauf lohnen
kann.
Kundentypologie
Feinsegmentierung
Eine verfeinerte Segmentierung, die genauer, aber gerade deshalb auch heikler in
der praktischen Anwendung ist, ergibt sich durch die Mischformen der vier Grundtypen:
Sachlich-Dominant: Der Macher
Der Macher hat ein sachliches Interesse an Ihren Produkten, will das Gespräch weitgehend bestimmen und kommt schnell zum Punkt. Seine Kaufentscheidung trifft er,
ohne lange zu überlegen, dabei versucht er, seine Macht auszuspielen. Machen Sie
sich also detaillierte Produktfragen, aber auch auf die Frage nach einem kräftigen
Rabatt gefasst. Im Reklamationsfall wird der Macher nicht selten cholerisch!
Emotional-Dominant: Der Selbstdarsteller
Der selbst ernannte Star hört sich gern reden und trifft seine Entscheidungen aus
dem Bauch heraus. Trotzdem ist er kein unangenehmer Kunde, wenn Sie ihm Freiraum für seine Selbstdarstellung lassen und ihm das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein. Langweilen Sie ihn nicht mit Produktdetails – ihm kommt es vielmehr auf
das Kauferlebnis als solches an, darauf, dass Sie ihm zuhören und unter Umständen
auch applaudieren. Wenn einmal etwas schief geht, bedauern Sie am besten seine
missliche Lage.
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Sachlich-Zurückhaltend: Der Analytiker
Der Analytiker quält sich eher zum Kauf, als dass er ihm Freude bereitet. Er will alles
sehr genau wissen und erwartet von Ihnen, dass Sie ahnen, welche Bedenken er
hat. Sie sollten also möglichst viele Einwände selbst vorwegnehmen und entkräften.
Halten Sie sich mit persönlichen Bemerkungen jedoch zurück. Eine Bemerkung wie
„Ich persönlich würde zu Modell XY raten“, quittiert er mit einem knappen „Aha!“. Dafür hört er begierig Produktdetails. Informieren Sie ihn also ausgiebig, aber versuchen Sie nicht, ihn penetrant zu überzeugen.
Emotional-Zurückhaltend: Der Nette
Ganz anders der nette, verbindliche Typ. Er freut sich, wenn Sie ihm anvertrauen,
was Sie selbst bevorzugen würden. Ist er mit Ihrem Produkt zufrieden, bleibt er Ihnen
als Stammkunde erhalten und stellt Ihnen sogar seine Netzwerke zur Verfügung.
Sorgen Sie also dafür, dass er sich rundherum bei Ihnen wohlfühlt. Im Reklamationsfall müssen Sie ihn unbedingt von Ihrer persönlichen Unschuld überzeugen, sonst
wendet er sich ab und spricht – aus persönlicher Enttäuschung –womöglich schlecht
über Sie oder Ihr Unternehmen.
Klassische Fallen
Auch sensible Verkäufer können mit ihrer Einschätzung vollkommen falsch liegen,
wenn sie die Motive eines Kunden mit seinem Typus verwechseln. Ein Beispiel aus
dem Bereich Sicherheit: Zwar würde man eher einem zurückhaltend-emotionalen
Typus unterstellen, dass er ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis hat, andererseits
wird auch ein Macher natürlich eine Lebensversicherung abschließen wollen. Allerdings dürfte das Verkaufsgespräch dann anders verlaufen. Unterscheiden Sie deshalb strikt zwischen Kundentyp und Produkttyp: Der Produkttyp bestimmt Ihre Argumente, der Kundentyp bestimmt lediglich die Art, wie Sie sie vortragen. Außerdem
sollten Sie bedenken, dass Sie selbst ja auch einen gewissen Typus verkörpern,
dem im Gesprächsverlauf eine wichtige Bedeutung zukommt. Testen Sie also an
sich selbst, mit welchem Kundentypus Sie besser oder schlechter zurechtkommen
und überlegen Sie sich eine entsprechende Strategie.
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2.4 Branchenanalyse - durch Fachkompetenz Vertrauen gewinnen
Sicher stoßen Sie gelegentlich bei der Zeitungslektüre auf einen interessanten Artikel
über die Branche eines Kunden – sei es die Veröffentlichung der Jahresbilanz eines
Unternehmens oder eine Aufsehen erregende Fusion. Dabei sollten Sie bedenken,
dass solche Brancheninformationen eine wertvolle Wissensressource darstellen, auf
die Sie bei einem Kundentermin zurückgreifen können.
Branchenwissen als Verkaufswissen
Ob im Small Talk der überraschende Vorstandswechsel beim Marktführer zur Sprache kommt oder Sie mit einem Kunden über die neu entwickelte Technik einer Produktionsanlage fachsimpeln – Sie zeigen Fachkompetenz und empfehlen sich als
Partner, der nicht am schnellen Abschluss, sondern an der optimalen Problemlösung
für den Kunden interessiert ist. Um auf ganzer Linie zu überzeugen, müssen Sie
Kenntnisse in verschiedenen Bereichen jederzeit abrufen können. Befindet sich die
Branche in einer Wachstumsphase oder durchläuft sie eine Krise? In welcher Größenordnung belaufen sich die dort erwirtschafteten Umsätze und wer ist Marktführer? Welche Trends bewegen die Branche zurzeit? Welche Innovationen haben die
Branche in jüngster Zeit vorangebracht?
Branchenwissen ist auch handfestes Verkaufswissen. Zum Beispiel können Sie anhand der konjunkturellen Lage der Branche die Investitionsbereitschaft einzelner
Kunden einschätzen. Das Verständnis der vorherrschenden Geschäftsprozesse in
einer Branche ist unerlässlich, um dem Verhandlungspartner ein maßgeschneidertes
Angebot zu unterbreiten.
Kunden kaufen keine Produkte, sondern Problemlösungen
Die Wettbewerbsbedingungen haben sich in vielen Branchen verschärft. Es ist kaum
noch möglich, sich über Produktmerkmale von anderen Anbietern abzuheben. Innovationsvorsprünge sind meist nicht lange zu halten. Es dauert in der Regel nicht lange, bevor der erste Anbieter sie bereits kopiert hat. Die Folge: Produkte werden zunehmend austauschbar. Hinzu kommt, dass Kunden Preise und Konditionen verschiedener Anbieter heute leichter miteinander vergleichen können. Das Internet hat
zu einer neuen Transparenz von Märkten und Preisen geführt. Damit sich Unternehmen nicht in einen möglicherweise ruinösen Preiswettbewerb verstricken, müssen
sie im Vertrieb neue Wege einschlagen. Einen dauerhaften Vorteil im Wettbewerb
können Unternehmen nur erzielen, wenn Vertriebsmitarbeiter nicht als „Hard Seller“
auftreten, sondern mit dem Kunden partnerschaftlich Problemlösungen erarbeiten.
Durch individuelle Beratung entstehen echte Mehrwerte für Kunden. Um im Verkaufsgespräch flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können, sind Vorkenntnisse
über die zunehmend komplexen Prozesse auf Kundenseite hilfreich. Wenn Sie Kunden gewinnen und langfristig binden wollen, sollten Sie sich also Fachwissen über
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die Branche(n) Ihrer Kunden aneignen und sich über die Entwicklungen auf dem
Laufenden halten.
Interne und externe Quellen
Wissen über die Kundenbranchen ist sowohl in Ihrem Unternehmen als auch extern
vorhanden. Erstellen Sie eine Branchenstruktur auf der Basis Ihrer Kundenkartei
oder der Kundendatenbank den Unternehmens. Interessant ist nicht nur, in welchen
Branchen die meisten Ihrer Kunden aktiv sind, sondern darüber hinaus, in welchen
Branchen Sie die größten Deckungsbeiträge erwirtschaften. Sammeln Sie nun, was
in Ihrem Unternehmen bereits an Wissen über diese Branchen existiert. Immer mehr
Unternehmen erkennen, was für eine wertvolle Ressource das vorhandene Wissen
ist und haben ein Intranet eingerichtet, um dieses Wissen zu strukturieren und für
Mitarbeiter zugänglich zu machen. Hier erfahren Sie beispielsweise, welche Kenntnisse andere Kollegen bereits über die Kundenbranche erworben haben und können
von deren Erfahrungen profitieren. Ergänzen Sie die im Unternehmen vorhandenen
Informationen durch eigene Recherchen. Oft reicht schon ein Blick ins Internet, um
die noch bestehenden Informationslücken zu schließen. Für Ihre Branchenanalyse
empfiehlt sich folgende, praxiserprobte Systematik:
Analyse der Kundenbranche: Struktur und Vorteile
Konjunkturelle Entwicklung
Informationen zur konjunkturellen Entwicklung sind von elementarer Bedeutung, da
Sie dann besser in der Lage sind zu beurteilen, ob sich Ihr Kunde beispielsweise
größere Investitionen leisten kann oder ob er eher dazu neigt, Kosten einzusparen.
Nutzen Sie das Internet, um sich auf den Webseiten beispielsweise von Branchenverbänden in Kürze einen Überblick zu verschaffen. Diese veröffentlichen in regel-
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mäßigen Abständen Branchenberichte zur aktuellen Situation, oft ergänzt durch einen Ausblick auf das kommende Quartal oder Halbjahr.
Kennzahlen
Über die gängigsten Kennzahlen einer Branche sollten Sie ebenfalls informiert sein.
Auch hier sind die Branchenverbände eine gute Adresse, um aktuelle Daten zu Umsatz, Renditen, Mitarbeitern, Kapazitäten, Produktivität oder Eigenkapitalquote einzuholen. Anfragen können Sie unkompliziert per E-Mail an die entsprechenden Stellen richten.
Geschäftsprozesse
Darüber hinaus ist es unbedingt erforderlich, die Geschäftsprozesse Ihrer Kunden zu
kennen und zu verstehen. Zum Beispiel sollten Sie wissen, wie die Wertschöpfungskette der Branche aufgebaut ist und die erfolgskritischen Kernprozesse kennen. Im
Maschinenbau wäre eine solche Kernleistung die verschiedenen Fertigungsverfahren. Nur ausgestattet mit einem solchen Wissen lassen sich gezielt Produkte für die
Verbesserung einzelner Wertschöpfungsstufen anbieten. Wenn Sie die Erfordernisse
der Branche kennen, können Sie sich schon vor einem Gespräch ein Angebot zurecht legen, das genau darauf zugeschnitten ist. So haben Sie eine optimale Ausgangsbasis. Im Beratungsgespräch ist dann im Detail zu klären, welche Modifikationen für den Bedarf dieses speziellen Kunden notwendig sind.
Branchentrends
Sie sollten sich stets über die Trends einer Branche aktuell informieren, um nicht
wichtige Entwicklungen zu verpassen. Aus den Nachrichten, die in einer Branche
kursieren, lassen sich solche Trends meistens ableiten. Lesen Sie deshalb den Wirtschaftsteil Ihrer Tageszeitung aufmerksam und suchen Sie nach Artikeln, die Kundenbranchen betreffen. Wichtige Personalien sind für einen angeregten Small Talk
am Rande eines Verkaufsgesprächs ebenso von Bedeutung wie neue Erkenntnisse
aus Forschung und Entwicklung oder die aktuellsten Unternehmensmeldungen. Im
Internet haben sich eine Vielzahl von Branchenfachportalen etabliert, die oft frei zugänglich sind und meistens eine Rubrik mit aktuellen Nachrichten enthalten. Legen
Sie sich ein Verzeichnis der wichtigsten Adressen an und versuchen Sie, regelmäßig
einmal in der Woche die Seiten abzusurfen.
Branchenveranstaltungen
Bei Messen oder Fachkongressen der Branche treffen Sie Ihre Zielgruppe. Dort können neue Geschäftskontakte knüpfen und sich aus erster Hand über die jüngsten
Entwicklungen und Branchentrends informieren. Finden Sie den wichtigsten Branchentreffpunkt heraus und machen Sie ihn zu Ihrem Pflichttermin. Auch die übrigen
Termine sollten Sie zumindest kennen und sich vor einem Kundentermin grob über
die Inhalte der vorausgegangenen Veranstaltung informieren. So haben Sie Anknüp-
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fungspunkte für die Gesprächsführung und können sich beispielsweise erkundigen,
ob Ihr Geschäftspartner dort war.
Publikationen
Sie sollten wissen, was Ihre Zielgruppe liest und mit welchen theoretischen Fragen
und praktischen Umsetzungen sie sich beschäftigt. Aktuelle Studien beispielsweise
bilden den Forschungsstand ab. Auch die Managementliteratur der Branche hilft Ihnen, die Bedürfnisse besser zu verstehen. Neuerscheinungen lassen sich durch eine
Themensuche bei einem Online-Buchshop problemlos recherchieren.
Organisationen und Verbände
Auch ein Überblick über die verschiedenen Organisationen und Verbände sind im
Verkaufsgespräch von Vorteil. Schließlich sind sie das Sprachrohr ihrer Mitglieder.
Dort werden Beschlüsse getroffen, die die Zukunft der Branche betreffen. Wahrscheinlich ist das Unternehmen Ihres Gesprächspartners ebenfalls Mitglied. Wenn
Sie wissen, was aktuell in den Gremien diskutiert wird, eröffnet sich eine weitere gemeinsame Gesprächsbasis.
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2.5 Besuchsplanung: Wie Sie Zeit und Kosten sparen können
Zeit ist Geld – erst recht im Außendienst. Die Besuchsplanung im Außendienst soll
helfen, unnötige Reisezeiten und Reisestrecken zu vermeiden, die Arbeitsbelastung
der Vertriebsmitarbeiter zu senken und die Zufriedenheit der Kunden zu erhöhen. Die
umfassende Vorausplanung orientiert sich dabei an der Besuchsreihenfolge, den
Entfernungen, der Reise- und Verweildauer und den Arbeitszeiten der Mitarbeiter.
Beugen Sie Schreckens-Szenarien vor
Im schlimmsten Fall läuft ein Tag in Ihrem Außendienst etwa folgendermaßen ab:
Kaum haben Sie als Außendienstmitarbeiter Ihr Unternehmen verlassen, stehen Sie
bereits im Stau. Sie rufen Ihren Kunden an und sagen Bescheid, dass es etwas später wird. Ihr Kunde ist wenig begeistert, bleibt aber freundlich. Als Sie weitere 30 Minuten zu spät ankommen, hat sich das geändert. Wichtige Gesprächszeit geht verloren, Ihr Kunde ist verärgert und Sie verabschieden sich bald darauf. Dann geht das
Procedere von neuem los, denn Sie müssen in einem ganz anderen Bereich Ihres
Einzugsgebiets zu einem weiteren Kunden fahren. Währenddessen versuchen mehrere kleinere Neukunden, Sie in Ihrem Unternehmen telefonisch zu erreichen ...
Natürlich kann auch eine noch so fundierte Besuchsplanung im Außendienst keine
Staus verhindern, sie kann aber dafür sorgen, dass solche Eventualitäten zu den
einzig verbleibenden Restrisiken gehören, für die ausreichend Pufferzeit eingeplant
wird. Gerade für Unternehmen, deren Produkte keine differenzierbaren Eigenschaften haben, die also vom persönlichen Kontakt zum Kunden leben, ist eine vernünftige Besuchsplanung unerlässlich, um für den Kunden tatsächlich Zeit in ausreichendem Maße zu haben.
Außendienstplanung sollte selbstverständlich sein
Unproduktive Zwischenzeiten sind am einfachsten durch eine zentral gesteuerte Planung zu minimieren. Meist aber entwerfen Vertriebsmitarbeiter die Planung ihrer
Kundenkontakte weitgehend selbst. Eine gesunde Portion Zentralismus kann hier
zumindest für größere Unternehmen oder Vertriebsabteilungen eine Lösung bieten.
Auch ohne größeren Aufwand verbessern schon wenige Änderungen die Effizienz
Ihres Außendienstes. Erfahrungsgemäß sollten dabei drei Kriterien im Vordergrund
stehen:
Die Relevanz des Kunden
Außendienstmitarbeiter neigen dazu, die größten Kunden am häufigsten zu besuchen. Aber nur weil eine Firma groß ist, muss sie für Sie noch nicht besonders profitabel sein. Verständlicherweise ist es daher besser, diejenigen Kunden zu bevorzugen, die den größten Gewinn für das eigene Unternehmen erwarten lassen. Dazu
können durchaus auch kleinere mittelständische Unternehmen gehören.
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Die Nähe zum Kunden
Aus verständlichen Gründen kommt es häufig vor, dass der Außendienst nah gelegene Kunden besonders häufig anfährt, ohne dabei zu berücksichtigen, ob es sich
um wirklich profitable Kunden handelt. In diesem Fall sind aber Besuchsfrequenz und
Profitabilität zueinander in ein Verhältnis zu setzen und mit dem finanziellen und zeitlichen Aufwand abzugleichen, der notwendig ist, um den Kunden überhaupt zu erreichen.
Akzeptanz beim Kunden
Natürlich ist es schön, mit gut bekannten Stammkunden eingehend zu plaudern.
Wenn Sie allerdings den Eindruck gewinnen, dass diese Klientel deshalb ohnehin
nicht mehr kaufen wird als bisher, ist es Zeit, die Besuchsfrequenz allmählich zu reduzieren. Kümmern Sie sich dann lieber um neue Kunden, die gerade in der Anfangsphase einer Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen besonders eingehende
Betreuung benötigen.
Effiziente Kontaktpläne
Um die Außendienstaktivitäten Ihres Unternehmens systematisch zu koordinieren,
empfiehlt es sich, einen Kontaktplan aufzustellen, der Ihre Kunden anhand verschiedener Kennzahlen erfasst. Dazu sollten mindestens Gewinn, Erreichbarkeit und gewünschte Besuchshäufigkeit gehören. Mithilfe dieser Kriterien lässt sich nun ein Vertriebsplan erstellen, der die Kontaktmöglichkeiten auf die Bedürfnisse Ihrer Kunden
abstimmt. Natürlich sind bei diesen Überlegungen die besonderen Gegebenheiten
Ihres Unternehmens zu berücksichtigen: Ist der Kundenstamm eines Mitarbeiters
eher klein, reicht es oft, Kundenkennzahlen, die dem Vertriebsplan zugrunde gelegt
werden, einmalig zu erstellen. Hat Ihr Mitarbeiter allerdings viele Kunden zu betreuen, sollten die Kunden erst in Gruppen zusammengefasst werden. Aber auch in diesem Fall sollten Sie nicht schlicht eine A-, B- und C-Kunden-Segmentierung übernehmen, sondern die erzielten Deckungsbeträge bedenken. Auch der Marktanteil
Ihres Kunden kann dabei eine Rolle spielen.
Feinheiten der Kundensegmentierung
Meist basiert ein Kundenkontaktplan nur auf dem in der Vergangenheit erzielten Umsatz eines Kunden. Genauso wichtig wäre es aber, seine zukünftigen Wachstumschancen zu bedenken. Das wiederum setzt eine genaue Kenntnis seiner Marktsituation voraus. Auch bei Neukunden gibt es einiges zu beachten, denn oft müssen viele
potenzielle Kunden beworben werden, um einen Neukunden längerfristig zu akquirieren. Der möglicherweise zu erzielende Umsatz dieses einen Neukunden ist dann in
ein Verhältnis zum vorherigen Aufwand zu setzen. Allerdings sollte vermieden werden, die bereits etablierten Kunden deswegen seltener zu besuchen. In solchen Fällen bietet die so genannte Besuchselastizität ein verlässliches Kriterium: Sie bezeichnet die Relation zwischen der Veränderung der Besuchshäufigkeit und der Veränderung des Umsatzes.
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Kriterien für die Erstellung eines Kontakt- bzw. Tourenplans
Der Tourenplan
Bei einem Tourenplan handelt es sich um ein Instrument, das es Ihnen ermöglicht,
aus den gesammelten Kundendaten einen Plan zu erstellen, der jeden Arbeitstag
genau skandiert. Im Tourenplan sind die genauen Daten und Zeiten, die zu besuchenden Kunden, die Treffpunkte und die Tourenplanung enthalten. Auch Fehlzeiten
(Stau, Panne, Wartezeit beim Kunden, ausfallende Termine) und Reservezeiten
werden einkalkuliert. Idealerweise unterstützt Sie dabei eine geeignete Software, die
von vielen Firmen angeboten wird. Machen Sie sich aber bewusst, dass es Kunden
gibt, bei denen ein Außendienstbesuch mehr kostet als sich mit dem Kunden an Gewinn für Ihr Unternehmen erzielen lässt. Auch hier gilt es, eine gewisse Elastizität zu
wahren.
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2.6 Terminvereinbarung: So finden Sie den richtigen Ansprechpartner
In kleinen Firmen trifft der Inhaber die Entscheidung über alle größeren Investitionen
selbst. Unternehmen mit 100 oder mehr Mitarbeitern gleichen dagegen oft einer Festung, die Verkäufer vor die Frage stellt, von welcher Seite man sich ihr am besten
nähert. Ihr Ziel ist es, direkt mit der Person ins Gespräch zu kommen, die letztendlich
befugt ist, ihr Zeichen unter den Kaufvertrag zu setzen. Da die Strukturen in größeren Unternehmen komplex sind und die Zielperson von einem Heer von Assistenten
und Mitarbeitern umgeben sein kann, erfordert es nicht selten mehrere Telefonate,
um allein den Namen des Ansprechpartners herauszufinden.
Den Markt beobachten
Branchenverbände und Handelskammern versorgen Sie mit Listen der Akteure in
Ihrem Vertriebsgebiet. Sichten Sie darüber hinaus die Branchenblätter Ihrer Zielgruppe, um Firmenneugründungen oder Filialeröffnungen in der Region oder die personelle Umbesetzung von Schlüsselpositionen zu verfolgen. Oft folgt daraus auch
die Neubewertung der bestehenden Lieferantenverträge und Sie können ein Angebot
platzieren. Aus Erfahrung wissen Sie, wie die Organisationen Ihres Zielmarktes in
der Regel aufgebaut sind und wo die Entscheidungszentralen sitzen. Notieren Sie
regelmäßig Namen und Unternehmen, mit denen eine Kontaktaufnahme lohnenswert
erscheint.
Nicht zu hoch und nicht zu niedrig ansetzen
Ein Leiter des Einkaufs mit Budgetverantwortung benötigt nicht das Einverständnis
des Vorstandsvorsitzenden für eine Anschaffung. Einen guten Kontakt mit oft gut
abgeschirmten Vorständen herzustellen wäre also fehlinvestierte Energie. Andererseits sollten Sie sich auch nicht zuerst mit dem Mitarbeitern aus dem operativen Bereich unterhalten und hoffen, sich von dort aus Schritt für Schritt zum Verantwortlichen vorzuarbeiten. Auch wenn das als Weg des geringsten Widerstands erscheint,
verlängert dieser Marsch durch die Instanzen den Abschluss erheblich. Um herauszufinden, ob Ihr Gegenüber tatsächlich entscheidungsbefugt ist, sollten Sie je nach
persönlichem Stil entweder vorsichtig fragen, wie der Bereich strukturiert ist, oder
ganz offen die Entscheidungswege ansprechen: „Können Sie in dieser Sache alleinverantwortlich entscheiden oder werden weitere Personen einbezogen?“ Wie so oft
sind auch in dieser Sache Beziehungen hilfreich: Wenn Sie einen Verbündeten in
dem Unternehmen haben – etwa einen ehemaligen Studienkollegen – könnten Sie
ihn um Rat fragen, an welcher Schaltstelle er an Ihrer Stelle das Angebot platzieren
würde.
Kontakte „vorwärmen“
Wenn Sie herausgefunden haben, wer zuständig ist, sollten Sie dennoch nicht unbedingt direkt zum Hörer greifen. Versuchen Sie stattdessen, zunächst eine personalisierte E-Mail zu schreiben: 95 Prozent können Sie aus einem Standardschreiben
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übernehmen – fünf Prozent passen Sie dem Bedarf des Kunden an. Wenn Sie dann
einige Tage später anrufen und sich auf die E-Mail beziehen, haben Sie statt des
kalten einen schon lauwarmen Kontakt und kommen leichter ins Gespräch.
So bekommen Sie beim potenziellen Kunden einen Termin
Wenn Sie per Telefon Kundenkontakte knüpfen wollen, müssen Sie eine geeignete
Strategie und viel Geduld mitbringen. Ihre Gesprächspartner bekommen täglich neue
Angebote und reagieren entsprechend zurückhaltend auf Ihr Anliegen.
Die Anzahl der Telefonate ist entscheidend für die Treffermenge. Pro 100 Anrufen
wecken Sie bei nur etwa 10-15 Personen Interesse für Ihre Dienstleistung oder Ihr
Produkt, von denen nur zwei bis drei mit Ihnen einen Termin vereinbaren. Setzen Sie
sich eine bestimmte Anzahl von Terminen zum Ziel und geben Sie nicht schon nach
der zehnten Absage auf. Das "Gesetz der Zahl" hilft Ihnen dabei: Jeder ablehnende
Kunde bringt Sie dem nächsten Kunden näher, und dieser könnte positiv reagieren.
Überprüfen Sie Ihre Vorstellungen von der Zielgruppe und dem richtigen Anrufzeitpunkt und legen Sie eine Strategie fest. Dazu gehört auch ein optimierter AfterSales-Service: Pflegen Sie bestehende Kundenkontakte durch regelmäßige ServiceCalls, ohne dabei den Folgeumsatz in den Vordergrund zu stellen.
Bleiben Sie auch dann höflich-hartnäckig, wenn Sie zunächst auf Ablehnung stoßen.
Ein Nein ist keine Zurückweisung, sondern eine Herausforderung für Sie. Mit der
richtigen Gesprächseröffnung können Sie Interesse wecken. Legen Sie sich im Voraus eine zündende Formulierung zurecht, mit der Sie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung bekannt machen. Um nicht künstlich zu wirken, wählen Sie eine Ausdrucksweise, die mit Ihrem persönlichen Sprachgebrauch übereinstimmt. Nutzen Sie expressive Elemente und Lob, um Ihre Gesprächspartner zu beeindrucken.
Notieren Sie sich die für Ihre Branche typischen Kundenreaktionen (zu teuer, schon
vorhanden etc.) und prüfen Sie im Vorfeld, mit welchen Argumenten Sie den Einwänden begegnen können. Wenn Sie einen Gesprächstermin vereinbaren konnten,
bestätigen Sie ihn durch einen Brief oder per E-Mail bzw. Fax.
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2.7 Verhandlungsziele: Legen Sie Ihre Gesprächsstrategie vorher fest
Auch die beste Verhandlung führt zu nichts, wenn Ihre Zielklarheit zu wünschen übrig
lässt und Sie nicht wissen, was Sie eigentlich erreichen wollen. Deshalb ist es wichtig, sich das Ziel hinter dem Verhandlungsziel bewusst zu machen.
Ziele hinter den Zielen
Es ist vergleichsweise einfach, kurz abzureißen, welches das vordergründige Ziel
einer Verhandlung sein soll: ein Vertragsabschluss, ein Neukundengewinn, eine PRKampagne usw. Wozu aber dient der Vertragsabschluss oder der Neukundengewinn
wirklich? Geht es Ihnen beim Neukundengewinn beispielsweise um den schnellen
Profit, werden Sie die gesamte Verhandlung anders führen als wenn Sie vorhaben,
sich behutsam und entsprechend subtil einen Stamm neuer Kunden aufzubauen. Sie
werden dem Kunden von vornherein mehr Spielraum z. B. für Sonderkonditionen
einräumen, um zunächst seine Zufriedenheit zu garantieren. In weiteren Verhandlungsrunden können Sie anschließend immer noch die gemachten Konzessionen
Stück für Stück zu Ihren Gunsten aufweichen. Auch das wäre dann wiederum ein
klares Ziel für eine Verhandlungsrunde. Sich in dieser Weise die Verhandlungsführung – gewissermaßen vom Ende her aufgezäumt – einmal vor Augen zu führen, hilft
Ihnen also, Ihr eigentliches Ziel zu erreichen und das Gespräch zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Um ein solches Vorgehen zu verwirklichen und bei
Bedarf abrufen zu können, unterscheidet man Zieldimensionen, Visionen und verschiedene Verhandlungstaktiken.
Verhandlungsstile
Zieldimensionen
Als Vertriebsmitarbeiter pendeln Sie ununterbrochen zwischen mindestens zwei verschiedenen Zielen: dem profitablen Abschluss und der Zufriedenheit Ihrer Kunden.
