IKB-Kapitalmarkt-News – US-Zinsanstieg: Ist primär Trump dafür verantwortlich? 24. November 2016 Dr. Klaus Bauknecht [email protected] In einer kurzen Videoansprache gab Trump erste Maßnahmen bekannt, die bei seinem Amtsantritt umgesetzt werden sollen. Abgesehen von der bevorstehenden Kündigung des TPP-Handelsabkommens, das Anfang 2016 in Kraft getreten ist, bleiben die Aussagen jedoch vage. Grundsätzlich will Trump nur bilaterale Handelsabkommen abschließen, um die Interessen der USA zu wahren. Die kurze Rede fokussierte darauf, dass Trump Jobs in den USA schützen bzw. in die USA zurückholen will. Auf andere Themen wie Obamacare ging er nicht ein. Trump wollte sicherlich auch zeigen, dass er zentrale Wahlkampfthemen durchaus ernst nimmt. Andere Themenblöcke wie „Steuern“ und „staatliche Ausgabenpolitik“ dürfte er ebenfalls bald angehen. Der Markt zumindest scheint daran keine Zweifel zu haben. Inzwischen haben sich die 10-jährigen US-Renditen von ihrem Tief von 1,3 % deutlich erholt. Doch wie nachhaltig ist der Renditeanstieg in den USA, bzw. wo ist das Ende der Fahnenstange erreicht? Erwarten die Märkte zu viel von Trumps Präsidentschaft, oder gibt es ausreichend fundamentale Gründe für eine nachhaltige Renditeerhöhung? Abb. 1: 10-jährige US-Treasury-Renditen in % 6 5 4 3 2 1 0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quellen: FRED; IKB Einschätzung zu Trumps Wirtschaftspolitik Setzt Trump seine Steuer- und Ausgabenpolitik zügig um, so kommt dies einer fiskalischen Stimulierungsmaßnahme gleich, die kurzfristig Wachstum und Inflation fördern wird. Allerdings kann die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen bezweifelt werden. Zum einen wird eine Steuersenkung zu Gunsten von Besserverdienenden die Kaufkraft der US-Bürger insgesamt kaum verbessern. Auch ist eine Steuersenkung nicht die effektivste Maßnahme, um die Nachfrage zu stärken, da nicht alle Steuerersparnisse konsumiert werden. Zum anderen kann die expansive Fiskalpolitik angesichts der hohen US-Schuldenquote nur begrenzt aufrechterhalten werden. So gibt es durchaus berechtigte Skepsis gegenüber der Nachhaltigkeit und Effektivität der angedachten Steuersenkungen. Aus dieser Sicht dürfte das Trump-Programm das Risiko eines Rückfalls in Rezession und Deflation reduzieren und damit eine Normalisierung der Renditen begünstigen. Doch grundlegende Einflüsse auf die Inflationsund Wachstumsentwicklung der USA sind aktuell eher nicht zu erkennen. Dabei sind strukturelle Veränderungen genau das, was Trump angekündigt hat. „Amerika wieder groß machen“ und „nachhaltig zusätzliche Jobs schaffen“ – das lässt sich nur mit Hilfe struktureller Reformen umsetzen. Allerdings scheinen die wirtschaftspolitischen Vorstellungen Trumps auf tönernen Füßen zu stehen. Für ihn liegt die Lösung in faireren Handelsabkommen. Unfair ist demnach alles, was Jobs abwandern lässt. Doch ein Handelsabkommen, das eine Verlagerung von Kapitalmarkt News weniger produktiven Arbeitsplätzen in Billiglohnländern verhindert, ist alles andere als strukturverbessernd. Wertschöpfung und Verlagerung weniger produktiver Produktionsprozesse in Billiglohnländer ist ein typischer Prozess in der wirtschaftlichen Entwicklung industrialisierter Länder, der letztendlich zu einer deutlichen Zunahme von qualifizierten Arbeitsplätzen, u. a. im Dienstleistungssektors führt. Entscheidend ist deshalb nicht die Arbeitsplatzverlagerung, sondern die Schaffung neuer Stellen in inländischen Wirtschaftszweigen, die eine höhere Wertschöpfung, und damit ein besseres Lohnniveau, rechtfertigen. So fördern Handelsabkommen eine global effizientere Allokation von Produktionsfaktoren und somit Wachstum. Deutschland ist hierfür ein Beispiel. Bei den extremen Lohnunterschieden zwischen den USA und Mexiko dürfte ein Importzoll von 20 % oder 30 % nicht ausreichen, um genügend Anreiz für eine Produktionsverlagerung in die USA zu schaffen. Der Mindestlohn in den USA liegt bei 7,25 US-$ pro Stunde, während er in Mexiko unter 4 US-$ pro Tag liegt. Nur Produktivitätswachstum und eine höhere Qualifizierung der Arbeitnehmer kann das Lohngefälle ausgleichen und zu wettbewerbsfähigen Lohnstückkosten in den USA führen. Ob durch Zölle oder steigende Löhne – die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrien, für die mexikanische Standorte die Werkbank darstellen, wird mit der Umsetzung von Trumps Ideen sinken. Somit fördert Trump durch seine Politik eher einen schnelleren Abbau dieser Industrien in den USA, da ihre Rentabilität bei Umsetzung seiner Ankündigungen abnehmen wird. Zwar mögen Investitionen grundsätzlich durch eine Steuerreform gestärkt werden. Doch dies gilt für alle Wirtschaftszweige und wird somit die relative Rentabilität nicht beeinflussen, es sein denn, diese Industrien werden durch