Diese Ziele decken sich nicht immer. Manchmal ist es besser, zugunsten der langfristigen Zufriedenheit des Kunden auf einen Abschluss zu verzichten und darauf zu
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hoffen, dass er aufgrund Ihrer besonders integren Beratung auf Ihr Angebot zurückkommt oder Ihr Unternehmen weiterempfiehlt. In anderen Fällen ist es allerdings vorteilhaft, die Zufriedenheit des Kunden eher außer Acht zu lassen und den Profit um
jeden Preis zu suchen. Ein einziges Ziel, etwas zu verkaufen, kann also schon zwei
verschiedenen Dimensionen aufweisen. Man sieht hierbei leicht: Wenn Sie den Weg
(den Vertragsabschluss) für das Ziel halten, schränken Sie Ihren Handlungsspielraum unnötig ein und nehmen sich selbst unter Umständen die Chance,
höhergeordnete Ziele wie z. B. langfristige Kundenkontakte, Empfehlungen usw. tatsächlich zu erreichen.
Zielmethoden
Die Klarheit über die eigenen Ziele wird oftmals auch erschwert von Standardmethoden, deren Anwendung der Vertriebsmitarbeiter gewöhnt ist. Mitarbeiter, die durch
eine forsche Art Eindruck bei den Kunden machen, werden bei besonders schüchternen Gesprächspartnern leicht aus dem Blick verlieren, welche Lösung für den
Kunden die wirklich geeignete ist. Bei besonders selbstsicheren Gesprächspartnern
hingegen kann es Probleme geben, wenn Sie versuchen, den anderen schwach darzustellen, um sich selbst stark fühlen zu können und einen Wettbewerb ausfechten,
bei dem Sie letztlich nur verlieren können.
Dabei ist es wichtig, die eigene Methodik, d.h. den Gesamtauftritt, die Wahl der Argumente usw. punktgenau auf Ihre Ziele abzustimmen. So beeinflussen Sie nicht nur
das Ergebnis von Verhandlungen positiv, Sie verschaffen sich auch einen argumentativen Vorsprung gegenüber Ihrem Gesprächspartner, weil Sie lernen, dessen Ziele
und Methoden ebenfalls zu durchschauen bzw. vorherzusehen. Denn Ziele beeinflussen nicht nur das Verhandlungsergebnis, sondern auch das Verhandlungsklima
zu Ihren Gunsten. Um sich der eigenen Ziele und der dafür erforderlichen Methoden
bewusst zu werden, können folgende Fragen helfen:
Wohin führt Ihre Argumentation?
Was wird sich verändern?
Was ergibt sich aus den Veränderungen?
Welchen Nutzen bringen die Veränderungen?
Wie ist dieser Nutzen zu bewerten?
Welche weiteren Ziele sind dadurch einfacher oder schwieriger geworden?
Verhandlungslenkung
Die Art, wie Sie die Verhandlung gestalten wollen, muss mit dem Ziel Ihrer Verhandlung korrespondieren. Insgesamt eignen sich folgende Strategien, die Charakteristik
Ihrer Kundenbeziehung (Wertschätzung/Geringschätzung) mit dem Stil Ihrer Verhandlungsweise (hoher Lenkungsgrad/niedriger Lenkungsgrad) zu kombinieren:
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Autoritär gehen Sie dann vor, wenn Sie einen unterlegenen Gesprächspartner vor
sich haben, den Sie schnell überzeugen müssen (Geringschätzung/hohe Lenkung).
Partnerschaftlich lenken Sie die Verhandlung, wenn Sie dem Partner eine andere
Meinung zubilligen, ohne ihn deshalb als Person zu diskreditieren (Wertschätzung/hohe Lenkung).
Laisser-faire heißt Ihr Verhandlungsstil dann, wenn Ihnen der Partner vergleichsweise gleichgültig ist und Sie ihn zunächst einfach reden lassen müssen (Geringschätzung/geringe Lenkung).
Antiautoritär sind Sie dann, wenn Sie Ihrem Gegenüber sehr viel Freiheit einräumen müssen, um zum Ziel zu kommen (Wertschätzung/geringe Lenkung).
Übereinstimmungen feststellen
Ungeachtet Ihrer gewählten Verhandlungstaktik und der dahinterstehenden Zielsetzung, werden Ihre Verhandlungen erst dann erfolgreich sein, wenn Sie es schaffen,
die gemeinsamen Interessen beider Parteien in den Vordergrund zu stellen. Versuchen Sie, das Gespräch nicht primär als problemlösend, sondern als nutzenstiftend
zu begreifen. Fragen Sie nicht „wo liegt unser Problem?“, sondern „wo liegt unser
gemeinsames Ziel?“, nicht „was hindert uns, zusammenzukommen?“, sondern „was
benötigen wir noch?“. Diese minimale sprachliche Verschiebung zeigt erfahrungsgemäß große Wirkung. Ähnlich verhält es sich mit offenen statt geschlossenen Fragen. Wenn Sie Ihrem Verhandlungspartner lediglich Ja-Nein-Alternativen anbieten,
werden Sie ihn nicht für Ihr gemeinsames Anliegen sensibilisieren können. Lassen
Sie ihm Raum, seine Vorstellungen auszumalen, und fragen Sie ihn ruhig, was ihn
noch stört. Auch wenn dieses letzte Vorgehen zunächst wirkt, als würden Sie Zweifel
säen und Ihren Erfolg selbst gefährden, lohnt es sich im Interesse einer langfristigen
Kundenbeziehung.
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3. Gesprächsführung (SINUS-Methode)
3.1 Small Talk: Mit Belanglosigkeiten große Wirkung erzielen
Manchen Vertriebsmitarbeitern bereitet der Gang zum Sitzungszimmer oder eine
kurze Fahrt im Fahrstuhl mit einem potenziellen Kunden mehr Kopfzerbrechen als
die komplizierteste Produktpräsentation. Dabei ist Small Talk der Grundstein zu einer
entspannten Atmosphäre, von der das anschließende Fachgespräch profitiert.
Funktionen des Small Talk
Small Talk ist die hohe Kunst, keine ungewollte Stille aufkommen zu lassen. Er öffnet
Türen, die Ihnen trotz noch so brillanter Argumente und überzeugender Produkte
bisher verschlossen blieben. Entgegen der üblichen Meinung ist ein gut geführter
Small Talk niemals peinlich, auch wenn er in belanglosen Gewässern fischt, und er
wirkt niemals künstlich oder aufgesetzt, wenn man die wichtigsten Grundregeln beherrscht. Ein gut geführter und entspannter Small Talk kann zum Zünglein an der
Waage werden. Vor allem dann, wenn Sie in einer Branche arbeiten, in der die Produkte weitgehend austauschbar sind und es kaum noch Preisdifferenzen gibt. Auch
Ihre Argumente ähneln meist denen Ihrer Mitbewerber. Gerade in solchen Situationen wird sichtbar, dass Vertragsabschlüsse oft auf Sympathiewerten basieren. Small
Talk bietet hier eine gute Möglichkeit, sich wohltuend aus dem Einerlei der Angebote
herauszuheben. Denn das kurze Gespräch dient nicht nur dem gegenseitigen
Warmwerden, sondern transportiert auch Schlüsselkompetenzen wie Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft und Zuverlässigkeit.
Verlieren Sie die Scheu!
Zuallererst gilt es, eine positive Einstellung gegenüber dem Small Talk zu gewinnen.
Diejenigen, die befürchten, sich zu blamieren, haben von Anfang an eher schlechte
Karten. Und wer ständig darauf pocht, dass ihm dies oder jenes zu banal, zu abgedroschen oder zu wenig salonfähig erscheint, wird keine Erfolge erzielen können.
Dabei steckt im Small Talk ein riesiges Potenzial. Überwinden Sie also vorhandene
Hemmungen und machen Sie sich klar, dass sich ein gelungener Small Talk nicht
nach Leistungsdimensionen bemisst, sondern dass gerade das Gespräch als angenehm empfunden wird, das möglichst unverkrampft wirkt. Nun ist es natürlich schwer
– gewissermaßen auf Kommando – locker, heiter und zwanglos zu erscheinen. Aber
auch diejenigen, die sich selbst nicht für Kommunikationstalente halten, sind in der
Lage, ihrem Gegenüber beim Small Talk ein angenehmes Gefühl zu vermitteln und
sich dadurch manche Tür zu öffnen – sofern sie drei wichtige Regeln des Small Talks
beachten:
Lassen Sie Ihr Gegenüber zu Wort kommen!
Sie sollten das Geschehen kontrollieren, aber niemals versuchen, das Gespräch zu
dominieren. Das Geheimnis des Small Talks liegt vielmehr darin, ein guter Zuhörer
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zu sein und den Kunden zum Mittelpunkt des Gesprächs zu machen. Je weniger Sie
reden, desto mehr erfahren Sie über Ihren Gesprächspartner und desto wohler fühlt
er sich. Nach dem Motto: „Wenn ich jemandem Geld gebe, verdiene ich seine Aufmerksamkeit – wenn ich aber jemandem Aufmerksamkeit gebe, verdiene ich sein
Geld!“ Wenn Sie den Anderen kaum zu Wort kommen lassen und womöglich noch
mit weiteren Geschäftsdetails behelligen, wird er sich schnell verschließen. Denn der
Small Talk ist kein Geschäftsgespräch, sondern die wohlverdiente Pause davon.
Faktoren eines erfolgreichen Small Talks
Zeigen Sie Interesse für Ihren Gesprächspartner und hören Sie aktiv zu!
Wenn Sie jede Anekdote Ihres Gegenübers mit den Worten kontern, dass Sie Ähnliches auch schon erlebt haben und dann womöglich noch anfangen, Ihre Erlebnisse
langatmig zu erzählen, wird Ihr Gesprächspartner schnell in die Ecke gedrängt. Menschen, die viel erlebt haben, mögen weltgewandt wirken – besonders sympathisch
sind sie deshalb nicht unbedingt. Lassen Sie also lieber Ihren Gesprächspartner reden. Damit er sich dabei wohlfühlt, müssen Sie aktiv zuhören. Er muss sehen können, dass Sie zuhören: durch die Spiegelung seiner Geschichte in Ihrer Mimik (Lustiges nehmen Sie lachend auf, weniger Lustiges mit ernster Miene), durch das eine
oder andere Räuspern, durch gezielte Zwischen- und Verständnisfragen und, sofern
Sie bereits ein Gesprächsprofi sind, durch die Imitierung seiner Körperhaltung.
Bringen Sie Unterhaltung ins Verkaufsgespräch!
Die ungeheure Wirkung des Small Talks hat einen einfachen Grund: Demjenigen,
der sympathisch wirkt, wird gleichzeitig Kompetenz unterstellt. Verwechseln Sie also
nicht Steifheit mit Seriosität. Natürlich sollten Sie deshalb nicht sämtliche Konventionen über Bord werfen, sondern einen gesunden Mittelweg finden. Ein Tipp: Sprechen
Sie niemals über Ihr berufliches Fachgebiet. Meist sorgt Ihr Gesprächspartner selbst
dafür, dass ihm nicht langweilig wird. Haben Sie keine Bedenken, dass Sie sich mit
seinen Interessen nicht auskennen. Das macht überhaupt nichts, sondern ist – ganz
im Gegenteil – eine der besten Voraussetzungen, um Neues zu erfahren und eine
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ausgeglichene Atmosphäre zu schaffen. Auch eine feine Selbstironie ist eine gute
Möglichkeit, Sympathiepunkte zu sammeln. Strikt verboten sind hingegen Zynismus
oder Sarkasmus, rüde Witze, Fachchinesisch oder sogar persönliche Angriffe (auch
gegenüber Dritten). Wer hier seine letzte Gelegenheit sieht, das Gespräch im Fluss
zu halten, sollte sich lieber in Schweigen hüllen. Außerdem: Ein Geheimnis des
Small Talks liegt darin, Distanz zu wahren, ohne unpersönlich zu sein. Dies gilt sowohl für die Wahl der Themen als auch für den physischen Abstand zum Gesprächspartner, der mindestens eine Armeslänge betragen sollte.
Die Wahl der Themen
Beruf: Stellen Sie Fragen zur Branche Ihres Gegenübers und lassen Sie ihn ausführlich zu Wort kommen. Es tut gut, wenn sich jemand ernsthaft für die Tätigkeit
interessiert, mit der man mehr als die Hälfte seiner Zeit verbringt.
Hobby und Urlaub: Menschen reden gern über das, was ihnen Spaß macht. Hier
besteht ein enormes Potenzial an Gesprächsthemen mit positiver Wirkung. Möglicherweise wissen Sie von Ihren letzten Besuchen, was Ihr Kunde in seiner Freizeit macht? Dann fragen Sie nach dem letzten Fußballspiel, nach der letzten Segeltour oder nach seinen Urlaubsplanungen!
Aktuelles: Spüren Sie Themen auf, die Gemeinsamkeiten zum Vorschein bringen,
meiden Sie hingegen brisante Streitpunkte z. B. über politische Parteien.
Komplimente: Gut dosierte Komplimente können Wunder wirken. Wichtig ist dabei, ehrlich zu bleiben. Allzu pompöse Schmeicheleien wirken nur verdächtig.
Wetter und Verkehrslage: Solche Bereiche anzusprechen hat nichts mit einem
Mangel an Originalität zu tun. Wetter und Verkehr sind wirksame Eisbrecher. Außerdem lässt sich recht unangestrengt darüber reden.
Kultur: Kunst, Architektur, kulturelle Veranstaltungen, Filme, Bücher, Mode, neue
Werbekonzepte sind weitere Themen, um die anfängliche Stille zu überbrücken.
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3.2 Interview des Kunden: Wann Sie unbedingt zuhören sollten
Die meisten Vertriebsmitarbeiter sind rhetorische Naturtalente, die entsprechend
gerne reden. Die Crux liegt darin, dass nur die wenigsten wissen, wann sie damit
aufhören sollten, um ihren Kunden genug Raum zu geben, ihre Bedürfnisse und
Wünsche zu äußern. Ein Blick auf eine der wichtigsten Phasen des Verkaufsgesprächs, das Interview, kann in diesem Zusammenhang von großem Nutzen sein.
Das richtige Timing
Die Überleitung zum Interview kann vom Kunden oder von Ihnen selbst eingeläutet
werden. Bei der ersten Möglichkeit signalisiert Ihnen der Kunde, dass er zum eigentlichen Anlass Ihres Besuchs vordringen möchte. Dies geschieht häufig durch eine
Frage („Was haben Sie denn heute Neues für mich?“). Sollte sich der Small-Talk zu
sehr in die Länge ziehen, müssen Sie jedoch selbst die Notbremse ziehen und zur
Interviewphase überleiten: „Nach unseren Unterlagen läuft Ihr Vertrag mit uns bald
aus, wie waren Sie denn mit uns zufrieden?“
Insgesamt ist es natürlich sinnvoll, den Kunden zu einem recht frühen Zeitpunkt des
Verkaufsgesprächs nach seinen speziellen Bedürfnissen und Wünschen zu befragen. Die meisten Modelle sehen deshalb vor, das Interview des Kunden direkt im
Anschluss an den einleitenden Small-Talk zu platzieren.
Funktionen des Interviews
Das Interview dient dazu, die Bedarfslage des Kunden zu erkunden und sein Interesse zu stärken. Selbst Stammkunden, die Sie vermeintlich gut kennen, können plötzlich Wünsche äußern, die Sie nicht erwartet hätten. Widerstehen Sie deshalb der
Versuchung, schon vorher so zu tun als wüssten Sie sicher, was Ihr Kunde will. Viele
Kunden stellen ihre Bedürfnisse in Form von Unzufriedenheiten oder Problemen dar.
Um dies zu erkennen, müssen Sie ein feines Gespür für mögliche Signale entwickeln. Dafür sind Zuhörerqualitäten, ein gutes Einfühlungsvermögen und eine professionelle Argumentationstechnik gefragt. Achten Sie genau auf wichtige Signale, z.
B. darauf, ob ...
der Kunde immer wieder einen bestimmten Aspekt Ihres Angebotes (den Preis,
die Laufzeit, den Service usw.) anspricht.
er immer wieder auf das Angebot der Konkurrenz hinweist.
er darauf aufmerksam macht, dass er nicht viel Zeit hat oder permanent auf seine
Uhr sieht.
er sich über eine längere Partnerschaft nicht sicher zu sein scheint und auf kürzere Vertragslaufzeiten drängt.
er Anzeichen dafür gibt, dass er seine eigene Bedarfslage nicht kennt.
er ständig Ihre Leistungen mit denen Ihrer Konkurrenten vergleicht.
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er sich bei Ihnen beschweren will (schlechter Service, hohe Preise usw.).
Zuhören braucht Geduld
Ihre Aufgabe beim Interview besteht vor allem darin, durch eine gezielte Fragetechnik und durch ein interessiertes, nachfragendes Zuhören den Redestrom des Kunden
in Fluss zu bringen. Selbst wenn Sie aus früheren Erfahrungen schon zu wissen
glauben, was der Kunde sagen wird, geben Sie nicht der Versuchung nach, ihn zu
unterbrechen – selbst dann nicht, wenn er langatmig immer wieder dasselbe erläutert
oder Sie mit seiner monotonen Art einzuschläfern droht. Bewahren Sie trotzdem Geduld! Der Zeitaufwand wird sich später als Investition erweisen, denn der Kunde wird
Ihre Aufmerksamkeit als wohltuend erleben und Ihr Interesse honorieren. Außerdem
wird er sich „leer reden“ und sich später nicht mehr in zähen Einwänden ergehen. Ein
weiterer Vorteil: Wenn Sie ihn möglichst wenig unterbrechen, schildert er seine Erfahrungen und seine unter Umständen verborgenen Wünsche weitgehend unverfälscht. Nur dann können Sie aus seiner Art zu sprechen etwaige Bedürfnisse und
Vorbehalte ableiten. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihr Angebot für den Kunden zu
sondieren und Ihre spätere Nutzenargumentation zu konkretisieren.
Fragetechniken
Falls Ihr Kunde nicht von sich aus auf seine besonderen Bedürfnisse eingeht oder
Fragen stellt, müssen Sie ein wenig nachhelfen. Dabei kommt es entscheidend auf
die Art der Fragen an, denn nur mit den richtigen Fragen können Sie die Richtung
des Gesprächs bestimmen und Informationen sammeln. Generell unterscheidet man
geschlossene und offene Fragen. Geschlossen sind Fragen, wenn man auf sie nur
mit ja oder nein antworten kann („Waren Sie mit unserem letzten Angebot zufrieden?“). Da Sie Ihren Kunden zum Reden bringen wollen, haben sie in der Interviewphase nicht zu suchen. Ganz anders die offenen Fragen, auf die man ausführlich
antworten kann („Inwieweit waren Sie mit unserem letzten Angebot zufrieden?“,
„Was möchten Sie verbessert wissen?“). Schreiben Sie sich Ihre Fragen ruhig schon
vorher auf, um einen professionellen Eindruck zu erwecken. Die vorformulierten Fragen sollten dann allerdings nur noch als Orientierungshilfe dienen. Lesen Sie sie also
nicht genau ab, sondern passen Sie sie – mit einem Seitenblick auf Ihre Notizen –
den persönlichen Bedürfnissen Ihres Kunden an.
Nonverbale Signale
Da Sie in dieser Phase der Verkaufsverhandlung eher passiv sind, ist es umso notwendiger, dass Sie Ihrem Kunden aktiv zuhören. Lassen Sie ihn sehen, dass Sie
zuhören. Dazu gehört beispielsweise ein kurzes Nicken, Lachen oder eine ernste
Miene. Das Wichtigste aber ist der Augenkontakt: Schauen Sie Ihrem Kunden unbedingt in die Augen, während er redet. Nur so erhält er das Gefühl, dass Sie ihm tatsächlich zuhören und fühlt sich entsprechend ernst genommen. Machen Sie sich
während der Schilderungen Ihres Kunden ruhig Notizen, auf die Sie bei Ihrer späteren Nutzenargumentation zurückgreifen können. Bevor Sie jedoch damit beginnen
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mitzuschreiben, informieren Sie unbedingt Ihr Gegenüber („Ich schreibe mir das kurz
zur Erinnerung auf.“), damit keine unnötige Unruhe entsteht. Und: Schreiben Sie
nicht jedes Detail mit, damit der Blickkontakt nicht zu lange unterbrochen wird.
Interview des Kunden
Die Interviewphase als Respektbezeugung
Ein häufiger Fehler in dieser Phase besteht darin, den Kunden nicht ausreichend zu
Wort kommen zu lassen, sondern das eigene Unternehmen und seine Produkte ausgiebig anzupreisen. Besser ist es, nur auf der Basis derjenigen Informationen, die
Ihnen der Kunde gibt, zu argumentieren. Denn nur, wenn er das Gefühl gewinnt,
ernst genommen worden zu sein, wird er für Ihre Angebote empfänglich sein. So
schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie sorgen dafür, dass der Kunde sich
wohl fühlt (Kundenbindung) und individualisieren gleichzeitig Ihre spätere Nutzenargumentation. Will Ihr Kunde partout nicht konkret werden, können Sie versuchen,
durch vertiefende Fragen seinen Bedarf zu ergründen, z. B. indem Sie sagen „Unser
ganzes Angebot hier darzustellen, würde zu viel von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen.
Deshalb wäre es gut, wenn Sie mir noch ein paar konkrete Fragen beantworten würden. So kann ich schneller das für Sie Passende heraussuchen.“ Der Kunde wird
froh sein, dass Sie sich um seine Zeit sorgen und für ihn das richtige Angebot finden
wollen.
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3.3 Nutzendarstellung: Kunden von Produktvorteilen überzeugen
Ohne es zu wissen, arbeiten viele Verkäufer geradezu systematisch daran, ihre Kunden zu verscheuchen. Viele kennen sich fast schon zu gut mit ihrem Produkt aus und
überfallen Ihre Gesprächspartner mit Fakten, Daten und unverständlichen Fachbegriffen. Zwar sollten Verkäufer über die Produkte, die sie verkaufen möchten, rundherum informiert sein und kompetent über sie berichten können. Allerdings sollte der
Verkäufer jederzeit darauf achten, aus der Perspektive des Kunden zu denken und
zu argumentieren. Deshalb reicht es nicht, Produkteigenschaften zu erläutern. Sie
sagen zwar etwas über das Produkt aus, aber nichts darüber, inwieweit der Kunde
einen Vorteil daraus ziehen kann.
Motive finden
Im heutigen Wettbewerb weisen viele Produkte mehr oder weniger die gleichen Vorteile auf: Vor allem die so genannten Commodities, z. B. Strom oder Gas, sind unabhängig vom Anbieter immer gleich. Ihre Beschreibung wird für den Kunden erst interessant, wenn es Ihnen gelingt, für ihn einen individuellen Nutzen sichtbar zu machen. Menschen kaufen keine Produkte, sondern Problemlösungen. Ein Kunde kauft
also Strom nicht des Stroms wegen, sondern weil er seine Maschinen antreiben will,
kein Benzin um seiner selbst willen, sondern weil er Auto fahren – oder noch genauer – weil er mobil sein möchte. Versuchen Sie deshalb herauszuhören, welche tieferen Motive Ihren Kunde zum Kauf bewegen und zeigen Sie ihm, warum gerade Ihr
Produkt für die Deckung seines Bedarfs geeignet ist.
Marketing-Selbstverständlichkeiten
Den Nutzen eines Produktes darzustellen, statt seine Eigenschaften zu beschreiben,
ist für Marketing-Strategen eine Selbstverständlichkeit: Versicherungen werben nicht
mit komplizierten, zu verschiedenen Paketen zusammengestellten Angeboten, sondern mit der Sorglosigkeit, die sie versprechen. Coca-Cola wirbt nicht mit dem Slogan „süße, koffeinhaltige Limonade“, der das Produkt zweifellos zutreffend beschreiben würde, sondern mit einem zischenden Geräusch, das die Erfrischung symbolisiert.
Das Timing der Nutzendarstellung
Ob Sie mit der Phase der Nutzendarstellung anfangen können, merken Sie unter
Umständen am erwartungsvollen Blick Ihres Kunden oder an einer expliziten Aufforderung („Was haben Sie sich denn dieses Mal für uns ausgedacht?“). Natürlich können Sie die Angebotspräsentation auch einleiten, z. B. wenn eine längere Redepause eintritt oder wenn ein Thema angeschnitten wurde, das Ihnen die Überleitung erleichtert. Meist folgt die Darstellung des Nutzens, den Sie dem Kunden durch den
Kauf Ihres Produktes versprechen, unmittelbar nach der Interview-Phase, in der der
Kunde seine Wünsche geäußert hat. Allein aus dieser Positionierung können Sie
bereits Kapital schlagen, nämlich dann, wenn Sie zu Beginn der Nutzendarstellung
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die Aussagen des Kunden kurz in Ihren eigenen Worten zusammenfassen („Wenn
ich Sie richtig verstanden habe, bezieht sich Ihr Interesse auf ...“). Damit stellen Sie
sicher, dass Sie bei Ihrer Argumentation auf dem richtigen Weg sind und sammeln
mit jedem Nicken des Kunden Sympathiepunkte. Stimmt Ihr Kunde Ihrer Zusammenfassung zu, haben Sie die notwendigen Informationen, um Ihr Angebot gezielt vorzustellen. Währenddessen sollten Sie vor allem darauf achten, dass Sie nicht am Kunden vorbei reden.
Nutzen statt Eigenschaften
Um Ihren Kunden von dem zu erwartenden Nutzen Ihres Produktes überzeugen zu
können, müssen Sie im Wesentlichen zwei Voraussetzungen mitbringen: Sie müssen
sich Ihrer eigenen Stärken bewusst und in der Lage sein, sich in Ihren Kunden hineinzuversetzen. Der Schlüssel liegt darin, die Kernleistungen Ihres Unternehmens,
die Sie selbstbewusst vorbringen, nutzenorientiert – also aus der individuellen Sicht
Ihres jeweiligen Kunden – zu beschreiben. Haben Sie beispielsweise jemanden vor
sich, dem es um eine einfache Lösung geht, die ihm Arbeit abnimmt, argumentieren
Sie nicht „Wir bieten folgende Dienstleistungen an: ...“, sondern „Unser Unternehmen
bietet alle Produkte und Services aus einer Hand ...“. Haben Sie jemanden vor sich,
der seine eigenen qualitativen Standards durch den neuen Vertragsabschluss nicht
gefährden will, argumentieren Sie nicht „Wir haben ein hervorragendes Image“, sondern „Aufgrund unserer Kompetenz sind für Sie keinerlei Schwierigkeiten zu erwarten“.
Beschränken Sie sich bei der Nutzendarstellung auf einige wenige, schlagkräftige
Argumente. Ein Produkt kann zehn Vorteile haben und trotzdem für den Kunden nur
einen Nutzen stiften. Deshalb müssen Sie diesen Nutzen identifizieren und herausfinden, wie Sie ihn kundenorientiert und besonders pointiert darstellen können. Greifen Sie dabei wörtlich auf die Aussagen zurück, die der Kunde im Interview gemacht
hat. Formulieren sie z. B.: „Sie hatten ja den Wunsch geäußert, dass ..., deshalb
glaube ich, dass dieses Produkt für Sie geeignet ist ...“.
Nutzenargumente setzen eine strenge Selektion voraus
Selektieren Sie die Informationen, die Sie Ihrem Kunden zukommen lassen wollen.
Wenn Sie vorhaben, Ihrem Gesprächspartner die ganze Palette möglicher Nutzen
vorzustellen, laufen Sie Gefahr, ihn sinnlos zu ermüden und womöglich mit der Vielfalt Ihrer Informationen zu verwirren. Bieten Sie dem Kunden also so viel wie nötig
und so wenig wie möglich. Ersparen Sie ihm ein ständiges Hin und Her zwischen
mehreren für ihn völlig uninteressanten Produkten. Suchen Sie lediglich zwei Produkte aus, die seinem Anliegen entsprechen, um ihn nicht zu überfordern. Dabei ist es
durchaus wünschenswert, dass sich der Kunde bewusst ist, dass er nur einen Ausschnitt aller möglichen Angebote erhält. Führen Sie Ihr Angebot ein, in dem Sie z. B.
sagen: „Ich kann Ihnen zu Ihrem Bedarf mehrere Angebote machen. Aber meiner
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Meinung nach sind die folgenden zwei Varianten für Sie besonders interessant.“ Mit
einer solchen Einleitung vermitteln Sie dem Kunden gleich vier Informationen:
1. er kann sich auf zwei Produktdarstellungen konzentrieren,
2. beide Angebote sind für ihn besonders lohnend,
3. falls ihm Ihre Vorschläge nicht gefallen, halten Sie weitere Alternativen bereit,
4. Sie sorgen sich um seine knappe Zeit.
Präsentieren Sie zunächst die Alternative, die Sie für die beste halten. Meldet der
Kunde kein Interesse für dieses Angebot, fahren Sie mit dem zweiten Angebot fort.
Zeigt sich der Kunde interessiert, können Sie fortfahren, zeigt er hingegen kein Interesse, erweitern Sie den Kreis der Angebote.
Nutzendarstellung im Eisbergmodell
Offener und verdeckter Nutzen
Besonders diffizil und auch besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen offenem und verdecktem Nutzen. Der offene Nutzen eines Produkts betrifft seine zu erwartenden Leistungen (gutes Image, solide Qualität) und ist offen zu kommunizieren.
Der verborgene Nutzen bezieht sich hingegen auf die persönlichen Vorteile, die sich
der Entscheider von seinem Kauf verspricht. Da niemand offen auf solche Konsequenzen angesprochen werden möchte, ist er nur verdeckt zu kommunizieren. Dazu
gehören z. B. weniger Arbeit, kein oder kaum Risiko, Karrieresicherung, der Nutzen,
der sich damit verbindet, eigenständige Entscheidungen getroffen und die Vorgesetzten nicht behelligt zu haben usw. Experten gehen davon aus, dass der größte Teil
aller Entscheidungen auf die Dimension des verdeckten Nutzens zurückgeht.
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Medieneinsatz
Um nicht in langweilige Monologe auszuarten, empfiehlt es sich, die Nutzendarstellung mit verschiedenen Medien (Overheadprojektoren, Flip-Charts oder Beamer) und
Materialien (Prospekte) zu unterstützen und dem Kunden ein konkretes Bild vor Augen zu führen. Dies gilt besonders für Produkte, die nicht mitgenommen und vorgeführt werden können wie etwa Strom, Gas, Wasser, Finanzdienstleistungen usw. Oft
beurteilt der Kunde übrigens die Güte Ihrer Leistung nach der Qualität der Prospekte,
die er erhält. Ordnen Sie deshalb vorher ihre Unterlagen. Vergewissern Sie sich,
dass alle Materialien in einwandfreiem Zustand sind, und ordnen Sie sie in der Reihenfolge, wie sie gebraucht werden. Nehmen Sie aber trotz des Handlings mit Ihren
Prospekten alle Signale wahr, die der Kunde während Ihres Vortrags gibt. Achten Sie
auf seine Mimik und Gestik. Wenn Sie das Gefühl haben, dass der Kunde etwas sagen will, lassen Sie sich ruhig unterbrechen. Er sollte nie das Gefühl haben, zu kurz
zu kommen.
Die Goldlöckchen-Strategie
Die meisten Kunden wünschen sich nicht zu viele und nicht zu wenige Informationen
– sondern genau so viele, wie sie für ihre Kaufentscheidung benötigen. Sie verhalten
sich damit ähnlich wie die Märchenfigur Goldlöckchen: Nicht zu heiß und nicht zu kalt
durfte ihr Brei sein. Auch der Stuhl und das Bett waren erst zu hart und dann zu
weich, bevor die geeignete Sitz- bzw. Schlafgelegenheit gefunden war. Erfolgreiche
Vertriebsmitarbeiter behandeln ihre Kunden deshalb wie Goldlöckchen und kommen
im Gespräch, im Schriftverkehr oder in der Verkaufspräsentation möglicht schnell auf
den Punkt.
Ein Geschäft kann an einer Überdosis an Informationen aufseiten des Kunden scheitern. In dem ehrlichen Bedürfnis, dem Kunden weiterzuhelfen, erklärt der Verkäufer
zunächst die einzelnen Funktionen, leitet dann zu einer Betrachtung der Konkurrenzprodukte über, um sich dann den Finanzierungsmöglichkeiten zuzuwenden. Dabei
wollte der Kunde einfach nur wissen, ob sich der Preis eher um 30 oder 60 Euro bewegt - und streicht die Segel angesichts der vor ihm ausgebreiteten Fülle an Details.
Sei es die eigene Begeisterung für das Produkt, das Bedürfnis, dem Kunden keine
möglicherweise verkaufsentscheidende Information vorzuenthalten oder reine Hilfsbereitschaft – die guten Absichten bewirken häufig das Gegenteil.
Amerikaner nennen dieses Verhalten das TMI-Syndrom – „too much information“ –
und haben eine wirksame Gegenstrategie für Verkäufer entwickelt. Mit der Goldlöckchen-Strategie vermeiden Sie TMI bei Ihren Kunden mit dem Effekt, dass Ihre
Verkaufsgespräche kürzer werden, Ihre Kunden jedoch nicht unzufriedener sondern
im Gegenteil zufriedener das Geschäft verlassen. Sie gewinnen Zeit, in der Sie mehr
verkaufen können.
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In Verkaufsgesprächen sollten Sie schon nach einem ersten kurzen Überblick über
die Bandbreite Ihrer Leistungen möglichst bald den Kunden oder die Kundin zu Wort
kommen lassen. Ein guter Einstieg ist die Frage, welches Produkt er oder sie zurzeit
nutzt. Schildern Sie daraufhin knapp, was ein vergleichbares Angebot aus Ihrer Herstellung auch bietet, was es nicht bietet und was es zusätzlich bietet. Im weiteren
Verlauf können Sie dann Alternativen aufzeigen und sich erkundigen, ob der Gesprächspartner schon einmal über die eine oder andere Lösung nachgedacht hat.
Wenn Sie eine breite Produktpalette anzubieten haben, sollten Sie nicht ein Angebot
nach dem anderen mit dem Kunden durcharbeiten, sondern stattdessen sinnvolle
Kategorien bilden. Diese dienen als Orientierungshilfe, da Kunden zunächst eine
Vorauswahl treffen können, bevor sie ihre Wünsche konkretisieren. Während des
gesamten Gesprächs fokussiert zu bleiben und TMI zu vermeiden, verlangt einige
Konzentration.
TMI kann auch in Broschüren, E-Mails, Mailings oder Telefonaten auftreten und die
Kundenbeziehung schwächen. Es dauert oft länger, sich kurz zu fassen, als alle Fakten hintereinander aufzureihen. Die Auswahl der wichtigen Fakten und die Entscheidung, Überflüssiges wegzulassen, kostet zusätzliche Zeit. In Hinblick auf den Verkaufserfolg ist es allerdings der Mühe wert. Wenn Sie einen Produktkatalog verschicken, markieren Sie vorher die Seiten mit den Angeboten, die für die jeweiligen Kunden besonders interessant sind und weisen Sie mit einer persönlichen Notiz auf dem
Deckblatt darauf hin.
Überprüfen Sie auch Ihre Powerpoint-Präsentationen auf TMI. Wenn Sie zu ausführlich werden, kürzen Sie und schreiben die Details stattdessen in ein Handout, das
Sie nach Ihrem Vortrag verteilen.
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3.4 Unterstützungstechniken
3.4.1 Aktives Zuhören
Diese Situation kennt jeder Verkäufer: Der Kunde beginnt zu reden, und einige Sekunden später ertappt man sich dabei, wie man schon an das nächste Meeting
denkt, an den Stau auf der Autobahn oder an sein Abendessen. Das ist nicht verwunderlich: Die meisten Menschen sprechen mit einer Rate von 160 bis 200 Wörtern
pro Minute. Das menschliche Gehirn kann aber leicht die vier- oder fünffache Menge
an Wörtern verarbeiten – und das bedeutet, dass man ohne Schwierigkeiten während des Zuhörens auch andere Dinge denken kann. Das Problem: Ihr Gegenüber
wird es bemerken, wenn Sie mit Ihren Gedanken woanders sind, und ist irritiert oder
beleidigt. Keine guten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Abschluss.
Gutes Zuhören ist wichtig: Einem guten Zuhörer hört man auch selbst gerne zu. Zuhören schafft Vertrauen. Aber effektives Zuhören ist harte Arbeit und erfordert echte
Konzentration. Hier sind einige Tipps, mit deren Hilfe auch Sie zu einem guten Zuhörer werden.
Nicht zu schnell antworten: Gewöhnen Sie sich an, zwischen der Frage Ihres
Gegenübers und Ihrer Antwort eine Pause von wenigstens zwei Sekunden zu
machen – auch wenn Sie die Frage schon hundertmal gehört haben. Die Pause
zwingt Sie, sich die Frage noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Vor allem aber zeigt die Pause Ihrem Gesprächspartner, dass Sie zugehört und nachgedacht haben und nicht mit vorgefertigten Antworten zu ihm gekommen sind.
Konzentrieren Sie sich: Zwingen Sie sich, sich bei jedem Gespräch neu zu fokussieren. Bewahren Sie sich eine offene und vorurteilsfreie Einstellung über den
Kunden. Denken Sie daran, dass jeder Kunde anders ist.
Zuhören heißt auch Fragen: Aktives Zuhören und Nachfragen sind zwei Seiten
einer Medaille. Offene Fragen ermutigen den Gegenüber, mehr preiszugeben.
Fragen wie „Habe ich Sie richtig verstanden, dass...“ helfen nicht nur, Dinge besser zu verstehen. Sie zwingen Sie auch automatisch zum besseren Zuhören.
Notizen machen: Im Verkaufsgespräch helfen Notizen dabei, am Ball zu bleiben
– zugleich signalisieren Sie damit Ihre Aufmerksamkeit. Aber übertreiben Sie es
nicht mit den Aufzeichnungen: Wer die ganze Zeit mitschreibt, wirkt eher wie ein
Student als ein professioneller Verkäufer.
Augenkontakt und Körpersprache: Aktives Zuhören erfordert Augenkontakt.
Eine bewährte Technik ist es, nach einem wichtigen Argument kurz wegzuschauen und dann den Augenkontakt wieder zu suchen. Aber Vorsicht: Fixieren Sie Ihren Gesprächspartner nicht andauernd. Ebenso wichtig: Signalisieren Sie durch
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Nicken, Vor- bzw. Zurücklehnen und mit Ihren Händen, dass Sie voll bei der Sache sind.
Das Wichtigste: Zeigen Sie Empathie – versuchen Sie, sich in den Kopf des
Kunden hineinzuversetzen. Nur mit Einfühlungsvermögen können Sie die richtigen Fragen stellen und den Kunden ermutigen, über seine Herausforderungen zu
sprechen. Je mehr sich der Kunde öffnet, desto leichter können Sie eine vertrauensvolle Grundlage für den Abschluss schaffen.
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3.4.2 Präsentation: Konzeption, Dramaturgie und Medien
1. Konzeption von Präsentationen
Im Dickicht der unzähligen Variablen, die die Vertriebsarbeit prägen, ist es umso
wichtiger, alle diejenigen Punkte perfekt vorzubereiten, die überhaupt planbar sind.
Deshalb sollten Vertriebsmitarbeiter im Allgemeinen und Verkäufer im Besonderen
ihr Kerngeschäft – die gelungene Produktpräsentation – gründlich planen.
Handwerkliche Grundlagen
Zunächst lassen sich verschiedene Planungsphasen unterscheiden: die Vorentscheidung über thematische Schwerpunkte, Zielgruppenanalyse etc., organisatorische Fragen wie Raum, Zeit, Medien, Vorlagen usw., konzeptionelle Aspekte wie
Struktur und Dramaturgie und Fragen der Interaktion mit dem potenziellen Kunden,
z. B. Moderation, Diskussion, Einwandbehandlung usw.
Ein Vertriebsmitarbeiter hält im Jahr geschätzte 30 Präsentationen. Allerdings unterscheiden sie sich oftmals nur minimal, weil sie auf eine Standardfassung zurückgehen, die nur an das jeweilige Publikum angepasst wird. Dass bei einer solchen Vorgehensweise die Resultat häufig nicht begeistern kann, ist leicht einzusehen. Deshalb sollten Vertriebler begreifen, dass die Standardisierung ihrer Präsentation nicht
die Inhalte, sondern eine methodisch einwandfreie Vorgehensweise betrifft. Ein Beispiel: Eine gute Einleitung gehört zum Grundbestand einer erfolgreichen Präsentation. Viele Vertriebsmitarbeiter aber beziehen diese bekannte Regel auf den Inhalt
ihrer Rede und sagen zu Beginn immer dasselbe unabhängig davon, egal wen sie
vor sich haben und was sie verkaufen wollen.
Schritte auf dem Weg zu einer gelungenen Präsentation
Dimensionen einer Präsentation
Eine Präsentation ist zum Leidwesen vieler Verkäufer kein Gespräch. Von Ihnen allein wird erwartet, das Sie mithilfe strukturierter Gedanken, Argumente und medialer
Hilfsmittel (Beamer etc.) Ihre Zuhörer überzeugen. Sollten sich anschließend oder
währenddessen Fragen ergeben, sind immer Sie der erste Ansprechpartner und Mo-
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derator für Ihre Sache. Gerade diese exponierte Rolle macht Sie automatisch verdächtig, Ihren Verhandlungspartnern Ihr Produkt unbedingt aufdrängen zu wollen.
Um aus dieser vertrackten Lage herauszukommen, sind vielfältige psychologische
Mechanismen zu bedenken. Daneben gilt es zu beachten, welchem dramaturgischen
Drehbuch Ihre Präsentation folgen soll, welche Technik das Gesagte sinnvoll untermauern kann, ohne davon abzulenken usw.
Klassische Fehler
Einfacher als eine direkte Definition dessen, was eine gelungene Präsentation ausmacht, ist der negative Weg, d.h. eine Aufstellung möglicher Fehler, die Ihnen keinesfalls unterlaufen sollten:
In der Vorbereitungsphase:
Ihnen wird kein eigener Tagesordnungspunkt zugestanden, sondern Sie firmieren
unter „Sonstiges“.
Der für Sie vorgesehene Zeitpunkt liegt ungünstig, beispielsweise am späten
Nachmittag oder direkt nach der Mittagspause.
Die Präsentation wird nicht an das jeweilige Publikum angepasst. Schlimmstenfalls findet sich auf dem Deckblatt Ihrer Präsentation sogar ein falscher Ansprechpartner.
Sie gehen naiverweise davon aus, dass alle Anwesenden die vorab gesendeten
Informationsunterlagen bereits genau studiert haben.
Während der Präsentation:
Ihr Einstieg reißt niemanden mit. Auch später schaffen Sie keinen geschlossenen
Spannungsbogen.
Sie sprechen monoton, schauen zu selten auf und verhaspeln sich womöglich.
Ihre Körpersprache steht im Gegensatz zum Gesagten.
Ihre Nutzenargumentation ist wenig prägnant.
Sie reagieren ungehalten auf Zwischenfragen und Einwände.
Ihre Zielsetzung ist nicht vollends klar.
Sie wiederholen zu lange eigentlich schon Bekanntes und gehen nicht auf tatsächliche Neuigkeiten ein.
Sie beherrschen den souveränen Umgang mit Ihren technischen Hilfsmitteln
nicht (Beamer, Laptop, Flipchart) oder Sie verwenden die falsche Technik (Overhead-Projektor mit Folien, obwohl ein Beamer zur Verfügung steht).
Die technische Qualität Ihrer Medienpräsentation (Bildauflösung, Lesbarkeit
usw.) ist nicht zufriedenstellend.
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Die Kommunikation lässt sowohl auf der verbalen (Eloquenz, Rhetorik) als auch
auf der nonverbalen Ebene (Gestik, Mimik) zu wünschen übrig.
Insgesamt verhandeln Sie nicht mit Ihrem Gesprächspartner in Augenhöhe, sondern fühlen sich über- oder unterlegen.
Ihre Reaktion auf Einwände oder auf unerwarteten Diskussionsbedarf und Widerstände ist nicht souverän.
Sie überschreiten die Ihnen zugestandene Präsentationszeit.
Wichtige Fragen
Ein Produkt ohne Präsentation ist wie ein Bild ohne Rahmen. Es lässt sich nicht gut
transportieren und schaut schlechter aus. Auch Ihre Präsentation will umsichtig eingerahmt sein, damit sie entsprechend ankommt. Um nicht in die genannten Fallen zu
tappen, ist es notwendig, dass Sie sich von zwei klaren Strategien leiten lassen, deren Befolgung bereits viele Fehlerquellen im Keim eliminiert: einer vernünftigen Zielgruppenanalyse und einer ebenso umsichtigen Zielplanung. Je mehr Sie über die
Teilnehmergruppe Ihrer Präsentation wissen, desto zielgerichteter können Sie sich
auf sie einstellen. Leitfragen sind in diesem Zusammenhang:
Wer hört zu?
Welche internen Hierarchien (Entscheidungskompetenzen, eventuelle Antipathien) gilt es zu beachten?
Was wissen die Zuhörer über Sie?
Welche Vorkenntnisse über das Thema gibt es bereits? Welche Fragen werden
Ihnen vermutlich gestellt?
Welchen Nutzen erwarten die Teilnehmer von Ihrem Produkt?
Auf welche Einwände und Widerstände müssen Sie vermutlich reagieren?
Sind unauflösbare Interessenskonflikte möglich (Notfallplan für einen „geordneten
Rückzug“ bereit halten!)?
Wovon sollten die Teilnehmer am Ende Ihrer Ausführungen überzeugt sein?
Welchen abschließenden Slogan können Sie Ihnen der besseren Erinnerung wegen mit auf den Weg geben?
Ihre Ziele – was wollen Sie eigentlich erreichen?
Bei der Ausarbeitung Ihrer Zielsetzung leistet die „SMART-Formel“ gute Dienste:
S – Ziele müssen spezifisch sein.
M – Ziele müssen messbar sein.
A – Ziele müssen für alle Seiten annehmbar sein.
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R – Ziele müssen realistisch sein.
T – Ziele müssen das richtige Timing haben (Nahziele vs. Fernziele).
Neben den so zusammenzufassenden offiziellen Zielen haben Sie natürlich auch
persönliche (Abschlussgratifikation, Beförderung usw.), die zwar nicht publik werden
sollten, Ihnen aber die Wichtigkeit Ihrer Präsentation klar vor Augen führen können.
2. Dramaturgie von Präsentationen
Ein gutes Verkaufsgespräch lebt nicht allein von der Atmosphäre, die Sie herzustellen in der Lage sind, oder von der Auswahl und Gewichtung Ihrer Argumente, sondern es lebt auch von einer schlüssigen und in sich abgerundeten Dramaturgie. Ohne einen solchen roten Faden wirken auch die überzeugendsten Argumente irgendwie fehl am Platz und werden ihre gewünschte Wirkung kaum erzielen. Achten sie
also auf die Strukturierung Ihrer Argumente und die Dramaturgie ihres Ablaufs.
Die Strukturplanung
Als eines der besten und auch einfachsten Gliederungsmöglichkeiten für das Verkaufsgespräch hat sich – wie übrigens auch für Anschreiben, Argumentationen und
Abhandlungen – der Dreischritt in Einleitung, Hauptteil und Schluss bewährt. Die
meisten Vertriebsmitarbeiter verfahren mehr oder minder unbewusst nach dieser
Regel. Wichtig ist es, die einzelnen Gliederungspunkte nicht allzu fein aufzuschlüsseln. Nach Meinung von Experten reichen zwei bis fünf Hauptpunkte für jede Kategorie vollkommen aus. Sinnvoll ist es, gerade bei komplexen Zusammenhängen die
Zuhörer zu Beginn des Vortrags über diesen Plot in Kenntnis zu setzen. Das lässt
Sie kompetent und bestens präpariert erscheinen und erhöht zudem die Konzentrationsfähigkeit Ihres Publikums. Ein einfacher Trick hilft Ihnen, diesen Effekt noch zu
verstärken. Wenn Sie einen Satz mit „erstens ...“ beginnen, wartet Ihr Gegenüber
automatisch auf ein „zweitens ...“, dadurch folgt er Ihren Gedankengängen vergleichsweise mühelos und stellt vielleicht vorhandene Widerstände zunächst zurück.
So sorgen Sie gewissermaßen selbst dafür, dass man Sie ausreden lässt. Auch die
Visualisierung dieses Ariadnefadens Ihrer Argumentation verstärkt die Aufnahmebereitschaft Ihres Auditoriums. Während Ihre Präsentation beispielsweise durch eine
Powerpoint-Präsentation begleitet wird, hilft Ihnen eine einfache Flip-Chart-Skizze
oder eine Kurzübersicht, die Sie zuvor verteilt haben, immer wieder den Punkt anzugeben, an dem Sie sich gerade argumentativ befinden.
Die Gewichtung von Einleitung, Hauptteil und Schluss
Rein zeitlich gesehen sollte das Verhältnis zwischen diesen Redebausteinen etwa 15
Prozent: 75 Prozent : 10 Prozent betragen. So erwarten es intuitiv auch Ihre Zuhörer.
Wenn Sie also z. B. bereits 10 Minuten auf die Einleitung verwenden, Ihnen aber nur
eine Gesamtredezeit von 20 Minuten zur Verfügung steht, merken versierte Kunden,
dass Sie „schwimmen“. Bereiten Sie deshalb vor allem den Beginn Ihres Vortrags gut
vor und fassen Sie sich zu Beginn und am Ende möglichst kurz.
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Die Einleitung
Neben der bereits erwähnten Gliederung des Vortrags eignen sich verschiedene Einleitungen, je nach dem Eindruck, den Sie erzielen wollen:
Ernste Einleitungen sollten Sie nur verwenden, wenn es sich tatsächlich um einen ernsten Anlass handelt oder Sie z. B. aufgrund des zu verkaufenden Produkts davon abhängig sind, als besonders seriös wahrgenommen zu werden.
Humorvolle Einleitungen, die womöglich auf persönlichen, selbstironisch vorgetragenen Ereignissen basieren, eignen sich als schnelle Eisbrecher. Achten Sie
allerdings auf Realitätsnähe und vermeiden Sie Slapstick!
Einleitungen durch ein Zitat lassen Sie als kompetenten Kenner der Materie erscheinen, vorausgesetzt die ausgewählte Passage passt tatsächlich zu Ihrer
Präsentation und wirkt nicht oberlehrerhaft.
Einleitungen mit Bezug zu einem aktuellen Ereignis sind eine neutrale, aber
durchaus gute Wahl. Sie schaffen einen Gegenwartsbezug und erhöhen die
Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörer, weil Sie einen konkreten Nutzen erwarten lassen.
Einleitungen mit einer (rhetorischen) Frage sind eine elegante Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu wecken, ohne Widerspruch heraufzubeschwören.
Einleitungen durch anschauliche Demonstrationen eignen sich nur in seltenen
Fällen, dann aber sind sie in ihrer Wirkung kaum zu überbieten.
Der Hauptteil
Achten Sie im Hauptteil Ihrer Präsentation in jedem Fall darauf, dass Ihre Argumente
nicht nur aufeinander, sondern auch auseinander folgen sollten. Hilfreich kann es
außerdem sein, sich auf einige Hauptpunkte zu beschränken. Machen Sie sich klar,
dass Sie ohnehin nicht alles werden sagen können und nutzen Sie die Chance,
durch die Selektion die berücksichtigten Inhalte als besonders wichtig herauszustellen. Streichen Sie also großzügig und bedenken Sie, dass man nach dem so genannten Pareto-Prinzip mit 20 Prozent der Worte 80 Prozent der Aussagen treffen
kann. Jeder Überschuss überfordert im Grunde nur die Aufnahmemöglichkeiten des
Auditoriums. Ordnen Sie deshalb bei der Stoffsammlung Ihre Argumente nach vier
Kriterien: 1. das Wesentliche (40-50 Prozent), auf das Sie keinesfalls verzichten
könnten, 2. das Wichtige (15-25 Prozent), auf das Sie notfalls verzichten könnten, 3.
die Würze (5-15 Prozent), die Ihren Vortrag abrundet und interessant macht, sowie 4.
Hintergrundinformationen (20-30 Prozent), die Sie sich für die anschließende Diskussion zwar klar machen sollten, die aber nicht zum Kernbereich Ihres Vortrags gehören.
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Der Spannungsbogen
Bei der Auswahl der passenden Spannungsbögen zur Feingliederung Ihres Hauptteils stehen Ihnen im Wesentlichen vier Alternativen zur Verfügung:
Die dramaturgische Reihe beginnt bei vergleichsweise neutralen Argumenten,
bietet einen kurzen Blick auf Nebenargumente und dringt ersten gegen Ende zum
Hauptargument vor. Nachteil: Sie müssen die Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörer bis
zum Ende fesseln.
Bei der Durchbruchsstrategie nennen Sie zuerst die wichtigen, dann die unwichtigen Argumente. Nachteil: Meist bleibt das zuletzt Genannte am längsten haften.
Der Argumentenkette haben Sie dann zu folgen, wenn die Reihenfolge Ihrer Argumente bereits vorab feststeht (Alphabet, geografische Reihenfolge o.ä.). Nachteil: Die absehbare Reihenfolge kann sehr ermüdend wirken.
Die Pro-und-Contra-Taktik hat den Vorteil, wesentliche Einwände bereits vorwegnehmen zu können. Empfehlenswert ist die Abfolge positiv – negativ – positiv,
weil das Ende am besten erinnert wird. Nachteil: Sie nehmen sich die Möglichkeit,
diese Einwände in der Diskussion wirksam zu kontern.
Dramaturgie der Argumentation
Der Schluss
Gegen Ende sollten Sie die zentralen Punkte Ihrer Argumentation nochmals zusammenfassen und auf die gegenwärtige Situation Ihrer Kunden übertragen. Das fällt
Ihnen umso leichter, je stärker Sie im Hauptteil Ihrer Präsentation auf den konkreten
Praxisnutzen für Ihre Zuhörer eingegangen sind. Zuletzt bedanken Sie sich für die
Aufmerksamkeit und stellen sich den kritischen Nachfragen.
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3. Die richtigen Präsentationsmedien
Gelungene Präsentationen leben nicht nur vom Inhalt, sondern auch vom Stil Ihres
Vortrags und der Art Ihres Auftritts. Dazu gehört auch der souveräne Umgang mit
den von Ihnen ausgewählten Präsentationsmedien. Doch welche technischen Hilfsmittel gibt es und welche sind sinnvoll? Wie führt man als Moderator durch die einzelnen Charts (Bildfolien) und bindet sie so ein, dass sie Zuhörer überzeugen und
nicht zusätzlich verwirren?
Zur Bedeutung des Sehens
Zwar zeigen zahlreiche Umfragen, dass viele Vertriebsmitarbeiter mittlerweile routiniert mit Beamer und Laptop, Flipchart und Handout jonglieren, dass sie sich aber
allzu selten Gedanken darüber machen, was sie da „an die Wand werfen“. Dabei
kann dessen Bedeutung gar nicht überschätzt werden: Der Mensch ist ein „Sehtier“.
Das Auge ist unser primärer Wahrnehmungskanal. Experten gehen davon aus, dass
man etwa zehn Prozent dessen behält, was man liest, 20 Prozent dessen, was man
hört, aber immerhin 30 Prozent dessen, was man sieht. Verzichten Sie deshalb nicht
auf die positiven Einflussmöglichkeiten durch eine visuelle Präsentation, die komplizierte Sachverhalte grafisch zusammenfasst, ohne sie unzulässig zu vereinfachen.
Außerdem bietet diese Darstellungsform Ihnen noch weitere Vorteile, denn Sie verkürzen die Vortragszeit und Sie vermindern außerdem die Gefahr eines „Blackouts“,
wenn Sie Ihre Präsentation als Stichwortgeber nutzen.
Die Auswahl der Medien
Dass Visualisierungen in modernen Präsentationen unverzichtbar sind, ist weithin
unbestritten. Aber welche Medien sind für welche Präsentationen geeignet?
Beamer und Laptop eignen sich immer dann, wenn Präsentationen besonders
ausführlich sein sollen oder die Funktionsweise bzw. der Kundennutzen einzelner
Produkte kompliziert zu beschreiben sind. Als etwas veraltete Alternative eignen
sich auch Overhead-Projektoren, um einzelne Charts (Bilder) aufzulegen.