Subventionen gezielt gefördert, was allerdings aktuell nicht auf der Agenda steht. Die Politik von Trump wird das US-Potenzialwachstum eher negativ als positiv beeinflussen, auch wenn Steuerreformen kurzfristig Investitionen fördern. Wettbewerbsverzerrungen infolge des zunehmenden Protektionismus werden über kurz oder lang zu einer suboptimalen Allokation von Produktionsfaktoren führen. Das infolgedessen nachlassende Potenzialwachstum sowie ein deutlich positiver Nachfrageeffekt durch die Fiskalpolitik könnten womöglich nennenswerte Inflationsanstiege bewirken. Aus dieser Sicht dürfte die Präsidentschaft Trumps durchaus Veränderungen mit sich bringen, wenn auch eher kurzfristiger Natur. Eine nachhaltig zunehmende Nachfrage und sich festigende Ungleichgewichte sind eher weniger zu erwarten; vielmehr würde mit zusätzlichen Zöllen die Fähigkeit der Leistungsbilanz nachlassen, als Druckventil für überschüssige Nachfrage zu dienen. Allerdings ist auch eine expansive Fiskalpolitik ohne höheres Potenzialwachstum nicht nachhaltig. Einschätzung zu US-Renditen und Ausblick Die Korrektur an den Zinsmärkten wäre auch ohne die Wahl Trumps zum US-Präsidenten grundsätzlich zu erwarten gewesen. Denn weder die US-Inflationsdynamik noch das Wachstum passen zu 10-jährigen US-Renditen mit einem Niveau von rund oder unter 1,5 %. Allerdings sind Finanzmärkte bekannt dafür, dass sie überreagieren und sich eine Korrektur durchaus hinziehen kann. Hier mag Trumps Erfolg geholfen haben, eine Gegenbewegung zu beschleunigen, auch wenn die Zinsen bereits im Vorfeld der Wahlen tendenziell gestiegen sind. Empirische Analysen zeigen tatsächlich, dass die aktuelle Korrektur nicht nur aus Trumps politischen Vorstellungen resultiert, sondern vor allem daraus, dass die Renditen unabhängig vom Sentiment eine Abweichung zu ihrem fundamentalen Wert erreicht hatten, bei dem eine kurzfristige Korrektur zu erwarten war. Dies war im dritten Quartal von 2012 und 2016 sehr deutlich zu erkennen, wie Abb. 2 zeigt. Bei neutraler Sicht auf das Herdenverhalten läge der Fair Value der 10-jährigen US-Renditen laut IKB-Modell bei rund 2,5 % im letzten Quartal 2016. Unter Annahme eines negativen Herdenverhaltens (Sorgen über Konjunktur und Deflation eskalieren erneut) befände sich dieses Niveau bei 2,1 %. Bei einem positiven Sentiment (Sorge über steigende Inflation eskaliert) läge das Niveau bei knapp unter 3 %. Abb. 2 zeigt auch die von der IKB erwartete fundamentale Entwicklung der US-Renditen unter Berücksichtigung eines positiven, wie auch negativen Sentiments für 2017. Es ist ersichtlich, dass das aktuelle fundamentale Niveau noch weiteres Anstiegspotenzial hat, vor allem, wenn die Erwartungen zunehmend von einer Inflation ausgehen. Doch auch bei ausgeglichenem Stimmungsverlauf wäre ein Renditeniveau zwischen 2,5 % und 3 % in 2017 fundamental durchaus nachvollziehbar. Diese Einschätzung beruht allerdings darauf, dass die Fed nicht nur im Dezember 2016, sondern auch mindestens zwei Mal in 2017 die Fed Funds Rate um je 25 bp anheben wird, und sich das US-Wachstum von seinem schwachen Verlauf 2016 verabschiedet. Die IKB erwartet ein BIP-Wachstum von rund 2,4 % in 2017. Kapitalmarkt News Abb. 2: Fair-Value-Einschätzung und Prognose von 10-jährigen US-Treasury-Renditen in % 5 4 4 3 3 2 2 1 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Fair Value bei neutraler Stimmung Fair Value bei Herdenverhalten aufgrund von Deflationssorgen Fair Value bei Herdenverhalten aufgrund von Inflationssorgen 10-jährige Rendite (nur historischer Verlauf) Quellen: FRED; IKB-Prognose Fazit: Faire Handelsabkommen hätten laut Trump in erster Linie einen Arbeitsplatzaufbau in den USA zur Folge. Damit kritisiert er vor allem Industrien, die Mexiko und andere Billiglohnländer als Werkbank nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Folglich wird eine Umsetzung entsprechender Pläne eher den Ab-, als den Aufbau von Arbeitsplätzen in den entsprechenden Industrien forcieren. Das US-Wachstumspotenzial wird Trump mit seiner Politik wohl kaum vergrößern. Jedoch sollten zusätzliche Nachfrageimpulse aufgrund einer expansiveren Fiskalpolitik den inflationären Druck erhöhen; allerdings nur kurzfristig, da der fiskalische Spielraum angesichts der hohen Staatsverschuldung begrenzt ist. Der aktuelle Anstieg der US-Renditen mag durch populistische Äußerungen Trumps an Dynamik zugelegt haben. In dem Maße, wie dies der Fall ist, sollte an der Nachhaltigkeit des Renditeanstiegs gezweifelt werden. Allerdings ist dieser auch aufgrund fundamentaler Entwicklungen nachvollziehbar. Selbst beim aktuellen Niveau 10-jähriger Renditen von 2,3 % ist noch Luft nach oben, unabhängig davon, ob Trumps Politik für zusätzliche Inflationsdynamik sorgt. 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