Flipcharts können – auch in Kombination mit einer Beamer-Präsentation – für einfachere Zusammenhänge genutzt werden. Besonders wirksam ist es, wenn Sie
Ihre Gedankengänge live auf dem Flipchart festhalten und bestimmte Zusammenhänge durch Pfeile kennzeichnen. Wenn Sie sich in dieser Art „in den Kopf
gucken lassen“, hat der Zuhörer das Gefühl, Ihre Argumente unmittelbar nachzuvollziehen.
Handouts geben Ihren Zuhörern die Möglichkeit, Ihre Präsentation mitzuverfolgen
und selbstständig vor- oder zurückzublättern. Je komplexer aber die Handouts
verfasst sind, desto schwieriger ist es, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu erhalten.
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Klassische Fehlerquellen – und wie Sie vermieden werden
Es werden Standardpräsentationen verwendet, die den Kunden irritieren, weil er
sich fragt, warum sein Informationsbedarf nicht individuell gedeckt wird. Besser:
Sie verfügen aufgrund einer genauen Zielgruppenanalyse über detaillierte Kenntnisse über den speziellen Zuhörerkreis und dessen Belange. Bedenken Sie, dass
nackte Informationen z. B. über Ihre Firma uninteressant sind, wenn sie nicht mit
einem Mehrwert für den Kunden verknüpft sind. Um den speziellen Nutzen für
den Kunden zu unterstreichen, verwenden Sie möglichst die direkte Ansprache.
Die einzelnen Charts sind überladen, unübersichtlich und zu textlastig. Besser:
Beschränken Sie sich auf das absolut Nötigste, formulieren Sie Stichpunkte statt
Texte, kurz: geben Sie dem Bedürfnis, alle Details erläutern zu wollen, nicht nach
– Sie haben ja durch Ihren mündlichen Vortrag ausreichend Gelegenheit, das
Gezeigte zu ergänzen.
Die Charts wechseln zu schnell. Besser: Erstellen Sie weniger Charts, die Sie
länger liegen lassen. Eine Faustregel von etwa zwei Minuten pro Chart hat sich
bewährt.
Die Charts werden gar nicht in den Vortrag eingebunden, sodass der Kunde keinen Zusammenhang zwischen Bild und Vortragstext erkennen kann. Besser:
Führen Sie Ihre Zuhörer aktiv durch die einzelnen Charts und nutzen Sie so die
Chance, sie über zwei Kanäle anzusprechen und dadurch ihre Aufmerksamkeit
und ihre Zustimmungsbereitschaft zu erhöhen. Dabei helfen Ihnen folgende
Tipps:
Die Einbindung der Charts
Um souverän durch einen Chart zu führen, empfehlen sich zwei Regeln:
Die VWLE-Regel (denken Sie einfach an einen schwäbischen VW!) besagt
V – Vorankündigung: bei noch leerem Bildschirm kündigen Sie das nächste Bild
an. So ziehen Sie die Aufmerksamkeit auf sich und garantieren gleichzeitig flüssige Überleitungen.
W – An die Wand-Werfen des neuen Bildes.
L – kommentarloses Liegengelassen des Bildes für kurze Zeit (ein bis zwei Sekunden), damit Ihre Zuhörer sich kurz auf die neue Situation einstellen können.
E – Erläuterung des Charts.
Um den Chart zu erläutern, hilft Ihnen ebenfalls eine Regel, die 3-T-Regel:
Touch – Berühren Sie einen wichtigen Punkt des Charts.
Turn – Drehen Sie sich wieder zu Ihrem Publikum um.
Talk – Erläutern Sie den Chart und sehen Sie dabei Ihre Zuhörer an (Schritte 79).
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Mediensicher präsentieren
Auf diese Weise sprechen Sie nie ohne Blickkontakt zum Publikum, weisen aber
trotzdem auf das Bild hin und binden es in Ihre Präsentation ein. Verzichten Sie darauf, die Texte vom Bild einfach abzulesen, aber versuchen Sie, Ihre Wortwahl in
etwa an der des Charts zu orientieren. Inhaltlich sollte Ihrer Interpretation des Charts
(„Sie sehen einen positiven Entwicklungsschub um das Jahr 2001 ...“) eine Zusammenfassung folgen („Die Gründe dafür lagen bei einer strategischen Neuorientierung
...“), die in einem Ausblick endet, der idealerweise in einen neuen Chart überleitet
(„Um wieder zu solchen Ergebnissen zu gelangen, müssen wir auch im nächsten
Jahr ...“).
Die Erstellung des Charts
Gerade bei Grafiken ist Übersichtlichkeit vorrangig. Detailverliebtheit fällt hier nur unangenehm auf. Beachten Sie also:
keine Wiederholungen von überflüssigen Einheiten wie Millionen, Liter usw., lieber einmal „in Mio. Euro“ schreiben,
keine optische Effekthascherei wie dreidimensionale Blöcke, wo zweidimensionale Linien reichen würden,
klar unterscheidbare Farben, jedoch nicht mehr als drei pro Chart,
prägnante Überschriften,
Beachtung der Leserichtung (von links nach rechts, von oben nach unten),
Schlagwörter statt Sätze und einfache Symbole (Pfeile, Kreise) usw.
sachlich wirkende und ausreichend große Schriftart (z. B. Arial).
Auch wenn Ihnen kein Laptop zur Verfügung stehen sollte und Sie auf OverheadFolien oder Handouts ausweichen müssen, gelten dieselben Regeln: Übersichtlichkeit, strikte Auswahl der angesprochenen Details, optische Klarheit und kurze Texterläuterungen.
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3.4.3 Stimmeinsatz: So setzen Sie Ihre Stimme gekonnt ein
Wie wohl Brahms Violinkonzert auf einer Plastikgeige klingt? Scheußlich vermutlich.
Und doch halten viele die Stimme, mit der Sie vortragen, für bloß schmückendes
Beiwerk Ihrer Verkaufsfähigkeiten. Dabei liegt es häufig an der schwachen Vermittlung, dass ein starker Inhalt nicht so ankommt wie er sollte. Stimmschwachen Menschen kann durch ein gezieltes Stimm- und Sprechtraining geholfen werden, um dem
Verkaufsgespräch mehr Nachhaltigkeit zu verleihen.
Unwiderstehliche Signale
Die Stimme gehört untrennbar zum Erscheinungsbild des Menschen. Sie hat deutlich
mehr Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen als gemeinhin angenommen.
Dass die Stimme ein wichtiges Instrument zur Beeinflussung von Wahrnehmungen
ist, wird von Sprechtrainern bereits seit Jahren vertreten. Eine dunkle Stimme signalisiert beispielsweise Souveränität und Kompetenz, ein hohes Stimmchen das Gegenteil. Doch nicht jeder Mensch verfügt über eine solche „Idealstimme“. Hier setzt
professionelles Sprechtraining an. Es hilft Ihnen, das Potenzial Ihrer Stimme zu entdecken und sowohl im Berufs- als auch im Privatleben zu nutzen. Dabei geht es nicht
darum, die eigene Stimme im Sinne einer Idealvorstellung zu verändern. Dies wird
nur den wenigsten Menschen gelingen und ist überdies mit Blick auf die authentische
Wirkung ein äußerst fragwürdiges Vorhaben.
Der Schlüssel für den erfolgreichen Einsatz der eigenen Stimme: Sie müssen sie der
jeweiligen Situation anpassen. Erhöhen Sie ihre Qualität, nicht indem Sie eine bestimmte Stimmlage zu erreichen versuchen, sondern indem Sie vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten schaffen. Wenn Sie lernen, Höhe und Tiefe zu variieren, Kopfund Bruststimme einzusetzen sowie laut und leise zu sprechen, werden Sie Ihre Zuhörer sehr viel leichter fesseln und für sich gewinnen können. Das Stimmvolumen
nimmt durch Anstrengung nicht zu, sondern ab. Wollen Sie mithilfe Ihrer Stimme Ziele durchsetzen, so müssen Sie also möglichst entspannt sein. Wenn es Ihnen gelingt, interessante Inhalte mit einer entspannten Grundhaltung zu verbinden, wird
eine angenehme Gesprächsatmosphäre entstehen, in der man Ihnen gern zuhört.
Die Wirkung der Stimme kennen
Ob Sie wollen oder nicht – Ihr Gegenüber schließt aus dem Klang Ihrer Stimme auf
Ihren Charakter. Eine tiefe, sonore Stimme lässt beim Zuhörer häufig den Eindruck
einer ausgeglichenen, selbstbewussten und kompetenten Person entstehen. Wer
eine hohe, dünne Stimme hat, wird hingegen eher als unsicher und inkompetent angesehen. Aufgrund dieser Wahrnehmungsmuster, die von Wissenschaftlern auf archaische Reflexe zurückgeführt werden, sind Menschen mit hoher, dünner Stimme
im Berufsleben benachteiligt. So senkte beispielsweise die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher ihre Stimme mit professioneller Hilfe dauerhaft um
mehr als eine halbe Oktave.
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Die Macht der Stimme
Die richtige Stimmlage
Zunächst müssen Sie die Indifferenzlage Ihrer Stimme finden, d.h. die Stimmhöhe,
mit der Sie mühelos längere Zeit sprechen können. Sie können dazu einen einfachen
Trick anwenden: Stoßen Sie einen Seufzer der Erleichterung auf „mmm“ aus. Zu
dem Ton, der dabei entsteht, sollten Sie während des Sprechens immer wieder zurückkehren.
Die Entfaltung der Stimme
Wichtig ist auch, dass sich Ihre Stimme entfalten kann. Die Stimme ist ein Spiegelbild
unserer emotionalen Verfassung. Bei Ärger beispielsweise schlagen die Stimmlippen
sehr abrupt zusammen, was die Stimme gequetscht klingen lässt. Angst zeigt sich
auf ähnliche Weise: Die Spannung im Körper überträgt sich auf die Kehlkopfmuskulatur, die Stimme wird höher und nimmt monotonen Charakter an. Der in solchen Situationen häufig unternommene Versuch, der Stimme durch Druck und Anspannung
einen festen Klang zu geben, führt genau zum Gegenteil.
Das Zusammenspiel der Sprechwerkzeuge
Die Stimme kann sich nur dann optimal entfalten, wenn die Sprechwerkzeuge miteinander harmonieren. Die wichtigsten sind Atmung, Kehlkopf und Körperhaltung.
Sprechen ist eine Spezialfunktion unserer Atmung. In Stresssituationen wird die natürliche Atmung gestört, wir beginnen zu keuchen oder zu hecheln. Ziel der Stimmbildung muss es sein, die Atmung effizient einzusetzen. Die Zwerchfellatmung ist
besonders wichtig, da sie eine wohldosierte Luftzufuhr zum Kehlkopf ermöglicht. Sie
können sie üben, indem Sie sich z. B. auf den Rücken legen und eine Hand auf Ihrem Bauch platzieren. Wenn Sie richtig atmen, bewegt sich die Hand beim Einatmen
nach oben, und beim Ausatmen sinkt sie wieder nach unten. Eine entspannte Atmung erhöht Ihre innere Beweglichkeit, Sie fühlen sich frischer, können emotionale
Spannungen abbauen und sich besser artikulieren.
Der Kehlkopf: Für die Stimmerzeugung ist der Kehlkopf das zentrale Organ. Er
funktioniert im Grunde wie eine Orgelpfeife. Die Luft aus den Lungen versetzt die
Stimmritze (deren elastische Ränder als Stimmbänder bezeichnet werden) in
Schwingungen. Nun selbst vibrierend, steigt sie durch die Resonanzkammern von
Mund und Nase auf und erhält durch Gaumen, Zunge, Lippen und Zähne eine be-
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stimmte Klangform. Vom Zusammenspiel der Stimmbänder und dem ausgestoßenen
Luftstrom hängen Intensität und Höhe des erzeugten Tones ab.
Um den Kehlkopf optimal auf eine Rede vorzubereiten, müssen Sie für ausreichende
Feuchtigkeit sorgen. „Geschmiert“ klingt Ihre Stimme besser, und Sie wirken stressbedingter Austrocknung des Mundes entgegen. Wichtig ist, dass Sie wenig Kaffee,
Tee oder Cola zu sich nehmen, denn koffeinhaltige Getränke trocknen ebenso wie
bestimmte Gewürze (Pfeffer, Salz, Curry) den Körper aus. Auch Zigaretten wirken
sich auf die stimmfördernde Schleimproduktion ungünstig aus. Der Körper benötigt
nach dem Genuss einer Zigarette mehrere Stunden, um den optimalen Feuchtigkeitsgrad im Kehlkopf wiederherzustellen.
Außerdem müssen Sie auf ausreichende Luftfeuchtigkeit im Vortragsraum achten.
Sammeln Sie vor dem Sprechen in der Mundhöhle Speichel. Beim Schlucken von
Speichel gelangt nämlich – anders als beim Trinken von Flüssigkeiten – auch eine
kleine Menge unter den Kehldeckel, sodass Ihr Kehlkopf ausreichend befeuchtet
wird. Störungen und Erkrankungen des Kehlkopfes sollten Sie ernst nehmen, denn
sie können unbehandelt zu Problemen führen, die Sie so schnell nicht wieder loswerden. Frühsymptome einer Störung Ihrer Stimme sind die rasche Ermüdung der
Stimmbänder, Halskratzen, ein verringerter Stimmumfang und Halsverspannungen.
Gewohnheitsmäßiges Räuspern sollten Sie unbedingt vermeiden, denn es belastet
Ihre Stimmbänder unnötig.
Die Körperhaltung: Beim Training Ihrer Stimme geht es auch um die richtige Körperhaltung. Sorgen Sie für festen Stand („Erdung“), leicht angewinkelte Knie, eine
flexible Hüfte und eine gerade gehaltene Wirbelsäule. Achten Sie darauf, dass Ihre
Schultern und Ihr Nacken locker sind. Verspannungen in der Schultermuskulatur wirken sich unmittelbar auf die Stimme aus, die dann gequetscht klingt. Den Kopf sollten Sie gerade halten, um optimale Lautbildung zu erreichen.
Jede Stimme ist trainierbar. Stimmqualität hängt von den Ausdrucksmöglichkeiten
ab, nicht von bestimmten Stimmlagen. Setzen Sie hohe und tiefe Töne, Kopf- und
Bruststimme sowie die Lautstärke variabel ein. Durch Training können Sie viel erreichen – vorausgesetzt, Sie absolvieren es regelmäßig.
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3.4.4 Non-verbale Kommunikation: Mit Händen und Füßen zum Erfolg
„Ist was, Schatz?“ – „Nein, es geht mir hervorragend!“, sprach's und guckte dabei
vernichtend. Solche oder ähnliche Doppelbotschaften kennt fast jeder. Dass das
Nonverbale zu einer der wichtigsten Ebenen gehört, auf denen Kommunikation stattfindet, ist weitgehend unbestritten. Gerade beim Verkaufsgespräch kann die Beherrschung der Möglichkeiten nonverbaler Kommunikation wichtige Türen öffnen und so
manchen Vertragsabschluss herbeiführen, der sonst in weiter Ferne liegen bliebe.
Non-verbale Kommunikationskanäle
Es gehört zu den Selbstverständlichkeiten einer Ausbildung oder Einarbeitung im
Vertrieb, spezielle „sozialverträgliche“ Verhaltensmuster zu schulen, eine bestimmte
Kleidung
nahe
zu
legen
und
natürlich
Produktpräsentationen
oder
Einwandbehandlungen so lange zu üben, bis sie beherrscht werden. Im Gegensatz
zum Inhalt einer Kommunikation kümmern sich die meisten Vertriebsleiter oder Unternehmer allerdings viel zu selten um den Stil der Kommunikation. Experten unterscheiden verschiedene Ebenen nonverbaler Kommunikation:
auditive Elemente wie Sprachmelodie, Stimmfrequenz, besondere Betonungen
und Sprechgeschwindigkeit;
visuelle Elemente wie Mimik, Gestik und allg. Körpersprache;
taktile Elemente wie Körperkontakt (Händedruck);
olfaktorische Elemente wie Körpergeruch;
thermale Elemente wie Körperwärme;
gustatorische Elemente wie Geschmack.
Die ersten drei dieser Merkmale sind wichtiger als die letzten drei. Außerdem ist die
erste Gruppe bewusst steuerbar bzw. erlernbar, was bei den letzten drei Kriterien nur
in eingeschränktem Maße gilt. Umso größer sollte Ihre Aufmerksamkeit auf diejenigen Kriterien gerichtet werden, auf die man einen Einfluss ausüben kann. Perfektionieren Sie Ihre auditiven und visuellen Kommunikationsfähigkeiten. Denn Sachkompetenz allein reicht bei Weitem nicht mehr aus.
Theorie und Praxis
Vor allen in Märkten, in den Produkte und Preise weitgehend identisch sind, kann nur
ein emotionaler Zusatznutzen Ihre Kunden noch dazu bewegen, ein Produkt einem
anderen vorzuziehen. Empathie entsteht aber nur im persönlichen Gespräch – und
zwar nicht so sehr dadurch, was gesagt wird, sondern eher, wie es gesagt wird. Der
Grund dafür ist verhaltenstherapeutisch längst erforscht und vergleichsweise simpel:
ein emotionales Erlebnis aktiviert die Aufnahmebereitschaft des Zuhörers für Informationen. Anders formuliert: Emotional angesprochene Kunden sind viel eher bereit,
Angebot tatsächlich anzunehmen, als vergleichsweise teilnahmslose Kunden. Im Be-
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reich des Marketing gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten der Emotionalisierung
(Jugend, Frische, Eleganz, Freiheit usw.). Allerdings setzen sich diese Ansätze nur
selten bis in das konkrete Verkaufsgespräch fort. Dabei hilft es schon, sich in Bezug
auf fünf Punkte seiner Wirkung bewusst zu sein, um den Kunden gezielt zu emotionalisieren und zum Kauf anzuregen:
Nonverbale Kommunikation und ihre Wirkungen
Stimme
„Der Ton macht die Musik“, heißt es nicht zu Unrecht. In diesem Sinne gilt es,
Stimmmerkmale (Höhe, Volumen, Tempo, Betonung) und Stimmfunktionen (Pausen,
Lachen, Ernst) so auf Ihre Produktpräsentation abzustimmen, dass Ihre stimmlichen
Mittel Ihre Ausführungen unterstreichen. Als Faustregel gilt: Halten Sie niemals monotone Monologe, denn ein gelangweilter Zuhörer wird Ihnen niemals den Zuschlag
geben. Ein Beispiel: Wenn Sie ein Produkt für Kinder wie beispielsweise Kinderbesteck verkaufen, können Sie die Beschreibung der lustigen Tiermotive durchaus mit
hoher Stimme vermitteln, während Sie eher sachliche Attribute wie Sicherheit, Funktionalität usw. in mittlerem Tempo mit tieferer Stimme, mit anderen Worten sachlich,
vortragen. Eine solche Differenzierung macht Ihren Vortrag glaubwürdiger und Ihr
Kunde wird sich von eben dieser Glaubwürdigkeit beeindrucken lassen.
Blickkontakt
Auch die Bedeutung des Blickkontaktes ist unumstritten. Empirische Untersuchungen
belegen, dass die Kaufbereitschaft steigt, je länger und intensiver der Käufer vom
Verkäufer angeblickt wurde. Man unterscheidet zwei Arten, den Blick bewusst einzusetzen: die aktive und die passive. Vor allem der passive Blickkontakt ist wichtig, weil
er eine vertrauensvolle Atmosphäre schafft. Schauen Sie Ihrem Gegenüber also vor
allem dann in die Augen, wenn er spricht. Andernfalls hat er nämlich das Gefühl, seine Meinung interessiere Sie nicht. Aktiv lässt sich Ihr Blickkontakt als Effekt einsetzen: als Aufforderung für eine Nachfrage, als Bestätigung des soeben Gesagten und
Gehörten usw.
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Mimik
Eine Vielzahl von Muskeln im menschlichen Gesicht ermöglichen eine nahezu unbegrenzte Anzahl von Gesichtsausdrücken. Spielen Sie während des Gespräches mit
der Fähigkeit, bestimmte Passagen durch Ihre Mimik zu unterstreichen oder auch
bewusst in der Mimik Ihres Gegenübers zu lesen. Der Unwille beispielsweise des
potenziellen Käufers kann viel schneller zerstreut werden, wenn Sie sagen: „Ihrem
Gesichtsausdruck entnehme ich, dass Sie sich dabei nicht wohl fühlen – darf ich Ihnen diesen Zusammenhang noch einmal erläutern?“ Gleichzeitig können Sie sich
selbst eine bestimmte Mimik antrainieren. Das einfachste Mittel: Lächeln Sie öfter,
das macht Sie sympathischer!
Gestik und Körperhaltung
Gesten können Ihre Ausführungen effektiv unterstreichen, andererseits sind sie sehr
verräterisch. Wenn Sie nervös auf einem Stift herumkauen, kann Ihr Vortrag noch so
professionell wirken, er wird in den seltensten Fällen die gewünschte Wirkung erzielen. Gleiches gilt für einen entsprechenden Abstand zu Ihrem Gesprächspartner. Im
Stehen sollte es etwa eine Armeslänge sein – mehr bedeutete Desinteresse, weniger
unangebrachte Vertraulichkeit. Beobachten Sie sich also selbst oder spielen Sie mit
einem Kollegen einmal ein Verkaufgespräch durch, um sich Ihrer Wirkung bewusst
zu werden. Zudem ist es wichtig, eventuelle kulturelle Eigenheiten Ihres Gesprächspartners zu berücksichtigen. Während Sie einem Amerikaner durchaus jovial auf die
Schulter klopfen dürfen, würde ein Japaner dies als absoluten Fauxpas empfinden.
Gegenständliche Kommunikation
Hinter diesem Begriff verbirgt sich der bewusste Einsatz bestimmter Hilfsmittel, die
bei Ihrem Gegenüber einen bestimmten Eindruck erzeugen. Ein dezenter Duft, gepflegte Fingernägel, eine warme Stimme und eine professionelle Ausstattung z. B.
mit Broschüren, Laptop, hochwertigem Schreibgerät (Füller statt Kuli!) usw. sorgen in
den meisten Branchen für einen stimmigen Eindruck und lassen Sie sympathisch
und kompetent erscheinen.
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3.4.5 Gesprächstaktik: Kontern und die Führung behalten
Die Beherrschung von Gesprächstechniken sind das A und das O erfolgreicher Geschäftsverhandlungen. Häufiger als man annehmen sollte, werden rhetorische Mittel
unfair eingesetzt, um den Gesprächspartner zu manipulieren. Nur wenn Sie die entsprechenden Taktiken erkennen, können Sie sich wehren – oder Sie selbst einsetzen.
Verhaltensfallen
Rhetorik ist erlernbar. Mit dem Wissen, wie Sie auch brenzlige Gesprächssituationen
entschärfen, werden Sie sich generell besser am Markt durchsetzen. Ein Beispiel: In
vielen Verhandlungen oder Diskussionen wird der Gesprächsgegner mit SieFormulierungen überhäuft: „Sie haben nicht zugehört“; „Sie haben doch gesagt, dass
...“. Diese Formulierungen schaffen eine aggressive Atmosphäre, häufig wird ohne
langes Nachdenken aus dem Bauch heraus mit gleichen Formulierungen gekontert.
Die Situation eskaliert. Eine bessere Strategie ist es, dieses Spiel nicht mitzuspielen
und bei Ich-Botschaften zu bleiben.
Damit nehmen Sie Ihrem Gegner schnell den Wind aus den Segeln. Wenn wir mit
unfairen Gesprächstaktiken konfrontiert werden, fallen wir oftmals in alte, unbewusste, in der Kindheit entwickelte Reaktionsmuster zurück. Solche Muster können z. B.
ein zorniger Ausbruch, ein unfaires rhetorisches Zurückschlagen oder ein beleidigtes
Verstummen sein. Folgende, teilweise auch unfaire Gesprächstaktiken sollten Sie
kennen, um in den entsprechenden Situationen souveräner reagieren zu können und
die Gesprächsführung zu behalten.
Wehren Sie sich gegen unfaire Gesprächstaktiken
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Die Pause als Vorwurf
Dieses Instrument eignet sich sehr gut, wenn Sie mit völlig überzogenen, unseriösen
Forderungen von Ihrem Gesprächspartner überrollt werden. Schweigen Sie – und
zwar solange, bis Ihr Gesprächspartner wieder etwas sagt. Im Normalfall wird dieses
Schweigen wie ein Vorwurf wirken, und Ihr Gegenüber wird im günstigsten Fall die
überzogene Forderung wieder etwas zurücknehmen. Die Abwehr gegen diese Technik besteht z. B. darin, ruhig zu bleiben. Fragen Sie möglichst sachlich: „Welche Informationen benötigen Sie noch?“
Ständige Unterbrecher ausbremsen
Wer kennt das nicht? Sie möchten Ihre Position darstellen, aber Ihr Gesprächspartner fällt Ihnen ständig ins Wort und lässt Sie keinen Satz aussprechen. Eine mögliche Gegenwehr gegen diese unhöfliche Angewohnheit ist die abrupte Pause im
Wort. Konkret heißt das: Brechen Sie nicht erst nach dem Satz ab, sondern direkt im
Wort. Geschieht das mehrmals, besteht die Möglichkeit, dass Ihr Gegenüber eher
bemerkt, dass es unhöflich ist, jemandem ins Wort zu fallen. Falls nicht, können Sie
die ständigen Unterbrechungen auch zum Thema machen. Dabei sollten Sie allerdings zynische Bemerkungen wie „Entschuldigen Sie bitte, dass ich sprach, bevor
Sie redeten!“ vermeiden.
Überraschende Pausen-Technik
In Verhandlungen und Diskussionen geht es oftmals darum, sich ohne Unterbrechungen durchzusetzen. Mit der Technik, überraschende Pausen zu machen, erhöhen Sie Ihre Chancen dazu erheblich. Erste Regel: Am Satzende nie eine Pause
machen, die Stimme anheben und das erste Wort des nächsten Satzes sofort mit
einbinden. Dann nach dem ersten Wort des neuen Satzes eine kurze Pause setzen,
um Spannung zu erzeugen. Diese Pause sollte mit entsprechender Gestik und Mimik
unterstützt werden. An unüblicher Stelle gesetzt, erzeugt eine solche Pause Spannung und macht neugierig auf das, was noch gesagt wird. Eine Abwehr gegen diese
sehr effektive Redetechnik ist nur schwer möglich. Hier bleibt nur das unfaire Mittel,
dem anderen ins Wort zu fallen, oder sich demonstrativ gelangweilt abzuwenden.
Besonders wirkungsvoll sind diese Instrumente jedoch nicht.
Die Alternativ-Antwort
Diese Technik eignet sich besonders gut, eine Frage nicht direkt zu beantworten,
sondern zunächst die eigene Alternative darzustellen. Dadurch wirken Ihre Antworten
überlegt und Sie geben dem Kontrahenten das Gefühl, dass Sie sich mit seinen Argumenten beschäftigen. Gleichzeitig verschaffen Sie sich Zeit nachzudenken. Bei
der Technik der Alternativ-Antwort stellen Sie immer mindestens zwei Positionen dar
und fassen die Inhalte dann in „Ihrer Meinung“ zusammen. Wenn Sie zum Abschluss
dieser Antwort noch eine Suggestivfrage stellen, können Sie das Gespräch schließlich noch in die von Ihnen gewünschte Richtung lenken. Zur Abwehr gegen diese
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Technik sollten Sie auf Präzision beharren und den Gegner nicht abschweifen lassen.
Der kontrollierte Dialog ist ein Standardinstrument, das häufig in Verkaufsgesprächen
eingesetzt wird. Dabei nehmen Sie zunächst das Argument des Gegenübers in einer
eigenen Zusammenfassung auf. Das bringt den Anderen in Zuhörstellung. Dann stellen Sie Ihre eigene Position mit ausführlichen Argumenten dar.
Der Bluff mit Fremdwörtern
Eine andere, meist sehr effektive Möglichkeit, sein Gegenüber auf sprachlichem Wege zu demoralisieren, ist der Fremdwörter-Bluff. Dazu benutzen Sie unnötig viele
Fachbegriffe und Fremdwörter. Der Gegner wird auf diese Weise Widersprüche in
Ihrer Argumentation nicht so leicht erkennen. Einen Schritt weiter geht die folgende,
wirklich unfaire Taktik: Streuen Sie zunächst vereinzelt einfache Fremdwörter ein, die
Sie immer sofort erklären. Wenn der Kontrahent einwirft, dass er die Wörter kennt,
steigern Sie den Schwierigkeitsgrad. Oftmals wird sich Ihr Gegenüber jetzt nicht
mehr die Blöße geben, nachzufragen. Die Abwehr gegen dieses sprachliche Imponiergehabe erfordert Selbstbewusstsein. Fragen Sie, was das Wort bedeutet. Das
können Sie auch in einer abgeschwächten Form anbringen, etwa mit: „Was bedeutet
das in diesem Zusammenhang?“ Eine weitere Möglichkeit ist, Ihr Gegenüber direkt
auf die Fremdwörterverwendung anzusprechen.
Ich- und Sie-Botschaften
Ich- und Sie-Botschaften haben eine sehr unterschiedliche Wirkung. Wenn in einem
Gespräch Dinge, die Sie stören, in einer Ich-Botschaft formulieren, signalisieren Sie,
dass Sie Verantwortung für sich selbst übernehmen und kooperieren wollen. Die
gleiche Aussage dagegen in einer Sie-Botschaft ausdrückt, wirkt wie ein Angriff. Ein
einfaches Beispiel macht den Unterschied klar: „Sie haben mich nicht richtig verstanden.“ – „Ich habe mich vielleicht nicht verständlich genug ausgedrückt.“ Bei massiven
Beschuldigungen, die in Sie-Botschaften ausgedrückt werden, ist es hilfreich, selbst
nicht mit den gleichen Mitteln zu kontern. Benutzen Sie zur Gegenwehr also gerade
keine Sie-Botschaften, auch wenn das vielleicht im ersten Moment schwer fällt. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass der Gegner sein aggressives Verhalten aufgibt.
Wenn auch das nichts hilft, können Sie Ihr Gegenüber direkt auf sein Gesprächsverhalten ansprechen.
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3.4.6 Fragetechnik: Gesprächsfallen erkennen und abwehren
Es gibt eine Vielzahl von Fragetechniken, mit denen bestimmte Umstände verkompliziert werden oder von einem Sachverhalt abgelenkt werden soll.
Mit einer geschickten Fragetechnik gelingt es Ihrem Gesprächspartner unter Umständen, dass Sie die gewünschten Antworten geben, ohne dass Sie sich dessen
bewusst sind. Oder Ihr Gesprächspartner versucht, Sie aus der Reserve zu locken,
um damit einen Argumentationsvorteil zu erzielen. Deshalb ist es wichtig, die wichtigsten diabolischen Fragetechniken zu durchschauen und zu wissen, wie man darauf reagieren kann.
Diabolische Fragetechniken
Die Gegenfrage
Diese Technik ist einfach anzuwenden und kommt hauptsächlich in eher emotionsgeladenen Diskussionen vor. Sie ermöglicht dem Gegenfrager die Ablenkung von
einer zuvor gestellten Frage. Wenn Sie auf die Gegenfrage wiederum mit einer Gegenfrage reagieren wollen, verbinden Sie diese nach Möglichkeit mit einer kurzen,
vorangestellten Antwort. Ihr Gesprächspartner kann so nicht mit dem Vorwurf „Beantworten Sie bitte zunächst meine Frage!“ reagieren. Wenn die Frage zudem direkt
und witzig zurückgegeben wird, reagiert Ihr Gegner unter Umständen verblüfft und
gerät in die Defensive.
Die Alternativfrage
Diese Form stellt ein beliebtes Mittel in Verkaufsgesprächen dar, vor allem dann,
wenn ein Abschluss forciert werden soll. Beispiel: „Entscheiden Sie sich für Produkt
A oder Produkt B?“ Kombiniert mit Unterstellungen, Behauptungen oder Provokationen drängt Ihr Gegner Sie in eine von ihm gewollte Richtung oder er veranlasst Sie
zu gefühlsmäßigen Widersprüchen, z. B.: „Möchten Sie Ihr Unternehmen mit der
neuen Software modernisieren oder lieber den Anschluss an Ihre Konkurrenz verpassen?“. Die beste Antwort auf eine Alternativfrage ist die, mit der Sie die Absicht
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des anderen aushebeln, wie „Diese zwei Alternativen stellen sich mir hier im Moment
nicht. Was mich interessiert, ist...“.
Die Provokativfrage
Wie der Name schon sagt, dient diese Fragetechnik der Stiftung von Unfrieden und
emotionsgeladenen Reaktionen. Der Gegner soll aus dem Konzept gebracht und
verunsichert werden. Wichtige Schlüsselwörter in dieser Frage sind z. B. „eigentlich“,
„wenigstens“, „überhaupt“ oder „wirklich“. Eine Verstärkung tritt auf, wenn die Frage
mit zynischen oder verletzenden Bemerkungen kombiniert wird, beispielsweise: „Warum verstehen Sie als selbsternannter Vertriebsexperte diesen Sachverhalt eigentlich
nicht?“. Will Sie jemand so aus der Reserve locken, benötigen Sie einen kühlen Kopf
und eine starke Selbstdisziplin! Lassen Sie sich nicht provozieren und antworten Sie
sachlich und gelassen.
Die Suggestivfrage
Suggestivfragen sind in einem seriösen Gespräch verpönt, was nicht bedeutet, dass
sie nicht gestellt würden. Ähnlich wie bei einer Provokativfrage ist es auch hier das
Ziel, den Befragten aus dem Konzept zu bringen und damit leichter manipulieren zu
können. Die Wirkung wird hauptsächlich durch Schlüsselworte wie „doch“, „sicherlich“ und „auch“ erreicht, wie z. B. „Sie legen doch sicher auch Wert auf eine Software, die sich unkompliziert integrieren lässt?“. Am besten reagieren Sie auf eine
Suggestivfrage, indem Sie deutlich machen, dass Sie diese erkannt haben und eine
Beantwortung ablehnen.
Die Konjunktivfrage
Diese Fragetechnik ist schon sehr viel raffinierter, weil sie nicht immer auf Anhieb
erkennbar ist. Hier geht es dem Fragenden darum, über einen kleinen Umweg zum
Ziel zu gelangen. Dabei möchte er Hindernissen auswichen oder auch einen direkten
Widerspruch vermeiden. Besonders gefährdet sind Verhandlungspartner, die viel und
gerne reden. Der aufmerksame Zuhörer merkt sich Punkte, die mit der eigenen Meinung im Einklang stehen, wobei der Gesprächspartner dies im ersten Moment nicht
so zugeben würde. Der diabolische Frager nagelt daraufhin seinen Gegner auf diese
Aussage fest. Wehrt sich der andere, wird er mit dem Vorwurf der Widersprüchlichkeit konfrontiert: „Stellen Sie sich vor, Ihre veraltete Software würde einen Produktionsausfall bewirken. Das müssen Sie doch sicher persönlich vor Ihrem Vorgesetzten
verantworten, oder?“ Der Fragende spielt manipulativ auf einen möglichen Katastrophenfall an, der den Befragten nur zu einer scheinbar logischen Antwort zwingt. Um
Konjunktivfragen abzuwehren, müssen Sie äußerst wachsam sein und die erwünschte Schlussfolgerung des Fragers beanstanden. Möglich wäre z. B. eine Antwort wie
„Und jetzt nennen Sie mir bestimmt ein Beispiel, bei dem es nicht zur Katastrophe
kommt.“
Die Fangfrage
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Diese Fragetechnik wird meist indirekt gestellt und soll Informationen ermitteln, die
nicht direkt erfragt werden können. Natürlich ist die Fangfrage in einem seriösen
Verkaufsgespräch verpönt. Ein unfair agierender Verhandlungspartner wird sie dennoch nutzen, um an das benötigte Wissen zu kommen. Einfachstes Beispiel ist ein
Chef, der in einem Bewerbungsgespräch herausfinden möchte, ob der Bewerber ein
Auto besitzt und fragt „Haben Sie einen Parkplatz gefunden?“ Fangfragen können
aber auch dazu dienen, wichtige Informationen über einen anderen Betrieb zu bekommen. Dazu wird üblicherweise jemand befragt, der nicht weiß, dass er Betriebsinterna preisgibt, beispielsweise der leitende Techniker statt des Vertriebsleiters.
Fachleute lassen sich gern in Gespräche über ihr Metier verwickeln und verraten darin Dinge, die für die Konkurrenz interessant sein könnten. Auf Fangfragen reagieren
Sie, indem Sie prinzipiell misstrauisch gegenüber indirekten Fragen sind. Sprechen
Sie Ihren Gesprächspartner darauf an oder stellen Sie eine Gegenfrage: „Warum
sind Sie gerade an dieser Information so interessiert?“ Keinesfalls sollten Sie mit irreführenden Angaben versuchen, den Gegner in die falsche Richtung zu lenken. Sonst
besteht die Gefahr, sich in Falschaussagen zu verstricken, die Ihr Gegenüber schnell
widerlegen kann.
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3.4.7 Verhandlung: Strategien und Persönlichkeitstypologien
1. Rationalität und Emotionalität: Wie Sie den richtigen Mix finden
Geschickte Verhandlungsführer sind meist nicht die diejenigen, die ihr Gegenüber in
erster Linie von der Richtigkeit ihrer Sache überzeugen können, sondern diejenigen,
die es schaffen, dass ihr Gesprächspartner die eigenen Argumente annimmt und es
scheint, als hätte er die Verhandlung in seinem Sinne entschieden. Neben analytischer Sachkenntnis und rhetorischen Fähigkeiten ist also auch ein gewisses psychologisches Geschick notwendig, um den Verhandlungspartner zu überzeugen.
Raum für Emotionen
Sie haben sich gut vorbereitet, sind mit entsprechenden Präsentationsunterlagen
bestens präpariert und fühlen sich sicher angesichts der bevorstehenden Verhandlung. Trotzdem fallen Ihre Vorschläge gnadenlos durch und die Verhandlungen wird
ein kompletter Misserfolg. Manchmal passiert allerdings auch das Gegenteil: Sie haben nicht viele Sachargumente vorzubringen, aber die Verhandlung wird trotzdem
ein voller Erfolg. Wie kommen solche scheinbar paradoxen Erfahrungen zustande?
Die Antwort ist einfach: Ihre Gesprächspartner haben sich im einen Fall emotional
wohl gefühlt und im anderen nicht. Um zu erlernen, wie man sicher verhandelt, gilt es
deshalb zunächst die Bedeutung des emotionalen Moments zu erkennen und emotionale und rationale Komponenten so miteinander in Beziehung zu setzen, dass der
Gesprächspartner bereit ist, wirklich zuzuhören.
Worin liegt die Macht der Argumente?
Bei sensiblen Verhandlungen werden vordringlich psychologische Anforderungen an
die Verhandlungspartner gestellt. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie Ihr Gegenüber allein mit einem einnehmenden Wesen und einem selbstsicheren Auftreten
überzeugen können. Es bedeutet allerdings, dass die fachlichen Grundvoraussetzungen so selbstverständlich sein sollten, dass sie während des eigentlichen Gespräches in den Hintergrund treten dürfen. Mit anderen Worten: Sie müssen zunächst Ihre Hausaufgaben machen, dann aber davon absehen, alle Argumente, so
wie sie ursprünglich geplant waren, vortragen zu wollen. Denn im Vordergrund steht
nicht die Richtigkeit Ihrer Meinung, sondern die emotionale Wirkung, die Ihre Argumente auf den anderen haben. Um andere überzeugen zu können, ist es deshalb vor
allem wichtig, sie zunächst gefühlsmäßig zu gewinnen.
Die Mischung muss stimmen
Die Wenigsten gestehen sich ein, dass Entscheidungen oft gefühlsmäßig getroffen
werden. Das gilt sowohl für den beruflichen wie für den privaten Bereich. Häufig
kommt es deshalb vor, dass zunächst emotional getroffene Urteile im Nachhinein so
lange erläutert werden, bis sie klingen, als wären sie rein rational zustande gekommen. Solche Beispiele sind nicht zufällig. Tatsächlich lässt sich zeigen, dass prinzipiell jedes Argument (A) aus einer emotionalen (e) und einer rationalen Komponente
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(r) besteht. Erst aus dem Zusammenspiel dieser beiden Elemente ergibt sich der
Überzeugungsgrad des Argumentes e x r = A. Geht einer der beiden Faktoren gegen
null, ergibt sich mathematisch folgerichtig, dass der gesamte Term null ergibt, dass
also das Argument in keiner Weise überzeugen kann, selbst wenn beispielsweise die
Sachargumente eigentlich unwiderlegbar sind. Beide Bereiche, der emotionale wie
der rationale, müssen also ineinander greifen. Hierbei helfen einige Tipps:
Verhandeln mit Kopf und Bauch
Orientieren Sie sich an Ihrem Gesprächspartner
Eine konsequente Orientierung an den Interessen, Zielen, Wünschen, Erwartungen
und Befindlichkeiten Ihres Gesprächspartners ist der einfachste Weg, bei ihm positive Emotionen zu wecken. Ein solches Vorgehen setzt neben einer fundierten Recherche über die Vorlieben und die gegenwärtige Situation Ihres Gegenübers auch
die Fähigkeit voraus, Ihre eigenen Interessen im entscheidenden Moment zurückzunehmen – bzw. Ihrem Gesprächspartner zumindest dieses Gefühl zu vermitteln. Ob
Sie Ihre Ziele erreicht haben, merken Sie auch anhand der Redeanteile der Verhandlung. Spricht Ihr Verhandlungspartner deutlich mehr als Sie, sind Sie mit Ihrer Strategie, sich konsequent an ihm zu orientieren, auf dem richtigen Weg.
Stellen Sie den positiven Nutzen Ihrer Argumente heraus
Jeder Vertriebsmitarbeiter weiß, dass er kein Produkt verkaufen kann, solange er es
nur beschreibt. Vielmehr muss dem potenziellen Kunden dargelegt werden, inwiefern
er einen Nutzen daraus ziehen kann. Auch klassische Anzeigen oder Fernsehwerbung basieren meist auf diesem Prinzip. Merkwürdigerweise vergessen viele Vertriebsmitarbeiter diesen wichtigen Punkt ausgerechnet bei kniffligen Verhandlungen.
Für jeden Überzeugungsprozess – egal ob Mitarbeiter-, Verkaufs- oder Verhandlungsgespräch – ist aber die Herausstellung eines möglichst konkret nachzuvollziehenden Nutzens außerordentlich wichtig. Denn der erkannte Nutzen wirkt sich unmittelbar auf die Bereitschaft aus, Ihnen überhaupt zuzuhören. Andernfalls bleiben auch
Ihre Sachargumente seltsam farblos und können ihre Wirkung nicht entfalten.
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Nehmen Sie Einwände vorweg
Auch hierbei handelt es sich um ein bekanntes Verhalten aus dem Verkaufsgespräch. Einwände, die von Ihnen selbst vorweggenommen und entkräftet werden
können, wirken sich positiv auf Ihre Überzeugungskraft aus. So zeigen Sie Ihrem
Gesprächspartner, dass Sie sich in seine Lage versetzen können. Allerdings sollten
Sie nicht unterschätzen, dass es neben den rationalen, argumentativ zu entkräftenden Einwänden auch subjektive Vorbehalte gibt, deren Abschwächung in keinem
Gegenargument zu finden wäre. Solche emotionalen Bedenken gilt es zu erkennen
und unbedingt ernst zu nehmen. Schieben Sie solche Bedenken nicht einfach beiseite. Denn selbst wenn Sie sie einfach als solche akzeptieren müssen, sichern Sie sich
den emotionalen Respekt Ihres Verhandlungspartners – und sind damit wiederum
dem Verhandlungserfolg ein Stückchen näher gerückt.
Vermeiden Sie in Verlierer-Sieger-Kategorien zu denken
Verlierer-Sieger-Strategien kommen häufiger vor als gemeinhin angenommen. Sie
basieren auf einer typischen Einstellung, die man im Schema des Entweder-oder
darstellen kann. Wenn Sie sich z. B. mit der Entkräftung eines bestimmten Einwandes durchsetzen, behalten Sie zwar Recht, geben Ihrem Gesprächspartner aber unter Umständen das Gefühl, im Unrecht oder sogar etwas naiv zu sein. Er wird sich
beleidigt zurückziehen, während Sie in Ihrer eigenen Überlegenheit schwelgen. Machen Sie also Ihren Verhandlungspartner nicht zum Verlierer, um sich selbst als Sieger fühlen zu können. Denn langfristig gewinnt dabei aber keiner. Im Gegenteil:
Schon ein einziger, unsensibel abgewehrter Einwand kann die ganze Stimmung kippen lassen und Ihren Verhandlungserfolg zunichte machen. Denken Sie also lieber
nicht in „Entweder-oder“-, sondern in „Sowohl-als-auch“-Kategorien. Beide Parteien
müssen gewinnen können, sonst tobt unterschwellig leicht eine Art Beziehungskampf.
2. Persönlichkeitstypologien: Auf den Gesprächspartner einstellen
Wenn Sie Ihren Verhandlungsstil an die Persönlichkeit Ihres Gegenübers anpassen,
werden Sie deutlich zügiger und direkter an Ihr Ziel kommen. Eine Untersuchung von
1.600 Führungskräften kam zu dem Schluss, dass sich Führungskräfte meist in fünf
Persönlichkeitstypen einordnen lassen: den Charismatiker, den Denker, den Skeptiker, den Nachahmer und den Kontrolleur.
Verbesserte Chancen durch Menschenkenntnis
Über 1600 Führungskräfte wurden in einem zweijährigen Projekt unter die Lupe genommen. Dabei ging es um die spezifischen Führungs- und vor allem
Entscheidertypen. Die Initiatoren kamen zu dem Schluss, dass man fünf unterschiedliche Managertypen, die auf eine charakteristische Art und Weise Entscheidungen
treffen, unterscheiden kann. Allerdings ist bei solchen Kategorisierungen natürlich
einige Vorsicht geboten, um nicht in ein starres Schubladendenken zu verfallen.
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Strategien zur Verhandlung mit verschiedenen Entscheidertypen
Der Nachahmer
36 Prozent aller Entscheider sind Nachahmer. Dieser Typus begegnet Ihnen deshalb
im Geschäftsleben am häufigsten. Einen Nachahmer können Sie meist nicht mit
bahnbrechenden neuen Ideen und Lösungskonzepten überzeugen. Er ist skeptisch
gegenüber allem Neuen und setzt eher auf altbewährte Lösungen und Marken sowie
erprobten Erfahrungen von erfolgreichen Kollegen. Dennoch ist er nicht grundsätzlich
misstrauisch, sondern umgänglich und kann sich meist sehr gut in andere hinein versetzten. Nachahmer werden Sie während einer Verhandlung mit kritischen Fragen
konfrontieren, sie lassen sich aber meist relativ leicht überzeugen. Um einen Nachahmer für sich zu gewinnen, müssen Sie Ihm das Gefühl von Sicherheit vermitteln.
Belegen Sie, dass andere diesen Weg bereits erfolgreich beschritten haben. Beziehen Sie sich auf altbewährte Methoden und auf Referenzen. Dennoch können Sie
diesen Entscheidertyp auch dazu bringen, innovativ zu sein, Sie müssen ihn nur
überzeugen, dass mit dieser Entscheidung kein großes Risiko verbunden ist.
Der Charismatiker
Ein Charismatiker nimmt jeden Raum, den er betritt, sofort ein. Er sprüht vor Enthusiasmus, ist extrovertiert, dominant und risikofreudig. Er lässt sich schnell von neuen
Ideen anstecken, dennoch ist er letztendlich nicht einfach zu überzeugen. Denn er
hat meist aus Erfahrung gelernt, seine anfängliche Begeisterung durch Realitätssinn
zu zügeln. Charismatiker bevorzugen Argumente, die ergebnisorientiert sind. Außerdem ist es wichtig, dass Sie, wenn Sie ihn überzeugen wollen, mögliche Risiken detailliert durchsprechen, und entsprechende Vorschläge unterbreiten, wie man diese
reduzieren kann. So werden Sie das Vertrauen des Charismatikers erlangen. Da dieser Entscheidertyp visuell geprägt ist, lässt er sich gern durch optische Aufbereitung
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der Argumentation beeinflussen. In der Verhandlung selbst sollten Sie zügig zum
Kern der Sache kommen, da die Aufmerksamkeit des Charismatikers schnell erlahmen kann. Laut Studienergebnissen sind übrigens 25 Prozent aller Führungskräfte
Charismatiker, das heißt, dieser Entscheider ist der zweithäufigste Typ, dem Sie begegnen.
Der Skeptiker
Einen echten Skeptiker zu beeinflussen oder zu überzeugen ist wahrscheinlich eine
der schwierigsten Aufgaben. Der Skeptiker ist zunächst einmal misstrauisch gegenüber allen vorgelegten Informationen, besonders gegenüber denen, die sein Weltbild
infrage stellen. Auch der Skeptiker wird Sie mit Fragen bombardieren und Ihnen
normalerweise schnell sagen, was er von Ihnen hält. Lassen Sie sich davon nicht
aus der Ruhe bringen. Um diesen Entscheidertyp zu überzeugen, sollten Sie sich
Schützenhilfe von jemandem besorgen, dem der Skeptiker schon vertraut. Skeptiker
sind ebenfalls meist recht dominant, entscheiden sich schnell und lassen sich nicht
gerne kritisieren. Ohne Schützenhilfe erwerben Sie das Vertrauen eines Skeptikers
vor allem dadurch, dass sie übereinstimmende Erfahrungen (gleiche Universität,
gleiches Hobby) betonen. Echte Skeptiker werden Ihnen aber im Alltag nur in 16
Prozent der Fälle begegnen, damit belegen sie Platz Drei.
Der Denker
Der Denker ist sehr viel introvertierter als der Charismatiker. Er geht Probleme kopflastig und analytisch an. In einer Verhandlung kann man einen Denker häufig daran
erkennen, dass er viele kritische Fragen stellt und eventuell sogar einander widersprechende Positionen einnimmt. Das kann im ersten Moment irritierend wirken, ist
aber selten persönlich gemeint. Diesen Entscheidertyp überzeugen Sie nur mit möglichst vielen, fundierten Informationen. Hierzu zählen z. B. Marktforschungsdaten,
Kundenanalysen, Fallstudien oder Kosten-Nutzen-Untersuchungen. Denker sind weniger risikofreudig als Charismatiker. Sie lassen sich am besten beeinflussen, wenn
sie alle erdenklichen Risiken kennen. Sprechen Sie aus diesem Grund offen und ehrlich über alle Ihre Bedenken. Denker brauchen meist etwas länger zur Entscheidungsfindung. Üben Sie sich in Geduld und drängen Sie nicht. Echte Denker werden
Ihnen selten begegnen, mit 11 Prozent nehmen sie bei den Entscheidertypen nur
Platz Vier ein.
Der Kontrolleur
Meist werden Kontrolleure als logisch, sachlich, detailbewusst und dominant beschrieben. Dieser Typus hat ähnlich wie der Skeptiker meist ein starkes Ego und
kann im negativen Fall leicht tyrannisch reagieren. Er neigt zu Egozentrik und Alleingängen und lässt sich nicht leicht beeinflussen. Wie der Denker fordert er genaue
Fakten für seine Entscheidung, er urteilt aber längst nicht so analytisch. Argumentieren Sie geradlinig, strukturiert und glaubwürdig, um den Kontrolleur zu überzeugen.
Eine gute Strategie ist es auch, den Kontrolleur selbst die Schlussfolgerung ziehen
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zu lassen. Verkaufen Sie also weniger die Idee selbst, sondern nur alle nötigen Informationen, so dass der Kontrolleur fast gezwungenermaßen zu dem gewünschten
Schluss kommt. So werden Sie sein Ego streicheln und ihn auf Ihre Seite ziehen. Der
Kontrolleur benötigt eher viel Zeit zur Entscheidungen, drängen Sie diesen Typus,
zum dem nur neun Prozent aller Entscheider zu zählen sind, niemals.
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3.4.8 Einwandbehandlung: Wie Sie am besten reagieren
Wenn Sie Ihre Produkte an den Mann oder die Frau bringen möchten, wird es immer
Situationen geben, in denen Ihr Kunde sich nicht ganz sicher bei der Kaufentscheidung ist. Darüber sollten Sie sich freuen, denn noch haben Sie die Chance, Zweifel
und Einwände Ihres Kunden auszuräumen und ihm Ihr Produkt doch noch zu verkaufen.
Einwände als Verschnaufpausen
Besonders nach der Präsentation eines Produktes benötigt der Kunde in der Regel
erst einmal Zeit, die erhaltenen Informationen zu verarbeiten. Deshalb werden Einwände oft formuliert, um sich eine Bedenkzeit zu verschaffen. Einwände Ihres Kunden sollten Sie also als konstruktive Kritik werten, mithilfe derer Sie Ihr Produkt verbessern, den Kunden zufrieden stellen und seine Loyalität zu Ihrem Unternehmen
steigern können. Setzen Sie Einwände nicht mit Desinteresse an Ihrem Produkt
gleich, denn im Fall von Desinteresse würde Ihr Kunde das Verkaufsgespräch unter
Angabe verschiedener Vorwände ins Leere laufen lassen. Ebenso wenig sollten Sie
Einwände als Kritik an Ihrer Person oder Ihrer Überzeugungsarbeit betrachten.
Der richtige Umgang mit Einwänden seitens des Kunden kann Gewinn bringend für
Ihr Unternehmen sein. Doch auf welche Einwände sollte man gefasst sein und wie
reagiert man korrekt auf sie, so dass sich Ihr Kunde letztendlich doch überzeugen
lässt?
Einwand oder Vorwand?
Einwände implizieren oft ein „Aber“ Ihres Kunden, auch wenn er es nicht wirklich
ausspricht. Sie können zu jedem Zeitpunkt des Verkaufsgesprächs auftreten. Im ersten Augenblick kann der Verkäufer meist nicht unterscheiden, ob es sich nicht vielleicht um einen Vorwand handelt. Während ein Einwand bedeutet, dass der Kunde
ein gewisses Maß an Interesse an Ihrem Produkt hat, signalisieren Vorwände eher
Desinteresse, der Kunde möchte Sie „abwimmeln“. Der Versuch, ihn doch überzeugen zu wollen, hat einerseits wenig Aussicht auf Erfolg, andererseits wird er möglicherweise sein Gesicht verlieren, wenn Sie immer weiter nachhaken. Sie bringen
Ihren Kunden in die Bredouille, sich rechtfertigen zu müssen. Dabei kann ein Vorwand – im Gegensatz zum Einwand – logisch nicht begründet werden. Sie sollten
also durch möglichst wenige Nachfragen herausfinden, ob es sich um einen Einwand
oder nur eine Ausrede handelt.
Einwände können im Wesentlichen drei Gründe haben:
Handlungsunfähigkeit ergibt sich aus der Ist-Situation des Kunden und kann sich
auf zu geringes Budget, zu geringe Entscheidungsgewalt oder fehlenden Bedarf
beziehen
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Bedenken ergeben sich dann, wenn der Kunde nicht einer Meinung mit Ihnen ist
und Ihre Argumente nicht nachvollziehen kann. Sie implizieren häufig ein „Ich finde aber, dass ...“.
Missverständnisse entstehen dann, wenn Sie und der Kunde aneinander vorbeireden, oder wenn dem Kunden technisches Wissen fehlt, Ihren Ausführungen zu
folgen.
Welche Einwände gibt es?
Kundeneinwände können sich grob auf drei Aspekte Ihres Angebots richten:
Kundeneinwände
Preis: In den meisten Fällen äußert der Kunde Einwände hinsichtlich des Preises,
den Sie für Ihr Produkt verlangen; möglicherweise bringt der Kunde auch Vergleiche
zu Konkurrenzprodukten an.
Produkt/Funktionalität: Ihr Kunde kann auch Zweifel am Produkt selbst haben, an
seiner Funktionalität oder seinem Nutzen für ihn. Vielleicht weist das Produkt nicht
die richtigen Funktionen für den Kunden auf oder sie sind für ihn unverständlich.
Service: Eine dritte Kategorie von Einwänden kann den Service Ihres Unternehmens
betreffen: Unter Umständen wagt der Kunde keinen Wechsel zu Ihnen als neuen Lieferanten, weil er mit seinen bestehenden Lieferanten vollkommen zufrieden ist. Auch
die Lieferbedingungen und After-Sales-Leistungen können Anlass für Einwände sein.
Wie reagieren Sie am besten auf Kundeneinwände?
Zunächst gilt es, sich eine positive Haltung gegenüber Kundeneinwänden anzueignen. Wenn Sie jedes „Aber“ Ihres Kunden mit einem genervten Seufzen beantworten, wird es schwierig, ihn zu einem Kauf zu bewegen. Gehen Sie hingegen auf seine Einwände ein, können Sie durch die gewonnen Informationen Ihr Produkt verbessern und die Kaufentscheidung Ihres Kunden positiv beeinflussen. Nehmen Sie seine
Bedenken ernst und motivieren Sie ihn durch Nachfragen, seine Zweifel zu formulieren. Meist ergeben sich dann bereits neue Handlungsspielräume und Sie können
leichter einen Konsens finden.
Bringt Ihr Kunde das typische Argument „zu teuer“ an, sollten Sie herausfinden, ob
eine Ausgabe in dieser Höhe nicht möglich ist (Handlungsunfähigkeit) oder ob er Ihr
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Angebot im Vergleich zu anderen zu teuer findet (Bedenken). Im ersten Fall sollten
Sie überlegen, ob Sie ihm einen Preisnachlass gewähren können, beispielsweise in
Form eines Stufenmodells (z. B. „Dieses Jahr zahlen Sie nur Preis X und im nächsten Preis Y“). Liegt dem Kunden ein (attraktiveres) Angebot der Konkurrenz vor, sollten Sie versuchen, den höheren Nutzen Ihres Produktes im Vergleich zum Konkurrenzprodukt noch einmal hervorzuheben.
Missverständnisse treten am ehesten im Bereich der Produktdarstellung und seiner
Funktionalitäten, aber auch hinsichtlich des von Ihnen gebotenen Services, auf. In
diesem Fall sollten Sie dem Kunden noch mehr Erklärungen bieten, z. B. zur Arbeitsweise in Ihrem Unternehmen oder zu Ihren After-Sales-Leistungen.
Gesprächstaktiken
Die folgenden Gesprächstaktiken helfen Ihnen, Bedenken Ihres Kunden auszuräumen. Sie sollten diese jedoch nicht automatisch anwenden, sondern in jedem Fall auf
Ihren Gesprächspartner eingehen, denn er will ja auch ernstgenommen werden.
Mit einem „Ja, aber...“ zeigen Sie, dass Sie den Einwand zulassen, können aber
dann neue Verkaufsargumente liefern. Beispiel: „Ja, unser Produkt ist teurer als
das Konkurrenzprodukt, aber es bietet Ihnen auch allerhand Zusatznutzen!“
Bei der Umwandlungsmethode wandeln Sie einen Einwand in eine Frage, die Sie
dann selbst beantworten, z. B.: „Sie fragen sich, ob der Preis gerechtfertigt ist?
Wir gewähren Ihnen 10 Jahre Garantie auf unser Produkt und umfangreiche After-Sales-Leistungen.“
Bei der Bumerang-Methode wandeln Sie den Einwand in ein wirkungsvolles Argument für den Kauf. Beispiel: „Das ist richtig. Es gibt ein neues Modell. Ich habe
Ihnen aber bewusst dieses Produkt angeboten, da es preisgünstiger ist und darüber hinaus ein bewährtes und erprobtes Produkt ohne ‚Kinderkrankheiten'.“
Mithilfe der Rückfrage-Methode greifen Sie einen Einwand auf, um das nächste
Argument zu thematisieren: „Gut, dass Sie diesen Punkt ansprechen. Womit vergleichen Sie diesen Preis?“
Nachhaltige Maßnahmen zur Ausräumung von Kundeneinwänden
Je mehr Einwände Ihr Kunde hat, die er auch konkret formulieren kann, desto besser
für Sie. Das klingt zunächst paradox, doch aufgrund der gewonnen Informationen
können Sie Ihr Produkt verbessern und so unter Umständen neue Kunden gewinnen.
Vermisst der Kunde bestimmte Funktionalitäten bei Ihrem Produkt, ziehen Sie eine
Weiterentwicklung in Betracht. Das lohnt sich natürlich nur, wenn Sie dadurch nicht
andere Kunden und deren Anforderungen an Ihr Produkt vernachlässigen. Wenn es
genügend (potenzielle) Nachfrager gibt, lohnt es sich sogar, eine neue Produktvariante auf den Markt zu bringen. Spielt ein zu hoher Preis in Ihren Verkaufsgesprächen
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immer wieder eine große Rolle, sollten Sie prüfen, inwieweit Sie kostengünstiger
produzieren oder vielleicht nicht nachgefragte Funktionen Ihres Produktes eliminieren können.
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3.4.9 Preisgespräche: Einfühlungsvermögen und Taktiken
Stellen Sie sich vor, Sie haben bisher alles richtig gemacht: Sie haben für eine sympathische Gesprächsatmosphäre gesorgt, Ihrem Kunden gut zugehört, Ihr Produkt
kurz und bündig dargestellt, den Kundennutzen ausgiebig hervorgehoben, mögliche
Einwände elegant abgefedert – und nun das: Sie nennen den Preis Ihres Produktes
und Ihr Gegenüber stutzt. Der potenzielle Kunde hebt noch einmal kurz die Augenbraue, raunzt „viel zu teuer“ und zieht sich in Überschallgeschwindigkeit aus dem
bisher so erfolgreichen Verkaufsgespräch zurück.
Ein heikle Angelegenheit
Ungläubiges Staunen, quantitative und qualitative Rabattforderungen, Taktiken zur
Preisvorgabe, Konkurrenzanalysen bis hin zur regelrechten Erpressung – Verkäufer
müssen sich bei Preisgesprächen auf einiges gefasst machen, denn potenzielle
Kunden spielen oft sehr geschickt auf der psychologischen Klaviatur des Feilschens
und Bluffens. Kurz: Preisgespräche gehören zu dem Sensibelsten, was das Aufgabenspektrum eines Verkaufs- oder Vertriebsmitarbeiters zu bieten hat. Dass Preisgespräche auf der Zielgeraden noch scheitern können, ist den meisten Vertriebsmitarbeiter leider bekannt. Allerdings handelt es sich bei der Gestaltung von Preisgesprächen um eine durchaus lösbare Aufgabe, wenn Sie einige Tricks beachten und
sich bereits vorab über wichtige Argumentationsstrategien klar werden. Dazu gehört
neben der selbstbewussten Präsentation des Produktpreises und einem sicheren
Auftreten auch die Kenntnis einiger Regeln, die – teils strategisch, teils psychologisch – Ihre Ausgangsposition für Preisverhandlungen gegenüber Ihrem Kunden signifikant verbessern.
Generelle Tipps bei Preisnennungen
Ihre Stimme: Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Stimme nicht verändern, wenn Sie
den Preis nennen. Sprechen Sie nicht höher oder tiefer, schneller oder langsamer, leiser oder lauter. Je selbstverständlicher Sie klingen, desto gerechtfertigter
erscheint Ihrem Kunden der Preis.
Ihr Selbstbewusstsein: Sie wissen am besten, warum Ihr Produkt seinen Preis
wert ist. Machen Sie sich Ihre eigenen, persönlichen Stärken (Qualifikation, Engagement, Erreichbarkeit, Zuverlässigkeit usw.) und die Stärken Ihres Unternehmens (Know-how, Flexibilität, Service usw.) immer wieder klar. Studien haben
gezeigt, dass diese Art der „Selbsthypnose“ funktioniert.
Das Timing: Behandeln Sie die Preisfrage immer erst gegen Ende des Verkaufsgesprächs, Nur so haben Sie vorher ausgiebig die Gelegenheit, den Kunden darüber zu informieren, wofür er sein Geld eigentlich ausgibt.
Neben diesen eher allgemeinen Tipps gibt es fünf Verhandlungsstrategien, die Ihnen
helfen, Preisgespräche in Zukunft erfolgreicher zu gestalten.
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Strategien für erfolgreiche Preisgespräche
Identifizieren Sie sich mit dem Preis
Nichts ist schlimmer, als wenn Sie mehr oder minder unverhohlen den Eindruck erwecken, Sie selbst hielten den veranschlagten Preis für zu hoch. Was für das Produkt gilt, gilt selbstverständlich auch für seinen Preis: Sie können Ihr Gegenüber nur
überzeugen, wenn Sie entsprechend überzeugt auftreten. Versuchen Sie den Vertragsabschluss eher als Tauschgeschäft zu sehen. Halten Sie sich also immer vor
Augen, dass der Kunde für sein Geld einen adäquaten Nutzen erhält.
Knicken Sie nicht ein
Wenn Sie zu schnell Zugeständnisse machen, hat der Kunde das Gefühl, dass Sie
über enorme Spielräume verfügen. Bringen Sie klar zum Ausdruck, dass Sie Ihre
Preise für fair halten. Sie erscheinen unglaubwürdig, wenn Sie schon bei der ersten
Rabattnachfrage den Preis senken. Schlimmstenfalls werden Sie sogar verdächtigt,
den Kunden zu übervorteilen und müssen später zerstörtes Vertrauen mühsam wieder aufbauen.
Erkennen Sie den Grad der Akzeptanz beim Kunden
Bei der Argumentation Ihres potenziellen Kunden können Sie gerade angesichts der
Preisverhandlungen verschiedene Akzeptanzstufen herausfinden. Hören Sie also gut
zu! Ist der Kunde kurz davor, zuzusagen, reicht es, wenn Sie mit wenigen Argumenten sein Zögern abfangen. In diesem Fall wäre es sogar nachteilig, den Nutzen Ihres
Produktes noch einmal komplett vorzutragen. Ist Ihr Kunde allerdings noch weit davon entfernt, auf Ihre Preisangebot einzugehen, gilt es, seine Bedenken ernst zu
nehmen und – möglichst einzeln – zu entkräften.
Bereiten Sie sich auf Preisvergleiche vor
Häufig kommt es vor, dass Ihre Kunden Ihnen vorhalten, das Konkurrenzprodukt sei
preiswerter. Um hier angemessen reagieren zu können, müssen Sie natürlich über
Produkt und Preise Ihrer Mitbewerber informiert sein. Nehmen Sie die genannte Differenz zum Ausgangspunkt für eine erneute Darstellung des Kundennutzens. Wenn
Sie beispielsweise 200 Euro höher liegen, zeigen Sie Ihrem Kunden, was er für diese
200 Euro von Ihnen alles bekommt. Fragen Sie ruhig Ihr Gegenüber nach den genauen Konditionen des Konkurrenzangebotes. Vielleicht will er ja nur bluffen.
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Machen Sie nur kontrollierte Konzessionen
Wenn der Kunde auf die Gewährung eines Rabatts beharrt, empfiehlt es sich, das
Leistungspaket aufzuteilen. Machen Sie ihm deutlich, dass Sie mit dem Preis erst
hinuntergehen, wenn er auf einen Teil der Leistung verzichtet. Senken Sie Ihren
Preis dann, wenn Ihr Kunde sich z. B. zu einer längeren Vertragslaufzeit oder einem
größeren Vertragsumfang bereit erklärt. Der Gegenwert muss nicht genau dem
Preisnachlass entsprechen, aber doch so umfangreich sein, dass Sie sich nicht unglaubwürdig machen.
Preiszersplitterungstechniken
Preisgespräche gehören zum Schwierigsten, was im Tätigkeitsfeld von Vertriebsmitarbeitern zu bewältigen ist. Ein oft wiederholter Fehler besteht zum Beispiel darin,
Rabatte anzubieten, noch bevor der Verhandlungspartner überhaupt danach gefragt
hat. So entsteht beim potenziellen Käufer das Gefühl, das Produkt oder die Dienstleistung sei eben doch nicht „seinen Preis wert“.
Vertrauen nicht verspielen
Im oben genannten Szenario verspielt der Vertriebsmitarbeiter das Vertrauen seines
Kunden, ohne dass es zuvor verloren gegangen wäre. Damit es nicht so weit kommt,
ist es ratsam, sich einmal die verschiedenen Möglichkeiten vor Augen zu führen, wie
man einen Preis argumentativ vermitteln kann. Für eine intelligente Einbindung des
Preises in Ihre Verhandlungsführung existieren zahlreiche taktische Möglichkeiten:
Verzögerungstaktik, Sandwichtaktik, Relativierungs- und Differenzierungstaktik, Verkleinerungs- und Vergrößerungstaktik, Zerlegungstaktik, Zugabetaktik – um nur einige zu nennen. Welche Taktik sich für Sie anbietet, ist natürlich individuell zu entscheiden und richtet sich nach der Art des Produktes und der Verhandlungsführung
sowie nach dem Grad Ihrer Kundenkenntnis. Allen im Folgenden vorgestellten Taktiken ist jedoch gemeinsam, dass sie den Preis eines Produktes oder einer Dienstleitung so in die Nutzenargumentation einfädeln, dass zu erwartende Widerstände von
vornherein abgemildert werden. Die Beispiele beziehen sich auf verschiedene Branchen, um die universelle Anwendbarkeit dieser Tricks zu dokumentieren.
Verzögern Sie die Nennung des Preises!
Preise sind immer relativ. Wenn Sie befürchten, dass Ihrem Gegenüber ein Preis zu
hoch erscheint, müssen Sie ihm verdeutlichen, welche umfassenden Leistungen er
dafür erhält. Also sollten Sie ausgiebig den Kundennutzen Ihres Produktes in den
Vordergrund stellen, bevor Sie auf seinen Preis zu sprechen kommen. Dies gilt sowohl im Großen, d. h. beim Aufbau Ihrer gesamten Produktpräsentation, als auch im
Kleinen. Beginnen Sie also Ihre Sätze nicht mit der Nennung des Preises, sondern
beenden Sie sie damit, z. B.: „Die hochwertige Verarbeitung des Produktes, der kostenlose Wartungsservice und die Nachkaufgarantie für Einzelteile von über zehn Jahren, lassen sicherlich den Preis von x Euro gerechtfertigt erscheinen.“
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Verpacken Sie den Preis zwischen zwei Vorteilen!
Ebenfalls Erfolg versprechend ist die sog. Sandwichtechnik. Sie sieht vor, dass Sie
den Preis zwischen zwei Produktvorteilen positionieren. Der Effekt ist simpel: Im
Verhältnis von Vorteilen und Nachteilen steht es für den wichtigsten „Nachteil“, den
Preis, den der Kunde zu zahlen hat, immer schon 2:1. Der Preis wird gewissermaßen
eingeklemmt zwischen zwei Vorteile, die ihn in Relation setzen und geringer erscheinen lassen. Auch psychologische Forschungen, nach denen vor allem der Anfang
und das Ende von Argumentationsketten im Gedächtnis bleiben, untermauern die
Wirksamkeit dieses alten Vertriebstricks.
Mit den richtigen Preistaktiken zum Erfolg
Zeigen Sie Ihrem Kunden auf, was er selbst erwartet – und was ihm entginge!
Bei dieser Taktik steht die Nutzenargumentation nochmals im Vordergrund. Besonders überzeugend wird Sie, wenn Sie Ihrem Gegenüber klar machen, dass er ausgesprochen hohe Erwartungen hat, die natürlich nur ein qualitativ hochwertiges Produkt
erfüllen kann. Vertieft wird diese Technik noch, indem Sie Ihrem Kunden aufzeigen,
welche Vorteile ihm entgehen würden, sollte er sich gegen Ihr Produkt entscheiden.
Relativieren Sie den Preis!
Bei dieser Methode wird der genannte Preis zu Konkurrenzprodukten oder
Einzellleistungen in ein Verhältnis gesetzt und so psychologisch verringert. Wenn Sie
für einen Wartungsvertrag 500 Euro Aufpreis verlangen, erscheint dies Ihrem Kunden viel. Wenn Sie ihn aber davon überzeugen können, dass ein solcher Vertrag bei
einem anderen Anbieter allein 1000 Euro kosten würde, erscheint der Aufpreis als
relativ gering und wird eher als „give away“ noch honoriert. Weitere inhaltliche Argumente (z. B. „Bei uns haben Sie alles aus einer Hand!“) sollten dabei die Relativierungstechnik ergänzen.
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Stellen Sie relative Preisdifferenzen in den Vordergrund!
Hier steht nicht ein absoluter Preis im Vordergrund, sondern lediglich der Mehrpreis,
den z. B. eine größeres Produktmodell oder eine luxuriösere Ausstattung kostet. Der
Erfolg dieser Taktik zeigt sich vor allem im Autohandel. Wenn beispielsweise ein Modell, das 20.000 Euro kostet, einem, das 22.000 Euro kostet, gegenübergestellt wird
und immer nur über die Differenz gesprochen wird, hat der Kunde bald das Gefühl,
die gehobene Ausstattung rechtfertige auf jeden Fall die vergleichsweise kleine
Summe von 2.000 Euro.
Zerlegen Sie den Preis!
Wenn Sie ein Produkt für 360 Euro verkaufen wollen, steht der hohe Gesamtpreis
wie ein abschreckender Block vor der Kaufabsicht Ihres Interessenten. Versuchen
Sie also lieber, ihm eine Problemlösung für 30 Euro pro Monat zu verkaufen – bzw.
eine für weniger als einen Euro pro Tag. Auch bei Sammelbestellungen hat diese
Taktik Erfolg, denn so wird der Preis auf die darin enthaltene Gesamtstückzahl bezogen und wirkt insofern kleiner („Für nur 500 Euro erhalten Sie 2.000 Einheiten des
XY!“).
Appellieren Sie an die persönlichen Vorlieben Ihres Kunden!
Je nachdem, wie Sie die Persönlichkeit Ihres Kunden einschätzen, appellieren Sie –
beispielsweise bei Verkauf eines Fahrzeugs – an dessen Sicherheitsbedürfnis („Mit
einem preiswerteren Modell gehen Sie natürlich höhere Risiken ein!“), an dessen
sportliche Fahrweise („Wenn Sie es richtig krachen lassen wollen, müssen Sie natürlich in den ... investieren!“) oder an seinen Familiensinn („Bei dem etwas teureren
Modell ... lassen sich die Sitze variabel anordnen!“).
Machen Sie die Nachteile der Kauf-Alternativen klar!
Hier werden die Vorteile des Produkts gegenüber preiswerteren Versionen derselben
Baureihe oder anderer Anbieter hervorgehoben. Andere Produkte negativ zu besprechen, ist allerdings durchaus problematisch, weil Ihre Glaubwürdigkeit und die Seriosität Ihres Angebots schnell untergraben werden können. Fügen Sie diese Technik
also besser nicht zu Ihrem Standard-Repertoire hinzu, sonst gelten Sie irgendwann
als notorischer Miesmacher.
Schnüren Sie ein umfassendes Leistungspaket!
Es ist immer besser, das Leistungsangebot zu erhöhen als mit dem Preis herunterzugehen. Offerieren Sie Ihrem Kunden neben dem Produkt weitere geldwerte Vorteile. Vielleicht lassen sich so sogar interessante Cross-Selling-Potenziale eröffnen.
Allerdings sollten Sie bedenken, dass jede Zusatzleistung von Ihnen letztlich bezahlt
werden muss und die Rentabilität Ihres Abschlusses unmittelbar verringert.
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Bauen Sie auf Gegenseitigkeit!
Die sog. Do-ut-des-Taktik (Lat. „ich gebe (dir), damit du (mir) gibst“) bietet sich immer
dann an, wenn Sie eine längerfristige Kundenbeziehung anstreben. Ein Preisnachlass beispielsweise wird nur gewährt, wenn ein Folgevertrag beschlossene Sache ist.
Ein Zugeständnis gibt es nur für Zugeständnisse.
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3.4.10 Schwierige Kunden: Behalten Sie kühlen Kopf
Schwierige Kunden kosten Nerven, manche vergessen die elementarsten Grundsätze einer guten Erziehung und reagieren sogar auf einen angebotenen Rabatt mit beleidigenden Kommentaren zu Ihrer angeblichen Marge. Aber letztlich nützt alles
nichts – der Kunde sitzt immer am längeren Hebel. Ein Grund mehr, den Umgang mit
den allerschlimmsten Exemplaren zu proben.
Spiegelung
Der Schlüssel zur Lösung dieses Problems ist vergleichsweise einfach: Versuchen
Sie, die Sprache Ihres Kunden zu verstehen und konsequent zu sprechen. Analysieren Sie die Signale, die er unterschwellig aussendet, um mit ihm in Kontakt treten zu
können. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang eine erste Einschätzung seines Charakters, um dann angemessen – und für den Kunden meist überraschend – reagieren zu können. Manchmal hilft es auch schon, wenn Sie sich ein Ereignis ausdenken,
das das Verhalten des Kunden entschuldigen könnte. Lassen Sie Ihrer Fantasie dabei freien Lauf – Ihre Kunden und Ihre Umsätze werden es Ihnen danken!
Ein einfacher Fünf-Punkte-Plan
Es gibt eine goldene Regel des Verkaufs: „Behandeln Sie jeden so, wie Sie selbst
behandelt werden möchten.“ Allerdings müsste es, nach Ansicht von Vertriebsexperten und Verkaufstrainern, noch eine „Platinregel“ geben: „Behandeln Sie jeden Kunden so, wie er behandelt werden möchte!“ Das klingt zwar einleuchtend, ist aber
schwieriger umsetzen als es den unmittelbaren Anschein hat. Zahlreiche Berater und
Trainer raten deshalb zu einem Fünf-Punkte-Plan, der es ermöglichen soll, sich
selbst im Umgang mit schwierigen Kunden zu trainieren. Dieses Auto-Coaching sieht
folgende Punkte vor:
Imagination: Stellen Sie sich den schrecklichsten Kunden vor, den Sie sich überhaupt ausmalen können.
Ursachenforschung: Bestimmen Sie die Gründe dafür, dass Sie nicht mit ihm
kommunizieren können. Was macht ihn so schrecklich?
Einfühlung: Versetzen Sie sich dann in die Lage dieses Kunden. Versuchen Sie,
sich als Verkäufer von außen zu betrachten.
Rollentausch: Überlegen Sie, was Sie sagen und wie Sie reagieren sollten, damit
der Kunde mit Ihnen in Kontakt tritt.
Auswertung: Nach dem Gespräch überlegen Sie, welchen Ihrer Vorsätze Sie
auch tatsächlich in die Tat umsetzen konnten und wie Ihr Kunde reagiert hat.
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Nach der ersten Hilfe folgt die Umstellung
Natürlich sind solche Trainingseinheiten als „Trockenübung“ zwar hilfreich, sie ermöglichen es aber nicht, langfristig das Verkäuferverhalten so umzustellen, dass Sie
in der Praxis keine Schwierigkeiten mehr mit Ihren verhaltensauffälligen Kunden haben – ungeachtet der besonderen Marotte, die Ihr Kunde in Ihren Augen hat. Um
dies zu erreichen, müssen Sie radikal umdenken: Stellen Sie sich vor, welche Laus
ihm über die Leber gelaufen sein könnte, so dass er sich so aufführt. Vielleicht hat
ihn seine Frau gerade verlassen? Hat er chronisches Sodbrennen? Oder er findet
seinen Lottoschein nicht mehr wieder? Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf! Bemitleiden Sie Ihren Kunden im Stillen, anstatt sich über ihn zu ärgern. Versuchen Sie,
mithilfe dieser Methode Verständnis für ihn aufzubringen und entschuldigen Sie ihn.
Der angenehme Nebeneffekt: Sie wirken auf Außenstehende freundlicher und überfordern Ihren Blutdruck nicht.
Do's and Don'ts im Umgang mit schwierigen Kunden
Kardinalfehler: Umerziehung
Die meisten Verkäufer tun just das Gegenteil dessen, was ratsam wäre: Sie versuchen ihren Kunden umzuerziehen oder ihn zumindest dazu zu bringen, sich so zu
benehmen, wie sie selbst es wollen. Sarkastische Floskeln wie „Wenn Sie mich so
höflich darum bitten, zeige ich Ihnen doch gerne noch eine weitere Alternative auf ...“
gießen allerdings nur Öl ins Feuer. Zugegebenermaßen fühlt sich der Verkäufer dadurch vielleicht überlegen, gute Umsätze wird er mit einem solchen Verhalten allerdings nicht erzielen können. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie sich als Verkäufer
künftig bis zur Selbstverleugnung unterzuordnen haben, es bedeutet lediglich einen
schmalen Grad zu treffen zwischen Selbstbewusstsein und Höflichkeit. Dabei hilft
Ihnen ein grundlegendes Wissen um die verschiedenen Typen von schwierigen Kunden.
Welche Problemkunden gibt es?
Schon in der griechischen Antike unterschied man Choleriker von Sanguinikern,
Phlegmatikern und Melancholikern, je nachdem welcher „Lebenssaft“ bei ihnen
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überwog. Die Einteilung von Menschen in bestimmte Idealtypen hat also eine lange
Tradition. Vertriebsmitarbeitern werden folgende Typen bekannt vorkommen:
Der Alleswisser doziert den ganzen Tag und hört auch bei Ihnen damit nicht auf.
Egal, was Sie wissen, er weiß es besser. Lassen Sie ihn in dem Glauben! Mit der
Bitte um Hilfe und Floskeln wie „Wie Sie sicherlich schon erlebt haben, ...“ machen Sie ihn sich zum Verbündeten. Verbessern Sie ihn nicht, interpretieren Sie
höchstens eine Sachlage anders. Präzisieren Sie Ihre Nachfragen, aber versuchen Sie nicht, alle seine Einwände zu entkräften. Sonst wird er nur noch mehr
Gegenargumente aufbringen und das Gespräch dauert noch länger.
Der Unschlüssige wirkt fahrig und bringt sich selbst durch seine Einwände durcheinander. Geben Sie ihm Hilfestellung und nehmen Sie ihm die Angst. Betonen
Sie z. B. die Sicherheit Ihres Produktes, die niedrige Reklamationsrate usw.
Der Schwätzer hört sich gerne reden und will sich eigentlich gar nicht beraten
lassen. Hier müssen Sie durchgreifen und das Wort übernehmen. Stellen Sie nur
geschlossene Fragen, d.h. solche, auf die man mit „ja“ oder „nein“ antworten
kann. Liefern Sie ihm keine Stichworte, sondern fangen Sie seinen Redeschwall
ab.
Den Schweiger müssen Sie genau umgekehrt behandeln. Locken Sie ihn mit offenen Fragen aus der Reserve. Versuchen Sie, sein Vertrauen zu gewinnen. Vergegenwärtigen Sie sich, dass er längere Gesprächspausen vermutlich als angenehm empfindet. Sprechen Sie eher leise und bleiben Sie bei Bereichen, in denen er sich wohlfühlt (Hobby, Familie usw.).
Der Streitbare tritt dominant auf, duldet keinerlei Widerspruch und ist so von sich
überzeugt, dass er geradezu einschüchternd wirkt. Lassen Sie sich nicht von ihm
provozieren und versuchen Sie nicht, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wenn
Sie ärgerlich reagieren, stacheln Sie ihn nur noch mehr an. Besser ist es, ihm interessiert zuzuhören. Ein „Ach, tatsächlich?“ entwaffnet ihn für kurze Zeit und gibt
Ihnen die Möglichkeit, seine Einwände zu widerlegen. Das sollte in Frageform geschehen. „Meinen Sie nicht auch, dass ...?“ So werten Sie ihn auf und entwaffnen
ihn, weil Sie ihm unterschwellig das Gefühl geben, eine solche Aufwertung nötig
zu haben.
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3.5 Schluss - Closing: Wie Sie überzeugend zum Abschluss kommen
Beim Verkaufsgespräch hat es vor allem die letzte Phase in sich: Es ist alles gesagt,
jetzt braucht es nur noch den Mut, die Kaufentscheidung tatsächlich unter Dach und
Fach zu bringen. Doch dieser Mut fehlt vielen Verkäufern. Sie trauen sich nicht, ihren
Kunden eine definitive Entscheidung abzuverlangen, weil sie befürchten, den Kunden zu sehr zu drängen, oder Bedenken haben, weil sie Ihre eigene Leistung im vorausgegangenen Verkaufsgespräch nicht positiv genug einschätzen. Das kann fatale
Folgen haben.
Fassen Sie Mut!
Allzu lange zu zögern und darauf zu warten, dass der Kunde selbst auf den Abschluss drängt, funktioniert meist nicht. Deshalb ist es wichtig, aktiv zu werden und
die letzte und zumindest unmittelbar finanziell auch wichtigste Phase des Verkaufsgesprächs nicht dem Zufall oder allein dem Kunden zu überlassen.
Halten Sie die Ebene Ihres Kontaktes!
Nicht selten kommt es vor, dass der eigentlich gute persönliche Kontakt zwischen
Verkäufer und Kunde zu Beginn der Abschlussphase abreißt. Plötzlich verhalten sich
beide Parteien als wären ihnen die preislichen Details peinlich oder sie umkreisen
einander auf der Suche nach dem Rückweg zu einer rein sachlichen Geschäftsbeziehung. Versuchen Sie in solchen Situationen den Kontakt zu Ihren Kunden zu halten. Am einfachsten gelingt Ihnen das, wenn Sie neben den rein rationalen Argumenten gerade gegen Ende Ihrer Nutzendarstellung vermehrt auch emotionale Argumente bringen: „Beim Kauf dieses Autos sparen Sie effektiv 3.000 Euro (rational), damit
können Ihnen sämtliche Kraftfahrzeugsteuererhöhungen für mindestens drei Jahre
egal sein (emotional).“
Das richtige Timing 1: Nonverbale Signale
Versierte Verkäufer erkennen die Signale eines zum Abschluss bereiten Kunden. Vor
allem die nonverbalen Hinweise sprechen eine deutliche Sprache, weil sie von Kunden unbewusst und damit auch ungefiltert ausgesendet werden. Dazu gehört z. B.
die Weitung der Pupillen, die Interesse für ein bestimmtes Produkt signalisiert. Um
den Kunden allerdings nicht permanent anzustarren, empfiehlt es sich, ihn peripher,
d. h. aus den Augenwinkeln anzusehen. Auch die Stimmlage verrät viel über die
Kaufbereitschaft. Spricht Ihr Kunde angenehm tief, können Sie das Gespräch forcieren. Wird seine Stimme hingegen hoch oder schrill, ist Vorsicht geboten. Die restliche
Körpersprache läuft synchron mit Augen und Stimme. Achten Sie auch dort auf
merkliche Veränderungen (heftiges Kopfnicken als positives, die Arme vor der Brust
kreuzen als negatives Signal).
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Das richtige Timing 2: Verbale Signale
Natürlich lassen sich auch anhand der Äußerungen Ihres Kunden Rückschlüsse auf
seine aktuelle Kaufbereitschaft ziehen. Meist formuliert ein Käufer seine Entscheidungsbereitschaft in Form einer Frage. Wenn er beispielsweise fragt „Die Garantie
für diesen Einbau beläuft sich doch auf zwei Jahre?“ können Sie dies als positives
Signal werten. Ebenso, wenn er sagt „Wie würde sich der Preis ändern, wenn wir die
doppelte Menge bestellten?“ Solche Äußerungen bestätigen, dass sich der Käufer
bereits in der Situation sieht, die Ware schon gekauft zu haben. Schlagen Sie daraus
Kapital und fassen Sie sich in solchen Fällen ein Herz und zielen Sie ein direkten
Abschluss an. Denn auf eine vielversprechendere Situation zu warten, zahlt sich
meist nicht aus.
Spezielle Abschlusstechniken
Natürlich ist der Erfolg spezieller Abschlusstechniken extrem abhängig von Branche,
Produkt, Käufer- und Verkäufertyp. Nutzen Sie daher die folgende Aufstellung als
Arsenal für Ideen und bedenken Sie, dass viele Techniken darauf beruhen, dass Sie
als Verkäufer selbst aktiv werden.
Erfolgreichere Abschlüsse durch gekonntes Closing
Alternativtechnik
Reduzieren Sie die Komplexität der Kaufentscheidung, indem Sie Ihrem Kunden nur
zwei Alternativen anbieten. Dieses Entweder-Oder suggeriert ihm, er könne gar nicht
mehr entscheiden, gar nicht zu kaufen. Diese Technik ist dann am leichtesten anzuwenden, wenn Sie sich bereits in der Nutzendarstellung auf zwei, speziell auf den
Kunden zugeschnittene Alternativen konzentriert haben. Sie können die einzelnen
Produktvarianten auch zu Paaren zusammenfassen und jeweils eine ausschließen
lassen. Ein Beispiel aus der Automobilbranche: Fragen Sie nacheinander „Benziner
oder Diesel? Ledersitze oder Stoffbezug, normale oder Alufelgen? usw.“
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Zustimmungstechnik
Fragen Sie suggestiv. „Die Rohstoffeinsparungen, die unsere Maschine garantiert,
wirken sich doch positiv für Sie aus?“ „Ist die mit unserem System verbundene Personaleinsparung für Sie von Bedeutung?“ Wenn der Kunde mehrfach mit ja antwortet, haben Sie gewonnen und den Abschluss so gut wie sicher.
Projektionstechnik
Versuchen Sie Ihren Kunden auf die Zeit einzustimmen, in der er bereits über Ihr
Produkt verfügt. Während dieser Projektion auf die Zukunft erfolgt dabei im Idealfall
eine Frage, auf die Ihr Gegenüber nur reagieren kann, wenn er die Projektion als
solche akzeptiert. Je komplexer die Frage, desto vollständiger ist die Einfühlung in
die Projektion. „Vorausgesetzt, Sie würden sich für unsere Software entscheiden, auf
wie vielen Rechner sollten wir sie denn installieren?“ So wird Ihr Kunde selbst aktiv.
Referenztechnik
Verweisen Sie auf positive Schlüsselbeispiele mit möglichst messbaren Kennwerten.
„Unser Gerät ist in der Branche jetzt schon bei 60 Prozent der Nutzer etabliert.“ Konkrete Namen zu nennen, empfiehlt sich nur bei bedeutenden Referenzkunden.
Verpflichtungstechnik
Engagieren Sie sich für Ihre Kunden, um sie dadurch zu verpflichten. Telefonieren
Sie beispielsweise vom Kunden aus mit Ihrer Projektentwicklung, um bestimmte Bedürfnisse vor Ort abklären zu lasen. Ihr Kunde wird wegen des persönlichen Aufwands, der für ihn betrieben wird, größere Hemmungen haben, den Kaufabschluss
zu verweigern.
Pro- und Kontra-Technik
Sprechen Sie aktiv auch die Nachteile einer möglichen Kaufentscheidung an – allerdings nur, wenn die Vorteile tatsächlich überwiegen. Stellen Sie beiden Seiten gegenüber und lassen Sie Ihren Kunden selbst die Schlüsse ziehen. Hilfreich ist auch
die schriftliche Fixierung. Eine Vorteilsspalte, die die der Nachteile bei weitem überragt, spricht Bände und bedient zudem visuell veranlagte Kunden.
Resümeetechnik
Fassen Sie in Ruhe alle genannten Kaufentscheidungsmotive, von deren Wirkung
Sie überzeugt sind, zusammen. Am Ende dieser (möglichst langen) Liste schließen
Sie „Was spricht nach Ihrer Ansicht denn noch gegen eine mögliche Kaufentscheidung?“
Probekauf
Bei besonders schwierigen Kunden bietet es sich an, einen Probekauf zu erlauben.
Eine Maschine wird beispielsweise nur für vier Wochen geliefert, ein Versorgungs-
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vertrag für sechs Monate geschlossen, damit sich der Kunde von der Qualität Ihres
Produktes überzeugen kann. Sinn macht ein solches Vorgehen vor allem dann, wenn
Sie von dessen Qualität absolut überzeugt sind und nicht befürchten, vom Kunden
ausgebeutet zu werden. Plakativ formuliert: Verkaufen Sie eine Eismaschine zur
Probe nicht im August, sondern im Dezember.
Rabatttechnik
Bei dieser Technik handelt es sich um eine absolute Notbremse, die entsprechend
selten eingesetzt werden sollte. Dennoch: Wenn Ihre Bemühungen umsonst erscheinen, bieten Sie Ihrem Kunden einen satten, gerade noch vertretbaren Rabatt an. Zögern Sie diese Abschlussmöglichkeit allerdings so lange heraus, wie es eben geht.
Warnen Sie außerdem Ihre Kollegen im Vertrieb vor diesem Kunden. Außerdem sollten Sie ihn nach Möglichkeit beim nächsten Kauf nicht wieder bedienen müssen,
damit er nicht davon ausgehen kann, bei Ihnen automatisch alle Produkte rabattiert
zu erhalten.
Weitere Abschlusstechniken
Wenn der Vertragsabschluss nach "Verkaufsdrehbuch" unmittelbar bevorsteht, lavieren sich Kunden oft noch um eine definitive Entscheidung herum. Zwar müssen Sie
im Interesse einer langfristigen und vertrauensvollen Kundenbeziehung die Wünsche
des Kunden respektieren - also auch was den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
betrifft - und dürfen ihn nicht zum Kauf drängen. Nichtsdestotrotz übernehmen Sie im
Verkaufsgespräch den aktiven Part. Ihre Initiative wird also auch von Kunden vorausgesetzt. Es liegt also in Ihrer Verantwortung, Regie zu führen und mit rhetorischen Mitteln zur nächsten Stufe im Verkaufsprozess überzuleiten.
Klassischerweise wollen Kunden vor größeren Investitionen noch eine Nacht darüber schlafen. Wenn Kunden diesen Wunsch äußern, sollten Sie gleich einen Anschlusstermin vereinbaren. Beim erneuten Zusammentreffen sollten Sie dann nicht
direkt fragen, wie die Entscheidung gefallen ist, sondern über eine für den Kunden
neue Entwicklung berichten (z. B. etwas aus seiner Branche oder aus Ihrem Unternehmen). Dann sollten Sie das Produkt nochmals präsentieren, diesmal mit dem Fokus auf die Übereinkünfte, die mit dem Kunden zu einzelnen Punkten bereits getroffen wurden.
Oft hören Verkäufer im Kundengespräch auch Sätze wie "Dazu reicht unser Budget nicht." oder "Dazu müsste ich erst meinen Vorgesetzen überzeugen." Hier treiben Sie den Verkaufsprozess vorwärts, mit dem Angebot: "Wenn ich dieses Problem
für Sie löse, würden wir uns dann einig werden?" Wenn Kunden dem zustimmen und
es Ihnen tatsächlich gelingt, das Hindernis zur Zufriedenheit auszuräumen, fühlen
sich Kunden Ihnen gegenüber verpflichtet ihre Zusage auch zu erfüllen. Diese Technik können Sie auch effektiv einsetzen, wenn Kunden einzelne Einwände oder zentrale Anforderungen an das Produkt äußern, etwa: "Wenn wir Ihnen das Gerät
wunschgemäß mit der Leistungsfähigkeit X liefern können, würden Sie dann einwww.mittelstandswissen.de
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schlagen?", oder: "Wenn wir die Anlage für Sie um das Element Y erweitern, könnten
Sie sich dann zum Kauf entschließen?"
"Ich überlege es mir", ist ebenfalls eine häufige Kundenreaktion, die Verkäufer mit
der Unsicherheit entlässt, wie ernst die Aussage wirklich gemeint ist. US-Verkäufer
gehen hier schon einmal in die Offensive mit der Frage: "Nur um sicherzugehen: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie grundsätzlich interessiert sind?" und fügen mit
amerikanischer Lässigkeit und einem Augenzwinkern hinzu: "Sie wollen mich nicht
einfach nur loswerden?" Wenn Sie diesen Zusatz aussparen, ist es durchaus sinnvoll, an dieser Stelle nachzuhaken. Wenn Kunden daraufhin ihr ernsthaftes Interesse
an Ihrem Angebot bestätigen, dann verschaffen Sie sich Klarheit darüber, was genau
ihnen noch Kopfzerbrechen bereitet: "Müssen Sie noch über den Preis / die Lieferkonditionen / die Produkteigenschaften nachdenken?" Wenn sie den Einwand identifizieren können, bieten Sie an, über diesen Punkt nachzuverhandeln. Können Kunden auf Ihre Nachfrage keinen konkreten Punkt benennen, lohnt ein zweiter Anlauf,
zum Abschluss zu gelangen.
Das alte Lied vom Budget...
Bei der Neukundengewinnung hört man es am häufigsten, aber auch langjährige
Kunden können es unvermittelt anstimmen: das alte Lied, dessen Refrain in etwa
lautet: "Ihr Angebot klingt sehr interessant, doch dieses Jahr fehlt uns bedauerlicherweise das Budget." Die Versuchung ist groß, sobald es die Höflichkeit zulässt eine
Verabschiedung zu murmeln und den Telefonhörer aufzulegen beziehungsweise
beim Kundentermin die Präsentationsunterlagen zusammenzuklappen und das Weite zu suchen.
Doch wie in vielen Situationen gilt auch hier: Wenn Sie wissen, wie Sie darauf reagieren können, verliert die vermeintliche Killerphrase ihren Schrecken. Betrachten
Sie das Verkaufsgespräch keinesfalls als abgeschlossen, wenn die altbekannte Melodie erklingt! Wie Sie sicherlich oft vermuten, ist der Verweis auf das Budget bei
entscheidungsunfreudigen Kunden ein gern genutzter Vorwand, um sich aus der Affäre zu ziehen. Ein einfacher Weg, um herauszufinden, woran Sie sind, ist die simple
Frage: "Wenn Sie jetzt das Budget hätten - würden Sie kaufen?" Lautet die Antwort
nein, dann ermöglicht Ihnen die klare Aussage, die Gründe zu ermitteln und Ihrem
Gegenüber eventuell ein passenderes Angebot zu unterbreiten. Antwortet Ihr Gesprächspartner dagegen mit ja, dann fragen Sie, ob er die Investition in der Budgetplanung für das kommende Jahr berücksichtigen kann. Unterbreiten Sie ihm ein Finanzierungsangebot, in dem für das laufende Jahr keinerlei Ausgaben anfallen. Solche finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten sind beispielsweise Leasing, ein Zahlungsaufschub oder eine spätere Zusendung der Rechnung.
Gewitzte Verkäufer sind bestens über die Branche ihres Verhandlungspartners informiert, bevor sie ein Verkaufsgespräch beginnen. Das Investitionsklima und die
allgemeine Stimmung in der Branche, die Zahl der Entlassungen oder verkürzte Ar-
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beitszeiten lassen auf die Finanzlage von potenziellen Geschäftspartnern schließen.
Dank Ihres Vorwissens ist für Sie ein Geschäftsabschluss mit einem Unternehmen
aus einer krisengeschüttelten Branche vielleicht gar nicht mehr so erstrebenswert.
Handelt es sich dagegen lediglich um einen vorübergehenden Engpass wie bei vielen Unternehmen, die zurzeit größere Investitionen tendenziell zurückstellen und auf
Anzeichen für eine konjunkturelle Belebung warten, dann sollten Sie dieses Wissen
zu Ihrem Vorteil nutzen. Zeigen Sie Verständnis für die finanziellen Zwänge Ihres
Gegenübers und gehen Sie darauf ein. Damit demonstrieren Sie, dass Sie nicht den
schnellen Geschäftsabschluss, sondern das geschäftliche Wohlergehen des Verhandlungspartners im Blick haben. So gewinnen Sie heute das Vertrauen Ihres Gesprächspartners - und später den Auftrag. Erkundigen Sie sich beispielsweise, in
welcher Höhe das Budget für Ihr Produkt in der Regel veranschlagt wird und lassen
Sie ggf. ein Muster da, wenn Sie glauben, dass sich eine längere Akquisitionsphase
letztendlich rechnet.
Sicher ist es schöner, das Verkaufsgespräch mit einem Geschäftsabschluss beenden zu können. Lassen Sie sich jedoch nicht entmutigen und zeigen Sie Verständnis,
wenn Ihr Verhandlungspartner Sie auf einen späten Zeitpunkt vertröstet und Ihnen
beispielsweise zusichert, man werde auf Ihr Unternehmen zurückkommen, sobald
der noch bestehende Vertrag mit einem anderen Anbieter ausläuft. Was letztendlich
zählt, ist der für beide Seiten positive Gesprächsabschluss.
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4. Gesprächsnachbereitung
Der Kunde hat Ihnen den Auftrag zugesagt, Ihnen nochmals kräftig die Hand geschüttelt und Sie in beschwingter Laune entlassen. Jetzt fahren Sie zu Ihrem Unternehmen zurück und ... tun was? Eigentlich gehört es zu Ihren Aufgaben, jetzt ein
Gesprächsprotokoll zu verfassen, die After-Sales-Aktivitäten in die Wege zu leiten
und die Vertriebsleitung zu informieren. In der Praxis herrscht häufig noch eine mehr
oder minder beträchtliche Professionalisierungslücke.
Warum nachbereiten?
Die Nachbereitung des Verkaufsgesprächs ist, darin sind sich Vertriebsexperten weitegehend einig, genauso wichtig wie die Vorbereitung des Verkaufsgesprächs. Denn
nach dem Verkaufsgespräch ist die Phase für sämtliche Kundenbeziehungsmaßnahmen, die Sie Ihren Kunden angekündigt haben. Halten Sie mit Ihrem Service jetzt
nicht, was Sie versprochen haben, wird Ihr Kunde schon vor der Auslieferung der
Ware seinen Kauf bereuen. Zu Recht bezeichnen einige Experten die Nachbereitung
des Verkaufsgesprächs deshalb als seine eigentliche Krönung, weil nur mit ihrer Hilfe
aus einem kurzfristigen Erfolg eine langfristige Erfolgsstory werden kann.
Auch die Selbsteinschätzung der Verkaufsleistung wird durch eine fundierte Nachbereitung des eigentlichen Verkaufsgesprächs wesentlich vereinfacht. Denn die Nachbereitungsphase eines Verkaufsgespräch erfüllt mindestens drei Funktionen, die sich
nach den Adressaten, an die die nachfolgenden Aktivitäten gerichtet sind, differenzieren lassen: den Kunden, den Verkäufern und der gesamten Vertriebsabteilung.
Nachbereitung des Verkaufsgesprächs
Funktionen der Nachbereitungsphase
In Bezug auf den Kunden: Sobald der Verkäufer gegangen ist, kehren Kunden zu
ihren gewohnten Aktivitäten zurück. Von dem Versprechen, sich beim Verkäufer
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zu melden, bleiben schnell nur noch Erinnerungen. Außerdem bekommen Kunden zwischendurch unter Umständen Besuch von anderen Verkäufern, die Sie für
die gleichen oder ähnlichen Leistungen gewinnen wollen. Wenn sich der erste
Verkäufer bis dahin nicht gemeldet hat, ist er und sein Angebot schnell vergessen.
In Bezug auf den Verkäufer: Ein ambitionierter Verkäufer wird sich ständig verbessern wollen. Das kann er nur dann, wenn er aus früheren Erfahrungen lernt.
Eine gute Nachbereitung informiert Sie über Ihre Stärken und Schwächen und unterstützt Sie bei den nächsten Verkaufsaktionen.
In Bezug auf die Vertriebsabteilung: Für den Vertrieb gilt die Nachbereitung als
Kontrollinstrument der Verkaufsaktivitäten. Solche Verkaufsberichte dienen dabei
auch der Zielsetzung, Planung und Realisierung künftiger Verkaufstätigkeiten. Mit
der Weitergabe Ihrer Erfahrungen erweitern und verbessern Sie also die Wissensbank des Unternehmens.
Kundenbezogenen Aufgaben
Bei der Gesprächsnachfassung handelt es sich um die Rückmeldung beim Kunden.
Sie kann telefonisch oder schriftlich durchgeführt werden. Wenn Sie nicht nachfassen, geschieht nichts! Die Auftragsabwicklung bezeichnet die sachgerechte Behandlung der Kundenbestellung. Termine, die Sie mit dem Kunden vereinbart haben,
müssen systematisch eingeplant, vorbereitet und wahrgenommen werden. Lassen
Sie dem Kunden zum vereinbarten Zeitpunkt die versprochenen Informationen bzw.
Unterlagen in der richtigen Qualität zukommen.
Verkäuferbezogene Aufgaben
Unter der Gesprächsanalyse versteht man die sachliche wie psychologische Reflexion des Verkaufsgesprächs. Versetzen Sie sich dafür in die Lage des Kunden, um
Ihrer Analyse das Maximum an Objektivität zu verleihen. Führen Sie zusätzlich eine
Selbsteinschätzung durch, um festzustellen, inwieweit Sie sich in Bezug auf die Gesprächsführung im Besonderen und in Bezug auf die Verkäuferkompetenzen im Allgemeinen verbessert haben. Fügen Sie neu gewonnene Erkenntnisse und Informationen in Ihre persönliche Datenbank ein.
Vertriebsbezogene Aufgaben
Durch das Besuchsprotokoll kann der Vertriebsleiter kontrollieren, ob die vereinbarten Vertriebsvorgaben erfüllt wurden. Zudem lässt sich feststellen, inwiefern die Planungen realistisch waren und ob die Vertriebskapazitäten erweitert werden sollten.
So behält die Vertriebsplanung den Bezug zur Realität. Durch die Aktualisierung der
Kundenkarteien auf Unternehmensebene kann die Kundschaft neu kategorisiert werden. Damit steigern Sie das Wissen und die Wettbewerbsfähigkeiten des Unternehmens. Außerdem können Sie Ihre Erkenntnisse an Kollegen weitergeben – sowohl in
einem persönlichen Gespräch als auch z. B. durch ein entsprechendes Intranet.
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Regeln der Verkaufsnachbereitung
Der Beginn der Nachbereitung sollte unmittelbar im Anschluss an die Verkaufsgespräche erfolgen.
Der kundenbezogene Teil hat dabei höchste Priorität.
Die verschiedenen Inhalte der Nachbereitung sollten unternehmensintern standardisiert werden, um den jeweiligen Arbeitsaufwand gering zu halten.
Kollegen sollten nach Möglichkeit in die Verkaufsreflexion einbezogen werden,
um Synergieeffekte ausnutzen zu können und Doppelarbeiten zu vermeiden.
Der Vertrieb wird über jede Veränderung bezüglich Kunden, Markt, Wettbewerb
etc. systematisch informiert.
Ein Beispiel: Das schriftliche Nachfassen
Ein gutes Anschreiben im Verkauf zeichnet sich dadurch aus, dass der Kundennutzen deutlich zum Ausdruck kommt. Die Grundstruktur eines Angebotsbriefes sollte
aus vier Teilen bestehen.
Am Anfang der Einleitung bedanken Sie sich noch einmal für das persönliche
Gespräch, auf das Sie per Datum Bezug nehmen. Direkt danach folgen die während des Gesprächs formulierten Ziele und Wünsche des Kunden, für die Sie idealerweise die Ausdrucksweise des Kunden verwenden.
Im so genannten Briefkern beschreiben Sie die konkrete Problemlösung und
Möglichkeiten der Umsetzung. Nennen Sie in kurzen Sätzen alle notwendigen
Schritte. Damit das eigentliche Schreiben nicht zu lang wird, können Sie die Details auf einer Extra-Seite anhängen, auf die Sie gesondert hinweisen. Allerdings
sollte auch dieser Anhang nicht ausufern.
Der dritte Teil (Sonstiges) beinhaltet sonstige Informationen, die sich auf die Auftragsabwicklung beziehen. Hier werden z. B. mögliche Lieferverzögerungen begründet oder auf die Kunden speziell zugeschnittene Extra-Leistungen angeboten.
Zum Abschluss planen Sie Termine für die nächsten Schritte und beenden den
Brief mit einer kurzen und aussagekräftigen Formulierung. Vermieden Sie Floskeln wie „Wir hoffen auf eine baldige Rückmeldung von Ihnen“. Damit erwecken
Sie im schlechtesten Fall den Eindruck, Sie wären bereit, lange auf eine Reaktion
zu warten und Ihnen wäre der Verkauf nicht entsprechend ernst.
Besonders dringend: Extra-Services einlösen
Viele Vertriebsmitarbeiter bieten Ihren Kunden während des Verkaufsgesprächs Zusatzdienstleistungen an. Diese so genannten After-Sales-Leistungen bezeichnen
einen zum Teil kostenlosen Mehrwert. Ihr Spektrum reicht von weiteren Informati-
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onsbroschüren zu einem bestimmten, im Verkaufsgespräch nicht näher behandelten
Thema, bis zu Arbeiten des Kundendienstes (Inspektion, Reparatur, Ersatzteilverkauf, Zusatzservices usw.). Es ist besonders wichtig, solche Extra-Services umgehend nach Ende des Verkaufsgespräches einzulösen, damit die Bindung des Kunden und damit seine Bereitschaft, den Kaufvorgang abzuschließen, erhöht wird.
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4.1 Protokollierung: Dokumentation der Gesprächsergebnisse
Je stärker Sie Ihre Vertriebsarbeit professionalisieren, desto wichtiger ist es, dass Sie
die relevanten Informationen, die Sie beispielsweise über Kunden, Gesprächsabläufe
usw. sammeln, auch festhalten, um Sie Ihren Kollegen zur Verfügung zu stellen bzw.
selbst zu einem späteren Zeitpunkt davon zu profitieren. Andernfalls fangen Sie immer wieder bei Null an. Erst die systematische Erfassung des gesamten relevanten
Wissens kann dafür sorgen, dass die Gesamtleistung des Vertriebs verbessert wird.
Standards sind gefragt
Um sich später einen schnellen Überblick z. B. über den Ablauf eines wichtigen Kundengespräches verschaffen zu können, sollten Sie die Form, in der Sie Ihre Notizen
festhalten, standardisieren. Das garantiert Ihnen neben dem Zeit- und Geldvorteil
auch die unbedingt notwendige Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Vor allem wenn Sie
in einer großen Vertriebsabteilung arbeiten oder sich Ihr Team aus höchst unterschiedlichen Charakteren zusammensetzt, ist dies von hoher Bedeutung. Gesprächsprotokolle haben sich in diesem Zusammenhang in der Praxis bewährt. Sie
umfassen mehrere Aspekte. Dazu gehören Gesprächsbegründung, allgemeine und
konkrete Zielsetzungen, Kernaussagen der Verkaufsmotivation, Gesprächsinhalte,
Gesprächstaktik und natürlich die Reaktion des Kunden. Sie dienen sowohl als Vorbereitungsmöglichkeit auf ein erneutes Gespräch als auch als allgemeiner Wissensspeicher des Unternehmens – und haben nebenbei sogar eine professionalisierende
Wirkung, weil dadurch ebenfalls Standards sinnvoller Gesprächsführungen festgelegt
werden.
Gesprächsebenen
Grundsätzlich sind bei einem Gesprächsprotokoll zwei Ebenen zu unterscheiden:
zum einen die Ebene der offiziellen Gesprächsergebnisse, die auch Ihren Vertriebskollegen zur Verfügung gestellt werden sollte, und zum anderen die Ebene Ihres persönlichen Eindrucks von diesem Verkaufsgespräch, die vor allem Ihrer eigenen Weiterbildung dient.
Gesprächsprotokolle als Checklisten
Eigentlich klingt es, als seien Gesprächsprotokolle vor allem Teil der Nachbereitung
des Verkaufsgespräch. Paradoxerweise sind Sie aber ebenso gut Element seiner
Vorbereitung. Denn ein vernünftig geplantes Gespräch, das auf einem umsichtig erstellten Gesprächsgerüst basiert, erleichtert es natürlich erheblich, die der Reihe
nach abgehakten Punkte systematisch auszuwerten. Als grobes Gerüst empfiehlt
sich eine Einteilung des Gesprächsverlaufs in vier Rubriken, die absichtlich so allgemein gehalten werden, dass sie als Checkliste für fast alle Arten von Gesprächen
fungieren können:
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Nach dem Gespräch ist vor dem Gespräch
Sachliche Informationen
Hier steht zunächst im Vordergrund, um welche Themen es in dem Gespräch eigentlich ging. Notieren Sie also in Stichworten beispielsweise:
die Ausgangssituation oder Problemlage des Kunden,
die individualisierte Nutzendarstellung eines neuen Produkts,
eine Konkretisierung des für den Kunden relevanten Leistungsspektrums,
ein Wartungsauftrag oder ähnliches usw.
Verkäuferbezogene Analyse
In dieser Rubrik gilt es, Ihre eigene Leistung zu bewerten: angefangen vom eigenen
Auftritt (Pünktlichkeit, Kleidung, Qualität des Informationsmaterials usw.), über die Art
des von Ihnen gewählten Einstiegs (Small-Talk) bis hin zu Ihren rhetorischen, nonverbalen und argumentativen Leistungen. Daneben geht es in dieser Rubrik auch um
Ihre spezifischen Zielsetzungen: Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele verfolgen Sie mit dem Gespräch? Wie sind die verfolgten Ziele untereinander zu hierarchisieren? Bei welchen Zielen wirkte Ihre Gesprächspartner kooperationsbereit, bei
welchen weniger? Glauben Sie, Ihren Gesprächspartner von der Wichtigkeit potenziell gemeinsamer Ziele überzeugt zu haben?
Käuferbezogene Analyse
In dieser Rubrik steht Ihr Gesprächspartner im Vordergrund. Orientieren Sie sich beispielsweise an folgenden Leitfragen:
Wie hat er Ihrer Meinung nach das Gesagte aufgenommen?
Wie schätzt er das Image Ihres Unternehmens und die Qualität Ihrer Produkte
ein?
Welche Ihrer Kernaussagen ist bei ihm hängen geblieben?
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Schien er Spaß gehabt zu haben an dem Gespräch?
Konnten Sie ein eindeutiges Interesse auf Seiten Ihres Kunden feststellen?
Ist ihm sein potenzieller Nutzen beim Erwerb Ihre Produktes klar geworden?
Hatte Ihr Kunde weitergehende Fragen?
Könnten Sie diese beantworten und seine Zweifel weitgehend zerstreuen?
Gesprächsbezogene Analyse
Zuletzt erfolgt ein Analysekriterium, das sich auf den Verlauf des Gespräches selbst
richtet. Folgende Stichpunkte haben sich in diesem Zusammenhang in der Praxis
bewährt:
Gesprächseinstieg: Wer hat die Initiative ergriffen? Auf welche Weise haben Sie
das Eis gebrochen? Wie hat der Gesprächspartner auf Ihren Einstieg reagiert (erfreut, gelassen, gelangweilt)?
Gesprächsbegründung: Was ist der Anlass Ihres Gespräches? Wie kam der Kontakt zustande? Wer hat wen angesprochen? Zu welchem Zweck soll das Gespräch geführt werden? Welche besondere Neuerung möchten Sie beispielsweise Ihrem Kunden vorstellen?
Gesprächstaktik: Welche Taktik haben Sie sich zurechtgelegt, um Ihren Kunden
zu fesseln? Inwiefern setzen Sie sich von anderen Kundenberatern ab? Wie reagieren Sie auf mögliche Einwände und Widerstände? Welcher rhetorischen, nonverbalen und dramaturgischen Mittel habe Sie sich bedient?
Gesprächsverlauf: Wie hat der Kunde Ihre Darstellung aufgenommen? Hat er
versucht, seinerseits das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken? Wie
ist Ihre „Vorstellung“ nach Ihrer Ansicht angekommen?
Ergebnisse notieren
Wenn Sie eine Checkliste aufstellen, die Ihnen und Ihren Kollegen den Verlauf und
die Ergebnisse eines Kundengesprächs vor Augen führt, sollten Sie darauf achten,
geschlossene Fragen zu formulieren, die relativ schematische Antworten ermöglichen: etwa mir „Ja“ oder „Nein“, im Rahmen einer simplen Punktebewertung oder
durch die Nennung einfacher, allgemein bekannter Stichworte. Dies ist allein deshalb
von Vorteil, weil auf diese Weise sowohl das Erstellen als auch das spätere Lesen
des Protokolls vergleichsweise wenig Zeit beansprucht.
Weg und Ziel
Natürlich ist nicht nur der Verlauf eines Gespräches in das Gesprächsprotokoll aufzunehmen, sondern auch sein Ergebnis. Versuchen Sie in diesem Zusammenhang
in möglichst knappen Worten den Stand der Dinge festzuhalten. Bei besonders wich-
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tigen Gesprächen empfiehlt es sich außerdem, eine mögliche Diskrepanz zwischen
dem Verlauf und dem Ergebnis des Gesprächs festzuhalten, weil auch hier wichtige
Kundeninformationen verborgen liegen können. Hat ein Kunde beispielsweise mehrfach eher ablehnend auf Ihr Informationsangebot reagiert, Ihnen dann aber dennoch
den Auftrag erteilt, ist dies ein sicheres Indiz dafür, dass er nicht eingehend beraten
werden will. Stellen Sie sich also beim nächsten Gesprächstermin entsprechend darauf ein und fassen Sie sich kurz. Vor allem aber: Informieren Sie mittels des Gesprächsprotokolls Ihre Kollege über diese Besonderheit des Kunden – wie auch über
seinen anderen Eigenschaften und Vorlieben.
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4.2 Telefonisches Nachfassen: Den roten Faden wieder aufgreifen
Im Kundengespräch haben Sie den Bedarf analysiert und konnten Ihrem Gesprächspartner ein maßgeschneidertes Angebot unterbreitet, das er nicht ablehnen kann.
Vielleicht haben Sie ihm anschließend Informationsmaterial oder ein schriftliches Angebot zugeschickt. Nun liegt der Geschäftsabschluss in greifbarer Nähe. Nur noch
ein Anruf und Sie können einen besonders attraktiven Neukunden gewinnen oder
durch einen Folgevertrag mit einem bestehenden Kunden den langfristigen Erfolg
Ihres Unternehmens sichern.
Grundsätze des telefonischen Nachfassens
Zunächst erleichtert Ihnen ein fester Termin den Einstieg. Stimmen Sie deshalb möglichst schon am Ende des Kundengesprächs den Zeitpunkt ab, an dem Sie sich telefonisch melden. In der Regel rufen Sie nach zwei bis drei Tagen zurück, bedanken
sich für das Gespräch und erkundigen sich nach dem Stand der Dinge.
Vor Ihrem Anruf sollten Ihnen alle Details des vergangenen Gesprächs präsent sein
und die entsprechenden Unterlagen in greifbarer Nähe liegen. Machen Sie sich auch
Stichpunkte für die Gesprächsführung. Bereiten Sie sich vor allem auf mögliche Einwände des Kunden vor. Sie sollten sich hierfür Antworten zurecht legen, um sich
nicht spontan zu Zugeständnissen (z. B. Rabatte) hinreißen zu lassen, die Sie später
bereuen. Überlegen Sie aber auch, wo Sie dem Kunden noch entgegenkommen
können. Ein kleiner Bonus erleichtert einem noch zögernden Verhandlungspartner
den Abschluss.
Das Eisberg-Modell der Kommunikation
Genau wie bei einem Kundentermin ist auch am Telefon die Gesprächsatmosphäre
erfolgsentscheidend. Sprechen Sie deutlich, in kurzen Sätzen und vermeiden Sie
Fachjargon. „Lächeln“ Sie Ihr Gegenüber durchs Telefon an. Hören Sie aktiv zu und
signalisieren Sie durch kurze Einwürfe wie „Ja. Ich verstehe.“ oder Zwischenfragen,
dass Sie Ihrem Gesprächspartner folgen können.
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Lesen Sie hier, wie Sie nach einem Erfolg versprechenden Kundentermin den Faden
am Telefon wieder aufgreifen und das Geschäft schließlich zum Abschluss bringen.
Bleiben Sie bei zögernden Kunden am Ball
Gerade wenn ein Auftrag eine größere Investition erfordert, gelingt es Außendienstmitarbeitern bei einem Kundentermin oft nicht auf Anhieb, das Geschäft abzuschließen. Der Verhandlungspartner zögert noch, bittet um Informationsmaterial, Bedenkzeit oder ein schriftliches Angebot. Eine schwierige Situation, denn der Verkaufsprozess wird unterbrochen und es besteht die Gefahr, dass der Faden nicht mehr aufgenommen werden kann. Der Kunde wendet sich wieder anderen Dingen zu, entscheidet sich für Wettbewerber oder verschleppt die Entscheidung zum „SanktNimmerleins-Tag“. Mit einem professionellen telefonischen Nachfassen erhöhen Sie
die Chancen, doch noch zum Abschluss zu kommen.
Treffen Sie möglichst Terminvereinbarungen
Die Vorbereitung des Nachfassens beginnt bereits beim Kunden vor Ort: Vereinbaren Sie mit Ihrem Gesprächspartner in der Schlussphase des Verkaufsgesprächs
den Zeitpunkt Ihres nächsten Anrufs: „Wann darf ich mich wieder bei Ihnen melden?“
Auch wenn Sie ein schriftliches Angebot zugesagt haben, sollten Sie die persönliche
Gesprächssituation nutzen, um Ihren Anruf vorzubereiten: „Bis wann glauben Sie,
dass Sie in dieser Sache eine Entscheidung getroffen haben könnten?“ Auch wenn
Ihr Verhandlungspartner einen Anruf zusagt, bietet das Verstreichen eines festen
Termins die Gelegenheit, sich Ihrerseits zu melden. Wenn keine Vereinbarung vorliegt, rufen Sie den Kunden zwei oder drei Tage nach dem Gespräch an. Auch die
Anrufzeit spielt eine Rolle: Während Handwerker beispielsweise vor acht und nach
18 Uhr am besten im Büro zu erreichen, können Sie Dienstleister gut während der
Kernzeiten (9-12 und 14-16 Uhr) erreichen. Da im Privatkundenbereich die oft
schlechte telefonische Erreichbarkeit hohe Kosten durch mehrmalige Versuche verursacht und auch rechtlich immer problematischer wird, sollten Sie auf den schriftlichen Weg ausweichen - es sei denn, Sie haben einen festen Termin für Ihren Anruf
vereinbart. Durch die vorherige Ankündigung trifft den Kunden Ihr Anruf nicht aus
heiterem Himmel. Diese Tatsache an sich verschafft Ihnen bereits eine bessere Ausgangsposition für Ihr Gespräch.
Vorbereitung
Legen Sie alle nötigen Unterlagen bereit, auf die Sie während des Gesprächs eventuell zurückgreifen müssen. Nehmen Sie auch Ihren Kalender zur Hand, damit Sie
ihn bei Terminvereinbarungen griffbereit haben. Ein Stichwortzettel mit den wichtigsten Gesprächspunkten gibt Ihnen zusätzlich Sicherheit. Bereiten Sie sich im Vorfeld
auch schon auf mögliche Einwände vor. Gerade wenn Sie erwarten, dass ein Kunde
noch über den Preis verhandeln will, sollten Sie nicht unvorbereitet sein: Überlegen
Sie sich zum Beispiel, wie viel Spielraum Sie noch bei den Konditionen haben oder
welche Zusatzangebote Sie noch unterbreiten könnten. Bevor Sie nun zum Hörer
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greifen: Überprüfen Sie Ihre Einstellung zum Kunden. Sind Sie offen, positiv und
zielorientiert eingestimmt? Machen Sie sich bewusst, dass Sie dem Kunden ein Produkt mit vielen Vorteilen zu bieten haben.
Einstieg
Vergegenwärtigen Sie sich vor dem Anruf den Verlauf des vergangenen Gesprächs
und überlegen Sie sich die Anknüpfungspunkte. Wenn Sie die spezifischen Vorteile
Ihres Angebotes für den Gesprächspartner nach Prioritäten geordnet präsent haben,
finden Sie leichter einen Aufhänger und können auf besprochene Einzelheiten zurückkommen. Mit der Einstiegsfrage „Haben Sie unser Angebot (oder: unsere Informationsmaterialien) schon gelesen?“ überrumpeln Sie Kunden, die noch nicht dazu
gekommen sind. Besser ist die Formulierung: „Hatten Sie schon Gelegenheit, unser
Angebot zu lesen?“. Ihr Gesprächspartner kann seinen Zeitmangel offen zugeben
oder ihn zumindest vorschieben, ohne sich schlecht dabei zu fühlen. Wie gut erinnert
sich Ihr Gegenüber am anderen Ende noch an die besprochenen Details? Je nach
Eindruck kann ein „Darf ich Ihnen die wesentlichen Punkte des Angebots noch einmal erläutern“ oder „Haben Sie noch Fragen zu unserem Angebot?“ nützlich sein.
Atmosphäre
Kommunikation läuft immer auf zwei Ebenen ab: Auf der Sachebene argumentieren
Sie, auf Beziehungsebene können Sie die Gesprächsatmosphäre positiv beeinflussen. Wie bei einem Eisberg spielt sich der Großteil des Gesprächs unterhalb der
sichtbaren Oberfläche ab. Das Wichtigste am Telefon ist die Stimme. Sie sollte deutlich sein, munter klingen und „lächeln“. Bleiben Sie auch freundlich, wenn sich das
Gespräch auf der Sachebene in schwieriges Fahrwasser bewegt. Kundeneinwänden
oder gar Beschwerden sollten Sie auf der emotionalen Ebene mit Verständnis begegnen, auf der Sachebene jedoch durch Nachfragen nach Lösungsmöglichkeiten
suchen. Obwohl Sie durch den Verzicht auf Gestik und Mimik etwas eingeschränkt
sind, können Sie das Gesprächsklima auch am Telefon beeinflussen:
Lassen Sie den Kunden ausreden.
Sprechen Sie deutlich und in kurzen Sätzen.
Vermeiden Sie Fremdwörter und Fachjargon.
Hören Sie aktiv zu: Geben Sie z. B. kurze Rückmeldungen („Ja.“ ... „Hm.“ ... Aha.“
... „Ich verstehe.“) oder stellen Sie kurze Zwischenfragen. Eine bewährte Technik
ist auch das verbale „Spiegeln“ des Gesagten, wie „Da haben Sie noch Zweifel.“
Oder „Das ist Ihnen wichtig.“
Sprechen Sie den Kunden hin und wieder mit Namen an.
Schluss
Der letzte Eindruck bleibt, deshalb müssen die letzten Sätze sitzen. Vermitteln Sie
Ihrem Gesprächspartner,
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dass Sie alles erledigen und nichts vergessen: „Gut, Herr XY, ich habe mir alles
notiert. Ich kümmere mich darum.“
dass Sie wollen, dass er seinen Wünschen entsprechend informiert wird, z. B.:
„Ist damit alles geklärt?“
dass der Service in Ihrem Unternehmen bestechend gut ist: „Kann ich noch etwas
für Sie tun? Wenn Sie noch Fragen haben - rufen Sie an.“
Solche und ähnliche Sätze wirken lange nach, stärken die Kundenbindung und fördern das Geschäft.
Nachbereitung
Halten Sie abschließend schriftlich das wesentliche Ergebnis des Gesprächs fest.
Wen müssen Sie über die Gesprächsinhalte informieren? Wie sind Sie mit dem Kunden verblieben: Welche Termine haben Sie vereinbart? Was müssen Sie veranlassen? Wann müssen Sie Ihren Gesprächspartner worüber unterrichten?
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4.3 Beziehungsmanagement: Zwischenmenschliches professionalisieren
Vertrieb besteht im Wesentlichen im persönlichen Gespräch von Mensch zu Mensch,
also im Rahmen von Beziehungen. Diese Schnittstellen nicht systematisch zu organisieren und zu pflegen, bedeutet folgerichtig, das wichtigste Kapital eines Vertriebsmitarbeiters ungenutzt zu lassen. Hier gibt es eindeutig noch Optimierungsbedarf.
Beziehungen
Privatpersonen unterhalten sie, Unternehmen unterhalten sie, Staaten und sogar
ganze Kontinente: die Rede ist von Beziehungen. Sie sind so verschieden wie die
Menschen, die durch sie zusammenfinden. Trotzdem ist es im Grunde egal, ob Beziehungen fragil oder belastbar, langfristig oder sporadisch sind – immer hängt im
Ernstfall von diesem filigranen, stimmungsabhängigen und sehr störungsanfälligen
Geflecht immens viel ab. Umso notweniger ist es, das wenige, was überhaupt planbar ist in punkto Beziehungen, auch tatsächlich systematisch zu planen.
Der vernetzte Vertriebsmitarbeiter
Selbstanalyse
Bevor es darum gehen kann, wie Verkäufer mit ihren Kunden besser in Beziehung
treten können, muss es zunächst darum gehen, sich das umfassende Beziehungsgeflecht klarzumachen, in dem der Vertriebsmitarbeiter selbst steht. Der Grund: Eine
solche Selbstanalyse verdeutlicht sowohl die Relevanz von Beziehungen als auch
das Funktionsprofil des Vertriebsmitarbeiters, steht er doch mit Führungskräften,
Produktentwicklern, Buchhaltern, Marketing-Experten, Logistikern usw. auf Unternehmensseite und Einkaufsleitern, Sekretärinnen, Lager- und Fuhrparkmitarbeitern
etc. auf Kundenseite in Beziehung. Als vermittelndes Bindeglied und Nadelöhr zwischen Unternehmens- und Kundeninteresse liegt gerade auf dem erfolgreichen Beziehungsmanagement des Vertriebsmitarbeiters ein besonderes Gewicht.
Was ist eine Beziehung? Um das eigene Verhalten in den verschiedenen Beziehungsarten wiederfinden zu können, empfiehlt sich ein schematischer Überblick, der
die grundlegendsten zwischenmenschlichen Beziehungsformen idealtypisch beschreibt. Mit Bezug auf die Strukturen im Vertrieb unterscheidet man zwischen:
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Ich-Du-Beziehung: Enge Beziehung zweier ungleich starker Partner (nach dem
Vorbild der Mutter-Kind-Beziehung) – im Vertrieb etwa zwischen Vorgesetztem
und Mitarbeiter. Sie funktioniert reibungslos, solange das Hierarchiegefälle von
beiden Seiten akzeptiert wird.
Ich-oder-Du-Beziehung: Beziehung, die auf einem Konkurrenzverhältnis aufbaut
und daher besonders spannungsgeladen ist. Weil eigene Fehler meist mit dem
Fehlverhalten des Partners entschuldigt werden, gilt sie sogar als Keimzelle des
Mobbing. Salopp ausgedrückt: Diese Beziehung ist Gift für den Vertrieb.
Ich-Ich-Beziehung: Beziehung, in der sich der dominante Part lediglich spiegeln
und bewundern lassen will, d.h. er sucht keinen Partner, sondern Publikum. Auch
diese Beziehungsform ist problematisch im Vertriebsablauf, weil sie keine langfristigen Bindungen zulässt, die nicht auf Kosten des einen Partners gingen.
Nicht-Beziehung: Zwar gelten Vertriebsmitarbeiter als Kommunikationstalente,
aber auch unter ihnen gibt es Mitarbeiter, die ihre Kollegen gar nicht zur Kenntnis
zu nehmen scheinen und sich lieber zum Einzelkämpfer stilisieren. Zwar werden
Sie solche Beziehungstypen nur selten in Vertriebsteams antreffen, aber im Verkauf tauchen Sie paradoxerweise häufiger auf. Sie erkennen sie daran, dass sie
ihre Kunden kurz taxieren und sich dann vom vermeintlich uninteressanten Objekt
mehr oder minder genervt abwenden, um es mit unverhohlener Verachtung zu
strafen.
Pseudo-Beziehung: Scheinbare Beziehung, die Produkt von Anpassungsprozessen oder äußeren Erwartungen ist, aber bei Wegfall dieses Außendrucks zusammenbricht. So scheint diese Beziehungsform zwar bestens zu funktionieren,
sie entbindet aber gleichzeitig die handelnden Personen davon, eine echte Beziehung einzugehen. Im Verhandlungssaal noch enge Kooperationspartner, werden aus den Pseudo-Partnern im Aufzug oder beim Essen schnell wortkarge Einzelgänger.
Ich-Es-Du-Beziehung: Beziehung, die über sachliche Zwischeninstanzen funktioniert. Fallen die vermittelnden Gegenstände oder Leistungen weg, bricht die Beziehung zusammen. Trotzdem sind solche Beziehungen für den Vertrieb von Vorteil, weil sie garantieren, dass die Diskussionen sachbezogen geführt und nicht
von Emotionen oder persönlichen Marotten überlagert werden.
Ich-und-Du-Beziehung: Harmonische, auf Rücksicht und Toleranz gründende
Beziehung, bei der beide Partner absichtlich die Beziehung eingehen und pflegen. Mitarbeiter, die zu solchen Beziehungen fähig sind, sind ideale Teamspieler
im Vertriebsbereich. Gleichzeitig geben sie ihren Kunden das Gefühl, gemeinsam
mit ihnen an der Lösung eines Problems zu arbeiten. Auch in dieser Hinsicht stellen solche Beziehungen den Idealfall für den Betrieb dar.
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Ich-und-Du-Beziehungen fördern
Mit der Identifikation der besten Beziehungsarten verbindet sich die Frage nach den
Instrumenten, um die geeigneten Beziehungsarten zu installieren. Jenseits von komplizierten psychologischen Planspielen helfen schon einige Tricks, das Beziehungsmanagement in Ihrem Vertrieb zu verbessern.
Beobachten Sie sich selbst!
Nur diejenigen, die ihren eignen Beziehungscharakter reflektieren, können nach außen hin professionell und cool bleiben, auch wenn ihr Gegenüber – sei es Kunde
oder Kollege – über die Stränge schlägt. Außerdem gilt die Selbstbeobachtung als
wichtigste Grundlage für ein solides Einfühlungsvermögen, das jeder Vertriebler ohnehin braucht.
Unterschätzen Sie nicht die emotionale Seite Ihres Geschäftes!
Beziehungsmanagement gründet darauf, die Gefühle und Stimmungen zwischen
Menschen ernst zu nehmen, bewusst aufzugreifen und im Hinblick auf ein für beide
Seiten profitables Ende zu gestalten. Sätze wie z. B. „Freu Dich nicht zu früh!“ haben
im Vertrieb nichts zu suchen, denn sie missachten die Gefühlswelt Ihres Kollegen
und schädigen damit letztlich das Instrumentarium, mit dem er seine Kunden überzeugen soll.
Sorgen Sie für ein kollegiales Verhältnis untereinander!
Im Grunde spiegeln sich in den Beziehungen, die der Mitarbeiter zu seinen Kunden
aufbaut, diejenigen, die er innerhalb seines Unternehmens vorfindet. Ein solides Beziehungsmanagement muss deshalb im Unternehmen selbst ansetzen, um die Beziehungen von innen nach außen zu verbessern. Hier wirkt eine lockere und offene
Betriebsetikette und ein damit verbundenes „Wir“-Gefühl im Unternehmen Wunder.
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4.4 Networking: Beziehungsnetzwerke schaffen und pflegen
Heute kommt es immer weniger darauf an, was man weiß, sondern vor allem darauf,
wen man kennt. Das gilt nicht nur die persönliche berufliche Karriere, sondern vor
allem auch für erfolgreiche Vertriebsprofis. Die besten können auf ein Netzwerk an
einflussreichen Personen zurückgreifen, die immer jemanden kennen, der gerade in
diesem Moment genau der richtige Ansprechpartner ist.
Aufwändig, aber lohnenswert
Networking im Vertrieb bedeutet, geschäftliche und persönliche Beziehungen produktiv auszubauen. Überlegen Sie, wer für Ihre Arbeit wichtig sein könnte, wer über
die richtigen Kontakte verfügt, die Ihnen weiterhelfen könnten. Suchen Sie dann den
Kontakt zu Ihnen noch unbekannten, aber interessanten Personen. Pflegen Sie
schon vorhandene Bekanntschaften. Ziel des Networking ist es, über diese Schlüsselpersonen Zugang zu deren Netzwerken zu erhalten, also weiterempfohlen zu
werden. Experten schätzen, dass es auf diesem Weg um ein Zehnfaches leichter ist,
neue Kunden zu gewinnen als durch die klassische Akquise. Die Abkürzung auf dem
Weg zum Verkaufsabschluss hat ihren Preis: Bis ein leistungsfähiges Netzwerk geknüpft ist, braucht es Zeit, Geld und Geduld.
Von der Kontaktpflege zum Networking
Persönliche Beziehungen als Ressource
Noch vor etwa zehn Jahren war Wissen ein knappes und teures Gut. In der heutigen
Wissensgesellschaft gibt es dagegen Wissen über das Internet zumindest theoretisch im Überfluss. Neben der Selektion dieser Wissensflut werden Beziehungen immer mehr zur treibenden Kraft in der Wirtschaft. Zahlreiche technische Innovationen
– Internet, Intranet, Wissensmanagement- und Kundenmanagement-Systeme – machen heute fast jede beliebige Information leicht zugänglich. Diesem Überangebot an
Wissen stehen viele Mitarbeiter und Führungskräfte zunehmend hilflos gegenüber.
Deshalb raten Experten Unternehmen, nicht nur auf Technologie zu setzen, sondern
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auch das Entstehen informeller Kanäle zu fördern. Unternehmen sind deshalb gefordert, Möglichkeiten zur informellen Kommunikation zu schaffen, zum Beispiel durch
Mitarbeiterstammtische und andere inoffiziellen Treffen, Cafeterias oder Lounges.
Gerade solche Lounges oder Clubs, die Raum für den Auf- und Ausbau persönlicher
Kontakte zwischen den Mitarbeitern eines Unternehmens bieten, liegen derzeit im
Trend. Die „offene Bürotür“ ist dabei das Mindeste, was ohne zusätzlichen Kostenaufwand machbar ist.
Netzwerke auf- und ausbauen
In der Vertriebspraxis bedeutet Networking: Überlegen Sie, wer für Ihre Arbeit wichtig
sein könnte, wer über die richtigen Kontakte verfügt, die Ihnen weiterhelfen könnten.
Nutzen Sie jede Situation, um persönliche Beziehungen aufzubauen oder zu vertiefen. Engagieren Sie sich in verschiedenen Wirtschaftsclubs und bei exklusiven Vereinigungen für Unternehmer. Durch eigene Veranstaltungen können Sie selbst einen
geeigneten Rahmen schaffen, um in lockerer Atmosphäre Smalltalk und Visitenkarten auszutauschen.
Gehen Sie auf die Menschen zu. Wenn Sie sich einer Gruppe nähern, hören Sie zunächst aktiv dem Gespräch zu, finden Sie dann einen geeigneten Zeitpunkt, um sich
selbst zu beteiligen und stellen Sie sich schließlich mit Ihrem Namen und Ihrer Funktion vor. Oft reagiert Ihr Gesprächspartner, indem er sich ebenfalls vorstellt. So wissen Sie, ob es sich lohnt, Ihr Gegenüber näher kennen zu lernen. Merken Sie sich
die Namen aller Gesprächsteilnehmer und sprechen Sie diese direkt an, das zeigt,
dass Sie Interesse an der Person haben.
Nachträglich sollten Sie alle wichtigen Informationen, die Sie im Gesprächsverlauf
hinzugewonnen haben, notieren und in bereits vorhandenen Dossiers ergänzen. Der
Erfolg des Networking hängt entscheidend von der Verwaltung der neu gewonnenen
Informationen ab. Entweder Sie legen hierzu ein Karteikartensystem an, oder Sie
speichern alle neu gewonnenen Daten in einer Kontaktpflege-Datei auf Ihrem PC.
Networking ist ein „Geben und Nehmen“
Als Networker suchen Sie den Kontakt zu Menschen, die aufgrund ihres gesellschaftlichen Status und ihres Einflusses über ein Netzwerk verfügen und Ihnen dort Zugang verschaffen. Nicht gerade ein einfaches Klientel, denn Sie müssen davon ausgehen, dass die Zeit der für Sie interessanten Personen begrenzt ist. Natürlich müssen Sie auch die entsprechenden persönlichen Eigenschaften besitzen, um Menschen an sich zu binden.
Damit Ihr „Zielobjekt“ aber nach dem ersten Kontakt ein Interesse daran hat, eine
längere persönliche Beziehung mit Ihnen aufrecht zu erhalten, gehört mehr dazu als
nur ein einnehmendes Wesen. Er muss einen Nutzen haben, Sie müssen ihm einen
Anreiz bieten, damit er bereit ist, etwas für Sie zu tun. Networking beruht auf dem
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Prinzip von Geben und Nehmen. Im Idealfall können beide Seiten geschäftlich voneinander profitieren.
Investieren Sie Zeit!
Der Erfolg kommt nicht über Nacht. Es braucht seine Zeit, bis ein Netzwerk tragfähig
genug ist, damit Sie geschäftlich davon profitieren können. Zuerst kostet Networking
vor allem Zeit, Mühe und auch Geld. Oft kommt deshalb der Einwand, wie das denn
neben der täglichen Arbeit noch zu schaffen sein soll. Trotzdem: Der Vertrauensvorschuss, den der Kundenberater genießt, wenn der Kontakt durch die Empfehlung
einer einflussreichen Person hergestellt worden ist, führt in der Regel ohne Umwege
zum Geschäftsabschluss. Networking-Experten schätzen sogar, dass es zehnmal
aufwändiger ist, ohne „Vitamin B“ neue Kunden zu gewinnen.
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